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AG Düsseldorf, Urteil vom 7. April 2003, AZ: 43 C 5677/02 - Kosten Abschlussschreiben wegen Übernahme aus Datenbank

Leitsätzliches

Die Übernahme von großen Teilen einer Datenbank stellt einen Urheberrechtsverstoß und einen Wettbewerbsverstoß dar, wegen der eine Einstweilige Verfügung erlassen werden kann. Gibt der so Verurteilte erst mehr als vier Monate nach Zustellung der Verfügung und erst auf eine anwaltliche Aufforderung hin eine Abschlusserklärung ab, mit der er die Einstweilige Verfügung als abschließende Regelung anerkennt, hat er die Kosten für die Aufforderung ebenfalls zu tragen.

AMTSGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 43 C 5677/02

Entscheidung vom 7. April 2003

 

In dem Rechtsstreit

 

hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2003 durch die Richterin für R e c h t erkannt:

 

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.000,21 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch seit dem 14. März 2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Kläger aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

T a t b e s t a n d:

Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage Rechtsanwaltskosten für ein Abschlussschreiben geltend, das er an den Beklagten gerichtet hatte.

Der Kläger bietet über das Internet eine für User kostenlose Informationsplattform zu erotischen Treffpunkten auf Autobahnen, Straßen, Städten und Seen innerhalb Deutschlands an. Die Internetpräsenz des Klägers ist unter "... .de" zu erreichen. Der Beklagte war Inhaber der Internetpräsenz "....de". Nachdem der Kläger festgestellt hatte, dass der Beklagte fast alle Einträge der für ihn, den Kläger, geschützten Datenbank "... .de" einschließlich der Anordnung der Gestaltung der Einträge in seine Internetpräsenz "....de" kopiert hatte, beantragten die beauftragten Prozessbevollmächtigten des Klägers am 6. August 2001 vor dem Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mit Datum vom 10. August 2001 erließ daraufhin das Landgericht Düsseldorf einen Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem dem Beklagten untersagt wurde, die im Internet unter der Domäne "... .de" veröffentlichte nachstehend wiedergegebene Datenbank "... " mit den Einträgen zum Stichtag 2. August 2001 insgesamt oder in einem nach Art und Umfang wesentlichen Teil oder in unwesentlichen Teilen, die nicht durch eine normale Auswertung der Datenbank erlangt wurden, zu vervielfäl-tigen, zu verbreiten oder/und öffentlich wiederzugeben. Auf den in Kopie zur Akte gereichten Beschluss wird Bezug genommen (vgl. BI. 21 GA).

