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Vermittlung von Sportwetten in NRW nur mit deutscher Lizenz möglich - LG Köln, Urteil vom 14. Juli 2005, Az.: 81 O 30/05 -

Leitsätzliches

1. Wenn sich eine Internetseite auch an den deutschen Teilnehmerkreis wendet, findet (auch) deutsches Recht Anwendung und ein deutsches Gericht ist in der Sache zuständig. Hierfür reicht aus, wenn bei der Angabe der der persönlichen Daten "Germany" aus einer Auswahlliste angeklickt werden kann.

2. Sportwetten dürfen nach Einschätzung des Gerichts in der Bundesrepublik Deutschland nur mit einer deutschen Lizenz angeboten oder beworben werden. Auch aus der vielzitierten "Gambelli"-Entscheidung des EuGH ergibt sich keine Änderung.

 

LANDGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 81 O 30/05

Entscheidung vom 14. Juli 2005

In dem Rechtsstreit

...
gegen
...

hat der das Landgericht durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht..., Recht erkannt:

 

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,- zu unterlassen,

wie nachfolgend wiedergegeben in der Bundesrepublik Deutschland Sportwetten zu veranstalten oder zu bewerben oder zu vermitteln oder Anträge zur Beteiligung an solchen Sportwetten entgegenzunehmen: (...)

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Nr.1 in Nordrhein-Westfalen erzielt wurden.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen der im Tenor zu I.1. beschriebenen Art in Nordrhein-Westfalen bereits entstanden ist oder noch entstehen wird.

Zu I.2. und II.: Die Verpflichtungen treffen die Beklagten wie folgt:

Die Beklagte zu 1. seit dem 20.1.2005,

den Beklagten zu 2. seit dem 27.1.2005,

die Beklagte zu 3. seit dem 12.11.2004,

den Beklagten zu 4. seit dem 30.11.2004 und

den Beklagten zu 5. seit dem 12.11.2004.

Die weitergehende, auf zeitlich unbegrenzte Auskunft und Schadensersatzverpflichtung gerichtete Klage wird abgewiesen.

B. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; die Höhe beträgt hinsichtlich der Unterlassung EUR 500.000,- und hinsichtlich der Auskunft EUR 50.000; im übrigen beträgt sie 120 % desjenigen Betrages, dessentwegen vollstreckt wird.


Sachverhalt

Die Klägerin einerseits und die auf Zypern ansässige Beklagte zu 1. andererseits, deren Managing Director der Beklagte zu 2. ist, sind Wettbewerber bei der Veranstaltung von Sportwetten. Die in Österreich ansässige Beklagte zu 3., deren Vorstandsmitglieder die Beklagten zu 4. und 5. sind, ist die Muttergesellschaft der Beklagten zu 1. und Inhaberin der Domain "www.(...).com".

Die Klägerin, die in Nordrhein-Westfalen mit behördlicher Erlaubnis u.a. die Sportwette ODDSET veranstaltet, nimmt die Beklagten auf Unterlassung im Hinblick auf Sportwetten in Anspruch, die auf der genannten Seite angeboten werden; sie ist der Auffassung, die Beklagten verstießen damit gegen das Verbot des § 284 StGB, denn es handele sich bei den Sportwetten um Glücksspiele und keiner der Beklagten - dies ist unstreitig - verfüge über eine auf Deutschland ausgestellte behördliche Erlaubnis.

Sie beantragt, wie erkannt, jedoch hinsichtlich der Folgeansprüche im Hauptbegehren ohne zeitliche Begrenzung und nur hilfsweise mit der Eingrenzung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit.

Die Beklagten rügen die internationale Unzuständigkeit des Landgerichts Köln und beantragen im übrigen, die Klage abzuweisen.

Sie rügt die mangelnde Bestimmtheit des Klageantrages, weil es an einer Unterteilung danach fehle, welcher der Beklagten welche Handlung begangen und in Zukunft zu unterlassen habe; außerdem sei nicht nach den Handlungen der einzelnen Beklagten unterteilt.

