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15 Euro Schadensersatz für das Anbieten eines Musiktitels in Internet-Tauschbörse

Leitsätzliches

Die öffentliche Zugänglichmachung der Musiktitel "Engel" (Rammstein) sowie "Dreh dich nicht um" (Westernhagen) rechtfertigt eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von jeweils 15 Euro. Maßgeblich für die Bemessung der Höhe ist neben der Aktualität der Tonaufnahme auch der Zeitraum der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachunug.

LANDGERICHT HAMBURG 

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 308 O 701/09
Entscheidung vom 8. Oktober 2010

In dem Rechtsstreit (...)
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 8, durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …, den Richter am Landgericht … und die Richterin am Landgericht …. aufgrund der bis zum 6. August 2010 eingereichten Schriftsätze

für Recht:

I. Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. EUR 15,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2010 zu zahlen.

II. Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. EUR 15,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2010 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt getragen:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerinnen jeweils zu 5 %, der Beklagte zu 1. zu 30 % und der Beklagte zu 2. zu 60 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2. tragen die jeweilige Klägerin jeweils 10 % selbst, der Beklagte zu 1. zu 30 % und der Beklagte zu 2. zu 60 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2. tragen die Klägerinnen jeweils zu 10 % und im Übrigen der jeweilige Beklagte selbst.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren von den Beklagten Aufwendungs- sowie Schadensersatz wegen des unerlaubten Anbietens zweier Musikaufnahmen in einer Internettauschbörse.

Die Klägerin zu 1. ist Inhaberin der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte an der Musikaufnahme „Engel“ der Künstlergruppe „Rammstein“, die Klägerin zu 2. ist Inhaberin entsprechender Rechte an der Musikaufnahme „Dreh‘ dich nicht um“ des Künstlers „Westernhagen“. Die Gruppe „Rammstein“ gehört zu den national und auch international erfolgreichsten deutschen Musikgruppen. Die Aufnahme „Engel“ stammt aus dem Jahre 1998 und erreichte damals Platz 3 der Singlecharts, das Album mit der Aufnahme „Engel“ hielt sich wochenlang auf Platz 1 der Albumcharts. Das Album wird derzeit noch für € 14,42 bei Amazon gehandelt. Der Künstler „Westernhagen“ gehört zu den national erfolgreichsten deutschen Interpreten. Die Aufnahme „Dreh‘ dich nicht um“ stammt aus dem Jahre 1992. Sie wurde auf dem Album „Ja ja“ veröffentlicht, welches sich ebenfalls wochenlang auf Platz 1 der Albumcharts hielt. Der Künstler „Westernhagen“ wurde für dieses Album 1993 mit ECHO-Awards in drei Kategorien ausgezeichnet. Die „digitally remastered“ Version des Albums wird derzeit noch für € 13,99 bei Amazon gehandelt.

Der am 8. August 1990 geborene Beklagte zu 2. machte am 22. Juni 2006 um 23:30:09 Uhr (MESZ) über den Internetanschluss des Beklagten zu 1., seines Vaters, in einem P2P-Netzwerk mittels der auf dem „Gnutella“-Protokoll basierenden Software „BearShare“ 4.120 Audio-Dateien im Wege des Filesharing für andere Teilnehmer aufrufbar und downloadbar. Darunter befanden sich zwei Dateien mit den oben genannten Musikaufnahmen „Engel“ und „Dreh‘ dich nicht um“. Der Beklagte zu 1. hatte keine Kenntnis davon, dass der Beklagte zu 2. an einer solchen Internettauschbörse teilnahm.

Die Klägerinnen sahen sich durch die Nutzung der Aufnahmen in ihren Rechten verletzt, erstatteten Strafanzeige gegen die zunächst noch unbekannten Nutzer und übersandten den Beklagten nach Ermittlung von deren Namen und Anschriften durch die Staatsanwaltschaft ein (hier als Anlage K 5 vorgelegtes) Abmahnschreiben vom 25. Januar 2007. Mit ihrer am 22. Dezember 2009 eingegangenen und am 7. Januar 2010 zugestellten Klage verlangten sie zunächst neben den weiterhin anhängigen Ansprüchen auf Aufwendungs- und Schadensersatz auch Unterlassung. Das Unterlassungsbegehren erklärten die Parteien übereinstimmend für erledigt, nachdem die Beklagten am 20. Januar 2010 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatten.

