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Datenbankschutz für Bewertungssystem von eBay - LG Berlin, Beschluss vom 27.10.2005, Az.: 16 O 743/05

Leitsätzliches

Die Bewertungsdatenbank von eBay unterliegt urheberrechtlichem Schutz und darf daher nicht automatisiert ausgelesen werden, um dadurch eine Bewertungslisten zu erstellen und diese öffenltich zugänglich zu machen.

LANDGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 16 O 743/05

Entscheidung vom 27. Oktober 2005

In der einstweiligen Verfügungssache

der eBay International AG, Helvetiastraße 15 - 17, 2005 Bern, Schweiz,

Antragstellerin,

gegen

...

Antragsgegner,

wir im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, gemäß §§ 935 ff., 91 ZPO angeordnet:

 

1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

untersagt,

die auf den Internetseiten www.ebay.de der Antragstellerin dargestellten und durch die Antragstellerin gespeicherten und systematisch und methodisch angeordneten Bewertungsdaten über Ihre Kunden und die Daten über aktuell eingestellte Verkaufsangebote ihrer Kunden ohne vorherige Zustimmung der Antragstellerin selbst oder durch Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie auf den Internetseiten ,,www.bettercom.de und www.bewertungsprüfer.de des Antragsgegners in den Listen bettercom ebay Erfolgslisten, Konkurrenzbeobachtungsanalysen, Individual-Rankings und Bewertungsprüfer geschehen.

2. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten ferner

untersagt,

wesentliche Teile der auf den Internetseiten www.ebay.de der Antragstellerin dargestellten und durch die Antragstellerin gespeicherten und systematisch und methodisch angeordneten Bewertungsdaten über ihre Kunden und wesentliche Teile der Daten über aktuell eingestellte Verkaufsangebote ihrer Kunden ohne vorherige Zustimmung der Antragstellerin selbst oder durch Dritte zum Zwecke der Erstellung der oben genannten Listen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen und öffentlich zugänglich zu machen.

3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zutragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin hat folgenden Sachverhalt glaubhaft gemacht:

Sie betreibe in Europa den online-Marktplatz ebay. Auf diesem eröffne sie Käufern die Möglichkeit Bewertungen über die Anbieter abzugeben.

In diesem Zusammenhang unterhalte sie zwei Datenbanken.

In der sog. Bewertungsdatenbank speichere sie folgende individuelle Daten für ihre Mitglieder:

- Bewertungssymbol für das Mitglied
- Bewertungskommentare
- Mitgliedsname des Bewertenden
- Datum und Uhrzeit der Abgabe der Bewertung
- Artikelnummer, auf die sieh die Bewertung bezieht
- Anzahl aller seit Beginn der Mitgliedschaft erhaltenen Bewertungen mit der Anzahl der positiven/negativen Beurteilungen
- aller Bewertungen des letzten Monats, der letzten sechs Monate und der letzten zwölf Monate
- prozentualer Anteil der positiven Bewertungen

In ihrer Angebotsdatenbank speichere sie folgende individuelle Daten über laufende Angebote ihrer Mitglieder.
- Artikel
- Anzahl bisheriger Gebote zu diesem Artikel
- Aktueller Angebotspreis
- Restlaufzeit

Für diese beiden Datenbanken habe sie erhebliche Investitionen tätigen müssen, was sich schon aus der Vielzahl der Mitglieder und der täglichen Transaktionen ergebe. Allein zur Pflege der Bewertungsdatenbank beschäftige sie 22 Mitarbeiter.

Diese Daten könnten von jedermann abgerufen werden, seien also öffentlich zugänglich.

Der Antragsgegner lese diese Daten aus und stelle sie in anderer Form in Listen zusammen, die er unter seiner Firma bettercom IT-services unter den Adressen www.bettercom.de und www.bewertungspruefer.de teils entgeltlich und teils unentgeltlich zum Abruf anbiete. Das Auslesen Ihrer Daten geschehe mit Hilfe eines speziellen Programms, das ihre Webseiten vollautomatisiert scanne (sog. scraping). Dabei analysiere der Antragsgegner jeden einzelnen Bewertungspunkt eines einzelnen Mitglieds.