Wäre dies geschehen, ergäbe sich zugleich, dass weder deutsches Recht Anwendung finde noch die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln gegeben sei, denn alle in Betracht kommenden Handlungen geschähen im Ausland und auch die Website sei keineswegs ausdrücklich auf Deutschland bezogen: nicht nur dort werde deutsch gesprochen.

Nachdem die Klägerin schon kraft Gesetzes in ihrer Tätigkeit auf das Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen beschränkt sei, könne ihr Verbotsantrag auch nicht weiter reichen. Im übrigen sei eine Umsatzauskunft bei einem rein wettbewerblichen Unterlassunganspruch nicht möglich und darüber hinaus fehle es an jeglicher Darlegung, wieso der Klägerin ein Schaden entstanden sein könne.

Die Beklagte zu 1. biete Wettveranstaltungen im Rahmen der Gesetze von Zypern an und die Beklagte zu 3. sei lediglich Gesellschafterin der Beklagten zu 1., Inhaberin der Domain und erbringe im Innenverhältnis Dienstleistungen für die Beklagte zu 1.

In der Sache selbst sind die Beklagten der Auffassung, sich rechtmäßig zu verhalten, denn die Verbotsnorm § 284 StGB, die im Zusammenspiel mit den Genehmigungsregeln zu beurteilen sei, verstoße gegen höherrangiges Recht: das im vorliegenden Verfahren konkret angestrebte Verbot sei mit den Grundsätzen der Dienstleistungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) nicht vereinbar, denn die Klägerin und die mit ihr im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammenwirkenden anderen deutschen Sportwettenanbieter werben nach Auffassung der Beklagten zum Zwecke, Einnahmen zu erzielen, in derart aggressiver Weise für die Teilnahme am Glücksspiel, dass von einer "Kanalisierung" des Spieltriebes der Verbraucher keine Rede sein könne: in seiner "Gambelli" - Entscheidung habe der EuGH genau ein solches Verhalten des italienischen Staates gerügt und es als unzulässig angesehen, auf dieser Grundlage die Dienstleistungsfreiheit einzuschränken.

Der Verstoß gegen das höherrangige Recht (auch gegen das europäische Kartellrecht und Art.12 Grundgesetz) führe zur Unanwendbarkeit der gesamten Regelung und erlaube es den Beklagten auf der Grundlage der der Beklagten zu 1. in ihrem Heimatland erteilten Genehmigung, auch in der Bundesrepublik Deutschland Wetten zu vertreiben. Die Entscheidung des BverfG vom 27.4.2005 zeige, dass in einem Hauptsacheverfahren wie dem vorliegenden jedenfalls eine Vorlage zum EuGH geboten sei, um diese Frage klären zu lassen.

Die BGH-Entscheidungen "Schöner Wetten" und "Sportwetten" könne die Klägerin jetzt nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, weil sich seither die Sachlage geändert habe: es sei ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Dänemark eröffnet worden, wo die Rechtslage mit der in der Bundesrepublik Deutschland praktisch identisch sei.

Letztlich weisen sie darauf hin, dass es für die Anwendbarkeit des § 4 Nr.11 UWG angesichts der vielfältigen und unterschiedlichen Meinungen in der Rechtsprechung am erforderlichen Vorsatz fehle: bei dieser Sachlage müssten sie sich nicht vorsichtshalber an der für sie ungünstigsten Auslegung des Gesetzes orientieren.

Beide Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren umfangreichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. 


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln ist gegeben, weil die von der Klägerin beanstandeten Handlungen der Beklagten nur insoweit Gegenstand des vorliegenden Streites sind, als sie sich - verkörpert in den im Antrag wiedergegebenen Internetseiten - in der Bundesrepublik Deutschland auswirken; auch der Erfolgsort gehört zum Handlungsort. Damit ist es (z.B.) ohne Belang, wo die Registrierung der entsprechenden Seite erfolgt und wo letztlich der Wettvertrag zustande kommt, denn zu beurteilen sind lediglich Handlungen mit Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland und diese Beurteilung erfolgt nach deutschem Recht.

