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Gesamthänderische Mitherstellerschaft bei Filmproduktion - Hanseatisches OLG Bremen, Urteil vom 15.12.2008, Az.: 3 U 7/08

Leitsätzliches

Besteht bei der Verwirklichung eines gemeinsamen Filmprojekts zwischen einer öffentlichen Landesrundfunkanstalt und einem Regisseur Uneinigkeit über die Begründung der Filmherstellereigenschaft unter Zugrundelegung der maßgeblichen Kriterien - Finanzierung, Risiko, organisatorische Leistung und Abschluss der Verträge - und ist nicht eindeutig feststellbar, ob der Anteil der Rundfunkanstalt oder des Regisseurs überwiegt, sind beide Parteien gemeinsame Mithersteller des Films, sodass ihnen die Nutzungs- und Verwertungsrechte zur gesamten Hand zustehen.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IN BREMEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 U 7/08

Entscheidung vom 15. Dezember 2008

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 3. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 15.07.2008 durch den Richter Dr. ... sowie die Richterinnen ... und ... für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 13.09.2007 wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250 000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Vervielfältigungsstücke des Filmwerks „Die Stimme“ und/oder Ausschnitte des Film-werks „Die Stimme“ ohne Zustimmung der Klägerin herzustellen, zu verbreiten, vorzuführen, zu senden und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, insbesondere durch Verbreitung des Films „The Dreamer“ auf DVD.

2. Der Beklagte wird außerdem verurteilt, die in seinem Besitz befindlichen Exemplare des Filmwerks „The Dreamer“ zu vernichten, soweit diese Filmausschnitte aus „Die Stimme“ enthalten.

3. Der Beklagte wird ferner verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Zeitraum und unter Erzielung welcher Umsätze und Gewinne er die Handlungen der in Ziffer 1 bezeichneten Art begangen hat.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der aus ihm und der Klägerin bestehenden Gesamthandsgemeinschaft jeden Schaden zu ersetzen, der aus den in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 75 %, die Klägerin trägt 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Gründe

A.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Hinblick auf Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Dokumentarfilm „Die Stimme“.

Die Klägerin ist eine öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt. Der Beklagte ist selbständig als Regisseur, Produzent und Autor im Film und Fernsehen tätig und mit dem Sänger Thomas Q. befreundet. Aus Anlass einer für das Jahr 2000 geplanten Tournee des Sängers in den USA beabsichtigte der Beklagte, einen Dokumentarfilm über ihn zu drehen. Zur Realisierung dieses Vorhabens wandte sich der Beklagte unter anderem an die Klägerin.

Es kam zwischen den Parteien zu Verhandlungen, die im Ergebnis zu einer Einigung führten, das Projekt gemeinsam zu realisieren. In welcher Form und zu welchen Bedingungen, ist streitig. Am 15.05.2000 wurde dem Beklagten sodann von der Klägerin ein Reisekostenvorschuss in Höhe von DM 10 000,00 überwiesen. Kurz darauf übersandte die Klägerin dem Beklagten, jeweils auf den 25.05.2000 datierend, eine „Zahlungsanweisung – K Fernsehen“, in der ein Gesamthonorar für Regie und Endfertigung in Höhe von DM 16 084,00 ausgewiesen wurde. Außerdem waren beigefügt der so genannte „K-Vertrag – Honorarbedingungen für freie Mitarbeiter im Fernsehen“, eine „Zahlungsanweisung – UE Fernsehen“, die ein Gesamthonorar von DM 12 494,00 nannte und der so genannte „UE-Vertrag – Honorarbedingungen für Urheber von Werken der Sprache und der Tonkunst im Fernsehen“. Weiter übersandte die Klägerin mit der Bitte um Unterzeichnung einen „Verpflichtungsschein – K Fernsehen“, der die Vertragslaufzeit auf den Zeitraum vom 14.05.2000 bis zum 22.12.2000 festschrieb und von der Honorar- und Lizenzabteilung der Klägerin unterschrieben war.

In § 1 des „K-Vertrages“ ist u.a. geregelt:

„1. Der Vertragspartner erteilt Radio Bremen (RB) seine Einwilligung zur Nutzung der umseitig genannten Leistung für Rundfunk- und Filmzwecke und überträgt RB die ausschließlichen sowie zeitlich und räumlich unbeschränkten Rechte an dieser Leistung. Entsteht für den Vertragspartner im Zusammenhang mit seiner Leistung ein Urheberrecht oder ein sonstiges Recht, so räumt er RB auch hieran für Rundfunk- und Filmzwecke die ausschließlichen und räumlich unbeschränkten Nutzungsrechte ein […]

2. Der Vertragspartner räumt RB darüber hinaus ohne Beschränkung auf Rundfunk- und Filmzwecke das ausschließliche, zeitlich und räumlich unbeschränkte Recht ein, von RB hergestellte und vervielfältigte Produktionen des Werkes mittels Tonträger oder Bildtonträger jeder Art […] weiter zu verwerten und hierzu zu vervielfältigen“.

In Ziffer 1. des „UE-Vertrages“ ist u.a. geregelt:

„a) Der Vertragspartner (Urheber) räumt Radio Bremen (RB) für alle Rundfunkzwecke die ausschließlichen sowie zeitlich und räumlich unbeschränkten Rechte ein, sein Werk in unveränderter, bearbeiteter oder umgestalteter Form zu nutzen […]

b) Der Vertragspartner räumt RB darüber hinaus ohne Beschränkung auf Rundfunkzwecke das ausschließliche, zeitlich und räumlich unbeschränkte Recht ein, das Werk für Filmzwecke und audiovisuelle und Merchandising Zwecke zu nutzen […] Die Nutzung für audiovisuelle Zwecke umfasst das ausschließliche zeitlich und räumlich unbeschränkte Recht, von RB hergestellte und vervielfältigte Produktionen des Werks mittels Tonträger oder Bildtonträger jeder Art […] weiter zu verwerten und hierzu zu vervielfältigen.“

Auf den Inhalt der vorgenannten Vertragsunterlagen im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.