Die Klägerinnen machen für die Nutzung jeder Musikaufnahme Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von € 300,00 geltend. Sie verweisen auf die fortdauernde Popularität und den Erfolg der Künstler und den Erfolg der Aufnahmen. Als Anknüpfungspunkt für eine Schätzung ziehen sie den GEMA-Tarif VR-W I Ziff. IV. heran. Danach ist für eine öffentliche Zugänglichmachung im Internet im Wege des Streaming (ohne Download) eine Mindestvergütung von € 100,00 für bis zu 10.000 Aufrufe vorgesehen. Die beim Filesharing angebotene Downloadmöglichkeit rechtfertigt nach Auffassung der Klägerinnen eine dreifach höhere Lizenz.

Die Klägerinnen verlangen ferner Ersatz der Anwaltskosten für die Abmahnung, die sie nach einem Streitwert von € 9.600,00 mit einer 1,3-Geschäftsgebühr (€ 631,80), einer 0,3-Erhöhungsgebühr (€ 145,80) und einer Pauschale (€ 20,00) in Höhe von € 797,60 berechnen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagten zu verurteilen,
1. an die Klägerin zu 1. € 300,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. an die Klägerin zu 2. € 300,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. gesamtschuldnerisch an die Klägerinnen die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 797,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe:

A.

Der noch im Streit befindliche Teil der Klage ist überwiegend nicht begründet.

I.
Den Klägerinnen steht Schadensersatz nur gegen den Beklagten zu 2. zu und auch gegen diesen nur in Höhe von jeweils € 15,00 für jede Musikaufnahme. Der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 1. ist nicht begründet.

1.
Der Beklagte zu 2. ist den Klägerinnen gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG aF für die Nutzung der Aufnahmen schadensersatzpflichtig.

a) Dem Grunde nach besteht ein Schadensersatzanspruch, weil der Beklagte zu 2. das jeweilige Tonträgerherstellerrecht der Klägerinnen widerrechtlich und schuldhaft verletzt hat.

Die jeweilige Tonaufnahme ist zugunsten jeder Klägerin als Inhaberin der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte gemäß § 85 UrhG urheberrechtlich geschützt. Zu den Tonträgerherstellerrechten gehören auch das Vervielfältigungsrecht und das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens.

Der Beklagte zu 2. hat bei jeder Aufnahme in beide Rechte eingegriffen. Denn er hat jede Aufnahme einmal für sich selbst kopiert, was eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellt, und er hat die Aufnahmen zum Aufruf und Download angeboten, was ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19 a UrhG darstellt.

Die Nutzungshandlungen waren widerrechtlich, weil die Klägerinnen dem Beklagten zu 2. dazu kein Recht eingeräumt hatten. Eine erlaubte Vervielfältigung zum privaten Gebrauch im Sinne des § 53 Abs. 1 UrhG liegt nicht vor. Denn die Vorlage ist offensichtlich rechtswidrig hergestellt und öffentlich zugänglich gemacht.

Der zur Tatzeit 16 Jahre alte Beklagte zu 2. handelte, wie er bei seiner polizeilichen Vernehmung eingeräumt hat, vorsätzlich schuldhaft. Denn danach wusste er, dass er etwas Verbotenes tut. Danach ist auch von seiner Einsichtsfähigkeit im Sinne des § 828 Abs. 3 BGB auszugehen. Diese wird im Übrigen auch vermutet (Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Auflage, § 828 Rn 6) und der Beklagte zu 2. ist dieser Vermutung nicht entgegen getreten.

b) Der Höhe nach ist nur ein Anspruch auf Zahlung von jeweils € 15,00 für jede Aufnahme gegeben.