Die angegriffene Website ist zwar nicht ausschließlich, wohl aber sehr ausdrücklich auch an die Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet, was sich zwanglos schon aus der Tatsache ergibt, dass bei der Angabe der persönlichen Daten "Germany" aus der Auswahlliste angeklickt werden kann; vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass und wo auf der Welt die deutsche Sprache noch verstanden werden kann.

Die Klage ist ganz überwiegend begründet und (zu einem ganz geringen Teil) im übrigen unbegründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung nach Maßgabe des Tenors verlangen, weil das Angebot von Sportwetten in der beanstandeten Form einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr.11 UWG i.V.m. § 284 StGB darstellt und deshalb als unlauter zu unterlassen ist.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Klageanträge ausreichend bestimmt und damit zulässig sind, denn während die verbalen Umschreibungen "veranstalten", "bewerben", "vermitteln" und "Entgegennehmen von Anträgen" alle denkbaren Formen des Mitwirkens an dem von der Klägerin beanstandeten Erfolg erfassen, verkörpert die nachfolgende Bebilderung das "greifbare" Ergebnis der arbeitsteiligen, gemeinschaftlichen Handlung aller Beklagter. Damit erledigt sich auch der Einwand der Beklagten, es müsse der Tatbeitrag eines jeden von ihnen Gegenstand des Antrages werden, um beurteilen zu können, ob die jeweilige Einzelhandlung unzulässig ist.

Zum einen soll (z.B.) der Beklagten zu 3. gar nicht (allgemein) verboten werden, in Österreich eine Website registriert zu halten, sondern nur insoweit, als sie sich an Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland richtet. Das allerdings lässt sich nicht in einer Weise verbal umschreiben, die ausreichend bestimmt wäre für eine Vollstreckung; dagegen ist es klar und eindeutig, dass die Beklagte zu 3. solange gegen das hier ausgesprochene Verbot verstößt, solange es die aktuelle Website in ihrer jetzigen Form gibt oder sobald sie der Beklagten zu 1. ein (gleichwertiges) Ersatzmedium verschafft. Der Beklagten zu 1. zum anderen soll nicht allgemein verboten werden, auf Zypern Sportwetten zu veranstalten; die Internetseite ist das Medium, mit dem sie ihr Angebot den hiesigen Verbrauchern unterbreitet, sodass sie gegen das Verbot solange verstößt wie sie über die fragliche Website oder in gleichwertiger Form weiterhin in der Bundesrepublik Wettkunden sucht.

Im Fall "Paperboy", auf den sich die Beklagten zur Begründung ihrer Ansicht von der Unzulässigkeit der Anträge berufen, ist es darum gegangen, dass sich der Angriff gar nicht gegen den abgebildeten Inhalt gerichtet hat, sondern nur gegen bestimmte Handlungen im Rahmen der (abgebildeten) Dienstleistung; vorliegend ist - in Übereinstimmung mit den Abbildungen - die Dienstleistung selbst Gegenstand des Verfahrens. Damit ist zugleich der Einwand der Beklagten erledigt, die Unbestimmtheit ergebe sich daraus, dass zwischen den Parteien streitig sei, was denn (z.B.) unter den Begriff des "Veranstaltens" genau zu subsumieren ist: angegriffen ist alles, was von den Beklagten unternommen wird (und in der im Tenor wiedergegebenen Website verkörpert ist), um Sportwetten in der Bundesrepublik Deutschland zu vermarkten.

Ausgangspunkt der Erwägungen für die Entscheidung in der Sache ist der Umstand, dass es sich bei angebotenen Sportwetten um Glücksspiele handelt - dies leugnen die Beklagten zu Recht nicht - und solche Glücksspiele innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur angeboten werden dürfen, wenn der Anbieter über eine inländische Genehmigung hierfür verfügt, § 284 StGB.

Keiner der Beklagten verfügt über eine inländische Genehmigung, und es gibt - entgegen den umfangreichen Darlegungen der Beklagten - auch weder einen Anlass, von der Notwendigkeit einer solchen Genehmigung abzusehen, noch einen Anlass, das Verfahren mit der Frage nach der Vereinbarkeit der einschlägigen Regelungen mit Gemeinschaftsrecht dem EuGH vorzulegen.