Der Beklagte unterzeichnete den Verpflichtungsschein und die anderen Formulare nicht. Im Juni 2000 begann er in Absprache mit der Klägerin mit den Dreharbeiten zum Film in den USA. Zu Thomas Q. hatte der Beklagte allein den Kontakt hergestellt. Auch um die Rechteerlangung von Thomas Q. sowie von dessen Bruder und Eltern hatte sich der Beklagte allein gekümmert. Weiterhin übte er die künstlerisch-inhaltliche Leitung bei den Dreharbeiten aus und führte Regie. Er stellte Filmmaterial aus eigenem Kameradreh in einer Länge von jedenfalls 6:30 Minuten der insgesamt ca. 60-minütigen Endfassung zur Verfügung und fungierte als Fahrer, Sprecher und Übersetzer. Die Klägerin übernahm die Herstellungskosten, stellte ein Kamerateam sowie die technischen Einrichtungen für den Filmschnitt zur Verfügung und organisierte zum Teil Hotelübernachtungen. Auch zahlte die Klägerin das sich aus den Schreiben vom 25.05.2000 ergebende Gesamthonorar von DM 28 578,00 sukzessive an den Beklagten.

Einen Monat vor Ausstrahlung des Films wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2000 an die Klägerin, in welchem er u.a. ausführte:

„[…] übersende ich Ihnen nochmals schriftlich die Essentials, die in meinem Vertrag mit Radio Bremen bislang nicht enthalten sind, aber bislang Grundlage der kooperativen Zusammenarbeit waren und sind. […]

Ich habe also sehr zur Kosteneffizienz des Projektes beigetragen. Und ich habe es gern getan. Wenn auch unter dem Vorbehalt, dass meine Optionen vertraglich berücksichtigt werden. Das ist bislang nicht geschehen und so warten Sie deshalb auch noch auf die Unterzeichnung des mir vorliegenden Vertrages.

Zu Ihrer Kenntnis meine „Vertragsbedingungen“ in Kurzform:[…]

Radio Bremen kann, darf und soll seiner entsprechenden Verpflichtung nachkommen. Allerdings mit folgenden Einschränkungen:

a. Eine Ausstrahlung + eine Wiederholung in der ARD

b. Eine Ausstrahlung in 3sat

c. Eine Ausstrahlung im Doku-Kanal Phoenix

Alle weiteren Ausstrahlungswünsche für den Film sind an eine Honorierungspflicht des von mir zur Verfügung gestellten Film-Materials gebunden, für das natürlich alle Verwendungs- und Verwertungsrechte bei mir liegen. […] Die uneingeschränkten Rechte am Gesamtwerk für den Bereich der Videoverwertung/Auswertung und/oder einer DVD-Verwertung/Auswertung liegen bei [dem Beklagten…]

Das Ausstrahlungsrecht für den Film ist für Radio Bremen zeitlich und inhaltlich auf fünf Jahre, beginnend mit der geplanten Erstausstrahlung am 22.11.2000, begrenzt.“

Hierauf erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 09.11.2000, einer Begrenzung der fernsehmäßigen Nutzungsrechte oder der Lizenzzeit nicht zustimmen zu können. Ein Einvernehmen konnten die Parteien weder bis zur Ausstrahlung des Films „Die Stimme“ noch in deren Anschluss erzielen. Ein Schlichtungsversuch des DJV Deutscher Journalistenverband Hamburg scheiterte ebenso, wie Vergleichsverhandlungen im Anschluss an den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.07.2008.

Der Beklagte produzierte in der Folgezeit – weder unter Mitwirkung der Klägerin noch in Absprache mit ihr – einen weiteren Dokumentarfilm über Thomas Q. mit dem Titel „The Dreamer“. In diesem Film wurden Interviewausschnitte aus dem Film „Die Stimme“ in einer Länge von jedenfalls 10:30 Minuten verwendet. Der Film wurde am 10.10.2004 in der Wiener Staatsoper vorgeführt und am 27.11.2004 im ZDF ausgestrahlt. Ferner war eine DVD des Films im Handel erhältlich.

Die Klägerin hat behauptet, sich mit dem Beklagten darüber einig gewesen zu sein, dass der Film „Die Stimme“ als Eigenproduktion der Klägerin produziert werde. Diese Einigung sei im Rahmen eines ersten Gesprächs des damaligen und zwischenzeitlich verstorbenen Chefredakteurs der Klägerin und der Zeugin L. einerseits sowie dem Beklagten andererseits vor dem Hintergrund erfolgt, dass eine Auftragsproduktion für die Klägerin aus Kostengründen nicht in Frage gekommen sei. Der Beklagte habe deshalb nur mit der Wahrnehmung spezifischer Funktionen betraut werden und hierfür ein festes Honorar in Höhe von insgesamt DM 28 578,00 erhalten sollen. Mit diesem Betrag seien dessen Leistungen für das Exposé, den Text sowie die Regie abgegolten worden. Ferner habe der Beklagte für die Produktion auf die Ressourcen der Klägerin zurückgreifen dürfen. Auf der Basis dieser Absprache seien dem Beklagten mit den Schreiben vom 25.05.2000 der „K-Vertrag“ und der „UE-Vertrag“ übersandt worden. Ohne dem dortigen Inhalt zu widersprechen, habe der Beklagte mit den Dreharbeiten begonnen. Insbesondere habe der Beklagte weder telefonisch seine Weigerung mitgeteilt noch ein Schreiben übersandt, in dem Passagen des übersandten „K-Vertrages“ oder „UE-Vertrages“ gestrichen worden seien. Die Leistung des Honorars in mehreren monatlichen Raten habe der üblichen Vorgehensweise bei Eigenproduktionen entsprochen. Bei Auftragsproduktionen wäre in genau drei Raten ausgezahlt worden, mit dem Vertragsschluss, nach Rohschnittabnahme und nach Endabnahme. Die Reisekosten seien nur deshalb nicht mit dem Beklagten abgerechnet worden, weil dieser trotz Aufforderung keine Quittungen und Belege eingereicht habe. Die Gesamtherstellungskosten habe sie, die Klägerin, mit Aufstellung vom 12.05.2000 intern mit DM 239 953,786 kalkuliert und genehmigt. Die Gesamtproduktionskosten hätten dann EUR 94 252,87 betragen.

