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Unzulässige Presseveröffentlichung von Zitat aus Anwaltsschriftsatz - KG Berlin, Urteil vom 12.01.07, Az.: 9 U 102/06

Leitsätzliches

Die unautorisierte Veröffentlichung eines Anwaltsschriftsatz in der Presse ist unzulässig sein, wenn die schutzwürdigen Belange des Rechtsanwalts gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen.
So ist es etwa, wenn das Zitat den Eindruck erwecken könnte, der Rechtsanwalt habe der Presse bereitwillig Auskunft gegeben oder die Tätigkeit des Anwalts in ein schlechtes Licht gerückt wird.

KAMMERGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 9 U 102/06

Entscheidung vom 12. Januar 2007

In dem Rechtsstreit

...


g e g e n


...

hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Nippe und die Richter am Kammergericht Bulling und Damaske für Recht erkannt:

 


Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 06. April 2006 (27.O.162/06) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung des Zitierens aus einem „presserechtlichen Informationsschreiben“ des Antragstellers in der von der Antragsgegnerin verlegten Zeitschrift „B-----“ Nr. -- vom 02. Februar 2006 in Anspruch. In dem Beitrag wurde über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin wegen Steuerhinterziehung gegen die Mandantin des Antragstellers (N. A.) und deren Ehemann berichtet.

Das Landgericht Berlin hat antragsgemäß die einstweilige Verfügung vom 14. Februar 2006 erlassen und diese nach Widerspruch der Antragsgegnerin durch Urteil vom 06. April 2006, der Antragsgegnerin zugestellt am 24. April 2006, bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 18. Mai 2006 eingelegten und mit Schriftsatz vom 26. Juni 2006, einem Montag, begründeten Berufung.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller könne sich nicht auf sein Persönlichkeitsrecht berufen, weil er selbst das Informationsschreiben an eine Vielzahl von Presseunternehmen gesandt und damit öffentlich gemacht habe. Sowohl die Berichterstattung über die Mandantin des Antragstellers als auch das angegriffene Zitat seien rechtmäßig erfolgt. Die Antragsgegnerin habe mit dem Zitat ihrer pressemäßigen Sorgfaltspflichten genügt, im Rahmen der Verdachtsberichterstattung über die Mandantin des Antragstellers deren Sicht der Dinge darzustellen. Die Erklärungen in dem Informationsschreiben würden ohnehin nicht dem Antragsteller sondern dessen Mandantin zugerechnet.

Zudem sei das Zitat nicht rechtswidrig gewesen, weil dem Autor des Artikels das Informationsschreiben des Antragstellers nicht bekannt gewesen sei, dieser vielmehr aus einer Drittveröffentlichung im Internet unter www.f. .biz zitiert habe, gegen die der Antragsteller bis heute nicht vorgegangen ist.


Die Antragsgegnerin beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die einstweilige Verfügung vom 14. Februar 2006 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.



Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Antragsteller meint, er sei als hilflose Figur dargestellt worden, die für seine Mandantin noch versucht habe zu retten, was zu retten ist. Sein Brief sei vor einem Millionenpublikum ausgebreitet und damit in sein Mandantenverhältnis eingegriffen worden. Er sei beauftragt gewesen, die Berichterstattung zu verhindern, statt dessen sei dies konterkariert worden, indem genüsslich die Aussagen des Antragstellers in der Berichterstattung ausgebreitet worden seien.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Rechtsanwaltes in seiner Ausprägung als Selbstbestimmungsrecht, in bestimmtem Umfang darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird, beeinträchtigen. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Deshalb steht grundsätzlich allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. (vgl. BGH NJW 1954, 1404; BVerfG NJW 1980, 2070) Darüber hinaus kann das Recht auf freie Berufsausübung gemäß Art. 12 Absatz 1 Satz 2 GG verletzt sein, weil der Ruf des Rechtsanwalts beeinträchtigt sowie dessen Tätigkeit des Rechtsanwalts in ein schlechtes Licht gerückt werden kann.