Zu § 284 StGB und der Notwendigkeit, eine inländische Genehmigung einzuholen, hat der BGH in der Entscheidung "Sportwetten" (GRUR 2002, 636) u.a. Folgendes ausgeführt:

"Das BerGer. hat zutreffend angenommen, dass das Verhalten der Bekl. mit Strafe bedroht ist, ohne dass dem vorrangig anzuwendendes primäres Gemeinschaftsrecht oder höherrangiges deutsches Verfassungsrecht entgegensteht (1). Es hat mit Recht entschieden, dass die Bekl. damit zugleich sittenwidrig i.S. des § 1 UWG handelt (2).

1. Die Bekl. verstößt, soweit sie Wettinteressenten in Nordrhein-Westfalen mit auf dem Postweg übersandten Teilnehmerscheinen sowie über Telefon und Telefax an ihren Sportwetten teilnehmen lässt, gegen das in § 284 StGB enthaltene Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten.

a) Das BerGer. hat die von der Bekl. betriebenen Sportwetten rechtsfehlerfrei als Glücksspiele i.S. des § 284 StGB gewertet (...). Denn das Wesen dieser Wetten besteht darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Spielbedingungen und den Verhältnissen, unter denen sie gewöhnlich betrieben werden, nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der durchschnittlichen Spieler abhängt, sondern jedenfalls hauptsächlich von dem ihrer Einwirkungsmöglichkeit entzogenen Zufall (...).

b) Das BerGer. ist weiter mit Recht davon ausgegangen, dass die Bekl. ihre Sportwetten auch im Inland veranstaltet.

Ein unerlaubtes Veranstalten eines Glücksspiels i.S. des § 284 I StGB liegt schon dann vor, wenn der Abschluss entsprechender Spielverträge angeboten wird (...). Dies tut die Bekl. gegenüber inländischen Wettinteressenten, auch solchen in Nordrhein-Westfalen.

Bereits eine Werbung, wie sie die Bekl. für die von ihr veranstalteten Glücksspiele betreibt, ist im Übrigen nach § 284 IV StGB mit Strafe bedroht. Dieser durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. 1. 1998 (BGBl I, 164) in das Strafgesetzbuch eingefügte Straftatbestand richtet sich gerade auch gegen die Werbung ausländischer Anbieter gegenüber dem inländischen Publikum für behördlich nicht genehmigte Glücksspiele, die unter Zuhilfenahme der mittlerweile gegebenen technischen Möglichkeiten unmittelbar vom inländischen Aufenthaltsort des Spielteilnehmers aus abgewickelt werden können (vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf, BT-Dr 13/8587, S. 67f. und den Bericht des Bundestags-Rechtsausschusses, BT-Dr 13/9064, S. 21).

c) Die Bekl. veranstaltet ihre Glücksspiele, ohne die Erlaubnis der zuständigen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen zu besitzen, wie sie für dieses Bundesland in § 1 I 1 des Sportwettengesetzes vom 3. 5. 1955 (GS. NRW. S. 672, geändert durch Gesetz vom 15. 12. 1970, GV.NRW. S. 765 und zuletzt - im Lauf des Revisionsverfahrens - durch Gesetz vom 14. 12. 1999, GV.NRW. S. 687) vorgeschrieben ist. Die Bekl. kann auch nicht geltend machen, dass sie einer solchen Erlaubnis nicht bedürfe.

(1) Die Vorschrift des § 284 StGB ist eine Verbotsnorm gegen unerwünschtes Verhalten. Das Gesetz gestattet es lediglich, die Veranstaltung von Glücksspielen unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen (...). Dementsprechend ist die Veranstaltung von Sportwetten auch dann nicht ohne Erlaubnis zulässig, wenn eine solche rechtswidrig versagt worden ist. Dies gilt, wie dem das baden-württembergische Spielbankenrecht betreffenden Beschluss des BVerfG vom 19. 7. 2000 zu entnehmen ist (...), auch dann, wenn die Versagung der Erlaubnis Grundrechte des Ast. verletzt. Anderenfalls nämlich hätte für das BVerfG bei seiner Entscheidung kein Anlass bestanden, im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Regelung zu treffen, die den Bf. übergangsweise das weitere Betreiben der Spielbanken gestattete (...). Das BVerfG hat dabei darauf hingewiesen, dass der weitere Betrieb der Spielbanken gem. § 284 StGB strafbar sei, falls bis zum Ablauf der Übergangsregelung keine neuen Spielbankenerlaubnisse erteilt worden seien (...).