Die Klägerinnen berechnen ihren Anspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie. Zu ermitteln ist daher eine Vergütung, die vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Da es keinen Tarif für die zu bewertenden Nutzungen gibt, ist die angemessene Lizenz zu schätzen.

aa) Das AG Frankfurt/Main nimmt für die streitgegenständliche Nutzung, allerdings ohne nähere Begründung, eine Lizenz von € 150,00 für eine Musikaufnahme an (BeckRS 2010, 00906).

Der von den Klägerinnen als Ausgangspunkt für eine Schätzung angeführte GEMA-Tarif VR-W I regelt unter anderem die Vergütung für eine öffentliche Zugänglichmachung von Musik im Internet im Wege des Streaming, Live oder On-Demand. Grundsätzlich knüpft der Tarif an die tatsächlich erzielten Einnahmen des Nutzers an und sieht in Absatz III. eine Regelvergütung von 10 % der durch die Wiedergabe erzielten geldwerten Vorteile vor. In Absatz IV. ist eine Mindestvergütung von € 100,00 für bis 10.000 Zugriffe je gestreamten Ereignis vorgesehen. Diese Mindestvergütung ist nach Auffassung der Klägerinnen ein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Schätzung der streitgegenständlichen Nutzungen. Dem Mehrwert der von dem Beklagten zu 2. beim Filesharing über das Streaming hinaus gehenden Downloadmöglichkeit soll dabei durch eine Verdreifachung der Lizenz Rechnung getragen werden.

Die GEMA hatte zunächst für die Nutzung ihres Repertoires im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung die Tarife VR-OD 2 und VR-OD 3. Der Tarif VR-OD 2 betraf die Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand mit Download beim Endnutzer zum privaten Gebrauch unter Ausnahme von Ruftonmelodien. Der Tarif VR-OD 3 betraf die Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand ohne Download („Streaming“) beim Endnutzer zum privaten Gebrauch. Mit Wirkung vom 01.01.2009 fasste die GEMA die Tarife im einheitlichen Tarif VR-OD 5 zusammen. Die Regelvergütung beträgt nach allen Tarifen jeweils 15 % des Endverkaufspreises für die jeweilige Online-Nutzung. Die Mindestvergütung beträgt im Rahmen der Tarife VR-OD 2 und 3 bei Angeboten, die über Marktpreise verfügen, € 0,175 beim Download und € 0,125 beim Streaming für jedes abgerufene Werk. Falls es keine Marktpreise gibt, liegt die Mindestvergütung für einen Download bei € 0,2625 und bei € 0,1875 für ein Streaming. Der Tarif VR-OD 5 legt die Mindestvergütung auf € 0,1278 fest. Erfolgt eine Finanzierung durch Sponsoring, Tausch-, Kompensations- oder Geschenkgeschäfte oder Verkäufe von anderen als zum Music-on-Demand gehörenden Leistungen oder Produkten, beträgt die Mindestvergütung € 0,1916.

Der Kammer ist bekannt, dass ein Musikdownload eines Werks den Endnutzer in der Regel etwa € 1,00 kostet. In einer Pressemitteilung des BITKOM wird der Preis mit € 1,08 angegeben (siehe www.bitkom.org/presse/30739_62526.aspx).



In einem Schiedsstellenverfahren zwischen dem BITKOM und der GEMA hat die Schiedsstelle beim DPMA in einem Einigungsvorschlag vom 5. Mai 2010 (Az. Sch-Urh 57/08) für den Download eines Einzeltitels eine Regelvergütung in Höhe von 11 % des Endverkaufspreises und eine Mindestvergütung von € 0,091 für angemessenen erachtet. Die Vergütung beim Streaming ist mit 2/3 der Downloadvergütung bewertet worden.