Auch diese Rechte sind allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Ob eine Verletzung dieser Rechte vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt dessen Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite, hier insbesondere mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), bestimmt werden (BGH NJW 1991, 1532). Gleiches gilt für eine Beeinträchtigung des Rechts auf freie Berufsausübung (Art. 12 Absatz 1 Satz 2 GG). So hat der Senat schon in seinem Urteil vom 03. März 2006 (9 U 117/05) darauf hingewiesen, dass es ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, nicht gibt (vgl. auch BVerfG NJW 2000, 2416 sowie Beschluss des Senates vom 31. Oktober 2006 - 9 W 152/06).

Diese Güterabwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass die schutzwürdigen Belangen des Antragstellers das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen.

2. Die Antragsgegnerin kann sich für ihre Berichterstattung und für die Verwendung des Zitates des Antragstellers auf ein für die Allgemeinheit bedeutsames Informationsinteresse berufen.

a) Allerdings kann die Antragsgegnerin hierbei nicht geltend machen, das öffentliche Informationsinteresse folge bereits aus dem Informationsschreiben selbst.

Der Antragsgegnerin ist zwar zuzustimmen, dass die Art und Weise, wie ein Prominenter mit rechtlichen Mitteln eine Berichterstattung zu verhindern sucht, durchaus auch öffentlich kritisiert werden kann. So kann es von öffentlichem Interesse sein, wenn es ein Betroffener bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verdachtsberichterstattung gleichwohl versucht, eine Berichterstattung zu unterbinden. Will der Antragsteller für seine Mandantin in einer solchen Weise auf die Presse Einfluss nehmen, ist er mit seinem Handeln insoweit auch der Wertung durch die öffentliche Meinung ausgesetzt (vgl. Beschluss des Senates vom 31. Oktober 2006 - 9 W 152/06).

Jedoch geht es im vorliegenden Fall um eine Berichterstattung über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin wegen Steuerhinterziehung gegen die Mandantin des Antragstellers und deren Ehemann. Es geht nicht (wie in dem dem oben zitierten Beschluss zugrunde liegenden Fall) um eine Erörterung von Auseinandersetzungen zwischen Prominenten und der Presse sowie deren Auswirkungen auf die Pressefreiheit. Derartiges thematisiert der angegriffene Artikel auch nicht auf die konkrete Berichterstattung im Falle der Mandantin des Antragstellers bezogen. Das Zitat des Antragstellers wird nicht als Beleg für die Art und Weise, wie sich die Mandantin des Antragstellers gegen die Berichterstattung zur Wehr setzt, verwendet.

b) Soweit sich die Antragsgegnerin dagegen darauf beruft, dass sie mit dem Zitat des Antragstellers ihren pressemäßigen Sorgfaltspflichten genügen wollte, die ihr im Rahmen der Verdachtsberichterstattung über die Mandantin des Antragstellers oblagen, insbesondere die Sicht der Betroffenen darzustellen, kann dieses Interesse der Antragsgegnerin die schutzwürdigen Belange des Antragstellers nicht überwiegen, weil das Zitat des Antragstellers hierfür nicht zwingend erforderlich war.

aa) Die Berichterstattung über das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung gegen die Mandantin des Antragstellers erfolgte allerdings rechtmäßig.

Zwar stellt die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat unter Namensnennung und Abbildung des Täters regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts dar, weil das Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und die Person in den Augen des Publikums negativ qualifiziert wird (BGH NJW 2006, 599). Dies gilt in besonderem Maße, wenn lediglich über laufende Ermittlungen berichtet wird, wegen der Gefahr, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb auch im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht ausgeschlossen ist, dass vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (BGH NJW 2000, 1036).


Die aus diesem Grunde besonderes hohen Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung über die seinerzeit gegen die Mandantin des Antragstellers laufenden strafrechtlichen Ermittlungen hat die Antragsgegnerin jedoch erfüllt:

„Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Berichterstattung ist zunächst das Vorliegen eines Mindestbestandes an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen (…). Dabei sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht um so höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird (…). Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt (…). Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung; vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden (…). Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen (…). Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.“ (BGH NJW 2000, 1036)

Dass es ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gab, ist nicht bestritten. Es liegt keine die Mandantin des Antragstellers vorverurteilende Darstellung vor, sondern es wird deutlich gemacht, dass es sich lediglich um einen Verdacht handelt. Die Berichterstattung ist auch sachlich gehalten und fällt nicht einseitig zu Lasten der Mandantin des Antragstellers aus. So wurden auch entlastende Umstände angeführt. Es wurde eine Stellungnahme der Mandantin eingeholt. Schließlich handelt es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist, wenn gegen eines der erfolgreichsten deutschen Topmodels der Vorwurf der Steuerhinterziehung erhoben wird und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.

bb) Die Verwendung des Zitates des Antragstellers im Rahmen dieser zulässigen Berichterstattung durch die Antragsgegnerin, um die Mandantin des Antragstellers als Betroffene der Berichterstattung mit ihrer Sicht der Dinge zu Wort kommen zu lassen, war jedoch nicht erforderlich.