Die Klägerin hat weiter behauptet, sie sei auch maßgeblich in die Organisation des Projekts eingebunden gewesen. So habe es von ihrer Seite bereits am 06.07.2000 eine Anfrage beim B. Orchestra gegeben, ob dessen Dirigent, Herr O., für ein kurzes Interview zur Verfügung stehe, ehe der Beklagte mit Schreiben vom 12.07.2000 den vereinbarten Interviewtermin noch einmal bestätigt habe. Dem Beklagten hätten auch ihre, der Klägerin, Produktionsleiterin, Produktionssekretärin und Redaktion zur Verfügung gestanden. Diese hätten Drehgenehmigungen eingeholt, Reisen organisiert und Reservierungen für Hotels und Mietwagen vorgenommen. Das Kamerateam habe 25 Tage zur Verfügung gestanden, die Länge des von dem Beklagten verwendeten Filmmaterials habe lediglich 6:30 Minuten betragen. Soweit der Beklagte als Übersetzer und Sprecher tätig gewesen sei, habe er für die Textarbeiten Hilfe bei der Redaktion der Klägerin in Anspruch genommen. Auch habe für die Sprachaufnahmen eine bei ihr, der Klägerin, beschäftigte Toningenieurin die Technik im Studio bedient.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250 000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Vervielfältigungsstücke des Filmwerks „Die Stimme“ und / oder Ausschnitte des Filmwerks „Die Stimme“ herzustellen, zu verbreiten, vorzuführen, zu senden und / oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie insbesondere geschehen am 27. November 2004 durch Sendung des Films „The Dreamer“ im ZDF unter Verwendung von Ausschnitten des Filmwerks „Die Stimme“, sowie insbesondere durch die Verbreitung des Films „The Dreamer“ auf DVD unter Verwendung von Ausschnitten des Filmwerks „Die Stimme“;

2. die im Besitz des Beklagten befindlichen Exemplare des Filmwerks „Die Stimme“ sowie des Filmwerks „The Dreamer“ zu vernichten, insbesondere die DVDs „The Dreamer“, soweit die DVDs Filmausschnitte aus „Die Stimme“ enthalten;

3. ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Zeitraum und unter Erzielung welcher, nach Monaten aufgeschlüsselten Umsätze und Gewinne der Beklagte die Handlungen der in Ziffer 1 bezeichneten Art begangen hat;

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der aus den in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und / oder noch entstehen wird, hilfsweise die ungerechtfertigte Bereicherung zu ersetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, dass er den Film „Die Stimme“ als Auftragsproduktion für die Klägerin hergestellt habe. Auf Bitte des damaligen Chefredakteurs sei vor Beginn der Dreharbeiten vereinbart worden, dass er, der Beklagte, durch Beistellung verschiedener Leistungen zur Reduzierung der Gesamtkosten beitrage und er dafür im Gegenzug sämtliche Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Drehmaterial erhalte. Nachdem die Klägerin den Verpflichtungsschein und die Honorarbedingungen übersandt hatte, habe er seine Weigerung umgehend telefonisch mitgeteilt und ihr den nicht unterschriebenen Verpflichtungsschein zusammen mit den Honorarbedingungen, bei denen die Passagen wie in Anlage B 4 erkennbar gestrichen gewesen seien, zurückgesandt. Auch während der Dreharbeiten habe er mehrfach aus den USA angerufen und mitgeteilt, dass er den Vertrag in der von der Klägerin vorgelegten Form nicht unterschreiben werde. Außerdem habe er Handy-Faxe mit einem entsprechenden Inhalt an den Justiziar der Klägerin sowie den damaligen Chefredakteur gesandt.

Für die Herstellung des Films habe er, der Beklagte, nicht nur als Regisseur fungiert, sondern die vollständige Organisation übernommen. Er habe die gesamte Reise in die USA organisiert, Hotels und Drehtermine koordiniert und die jeweiligen Genehmigungen für die Dreharbeiten eingeholt. Die Klägerin habe lediglich ein Kamerateam für 10 Tage zur Verfügung gestellt. Im Übrigen habe er, der Beklagte, selbst die Kameradreharbeiten übernommen, insbesondere die für die Dramaturgie und den Kontext der Filmstory maßgebenden Aufnahmen allein gedreht. Dieses Material mache eine Länge von 19 Minuten der Endfassung aus. Er habe auch die erforderlichen Rechte des Dirigenten O. und des B. Orchestra erworben und die Unterstützung der Plattenfirma von Thomas Q. gesichert. Zudem habe er die finanzielle Verantwortung insoweit getragen, als er Kostenersparnisse mit den mitwirkenden Dirigenten und Musikern ausgehandelt und Reisekosten selbst getragen habe, da der von der Klägerin gezahlte Reisekostenvorschuss mit dem Honorar verrechnet worden sei. Bei der Endfertigung habe sich der Beitrag der Klägerin lediglich darauf beschränkt, einen Schnittplatz zur Verfügung zu stellen.

