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Fotograf hat keinen Anspruch auf Urhebernennung bei jahrelanger Duldung - AG Charlottenburg, Beschluss vom 05.01.2010, Az.: 234 C 1010/09

Leitsätzliches

Ein Fotograf der eines seiner Bilder im Internet ohne die Nennung seines Namens entdeckt, hat keinen Anspruch auf Namensnennung, wenn er Kenntnis davon besitzt, dass die Abgebildete das streitgegenständliche Foto über Jahre in einer Pressemappe zum Download bereitgehalten hat. Der Fotograf hat stillschweigend seine Einwilligung mit der Nutzung und dem damit einhergehenden Eingriff in die Urheberrechte erteilt. Grundsätzlich lässt eine solche Einwilligung die als rechtsgeschäftliche Handlung auch konkludent erfolgen kann, als rechtfertigende Einwilligung die Urheberrechtsverletzung und damit die Widerrechtlichkeit derselben entfallen.

AMTSGERICHT BERLIN CHARLOTTENBURG

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 234 C 1010/09

Entscheidung vom 5. Januar 2010


In dem Verfahren

...,

- Antragstellerin -

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

g e g e n
 
...,

- Antragsgegner -

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

hat das Amtsgericht Charlottenburg, Abt. 234, durch den Richter am Amtsgericht ... am 05.01.2010 beschlossen:

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine freischaffende Künstlerin, die von der Politikerin Sara Wagenknecht ein Porträtfoto fertigte und ihr zur Nutzung für den Bundestagswahlkampf der PDS übergab.

Der Antragsgegner unterhält unter der Domain www.x.de eine Internetseite, auf der er am 02.10.2009 das Foto ohne ausdrückliche Erlaubnis und ohne Namensnennung der Antragstellerin nutzte, das er seinerseits von der Homepage der Fr. Wagenknecht heruntergeladen hatte. Auf den archivierten Seiten der Homepage unter...archive.org/web/20071009222941/www.sahra-agenknecht.de/de/topic/32.pressefotos.html ist unter dem streitgegenständlichen Bild folgender Text eingefügt:

Dieses Foto können Sie in folgenden Varianten herunterladen:

- Farbig (RGB, 96 dpi)

- Schwarz/Weiss (Graustufen, 96 dpi)

Ein Hinweis auf das Urheberrecht der Antragstellerin ist nicht ersichtlich.

Dieses Bild ist im Lauf der letzten 11 Jahre sowohl im Print- als auch Onlinebereich zu einem der meist verwendeten Bilder von Fr. Wagenknecht geworden.

Wie sich aus weiteren Abmahnungen Dritter ergibt, hatte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zumindest seit dem 25.09.2009 von der Nutzung des Bildes durch Dritte infolge des Downloads sowie des fehlenden Hinweises auf das Urheberrecht durch die Partei „Die Linke" Kenntnis.

Die Antragstellerin forderte mit Schreiben vom 14.10.2009 und 29.10.2009 den Antragsgegner unter anderem zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, die der Antragsgegner nicht abgab. Der Antragsgegner entfernte jedoch umgehend das Bild vom Server.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, unabhängig von der aktuellen Nutzung durch den Antragsgegner bestehe bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung die Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate, zu untersagen, eine von ihr angefertigte und näher dargestellte Fotografie der Frau Sahra Wahrenknecht öffentlich zugänglich zu machen, wie geschehen am 02.10.2009 in der Internetadresse www.x.de/2009/09/17/sahra-wagenknecht-reiche-sollen-fuer-die-kris&-zahlen/

Der schriftlich angehörte Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Eine Urheberrechtsverletzung sei ihm nicht vorzuwerfen, da er das Bild von der Website der Politikerin, wo es hierzu bereit gestanden habe, heruntergeladen hätte. Da bekannt gewesen sei, dass das Bild ohne Urheberrechtshinweise zur Verfügung gestellt werde, handele es sich bei der hiesigen Vorgehensweise der Antragstellerin nur um die Verschaffung wirtschaftlicher Vorteile.

II.

Der Antrag ist unbegründet, da der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch nicht zusteht. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht gem. § 97 Abs. 1 UrhG, da der Antragsgegner das Urheberrecht der Antragstellerin an der streitgegenständlichen Photographie durch dessen Nutzung infolge der Einstellung auf seiner Website nicht widerrechtlich verletzt hat.

Die Antragstellerin hat das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners in dessen Schriftsatz vom 30.11.2009 nicht bestritten. Insofern ist davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Foto, wie sich auch aus dem Aufruf der vom Antragsgegner angegebenen archivierten Internetseite ergibt, dort von der Porträtierten zum Download bereitgestellt worden ist. Hiervon hat die Antragstellerin zumindest seit dem 25.09.2009, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des vom Antragsgegners eingereichten Artikels auf der Seite www.ruhrbarone.de und somit vor der hier geltend gemachten Verletzung des Urheberrechts durch den Antragsgegner Kenntnis gehabt. Gleichwohl hat sie die Möglichkeit des Downloads der Photographie, die unstreitig auf der Internetseite von Fr. Wagenknecht ausdrücklich vorgesehen war, nicht unterbunden. Damit hat sie zumindest stillschweigend ihre Einwilligung mit der Nutzung und dem damit einhergehenden Eingriff in ihre Urheberrechte erteilt. Grundsätzlich lässt eine solche Einwilligung die als rechtsgeschäftliche Handlung auch konkludent erfolgen kann, als rechtfertigende Einwilligung die Urheberrechtsverletzung und damit die Widerrechtlichkeit derselben entfallen (vgl. allg. Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, Komm, zum Urheberrecht, 3. Aufl., 2008, § 31 Rn. 37 ).

Indem die Antragstellerin der Bereitstellung des Fotos über einen Zeitraum von über 11 Jahren nicht widersprochen hat und es somit zu einem der - ohne Einräumung entsprechender Nutzungsrechte - meistveröffentlichten Fotos der Politikerin werden konnte, haben sich Dritte darauf verlassen können, dass es sich hierbei um ein Foto handelt, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung die Antragstellerin als Berechtigte einverstanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO.

(Unterschrift)