Äußert sich der Antragsteller als Rechtsanwalt der Betroffenen, gleichsam als deren Sprachrohr, im Zusammenhang mit einer solchen Berichterstattung, dann liegt es zwar nahe, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Verdachtsberichterstattung aus einer Stellungnahme zitiert, die von diesem im Namen der Mandantin in einer die Öffentlichkeit interessierenden Angelegenheit abgegeben wird. Allerdings war der Antragsgegnerin bekannt, dass die Mandantin des Antragstellers sich ausdrücklich nicht zu dem Ermittlungsverfahren äußern wollte. Diese Erklärung hatte die Antragsgegnerin als Reaktion auf ihre Anfrage bei der Management-Agentur der Mandantin erhalten. Diese Stellungnahme hätte die Antragsgegnerin genügen lassen können, um den pressemäßigen Sorgfaltsanforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu entsprechen.

 

3. Demgegenüber überwiegen im vorliegenden Fall die schutzwürdigen Belange des Antragstellers.

a) Eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers ist allenfalls in einem geringen Grade feststellbar.

Lediglich Name, Beruf und das Mandatsverhältnis des Antragstellers sind in der streitgegenständlichen Berichterstattung erwähnt. Im Übrigen betrifft der Inhalt des Artikels nicht den Antragsteller sondern dessen Mandantin. Insoweit deren Rechte beeinträchtigt sein könnten, ist dies hier unerheblich.

Es ist auch nicht die Privatsphäre des Antragstellers berührt. Ebenso wenig ist er durch das verwendete Zitat in seiner Geheimsphäre betroffen. Die Tätigkeit des Antragstellers für seine Mandanten gegenüber Presseunternehmen spielt sich vielmehr in der Sozialsphäre ab (vgl. Wenzel Anmerkung zu LG Berlin AfP 1997, 938, 940). Dies gilt vorliegend bereits deshalb, weil der Antragsteller selbst das Informationsschreiben an eine Vielzahl von Presseunternehmen gesandt hat, auch in der Erwartung, dass diese es wiederum ihren Mitarbeitern zugänglich machen würden.

Im Rahmen der Berichterstattung werden über den Antragsteller auch keine unwahren Behauptungen aufgestellt. Der Antragsteller wird durch die Verwendung des Zitates weder verächtlich gemacht noch herabgewürdigt. Keineswegs ist der Vorwurf des Antragstellers gerechtfertigt, er sei als hilflose Figur dargestellt worden, die noch versucht habe zu retten, was zu retten ist. Der Inhalt des zitierten Schreibens ist auch nicht vor einem Millionenpublikum genüsslich ausgebreitet worden.

b) In erheblicher Weise beruft sich der Antragsteller jedoch auf eine Beeinträchtigung seiner gleichermaßen verfassungsrechtlich gewährleisteten Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) als Rechtsanwalt.

aa) Dass die Berufsausübung sowie die effektive Wahrnehmung der Mandanteninteressen stets behindert und erschwert wird, wenn aus einem anwaltlichen Schriftsatz ohne Einwilligung zitiert wird, ist in dieser Absolutheit allerdings nicht anzuerkennen.