(2) Die Vorschrift des § 284 StGB, die es verbietet, ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel zu veranstalten, verstößt - entgegen der Ansicht der Revision - nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG). Inwieweit ein Mitgliedstaat auf seinem Gebiet im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen Beschränkungen zum Schutz der Spieler und zum Schutz der Sozialordnung vorsehen will, steht im Ermessen der nationalen Stellen dieses Mitgliedstaates. Ihnen obliegt es zu beurteilen, ob es zur Erreichung des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck bestimmte Kontrollen vorzusehen (...). Die Vorschrift des Art.49 EG verbietet allerdings Beschränkungen, die diskriminierend sind (...). Die Prüfung, ob eine nationale Regelung zur Beschränkung von Glücksspielen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, ist Sache der nationalen Gerichte (...). Der Straftatbestand des § 284 StGB, der das Veranstalten von Glücksspielen von einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, ist danach gemeinschaftsrechtlich unbedenklich. Er ist zweifelsfrei nicht diskriminierend, weil das Erfordernis, eine Erlaubnis einzuholen, für alle Veranstalter von Glücksspielen gleichermaßen gilt.

(3) Die Ansicht der Bekl., dass ihre Glücksspielveranstaltungen in Deutschland als erlaubt anzusehen seien, weil die ihr von der Salzburger Landesregierung erteilte Bewilligung nach den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auch in Deutschland wirke, ist unzutreffend. Es ist - wie vorstehend dargelegt - Sache der nationalen Stellen der Mitgliedstaaten, das Glücksspielwesen im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens zu regeln; dabei ist es auch zulässig, nur bestimmten Einrichtungen die Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen zu erteilen (...). Dies schließt eine Bindung an behördliche Bewilligungen, die in anderen Mitgliedstaaten erteilt worden sind, aus. Eine Richtlinie nach Art. 55 i.V. mit Art. 47 II ist bislang nicht ergangen.

(4) Die Frage, ob die Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zulassung von Unternehmen zur Veranstaltung von Glücksspielen, insbesondere von Sportwetten, mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar sind, ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen. Die Bekl. verstößt - wie dargelegt - schon deshalb gegen § 284 StGB, weil sie Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet.

Die Bekl. hat zwar unter dem 12. 1. 1998 einen Antrag auf Zulassung zur Veranstaltung von Sportwetten gestellt; sie hat diesen Antrag aber nicht weiterverfolgt, sondern die ihr mit Schreiben des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. 3. 1998 - lediglich informationsweise - erteilte abschlägige Antwort hingenommen. Die Frage, ob die Bekl. Anspruch auf Erteilung einer behördlichen Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten hat, wäre auf ihren (erneuten) Antrag hin zunächst durch die zuständigen Behörden zu entscheiden und dann - falls dieser Antrag abgelehnt werden sollte - im Rahmen eines durchzuführenden Verwaltungsstreitverfahrens unter Würdigung aller maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte zu überprüfen.

In einem solchen Verfahren wäre gegebenenfalls auch der von der Revision aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob die nunmehr im Sportwettengesetz enthaltene Regelung der Zulassung zu Sportwetten mit den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages (Art.86 I i.V. mit Art.82 EG) vereinbar ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre die Bekl. nicht berechtigt, ohne weiteres in Nordrhein-Westfalen Sportwetten durchzuführen. Vielmehr hätte sie dann lediglich einen Anspruch darauf, dass ein von ihr gestellter Zulassungsantrag nicht aus Gründen abgelehnt wird, die mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar sind.