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers stellten dem Beklagten die einstweilige Verfügung am 22. August 2001 zu (vgl. die Zustellungsurkunde BI. 23 d. A). Nachdem auch fast 5 Monate nach Erlass der einstweiligen Verfügung weder ein Widerspruch des Beklagten zugestellt noch eine Abschlusserklärung des Beklagten eingegangen war, forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Januar 2002 zur Abgabe der Abschlusserklärung auf (vgl. das Schreiben BI. 25 d. A). Am 13. Januar 2002 gab der Beklagte die geforderte Abschlusserklärung ab (vgl. ebenfalls in Kopie zur Akte gereichte Abschlusserklärung BI. 27 d. A). Ein Ausgleich der durch die Aufforderung entstandenen Anwaltskosten erfolgte jedoch nicht. Der Kläger forderte daher den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Januar 2002 (vgl. Kopie BI. 28 d. A) zur Zahlung der durch das Abschlussschreiben entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.000,21 € bis zum 22. Januar 2002 auf, ein Kostenausgleich erfolgte jedoch nicht.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.000,21 Euro nebst Zinsen seit dem 4. März 2002 nach einem Zinssatz von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die ...adresspunkte seien ihm untergeschoben worden. Bei ihm habe sich eine Frau Kus gemeldet, die ihm erläutert habe, dass sie vom Kläger überredet worden sei, die Treffpunkte des Klägers zu kopieren und an den Beklagten zu schicken, weil der Kläger einen Konkurrenten los werden wolle. Er habe nichtsahnend die in mehrere Sendungen aufgeteilten und unter verschiedenen Absendern übermittelten Treffpunkte übernommen. Er habe bereits Monate vor Erhalt des anwaltlichen Schreibens vom 9. Januar 2002 die Treffpunkte aus der Sammlung herausgenommen. Die Klägerin handele treuwidrig, wenn sie ihm einerseits ... punkte aus seiner Sammlung unterschieben wolle, und dann für diese eine Unterlassungserklärung verlange. Zudem handele es sich bei den Rechtsanwaltskosten nicht um notwendige Aufwendungen. Der Kläger sei in der Lage gewesen, seine Interessen selbst wahrzunehmen. Schließlich habe der Kläger bereits am 14. Juli 2001 ein Abmahnschreiben verfasst, dass einer auf Urheberrechtsverletzungen spezialisierter Rechtsanwalt nicht hätte besser verfassen können.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger kann von dem Beklagten die Zahlung eines Betrags in Höhe von 1.000,21 € aus §§ 677, 683, 670 BGB verlangen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass derjenige, der vom Störer die Beseitigung der Störung verlangen kann, gemäß § 683 BGB Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen als Geschäftsführer ohne Auftrag hat, soweit er seinerseits bei der Beseitigung der Störung hilft und dabei im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (vgl. BGHZ 53, Seite 393 ff.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Beklagte hat einen Wettbewerbsverstoß begangen, durch den ein Störzustand entstanden ist, den der Beklagte als Störer in entsprechender Anwendung des 1004 BGB auf seine Kosten zu beseitigen hat. Dem Beklagten ist durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 10. August 2001 untersagt worden, die im Internet unter der Domäne "... .de" veröffentlichte nachstehend wiedergegebene Datenbank "... " mit den Einträgen zum Stichtag 2. August 2001 insgesamt oder in einem nach Art und Umfang wesentlichen Teilen oder in unwesentlichen Teilen, die nicht durch eine normale Aufwertung der Datenbank erlangt wurden, zu vervielfältigen, zu verbreiten oder/und öffentlich wieder zu geben. Soweit der Beklagte einwendet, der Kläger habe ihm diese Daten untergeschoben, um einen Konkurrenten loszuwerden, ist dieser Einwand unerheblich. Der Beklag-te hat am 13. Januar 2002 eine Abschlusserklärung abgegeben. Er kann damit nicht mehr damit gehört werden, dass kein Wettbewerbsverstoß vorgelegen habe.

Störend wirkt sich neben dem Wettbewerbsverstoß selbst auch die Unklarheit darüber aus, ob eine Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes zu befürchten steht. Im Interesse einer alsbaldigen Beseitigung der entstandenen Unklarheit, ob mit weiteren gleichliegenden oder ähnlichen Verstößen zu rechnen sei, hat der Kläger eine gegenüber der Klageerhebung kostensparendere Maßnahme ergriffen und den Beklagten aufgefordert, eine Abschlusserklärung abzugeben. Anstelle dessen hätte der Kläger auch seinem Rechtsanwalt sofort den Auftrag erteilen können, die Hauptsacheklage zu erheben. Durch die Aufforderung zur Abgabe der Abschlusserklärung hat der Kläger bei der Beseitigung der Stö-rung geholfen und dabei im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen und mutmaßlichen Willen des Störers gehandelt. Die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung liegt im Interesse des Störers, der dadurch Gelegenheit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreits zu vermeiden. Angesichts der Gepflogenheiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes kann der Gläubiger jedenfalls davon ausgehen, dass er die Aufwendungen für solche Abschlusserklärungen im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen des Störers erbringt. Diesem Willen wird es freilich entsprechen, die Aufwendungen für eine Abschlusserklärung möglichst niedrig zu halten und einen Hauptsacheprozess zu vermeiden.

Das Gericht schließt sich damit der Auffassung des Bundesgerichtshofs sowie auch den Ausführungen in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7 Auflage, Kapitel 43 Rz. 30 an.