Soweit der Antragsteller zur Begründung seines Anspruchs auf das Urteil des Senates vom 03. März 2006 – 9 U 117/05 – verweist, überzeugt dies allein nicht. In dem dort zugrunde liegenden Fall hatte eine Zeitschrift ein Schreiben des Antragstellers, welches zur Unterlassung der Verbreitung konkreter Tatsachen aufforderte, verkürzt und sinnentstellend veröffentlicht, und auf diese Weise den „Sinn der anwaltlichen Tätigkeit, eine Berichterstattung gerade zu verhindern, in sein Gegenteil verkehrt.“ Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Tätigkeit des Antragstellers, auftragsgemäß die Rechte seiner Mandanten durchzusetzen, wird durch eine Berichterstattung unter Verwendung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz jedenfalls nicht unmittelbar behindert oder erschwert. Der Antragsteller kann ungeachtet der Veröffentlichung weiter ungehindert zur Durchsetzung der Interessen seiner Mandanten agieren.

bb) Allerdings kann eine (drohende) Veröffentlichung aus einem anwaltlichen Schriftsatz, mit dem ein Unterlassen einer bevorstehenden Berichterstattung geltend gemacht wird, mittelbar in der Weise auf die Wahrnehmung der Interessen des Mandanten Einfluss nehmen, dass ein Rechtsanwalt, der befürchten muss aus seinem anwaltlichen Schreiben werde öffentlich zitiert, sich unter Umständen hinsichtlich seiner Mittel und Möglichkeiten bei der Wahrnehmung der Interessen seiner Mandanten beschränken wird, etwa vorsichtiger formulieren oder Argumente zurückhalten wird. So könnte dies auf Seiten des Rechtsanwalts zu einer Art „Selbstzensur“ bei Auseinandersetzungen mit der Presse führen, was zu einer Beeinträchtigung der Rechte und Stellung eines Rechtsanwalts führen würde.

cc) Darüber hinaus ist es nicht von der Hand zu weisen, dass das Verhältnis zum Mandanten beeinträchtigt werden könnte, wenn ein Mandant, der einen Rechtsanwalt beauftragt, eine Berichterstattung abzuwenden, am nächsten Tag nicht nur die zu verhindernde Berichterstattung in der Presse veröffentlicht sieht, sondern im Rahmen dieser auch noch eine Stellungnahme seines Rechtsanwalts zu eben jenen Themen vorfindet, über die eine Berichterstattung gerade verhindert werden sollte.

dd) Ob allein aus diesen beiden unter II. 2. b) bb) und cc) genannten Gründen im Ergebnis der Güterabwägung zwischen der Pressefreiheit einerseits und den schutzwürdigen Belangen eines Rechtsanwalts andererseits eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. der Berufsausübungsfreiheit möglicherweise im Regelfall bejaht werden kann, kann vorliegend offen bleiben. Der zu entscheidende Fall bietet keinen Anlass, diese Frage abschließend zu entscheiden.
Denn auch unter Berücksichtigung der oben festgestellten Interessen der Antragsgegnerin an einer freien Berichterstattung überwiegen im vorliegenden Fall die schutzwürdigen Belange des Antragstellers das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, weil das Zitat des Antragstellers in dem im Rahmen der Berichterstattung der Antragsgegnerin verwendeten Kontext den Eindruck erweckt, der Antragsteller habe der Presse bereitwillig Auskunft in Angelegenheiten seiner Mandantin gegeben. Insoweit könnte der Antragsteller im Hinblick auf bestehende aber auch zukünftige Mandate in den Ruf geraten, die Interessen seiner Mandanten nicht mit dem nötigen Nachdruck zu verfolgen. In diesem Sinne entsteht der Eindruck, der Antragsteller habe entgegen den Interessen seiner Mandanten Informationen an die Presse gegeben. Die Tätigkeit des Antragstellers für seine Mandantin wird dadurch in ein schlechtes Licht gerückt.

Das Zitat ist so zu verstehen, als sei der Antragsteller durch die Antragsgegnerin zu der Angelegenheit seiner Mandantin befragt worden und als habe dieser ohne weiteres Auskunft gegeben. Durch die Formulierung wird der Anschein erweckt, der Antragsteller habe sich in Teilaspekten gegenüber der Antragsgegnerin offen geäußert, während er zu der konkreten Frage, warum die Razzia stattfand und auf welchen Zeitraum sich die Vorwürfe beziehen, nicht habe antworten wollen. Demgegenüber hat der Antragsteller die Antragsgegnerin aufgefordert, eine Berichterstattung gänzlich zu unterlassen. Im Rahmen dessen hat er lediglich die Auffassung seiner Mandantin über die Unzulässigkeit einer Berichterstattung zum Ausdruck gebracht und kurz argumentativ begründet. Die Fragen, warum die Razzia stattfand und auf welchen Zeitraum sich die Vorwürfe beziehen, waren zudem in dem Schreiben des Antragstellers überhaupt nicht angesprochen. Das Zitat des Antragstellers wird demgegenüber als Beleg für die besondere Authentizität der berichteten Informationen verwendet, kommt er doch als Rechtsanwalt der Betroffenen zu Wort. Schließlich macht der angegriffene Beitrag auch an keiner Stelle deutlich, dass die Mandantin jeglicher Berichterstattung gerade widersprochen hat sowie dass das anwaltliche Schreiben, aus welchem das Zitat entnommen worden ist, gerade dazu diente, einer Berichterstattung entgegenzutreten.