2. Das gegen § 284 I und IV StGB verstoßende Verhalten der Bekl. erfüllt, da es sich bei dieser Vorschrift um eine wertbezogene Norm mit unmittelbar wettbewerbsregelndem Charakter handelt, den Tatbestand des § 1 UWG (...). Die Veranstaltung von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis ist nicht lediglich ein Verstoß gegen eine Marktzutrittsregelung, sondern nach der in § 284 StGB getroffenen Wertung auch ein unlauteres Marktverhalten."

Diesen Ausführungen gelten auch für den vorliegenden Fall, in dem lediglich die Zusendung von Wettscheinen ersetzt ist durch die Vertriebsform "Internet". Auch unter Berücksichtigung der später - am 6.11.2003 - ergangenen "Gambelli" - Entscheidung des EuGH ergibt sich nichts anderes, wie dem Urteil "Schöner Wetten" des BGH vom 1.4.2004 zu entnehmen ist. Darin heißt es u.a.:

"... Die Bekl. hat durch die als Hyperlink ausgestaltete Angabe der Internetadresse www.(...).com die Werbung der aI-AG für die von ihr veranstalteten Glücksspiele objektiv unterstützt.

Im Revisionsverfahren kann davon ausgegangen werden, dass die aI-AG ihrerseits dadurch wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG handelt, dass sie über das Internet im Inland dafür wirbt, an ihren Glücksspielen teilzunehmen, und solche Glücksspiele auch im Inland veranstaltet, weil sie damit gegen § 284 StGB verstößt. Diese gegen die unerlaubte Veranstaltung von Glücksspielen gerichtete Strafvorschrift ist eine wettbewerbsbezogene Norm, die auch dem Schutz der Verbraucher dient (...). Die aI-AG bietet im Internet Glücksspiele i.S. des § 284 StGB an (...). Sie tut dies auch gegenüber Wettinteressenten im Inland, ohne die dafür notwendige Erlaubnis einer inländischen Behörde zu besitzen.

Eine solche Erlaubnis ist nicht mit Rücksicht darauf entbehrlich, dass der aI-AG in Österreich eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen erteilt worden ist (...). Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 8. 6. 2000 (ABl Nr. L 178 v. 17. 7. 2000, S. 1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, ist auf Glücksspiele nicht anwendbar (Erwägungsgrund 16, Art. 1 V lit. d dritter Spiegelstrich; a.A. Buschle, ELR 2003, 467 [472]).

Die Vorschrift des § 284 StGB verstößt als solche nicht gegen die durch Art.46 und 49 EG gewährleisteten Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit. Diese Grundfreiheiten können allerdings durch Rechtsvorschriften, die Glücksspielveranstaltungen beschränken, verletzt werden (...). Die Strafvorschrift des § 284 StGB verbietet jedoch lediglich das Veranstalten eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis und ist insoweit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt (...). Sie trifft selbst keine Entscheidung darüber, ob und inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden können oder nicht (...), und verstößt als solche schon deshalb nicht gegen die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit (...).

Nach europäischem Gemeinschaftsrecht steht es im Ermessen der Mitgliedstaaten, Glücksspiele auch vollständig zu verbieten (...). Selbst wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen nicht mit Art.46 und49 EG vereinbar sein sollten (...), wäre deshalb die Veranstaltung von Glücksspielen im Internet für inländische Teilnehmer nicht erlaubnisfrei zulässig (...)..."

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es eben gerade nicht so, dass die "Gambelli" - Entscheidung des EuGH eine Gesetzeslage wie die in der Bundesrepublik Deutschland für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt hat. Zwar ist davon auszugehen, dass der strikte Genehmigungsvorbehalt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bedeutet, die zu ihrer Rechtfertigung zwingende Gründe des Allgemeinwohls erfordert.