Außerdem hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit Urteil vom 13.09.2007 hat das Landgericht Bremen der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin sei Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film „Die Stimme“. Zwischen den Parteien sei ein Vertrag entsprechend den von der Klägerin vorgegebenen Honorarbedingungen zustande gekommen. Der Beklagte habe das in der Zusendung der Bedingungen liegende Angebot dadurch konkludent angenommen, dass er unmittelbar im Anschluss an deren Erhalt mit den Dreharbeiten in den USA begonnen habe. Für die Behauptung, den Bedingungen zuvor ausdrücklich widersprochen zu haben, sei der Beklagte ebenso wie für die behauptete mündliche Vereinbarung mit dem damaligen Chefredakteur der Klägerin beweisfällig geblieben. Eine Anfechtung der konkludenten Annahmeerklärung käme insofern nicht in Betracht, als es sich um einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum handele. Zudem sei die Klägerin auch gemäß § 94 Abs. 1 UrhG zumindest Mitherstellerin des Films und auch insoweit Inhaberin von Verwertungsrechten, da sie das wirtschaftliche Risiko des Projekts getragen und organisatorische Beiträge zur Realisierung des Films geleistet habe. Ein nach § 51 UrhG zulässiges Zitat liege mit den vom Beklagten verwendeten Ausschnitten nicht vor, da die Quelle nicht angegeben worden sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit seiner Berufung macht der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht geltend. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei sein Verhalten nicht als konkludente Annahme der klägerischen Vertragsbedingungen vom 25.05.2000 zu werten.

Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Dreharbeiten bereits zuvor, nämlich am 15.05.2000, an der Hochschule D. begonnen hätten. Den entsprechenden Tätigkeitsnachweis des beauftragten Kamerateams habe er erst jetzt erhalten. Auch das Verhalten der Klägerin im Anschluss an seinen Vorschlag vom 29.10.2000 mache deutlich, dass noch nicht von einem vorhergehenden Vertragsabschluss im Sinne der Honorarbedingungen ausgegangen werden könne. Überdies sei zuvor eine gegenteilige ausdrückliche Absprache mit dem damaligen Chefredakteur der Klägerin getroffen worden. Zeugin hierfür sei die Redakteurin L.. Eine etwaige konkludente Erklärung habe er jedenfalls wegen mangelnden Erklärungsbewusstseins gemäß § 119 Abs. 1 BGB analog anfechten können, dies sei mit dem Schreiben vom 29.10.2000 geschehen. Schließlich sei die Verwendung der Ausschnitte aufgrund ihrer Kürze vom Zitatrecht des § 51 UrhG gedeckt. Im Übrigen beruft sich der Kläger auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 13.09.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Bremen die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt hierzu ihr erstinstanzliches Vorbringen. Mit dem Beklagten sei vereinbart worden, den Film als Eigenproduktion zu realisieren. Entsprechend habe sich der Ablauf auch gestaltet. Ergänzend ist die Klägerin der Ansicht, der genaue Zeitpunkt des Drehbeginns sei für die Beurteilung der konkludenten Annahmeerklärung unerheblich. Der Beklagte habe sich die ganze Zeit über so verhalten, als sei er mit dem Inhalt des K- bzw. UE-Vertrages einverstanden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

B.

Die Berufung des Beklagten ist statthaft (§ 511 Abs. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO). Sie ist jedoch nur teilweise begründet.

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG, Vernichtung nach § 98 Abs. 1 UrhG, Auskunft gemäß § 242 BGB und Feststellung einer Schadensersatzpflicht nach § 97 Abs. 1 S. 1 und 2 UrhG sind begründet, allerdings mit der Maßgabe, dass sich der Anspruch auf Vernichtung nur auf die Exemplare des Films „The Dreamer“ bezieht und der Ausspruch zur Feststellung darauf gerichtet ist, dass etwaige Schadensersatzansprüche nicht ihr allein, sondern ihr gemeinsam mit dem Beklagten als Gesamthandsgemeinschaft zustehen.

I. Der Klägerin steht als Mitherstellerin des Films „Die Stimme“ ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu, denn der Beklagte hat die in § 94 Abs. 1 UrhG genannten Verwertungsrechte verletzt.

Der im Rahmen des Antrags zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG setzt die Verletzung der Verwertungsrechte sowie eine Wiederholungsgefahr voraus. Der Beklagte hat Ausschnitte aus dem Film „Die Stimme“ ohne Einwilligung der Klägerin in seinen neuen Film „The Dreamer“ integriert und diesen veröffentlicht, vervielfältigt und verbreitet. Damit hat er Verwertungsrechte verletzt, die nicht ihm allein, sondern einer aus ihm und der Klägerin bestehenden Gesamthandsgemeinschaft zustehen.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen ihr die Verwertungs- und Nutzungsrechte an dem Film „Die Stimme“ jedoch nicht gemäß §§ 94 Abs. 1 S. 1 i.V m. 15 ff. UrhG ausschließlich zu, denn sie ist nicht alleinige Filmherstellerin im Sinne von § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG geworden.

Originärer Inhaber der Verwertungsrechte an einem Film ist gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG der Filmhersteller. Filmhersteller ist, wer die wirtschaftliche Verantwortung und die organisatorische Tätigkeit übernimmt, die zur Herstellung des Films nötig sind ( BGHZ 120, 67, 70 ). Nicht maßgeblich ist hingegen der künstlerisch-schöpferische Beitrag zum Filmwerk (BGH, a.a.O.) Der Filmhersteller kann die Verwertungsrechte als Vollrecht oder als einzelne Nutzungsrechte gemäß § 94 Abs. 2 i.V.m. § 31 UrhG auf einen anderen übertragen.

a) Die Klägerin ist nicht auf Grund einer Vereinbarung mit dem Beklagten als einzig möglichem anderen Filmhersteller gemäß § 94 Abs. 2 i.V.m. § 31 UrhG Inhaberin der Nutzungsrechte geworden.

aa) Eine Einigung ist nicht dadurch erzielt worden, dass die Klägerin dem Beklagten einen Verpflichtungsschein nebst Honorarbedingungen („K-Vertrag“/„UE-Vertrag“), die eine Übertragung der Nutzungsrechte auf sie vorsahen, zusandte und der Beklagte hierauf mit den Dreharbeiten begann bzw. diese fortsetzte.