Diesem Interesse des Antragstellers, die einen solchen Eindruck erweckende Verwendung von Zitaten zu verhindern, steht nicht entgegen, dass die Mandantin des Antragstellers in Reaktion auf die Berichterstattung gerade jene Informationen, die als Zitat dem anwaltlichen Schriftsatz des Antragstellers entnommen waren, im Rahmen einer Gegendarstellung von der Antragsgegnerin abzudrucken verlangte. Darauf, dass durch die Berichterstattung der Ruf des Antragstellers beeinträchtigt und dessen Tätigkeit für seine Mandantin in ein schlechtes Licht gerückt wird, hat dies keinen Einfluss.

4. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, das Zitat sei nicht rechtswidrig gewesen, weil dem Autor des Artikels das Informationsschreiben des Antragstellers nicht bekannt gewesen sei, dieser vielmehr aus einer Drittveröffentlichung im Internet unter www…...biz zitiert habe, gegen die der Antragsteller bis heute nicht vorgegangen ist.
Einerseits durfte die Antragsgegnerin nicht kritiklos und ungeprüft das Zitat aus der fremden Quelle übernehmen. Insoweit treffen die Antragsgegnerin eigene Prüfungspflichten. Sie hätte sich versichern müssen, dass das Zitat rechtmäßig veröffentlicht worden ist (Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 6, Rn. 137).

Zum anderen ist der Einwand unerheblich, der Autor des Artikels habe den Inhalt des auch an die Antragsgegnerin gerichteten Informationsschreibens des Antragstellers nicht gekannt. Dies bereits deshalb, weil sich aus der Drittveröffentlichung im Internet unter www...biz ergab, dass der Antragsteller das Schreiben, aus dem das veröffentlichte Zitat stammte, „per Rundschreiben an Redaktionen“ gesandt hat. Dies hätte der Autor bereits zur Veranlassung nehmen müssen, bei der Antragsgegnerin nachzufragen, ob auch bei dieser ein entsprechendes Schreiben des Antragstellers eingegangen ist.

Darüber hinaus hatte die Antragsgegnerin durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicher zu stellen, dass das Schreiben des Antragstellers die verantwortlichen Redakteure erreicht und die beabsichtigte Berichterstattung vor der Veröffentlichung überprüft wird. Die Antragsgegnerin ist für die Berichterstattung in der von ihr verlegten Zeitschrift verantwortlich. Sie hat dafür zu sorgen, dass unzulässige Berichterstattungen vermieden werden. Erlangt sie – z.B. durch den Hinweis eines Betroffenen – Kenntnis davon, dass eine bevorstehende Berichterstattung die Rechte des Betroffenen verletzen könnte, hat sie dem nachzugehen, die beabsichtigte Berichterstattung zu überprüfen und ggf. einzuschreiten.

Dass der Antragsteller gegen die Veröffentlichung seines Zitates auf der Internetseite www…..biz nicht vorgeht, spricht zwar dafür, dass ihn die Beeinträchtigung durch ein öffentliches Zitat aus seinem Schriftsatz doch nicht so schwer trifft. Dies lässt sich allerdings nur für die Veröffentlichung auf eben dieser Internetseite feststellen. Dagegen erscheint es nachvollziehbar, dass den Antragsteller (erneute) Zitate aus seinen Schriftsätzen in einer Zeitschrift der Antragsgegnerin weit mehr berühren als ein Zitat auf der o.g. Internetseite. Unabhängig davon ist der Antragsteller nicht verpflichtet, gegen alle Beeinträchtigungen vorzugehen, um sich Ansprüche zu erhalten.


5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.

(Unterschriften)