Diese sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - vorliegend gegeben, denn hinsichtlich des Schutzzwecks verweist die Klägerin zutreffend auf die Rechtsprechung, in der ausgeführt wird:

"Sinn und Zweck des Gesetzes zielen darauf ab, die wirtschaftliche Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft des Publikums unter staatliche Kontrolle und Zügelung zu nehmen" (BGHSt. 11, 209)

und

"Die Konzessionierung [...] wird wesentlich und entscheidend durch die öffentliche Aufgabe bestimmt, das illegale Glücksspiel um Geld einzudämmen und ... durch staatliche Kontrolle dem Spieler zu gewährleisten, dass Gewinn und Verlust nur von seinem Glück und nicht von Manipulationen des Unternehmers oder seiner Beschäftigten abhängen." (BVerfGE 28, 119)

Schon soweit sich die Beklagten unter Hinweis auf massive Werbung seitens der Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks auf die "Gambelli" - Entscheidung des EuGH berufen für ihre Annahme eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht, habe sie keinen Erfolg, denn die Ausführungen des EuGH sind auf der Grundlagen der Tatsachenfeststellungen des Vorlagebeschlusses zu verstehen; damit hat in Italien eine grundlegend andere Situation vorgelegen als sie hierzulande gegeben ist: dort hat der Staat zum Zweck der Einnahmenerzielung Konzessionäre des Nationalen Olympischen Komitees geschützt (Rdn.68) und damit - mit ausschließlich fiskalischer Zielsetzung - die den einzelnen Mitgliedsländern zustehenden Ermessensgrenzen überschritten. Die Klägerin weist überzeugend darauf hin, dass eine Freigabe des Glücksspielwesens bei gleichzeitig kräftiger Besteuerung der Veranstalter dem Staat zu viel höheren Einnahmen verhelfen würde als die gegenwärtige Konstruktion; unabhängig davon kann das Ziel "Kanalisation des Spieltriebes" nur erreicht werden, wenn die entsprechende Dienstleisung "Glücksspiel" auch kräftig beworben wird. Das bloß vorhandene, aber unbekannt bleibende staatliche Angebot bliebe unbeachtet, sodass der diesbezügliche Einwand der Beklagten vom Ansatz her unerheblich ist.

Ganz unabhängig von jeglicher Werbung aber kann der weitere Schutzgrund, nämlich der Schutz vor kriminellen Machenschaften seitens der Veranstalter nur sicher gestellt werden, wenn vor einer Betriebsaufnahme Prüfungen erfolgen; zur Erreichung dieses Zieles ist das Erfordernis einer vorgängigen Genehmigung geeignet und notwendig und damit auch im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gerechtfertigt.

Zugleich ist damit ein ausreichender Grund vorhanden, die Ausübung der in Art. 12 GG geregelten Berufsfreiheit zu beschränken, denn der Schutz des Allgemeinwohls ist vorrangig. Zugleich ist jedenfalls eine Rechtfertigung gegeben für den nach Auffassung der Beklagten gegebenen Missbrauch der gesetzlich begründeten Marktbeherrschung durch die Klägerin, sodass es sich erübrigt, auf diese Aspekte im übrigen einzugehen.

Eine ganz andere Frage ist es, ob die Art und Weise der Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens insgesamt oder in Teilaspekten höherrangigen Anforderungen entspricht.

Der Hinweis der Beklagten, § 284 StGB einerseits und die Vorschriften über die Genehmigung und deren Voraussetzungen dürften nicht voneinander getrennt werden, ist insoweit zutreffend, als die Entscheidung über Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit nicht davon abhängen kann, ob die Vorschriften in einer Norm zusammen gefasst sind oder nicht. Dies ändert aber nichts daran, dass das grundsätzliche Verbot von Glücksspielen ohne Genehmigung durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist; die Entscheidung hierüber ist nach den ausdrücklichen Ausführungen des EuGH - die Klägerin weist zu Recht darauf hin - den nationalen Gerichten vorbehalten, sodass die in der mündlichen Verhandlung erörterte Vorlage an den EuGH entfällt. Damit - mit der Rechtfertigung des Genehmigungsvorbehaltes - ist zugleich festgelegt, dass eventuelle Bedenken gegen die Voraussetzungen zur Erteilung der Genehmigung - unabhängig davon, ob sie unmittelbar zusammen mit der Verbotsnorm geregelt sind oder getrennt davon - nicht zum Fortfall des Genehmigungserfordernisses führen mit der Folge, dass der Glücksspielmarkt in der Bundesrepublik Deutschland für jedermann frei zugänglich wäre.