Das Übersenden des Verpflichtungsscheins mit den Honorarbedingungen stellt ein Angebot der Klägerin gemäß § 145 BGB auf Abschluss eines Vertrages dar, nach dem die Nutzungsrechte entsprechend § 1 K-Vertrag und Ziffer 1 UE-Vertrag auf sie übertragen werden. Dieses Angebot hat der Beklagte jedenfalls zunächst nicht gemäß § 146 BGB abgelehnt. Für seine Behauptung, er habe den Bedingungen der Klägerin nach deren Erhalt unmittelbar widersprochen, nämlich mehrfach angerufen und Faxe bzw. Handy-Faxe geschickt, ist der Beklagte in erster wie auch in zweiter Instanz beweisfällig geblieben

Der Beklagte hat das Angebot aber nicht durch schlüssiges Verhalten angenommen. Insbesondere kann eine Annahme nicht darin gesehen werden, dass der Beklagte die Reise in die USA antrat und dort Dreharbeiten durchführte, nach dem ihm die Klägerin die genannten Vertragsunterlagen bereits zugesandt hatte. Die Reise in die USA erfolgte zwar in zeitlicher Nähe zur Übersendung der klägerischen Vertragsbedingungen, stellte aber keine Reaktion auf diese dar. Der Antritt der Reise und die in den USA durchgeführten Dreharbeiten waren vielmehr dem Umstand geschuldet, dass die Begleitung der lange vorher feststehenden Konzertreise von Herrn Q.… durch den Beklagten für die bereits vorher verabredete Realisierung des Filmprojekts zwingend erforderlich war. Eine Verschiebung der Dreharbeiten bis nach Abschluss weiterer Vertragsverhandlungen mit der Klägerin wäre den Umständen nach nicht möglich gewesen. Die Dreharbeiten mussten also, wenn das Projekt nicht entgegen vorheriger Absprachen vollends aufgegeben werden sollte, in jedem Fall beginnen. Insoweit kann dem Beginn der Dreharbeiten durch den Beklagten in Kenntnis der von der Klägerin übersandten Vertragsbedingungen nicht ohne weiteres ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass erste Dreharbeiten für den Film in Deutschland zum Zeitpunkt der Übersendung der Vertragsunterlagen unstreitig bereits begonnen hatten. Dieser Umstand zeigt, dass sich die Fortsetzung der Dreharbeiten als vom Erhalt der Bedingungen unabhängige, ohnehin geplante Realisierung des Projekts darstellte. Die Klägerin konnte hieraus zumindest nicht unmissverständlich auf einen Annahmewillen des Beklagten schließen. Vielmehr stellte sich die Übersendung der Vertragsunterlagen unter diesem Gesichtspunkt eher als ein Versuch der Klägerin dar, die bereits begonnene Vertragsdurchführung schriftlich zu fixieren, zumal die Klägerin offenbar selbst nicht davon ausging, dass bereits alle Vertragsbedingungen abschließend vereinbart waren. So bezog sie sich etwa in Ihrem Schreiben vom 09.11.2000 auf ihr „Vertragsangebot vom 25.05.2000“ und bat unter Einräumung bestimmter Zugeständnisse „um Vertragsunterzeichnung“. Hieraus wird deutlich, dass auch aus Sicht der Klägerin zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine abschließende Regelung über die Nutzungsrechte noch nicht getroffen worden war.

bb) Eine vollständige Übertragung der Nutzungsrechte an dem Film „Die Stimme“ ergibt sich auch nicht aus der Darstellung der Klägerin aus dem im Mai 2000 zwischen Beklagten und dem damaligen Chefredakteur der Klägerin geführten Gespräch. Die Klägerin behauptet hierzu unter Beweisantritt, in den mündlichen Vertragsverhandlungen sei besprochen worden, dass eine Auftragsproduktion nicht in Frage komme und damit nur eine Eigenproduktion der Klägerin möglich sei. Der Beklagte solle in diesem Rahmen nur als freier Mitarbeiter für die Klägerin tätig werden.

Selbst wenn es eine solche Absprache tatsächlich gegeben haben sollte, würde daraus nicht folgen, dass sämtliche Nutzungsrechte auf die Klägerin übertragen werden sollten. Dafür würde zwar sprechen, dass bei einer Eigenproduktion die Nutzungsrechte regelmäßig bei demjenigen liegen, der die Eigenproduktion übernimmt. Gegen die Annahme einer bereits in einer solch pauschalen Vereinbarung liegenden Übertragung der Nutzungsrechte spricht jedoch, dass die Übertragung von Nutzungsrechten eine Verfügung gemäß §§ 398, 413 BGB darstellt und daher den Anforderungen sachenrechtlicher Bestimmtheit unterliegt. Entsprechend sieht auch § 31 Abs. 1 UrhG vor, dass bei der Einräumung von Nutzungsrechten zu bestimmen ist, welche Arten von Nutzungsrechten eingeräumt werden sollen. All dies geht aus einer solch allgemein gehaltenen Abrede nicht hervor. Aus diesem Grunde könnte sie zunächst nur als eine Vereinbarung über Rahmenbedingungen angesehen werden, der weitere, detailliert zu treffende Vereinbarungen über die Übertragung von Nutzungsrechten folgen. Dafür sprechen im Übrigen auch die unter B.I. 1. a) aa) a.E. angestellten Erwägungen.

b) Die Klägerin ist jedoch neben dem Beklagten Mitherstellerin des Films „Die Stimme“ im Sinne des § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG und damit Mitinhaberin der Verwertungsrechte geworden.