Die Ausführungen des AG Lahr in der Entscheidung NJW-RR 2002, 1125 können nicht überzeugen. Soweit das Gericht aufführt, nicht das Abschlussschreiben als solches führe zur Beseitigung des Störerzustandes, sondern erst die daraufhin abgegebene Abschlusserklärung, kann sich das Gericht dieser differenzierten Betrachtungsweise nicht anschließen. Nach einem Zeitablauf von nahezu vier Monaten muss davon ausgegangen werden, dass der Störer ohne Erhalt des Abschlussschreibens niemals keine Abschlusserklärung abgegeben hätte, so dass letztendlich das Abschlussschreiben zur Beseitigung des Störerzustandes geführt hat.

Die Kosten für das Abschlussschreiben waren auch notwendig. Nicht notwendig sind Kosten eines Abschlussschreibens, für das keine Veranlassung besteht. Eine solche Veranlassung wird von der heute herrschenden Meinung verneint, sofern der Gläubiger dem Schuldner nicht binnen angemessener Frist Gelegenheit gelassen hat, die erlassene einstweilige Verfügung von sich aus durch Abgabe einer Abschlusserklärung bestandskräftig zu machen. Über die Zeitspanne, die als "angemessene Frist" anzusehen ist, herrscht Meinungsvielfalt, wobei mehrheitlich von einer Mindestfrist von 12 Tagen und einer Maximalfrist von 1 Monat ausgegangen wird (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 43. Kapitel, Rz. 31). Vorliegend ist die einstweilige Verfügung am 10. August 2001 erlassen und am 22. August 2001 dem Beklagten zugestellt worden. Der Kläger hat dann noch einmal mehr als 4 Monate zugewartet und erst mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Januar 2002 den Beklagten aufgefordert, eine Abschlusserklärung abzugeben. Für das Abschlussschreiben bestand insoweit Veranlassung.

Anerkannt ist ebenfalls, dass durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandene Kosten nicht notwendig sind, wenn dem Gläubiger zugemutet werden kann, das Abschlussschreiben ohne anwaltliche Hilfe zu formulieren. Die Frage der Notwendigkeit von Anwaltskosten bei Formulierung eines Abschlussschreibens beurteilt der BGH ähnlich wie die Frage der Notwendigkeit von Anwaltskosten bei einer Abmahnung. Danach soll es Wirtschaftsverbänden und Wettbewerbsvereinen, aber auch größeren Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung zumutbar sein, ein Abmahnschreiben ohne anwaltliche Hilfe zu formulieren. Vorliegend handelt es sich bei dem Kläger jedoch um ein Einzelunternehmen ohne Rechtsabteilung. Der Kläger durfte sich somit einer Hilfe des Rechtsanwalts bedienen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Juli 2001 selbst eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung formuliert hat und dem Beklagten zugesendet hat. Zum einen ist eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung von einem Abschlussschreiben zu unterscheiden. Darüber hinaus kann dem Kläger nicht die Geltendmachung der Anwaltskosten abgesprochen werden, nur weil er zufällig eine rechtlich nicht zu beanstandende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verfasst hat, für die er bereits einen Rechtsanwalt hätte einschalten können und insoweit Kosten gespart hat, die ihm eigentlich zugestanden hätten.

Schließlich hat der Beklagte auch keine Unterwerfungserklärung abgegeben, so dass die Kosten für das Abschlussschreiben auch nicht mangels Wiederholungsgefahr überflüssig und insoweit nicht erstattungsfähig waren.

Die geltend gemachten Anwaltskosten sind von dem Beklagten der Höhe nach nicht bestritten worden und insoweit als zugestanden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO anzusehen. Die Kosten sind von dem Beklagten insoweit in voller Höhe zu er-statten.

 

II.

Zinsen kann der Kläger auf die Forderung in Höhe von 1.000,21 Euro in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch wie beantragt seit dem 14. März 2002 aus § 284 Abs. 3 BGB, 288 Abs. 1 BGB verlangen. Der Kläger forderte den Beklagten, anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 17. Januar 2002 auf, die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.000,21 Euro bis zum 28. Januar 2002 zu zahlen. Damit befand sich der Beklagte seit dem 29. Januar 2002 in Verzug.

 

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Streitwert: 1.000,21 Euro.

(Unterschrift)