Aus dem Beschluss des BVerfG vom 27.4.2005 sowie aus dem gegen Dänemark eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ergibt sich nichts anderes: es geht dort ausschließlich um die Voraussetzungen für die Genehmigung; es folgt daraus keine Berechtigung der Beklagten, im Wege der Selbsthilfe in der Bundesrepublik Deutschland tätig zu werden.

Angesichts der vorstehend geschilderten Rechtslage unter Einschluss der beiden nun wirklich eindeutigen höchstrichterlichen Erkenntnisse des Bundesgerichtshofs kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass ganz bewusst ihr Recht in die eigene Hand genommen und es vorsätzlich verwirklicht haben; sie können nicht etwa nach langer behördlicher Duldung mit guten oder jedenfalls vertretbaren Gründen der Meinung (gewesen) sein, auch ohne eine Genehmigung in der streitgegenständlichen Weise in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden zu können. Eine ganz andere Frage ist es, ob sie aus den Gründen heraus, die sie für sich anführen, einen Anspruch haben, eine Genehmigung zu bekommen; dazu aber müssen sie erst einen Antrag stellen und gegebenenfalls gegen ein Ablehnung klagen. Hieran ändert es nichts, dass angesichts der Gesetzeslage eine Ablehnung des Antrages sehr wahrscheinlich ist und der Rechtsweg lange dauern wird; Selbsthilfe wird dadurch nicht rechtmäßig.

Die Beklagten zu 1. und 3. wirken willentlich zusammen, um das nach dem Vorstehenden in der Bundesrepublik Deutschland rechtswidrige Glücksspielangebot zu vermarkten, sodass sie beide in vollem Umfang zu verurteilen sind; die Beklagten zu 2., 4 und 5. haften für die Handlungen als Organe der juristischen Personen zu 1. und 3.

Das Verbot ist antragsgemäß auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu beziehen, denn das Verhalten der Beklagten nicht nur in Nordrhein-Westfalen rechtswidrig; die räumliche Beschränkung der Klägerin auf das Gebiet dieses Bundeslandes führt lediglich dazu, dass sie nur deshalb aktivlegitimiert ist, weil das verbotene Glücksspiel auch in Nordrhein-Westfalen angeboten wird: die Tragweite des Verbotes wird nicht eingeschränkt.

Die Folgeansprüche sind (nur) entsprechend der hilfsweise angetragenen zeitlichen Begrenzung auf den (für jeden der Beklagten unterschiedlichen) Zeitpunkt der Rechtshängigkeit begründet, denn die Beklagten haben zu Recht auf die sogenannte "Gaby" - Rechtsprechung des BGH hingewiesen, wonach das Auskunftsbegehren nicht dazu dienen darf zu ermitteln, seit wann die Wettbewerbsstörung besteht.

Für den Zeitpunkt ab Rechtshängigkeit sind die Ansprüche aber begründet, denn da sich die Parteien an denselben Verbraucherkreis wenden, ist es mehr als nur wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil derjenigen Kunden, die Sportwetten bei den Beklagten abgeschlossen haben, sich ohne das Angebot der Beklagten der Klägerin zugewandt hätten.

(Nur) anhand der Umsätze kann die Klägerin konkret errechnen bzw. kann konkrete Grundlagen für die Schätzung des Schadens ermitteln, sodass die Klägerin auf diese Angaben angewiesen ist und die Beklagten diese Angaben machen müssen. In einem eventuellen Vollstreckungsverfahren mag geprüft werden, inwieweit den Beklagten diese Auskunft möglich ist. Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher Kaufmann über die Einzelheiten seiner gewerblichen Betätigung informiert ist; der pauschale Einwand der Beklagten jedenfalls entkräftet diese Vermutung nicht.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 709 ZPO; die Zuvielforderung ist relativ gering und hat auch nur geringfügig höhere Kosten verursacht.

Streitwert: EUR 500.000,- (für jeden der Beklagten EUR 100.000,-, davon für die Unterlassung EUR 80.000,-, für die Auskunft EUR 14.000,- und für die Schadensersatzfeststellung EUR 6.000,-).
 
(Unterschriften)