Filmhersteller ist, wer die wirtschaftliche Verantwortung und die organisatorische Tätigkeit übernimmt, die zur Herstellung des Films nötig sind. Nicht maßgeblich ist der künstlerischschöpferische Beitrag zum Filmwerk ( BGHZ 120, 67, 70 ). Im einzelnen ausschlaggebend ist insbesondere, wer die Beschaffung des für die Herstellung des Filmes erforderlichen Kapitals, die Auswahl des zu verfilmenden Stoffes und des künstlerischen und technischen Personals, den Erwerb der erforderlichen Rechte, die Organisation der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen zur Filmproduktion, die Überwachung der Filmherstellung und den Abschluss der erforderlichen Verträge im eigenen Namen und für eigene Rechnung verantwortet (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 94 Rn. 4). Nicht entscheidend ist die subjektive Vorstellung der beteiligten Personen. Es kommt vielmehr allein auf die objektiven, tatsächlichen Verhältnisse an (Wandtke/Bullinger/Manegold, Urheberrecht, 2. Aufl., § 94 Rn. 30). Die Kriterien Finanzierung, Risikoübernahme, organisatorische Leitung und Abschluss der erforderlichen Verträge gelten auch dann, wenn der Film als Auftragsproduktion hergestellt wird. Hier ist der Auftragnehmer Filmhersteller im Sinne von § 94 UrhG, wenn er als selbständiger Unternehmer das Fertigstellungsrisiko des Films bis zu dessen Abnahme durch den Auftraggeber übernimmt und daher nicht nur die notwendigen Entscheidungen zu treffen hat, sondern diese auch in ihrem wirtschaftlichen Folgen verantworten muss ( BGHZ 120, 67, 71 ). Umgekehrt bleibt der Auftraggeber Filmhersteller, wenn der Auftragnehmer den Auftrag zur Herstellung des Filmwerks in voller Abhängigkeit von ihm durchzuführen hat, der Auftraggeber die Haftung für die Einhaltung der kalkulierten Herstellungskosten übernimmt und die wesentlichen Tätigkeiten des Auftragnehmers fast ausschließlich bestimmt (Schricker/Katzenberger, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 88 ff. Rn. 35). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann die Klägerin nicht allein als Herstellerin des Films „Die Stimme“, sondern lediglich mit dem Beklagten gemeinsam als Mitherstellerin angesehen werden.

Unstreitig hat die Klägerin die Herstellungskosten getragen, zumindest teilweise die Planung der Dreharbeiten von Seiten der Redaktion unterstützt, teilweise Hotel- und Flugbuchungen vorgenommen, sich an der Einholung der Rechte beteiligt, das Kamerateam sowie dessen Unterbringung bezahlt, einen Schnittplatz bereitgestellt und schließlich den Roh- und den Endschnitt abgenommen. Damit trug sie, insbesondere durch die Übernahme der Herstellungskosten, die wirtschaftliche Hauptverantwortung. Mit Blick auf die übrigen Tätigkeiten unterstützte sie zudem auch organisatorisch durch die Bereitstellung von Rahmenbedingungen die Realisierung des Films. Der überwiegende Teil der Organisation lag jedoch nicht in ihren, sondern in den Händen des Beklagten. Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin, sie habe eine Produktionsleiterin, eine Produktionssekretärin und eine Redaktion zur Verfügung gestellt, welche ihrerseits Drehgenehmigungen einholten, Reisen organisierten und Reservierungen für Hotels und Mietwagen vornahmen, als zutreffend unterstellt, bleibt dennoch unstreitig, dass es der Beklagte war, der in alleiniger Verantwortung Regie, Drehbuch und Aufnahmeleitung innehatte, die Drehtermine organisierte und koordinierte, das Kamerateam vermittelte, jedenfalls ganz überwiegend die Rechte der Protagonisten einholte und sich auch an der Einholung der Rechte weiterer Dritter beteiligte. Der Beklagte handelte dabei nicht, wie im Rahmen einer Auftragsproduktion für die Begründung der Filmherstellereigenschaft des Auftraggebers erforderlich, weisungsgebunden. Die Klägerin gab dem Beklagten insbesondere nicht im Einzelnen vor, wie er tätig zu werden hatte. Der Anteil des Beklagten an der organisatorischen Durchführung war vielmehr im Vergleich zu den organisatorischen Beiträgen der Klägerin deutlich größer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der organisatorische Anteil an der Verwirklichung eines Filmprojekts ebenso als zentrales Kriterium angesehen wird, wie die Übernahme der wirtschaftlichen Verantwortlichkeit (vgl. BGHZ 120, 67, 70 ).

Umgekehrt lässt sich selbst auf Grundlage des streitigen Beklagtenvortrags, wonach dieser nicht nur die Organisation der Reisen und Dreharbeiten komplett ohne Mitwirkung der Klägerin übernahm, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht tätig wurde, indem er Kostenersparnisse mit den mitwirkenden Dirigenten und Musikern aushandelte und Reisekosten selbst trug, keine alleinige Filmherstellereigenschaft des Beklagten begründen. Er wurde gerade nicht selbständig unternehmerisch tätig. Vielmehr trug die Klägerin das finanzielle Risiko des Projekts.

Insgesamt ist nach Auffassung des Senats unter Zugrundelegung der für die Begründung der Filmherstellereigenschaft maßgeblichen Kriterien Finanzierung, Risiko, organisatorische Leistung und Abschluss der Verträge nicht eindeutig feststellbar, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Anteil der Klägerin oder der Anteil des Beklagten überwiegt. Vielmehr ist insoweit von etwa gleichwertigen Beiträgen auszugehen mit der Folge, dass beide Parteien gemeinsame Mithersteller des Films geworden sind, ihnen die Nutzungs- und Verwertungsrechte also zur gesamten Hand zustehen.