bb) Der Mindesttarif des GEMA-Tarifs VR-W I scheint auf den ersten Blick am besten zu passen. Denn die Zahl der Downloads oder Streams, die von dem Computer des Beklagten zu 2. abgerufen wurden, ist nicht bekannt, und der Tarif weist eine Vergütung aus, die nicht an die Zahl der tatsächlichen Aufrufe anknüpft. Zu schätzen wäre dann nur der Mehrwert eines Downloads gegenüber einem Stream. Wird die Auffassung der Schiedsstelle zugrunde gelegt, wonach ein Stream 2/3 eines Downloads wert ist, ergäbe sich bei der Streamvergütung von € 100,00 eine Vergütung von € 150,00 für einen Titel, nach Auffassung der Klägerinnen, die den Mehrwert mit dem Faktor 3 bemessen, wären es die eingeklagten € 300,00. Trotz dieser zunächst eingängigen Bewertung vermag die Kammer diesem Ansatz nicht zu folgen. Denn der GEMA-Tarif geht von bis zu 10.000 Downloads aus. Das erscheint in Anbetracht der konkreten Nutzung durch den Beklagten zu 2. überzogen. Denn es handelt sich trotz der Bekanntheit der Künstler um Aufnahmen, die 12 bzw. 18 Jahre sind und bei denen deshalb nur noch von einer begrenzten Nachfrage ausgegangen werden kann. Bereits deshalb hätte sich nach Auffassung der Kammer ein vernünftiger Nutzer nicht auf eine solche Mindestlizenz eingelassen, sondern um eine am Ertrag orientierten Vergütung. Dieser Einwand ist dem Beklagten zu 2. im Rahmen der Schadensbemessung nach der Lizenzanalogie nicht verwehrt. Denn nur weil kein anderer Tarif vorhanden ist, der sich ohne Kenntnis von der konkreten Zahl der Aufrufe gut bei der Schadensbemessung verwerten lässt, muss man sich nicht auf einen Tarif verweisen lassen, mit dem sich gut rechnen lässt.

cc) Die Vergütungssätze aus den GEMA-Tarifen VR-OD und der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle geben Anhaltspunkte für die Wertigkeit eines Stream- bzw. Downloadangebots. Da die Zahl der Downloads, die von dem Computer des Beklagten zu 2. abgerufen wurden, nicht bekannt sind, muss geschätzt werden. Hier spielen wieder die Bekanntheit der Künstler und das Alter der Aufnahmen eine Rolle, wobei die Kammer trotz der Bekanntheit in Anbetracht der 12 bzw. 18 Jahre alten Aufnahme nur von einer begrenzten Nachfrage ausgeht. Ein weiteres Moment der Schätzung ist der Zeitraum, in dem der Beklagte zu 2. die Aufnahmen öffentlich zugänglich machte. Dazu fehlt jeder Vortrag, so dass in Anbetracht der Darlegungslast der Klägerinnen nur ein sehr begrenzter Zeitraum zugrunde zu legen ist. Wenn ausgehend davon 100 Downloads zugrunde gelegt werden, erscheint das bereits hoch. Wird der GEMA-Tarif VR-OD 5 von € 0,175 für einen Download zugrunde gelegt, dann wäre für 100 Downloads ein Betrag in Höhe von € 17,50 zu zahlen. Wird der von der Schiedsstelle für angemessen erachtet Wert von € 0,091 für einen Download in Ansatz gebracht, beliefe sich die Lizenz bei 100 Downloads auf € 9,10. Wird weiter berücksichtigt, dass bei einer Verletzung von Nutzungsrechten bereits der Eingriff in die allein dem Rechtsinhaber zugewiesene Nutzungsmöglichkeit als solche zu einem Schaden im Sinne des Schadensersatzrechts führt (BGH, Urt. v. 14.5.2009, GRUR 2009, 856, 863 Rn. 69 – Tripp-Trapp-Stuhl; so auch BT-Drucksache 16/5048, Seite 37), erachtet die Kammer bei der vorliegenden Fallgestaltung eine Lizenz von € 15,00 für das Downloadangebot einer Aufnahme für angemessen.

c) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

2.
Der Beklagte zu 1. schuldet den Klägerinnen keinen Schadensersatz. Denn er hat für die Rechtsverletzungen nicht als Täter oder Teilnehmer, sondern nur als Störer einzustehen, weil er dem Beklagten zu 2. unter Verletzung von Prüfpflichten seinen Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, über den dieser die Rechtsverletzungen beging. Das schließt eine Schadensersatzpflicht aus (BGH GRUR 2010, 633, 634 Rdn. 17 – Sommer unseres Lebens, insoweit unter Bestätigung der Vorinstanz OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 279 – Ungesichertes WLAN). Eine Übertragung seiner eine Täterschaft begründenden Wertungen in den Entscheidungen „Jugendgefährdende Schriften bei eBay“ (BGH GRUR 2007, 890) und „Halzband“ (BGH GRUR 2009, 597) auf einen Sachverhalt wie den vorliegenden lehnt der BGH ausdrücklich ab (BGH GRUR 2010, 633, 634 Rdn. 13 und 15 – Sommer unseres Lebens).

II.

Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Zahlung von Abmahnkosten. Zwar bestand beiden Beklagten gegenüber ein Unterlassungsanspruch. Die Beklagten sind aber nicht wirksam abgemahnt worden.

In der Abmahnung legitimierten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen für sechs verschiedene Tonträgerunternehmen, unter anderem die Klägerinnen, die in ihrer Gesamtheit als die führenden deutschen Tonträgerhersteller bezeichnet wurden. Es wurde ausgeführt, dass die ermittelten 4120 Audiodateien Musikrepertoire enthielten, an denen diese Tonträgerunternehmen die ausschließlichen Verwertungsrechte besäßen. Eine Zuordnung der jeweiligen Audiodateien zu dem jeweiligen Unternehmen erfolgte nicht.

Das genügt nicht den Anforderungen an eine wirksame Abmahnung. Das gemeinsame Auftreten von sechs abmahnenden Parteien mit der pauschalen Behauptung, in einer Vielzahl von ermittelten Dateien seien Aufnahmen aus dem Repertoire der Abmahnenden enthalten, vermittelt nicht in gebotener Weise die Sachbefugnis, aus der ein Unterlassungsanspruch hergeleitet wird. Zudem fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit. Es wäre jedenfalls erforderlich gewesen, darzulegen, welcher Abmahnende bzgl. welcher Audiodatei die Rechte geltend macht und die Nutzung beanstandet.

B.

1.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 100 Abs. 2, 91a ZPO. Dabei sind den Beklagten die Kosten für die durch die Unterlassungsverpflichtungserklärungen der Beklagten erledigten Unterlassungsansprüche auferlegt worden, weil diese, dem Beklagten zu 1. gegenüber aus einer Störerhaftung, dem Beklagten zu 2. gegenüber aus einer Täterhaftung, bis zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses begründet waren.

2.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

Unterschriften


Der Streitwert wird auf € 19.200,00 festgesetzt.

Der Streitwert setzt sich aus folgenden Einzelstreitwerten zusammen:
Unterlassung Klägerin zu 1. gegen Beklagten zu 1.: € 3.000,00
Unterlassung Klägerin zu 2. gegen Beklagten zu 1.: € 3.000,00
Unterlassung Klägerin zu 1. gegen Beklagten zu 2.: € 6.000.00
Unterlassung Klägerin zu 2. gegen Beklagten zu 2.: € 6.000,00
Schadensersatz Klägerin zu 1. gegen Beklagten zu 1 € 600,00
Schadensersatz Klägerin zu 1. gegen Beklagten zu 1 € 600,00

Die unterschiedliche Wertfestsetzung bei den Unterlassungsanträgen ist in dem geringeren Angriffsfaktor des Beklagten zu 1. als Störer begründet.

Wegen der zunächst geltend gemachten gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme der Beklagten sind bei jedem Beklagten € 600,00 in Ansatz zu bringen.

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind als Nebenkostenkosten nicht zu berücksichtigen.

Unterschriften

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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