Im Einzelnen biete er folgende Listen an:
a) bettercom ebay-Erfolgslisten, in denen er die Mitglieder der Antragstellerin aufnehme, die derzeit am schnellsten wüchsen und regelmäßig über 1.000 Transaktionen monatlich über ebay abwickelten. Hiervon gebe es insgesamt 22 Listen. Dazu bediene sich der Antragsgegner folgender Daten ihrer beiden Datenbanken:
- Anzahl der in den letzten 30 Tagen positiv bewerteten Transaktionen
- Aktuelles Bewertungsprofil
- Anzahl der derzeit eingestellten Angebote
- Anzahl positiver Bewertungen in Prozent
- Bisher insgesamt positiv bewertete Transaktionen
b) Konkurrenzbeobachtungsanalysen für von seinem Abnehmer vorgegebene Kategorien
c) All-Time-High-Listen
d) Individual-Rankings
e) den sog. Bewertungsprüfer, bei dem der Antragsgegner die Daten eines vorn Nutzer vorgegebenen ebay-Mitgliedsnamens in bestimmter Weise auswerte

Sie habe das Auslesen ihrer Daten zunächst im Hinblick auf laufende Verhandlungen über den Abschluss einer Vereinbarung geduldet. Die Gespräche seien jedoch Ende August/Anfang September 2005 endgültig gescheitert.

Das löst einen Unterlassungsanspruch aus §§ 57a, 27 b UrhG aus.

Die Bewertungsdatenbank der Antragstellerin stellt ebenso wie die Angebotsdatenbank eine Datenbank im Sinne des § 87 a UrhG dar. Sie bestehen aus unabhängigen Elemente, weil die für ein Mitglied in Bezug auf ein bestimmtes Angebot abgegebene Bewertung auch außerhalb der Datenbank eine eigenständige Information vermittelt. Diese Elemente sind systematisch und methodisch angeordnet und einzeln abrufbar. So kann der Nutzer z B. einen Mitgliedsnamen oder einen bestimmten Artikel als Suchkriterium eingeben oder über ein spezielles Verzeichnis einen Verkaufsagenten in seiner Nähe finden.

Die Antragstellerin musste für den Aufbau der Datenbanken nach Art und Umfang erhebliche Investitionen tätigen, wobei die "Investitionshöhe" im Rahmen des § 87 a UrhG niedrig anzusetzen ist.

Der Antragsgegner verletzt das Leistungsschutzrecht der Antragstellerin, indem er die darin enthaltenen Daten für eigene Zwecke vervielfältigt. Dieses betrifft den gesamten Inhalt der Datenbanken, da er diese in automatisierter Form gezielt nach den von ihm benötigten Informationen zu den Mitgliedern, ihrer Angebotsstärke und ihrem Bewertungsprofil durchforstet. Dadurch nimmt er praktisch Rückgriff auf alle verfügbaren Daten, auch wenn diese in ihrer Gesamtheit in der einzelnen Liste nicht auftauchen, sondern stets nur ein Ausschnitt davon. Es steht der Verletzung des ausschließlichen Rechts der Antragstellerin nicht entgegen, dass die Daten allgemein öffentlich zugänglich sind: denn §§ 87b UrhG schützt nicht das Geheimhaltungsinteresse der Antragstellerin an ihren Daten, sondern ihre Investition, und zwar unabhängig davon. in welcher Form der Verletzer eingreift. Ein unmittelbarer Zugriff auf die Datenbank selbst ist nicht erforderlich. Ebenso wenig steht es der Rechtsverletzung entgegen. dass der Antragsgegner die Elemente in einer anderen Systematik neu ordnet. Auf die Übernahme der vorn Hersteller der Datenbank gewählten Gestattung kommt es nicht an (BGH, Urteil vorn 21.072005 — I ZR290/02, - HIT BILANZ -, zitiert nach Juris, dort Rdnr, 29 und 30).

Soweit die Listen für den Abnehmer ausdruckbar sind, lässt der Antragsgegner ferner die Verbreitung zu. Diese betrifft zwar nur einen unwesentlichen Teil der Datenbank, jedoch liegen die Voraussetzungen des Umgehungsschutzes vor. Das Scannen stellt ein planmäßiges und gezieltes Vorgehen des Antragsgegners dar, das einer normalen Auswertung der Datenbank zuwider läuft. Zugleich beeinträchtigt er dadurch die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, weil er sich den Abschluss eines Lizenzvertrages erspart.

Zugleich verwirklicht der Antragsgegner in Bezug auf den beim Nutzer sichtbar gemachten unwesentlichen Teil der Datenbanken das der Antragstellerin ausschließlich zustehende Recht der öffentlichen Wiedergabe.

Wegen der Verletzungshandlungen der Bearbeitung und Umgestaltung war der Antrag zurückzuweisen, weil sie in § 87 b UrhG als solche nicht genannte sind. Darüber hinaus dürfte die andere Anordnung der Daten in den Listen des Antragsgegners auch keine Bearbeitung und/oder Umgestaltung der Daten selbst darstellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der zurückgewiesene Teil ist verhältnismäßig geringfügig und löste keine Kostenfolge aus.

Bei der Fassung des Tenors hat die Kammer von § 935 ZPO Gebrauch gemacht.

Unterschriften