Eine solche Mitherstellerschaft lässt die gesetzliche Regelung zu, denn § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG geht nicht davon aus, dass Filmhersteller im Sinne dieser Vorschrift zwingend nur eine einzelne Person ist. Es können auch mehrere Personen gemeinsam sein (vgl. Wandtke/Bullinger/Manegold, a.a.O, § 94 Rn. 30 und 55 m.w.N.; Möhring/Niccolini, UrhG, 2. Aufl., § 94 Rn. 16; Dreier/Schulze, a.a.O., § 94 Rn. 10; Schricker/Katzenberger vor §§ 88 ff. Rn. 36). Das gilt nicht nur für Koproduktionen, sondern auch bereits dann, wenn – wie hier – ein deutlicher Schwerpunkt bei einem der Beteiligten nicht festgestellt werden kann (Wandtke/Bullinger/Manegold, a.a.O., Rn. 55 m.w.N.). Die Mithersteller eines Films bilden dann entsprechend den anderen anerkannten Fällen von Mitherstellerschaft eine Gesamthandsgemeinschaft (Dreier/Schulze, a.a.O., Schricker/Katzenberger, a.a.O.), deren konkrete Ausgestaltung unter Heranziehung der in § 8 UrhG normierten Grundsätze zu bestimmen ist. Daraus folgt, dass die Verwertung des Filmes „Die Stimme“ der Klägerin und dem Beklagten zur gesamten Hand zusteht. Jede der Parteien ist zwar entsprechend § 8 Abs. 2 S. 2 UrhG verpflichtet, eine Einwilligung in die Verwertung nicht wider Treu und Glauben zu verweigern. Erfolgt jedoch eine Verwertung ohne eine Einwilligung des anderen Gesamthänders, stellt dies eine Verletzung der gesamthänderisch gebundenen Verwertungsrechte aus § 94 Abs. 1 UrhG dar. Die aus einer solchen Rechtsverletzung resultierenden Ansprüche gemäß §§ 97 ff. UrhG kann entsprechend § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG jeder der Mithersteller geltend machen. Eine solche Aktivlegitimation des einzelnen Mitherstellers besteht auch, wenn die Verletzung von einem anderen Mithersteller ausgeht (Dreier/Schulze, a.a.O., § 8 Rn. 22; Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 8 Rn. 21; Wandtke/Bullinger/Thum, a.a.O., § 8 Rn. 43).

Die Klägerin als Mitherstellerin des Films „Die Stimme“ ist danach berechtigt, den hier in Rede stehenden Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG gegen den Beklagten geltend zu machen.

c) Eine Rechtsverletzung durch den Beklagten wird auch nicht durch § 51 Nr. 2 UrhG ausgeschlossen, denn bei der Aufnahme der Filmausschnitte aus „Die Stimme“ die in den Film „The Dreamer“ verwendet wurden, handelt es sich nicht um ein nach der vorgenannten Vorschrift zulässiges Zitat.

Ein Zitat gemäß § 51 Nr. 2 UrhG, der entsprechend auch auf Filmwerke Anwendung findet ( BGH, GRUR WTRP 1987, 362, 363), setzt voraus, dass die vom Beklagten verwendeten Ausschnitte einem Zitatzweck dienen und sich in einem für diesen Zweck gebotenen Umfang halten. Ein Zitatzweck ist gegeben, wenn das zitierte Werk zur Erläuterung des Inhaltes des aufnehmenden Werks „The Dreamer“ aufgenommen wurde, als fremdes Zitat erkennbar ist und als Beleg für eigene Erörterungen des Filmautors dient ( BGH, GRUR 1987, 362, 364). Das zitierte Werk darf nicht um seiner selbst Willen zur Kenntnis der Allgemeinheit gebracht werden (BGH, a.a.O.).

Der Beklagte baute die Ausschnitte aus dem Film „Die Stimme“ vorliegend nach eigener Darstellung ein, um die Entwicklung der Karriere von Thomas Q. nachzeichnen zu können. Welche neue, eigenständige Aussage seines Films „The Dreamer“ mit den Ausschnitten belegt werden sollte, ist damit aber nicht vorgetragen. Die Behauptung des Beklagten, die Ausschnitte seien zum Beleg der in dem Film „The Dreamer“ aufgeworfenen Thesen gerechtfertigt, ist ohne genauere Ausführungen dazu, welche Thesen wie belegt werden sollten, unsubstantiiert. Die Hinzufügung der Ausschnitte verfolgt nach der Schilderung des Beklagten auch eher den Zweck, das neuere Bildmaterial um ältere Aufnahmen zu ergänzen. Die Ausschnitte aus „die Stimme“ sind dann aber kein Beleg, sondern integrative Bestandteile des neuen Films, eigenständige Teile neben anderen eigenständigen Passagen.

2. Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG – Verletzung der Verwertungsrechte sowie eine Wiederholungsgefahr – liegen vor. Der Beklagte hat das gesamthänderisch gebundene Verwertungsrecht gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG verletzt, denn unstreitig hat er Ausschnitte aus dem Film „Die Stimme“ ohne Einwilligung der Klägerin in seinen Film „The Dreamer“ integriert und diesen veröffentlicht, vervielfältigt und verbreitet. Eine Wiederholungsgefahr wird bei vorangegangenen Verletzungshandlungen des Anspruchsgegners vermutet (Dreier/Schulze, a.a.O., § 97 Rn. 41). Diese Vermutung greift auch vorliegend, da der Beklagte mit der Verwendung der Ausschnitte ohne wtrp Einwilligung der Klägerin das gesamthänderisch gebundene Verwertungsrecht bereits verletzt hat. Die im Antrag bezeichneten, zu unterlassenden Handlungen sind auch solche, die von dem Verwertungsrecht aus § 94 Abs. 1 S. 1 UrhG umfasst sind. Unterlassungsansprüche können schließlich trotz Bestehens der Gesamthandsgemeinschaft auch von der Klägerin als Mitherstellerin im eigenen Namen geltend gemacht werden, da ein entsprechendes Urteil ohnehin allen Mitherstellern zugute kommt (vgl. für den Fall der Miturheberschaft: Wandtke/Bullinger/Thum, a.a.O., § 8 Rn. 41).

II. Der mit dem Antrag zu 2) verfolgte Anspruch auf Vernichtung der im Besitz des Beklagten befindlichen Exemplare des Filmwerks „The Dreamer“ ergibt sich aus § 98 Abs. 1 UrhG auf Grund der das gesamthänderisch gebundene Verwertungsrecht verletzenden Herstellung des Films „The Dreamer“ und der damit einhergehenden Verbreitung der Ausschnitte aus „Die Stimme“. Da der Vernichtungsanspruch, wie auch der Unterlassungsanspruch, nicht auf eine Leistung gerichtet ist, ist es der Klägerin trotz des Bestehens der Gesamthandsgemeinschaft auch hier möglich, den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. für die Miturheberschaft: Wandtke/Bullinger-Thum, a.a.O., § 8 Rn. 41). Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 2) auch das Begehren verfolgt, dass alle im Besitz des Beklagten befindlichen Exemplare des Filmwerks „Die Stimme“ vernichtet werden, ist dieser Antrag unbegründet, denn der Beklagte ist Mithersteller dieses Films. Deshalb ist nicht ersichtlich, worin seine Verletzungshandlung liegen soll, aus der sich insoweit ein Anspruch nach § 98 Abs. 1 UrhG ergeben könnte.

III. Der gegen den Beklagten gerichtete Auskunftsanspruch über die Umsätze und Gewinne aus der Verwendung der Ausschnitte aus „Die Stimme“ ergibt sich aus § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG i.V.m. § 242 BGB. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Bestehen einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten, deren Wesen es mit sich bringt, dass die Klägerin in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang ihrer Rechte im Ungewissen, der Beklagte aber in der Lage ist, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen ( BGH NJW 1980, 2463, st. Rspr). Diese besondere rechtliche Beziehung ergibt sich vorliegend daraus, dass der auf Grund der Mitherstellerschaft an dem Film „Die Stimme“ bestehende Gesamthandsgemeinschaft, für welche die Klägerin den Anspruch geltend macht, dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zusteht, dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll. Hierzu ist neben der gegebenen Verletzungshandlung Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Beklagten erforderlich. Der Beklagte konnte seit der Auseinandersetzung mit der Klägerin Ende 2000/Anfang 2001 wissen, dass er möglicherweise nicht – alleiniger – Inhaber der Verwertungsrechte an dem Film „Die Stimme“ war. Dadurch, dass er dennoch Ausschnitte aus diesem Film in seinem Film „The Dreamer“ verwendete, ohne zuvor die Einwilligung der Klägerin einzuholen, handelte er zumindest fahrlässig. Zudem ist der Beklagte im Gegensatz zu der Klägerin auch in der Lage, seine Umsätze und Gewinne aus der Verwertung des Films „The Dreamer“ zu beziffern.

Die Klägerin kann als Mitherstellerin auch die Auskunft im eigenen Namen verlangen. Zwar ist die Klägerin entsprechend § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG für Ansprüche nach den §§ 97 ff. UrhG aktivlegitimiert, kann eine Leistung aufgrund der gesamthänderischen Bindung aber nur an alle Mithersteller verlangen (vgl. für die Miturheberschaft BGH, GRUR 1994, 39, 41). Aufgrund des lediglich vorbereitenden Charakters von Auskunftsansprüchen ist dessen Geltendmachung im eigenen Namen eines der Gesamthänder aber möglich (vgl. für die Miturheberschaft: Wandtke/Bullinger/Thum, a.a.O., § 8 Rn. 41).

IV. Der Im Rahmen des Feststellungsantrags festzustellende Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ist wegen der fahrlässigen Verletzungshandlung des Beklagten, wie bereits unter III. dargestellt, grundsätzlich gegeben. Zu beachten ist jedoch, dass auf Grund der gesamthänderischen Bindung Leistungen aus diesem Anspruch nur an die Gesamthand und nicht an die Klägerin selbst erfolgen können. Da die Klägerin selbst Teil der nur aus ihr und dem Beklagten bestehenden Gesamthandsgemeinschaft ist, ist die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten gegenüber der Gesamt-hand ein vom Klagantrag umfasstes Minus. Der weitergehende Anspruch auf Leistung direkt an die Klägerin war also abzuweisen.

V. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht verjährt.

Gemäß § 102 S. 1 UrhG gelten für die Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder anderer Rechte aus dem UrhG die allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Hiernach kommt es für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist neben der Entstehung der Ansprüche auf die Kenntnis der Klägerin von den Ansprüchen an. Kenntnis von der Entstehung etwaiger urheberrechtlicher Ansprüche erlangte die Klägerin erst in dem Moment, als sie von der Existenz und der Ausstrahlung des Films „The Dreamer“ erfuhr. Dieser Film wurde erstmals am 27. November 2004 ausgestrahlt. Dass die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt bereits Kenntnis von der Verletzungshandlung und ihrem Umfang hatte, ist nicht dargelegt. Die Erhebung der Klage am 22. März 2006 erfolgte also rechtzeitig.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit den Anträgen zu 2) und 4) teilweise unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

(Unterschriften)

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