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Prozesskostenhilfe für Gewinnauszahlungsklage - OLG Köln, Beschluss vom 7. Oktober 2003, AZ: 16 W 25/03 -

Leitsätzliches

Gewinnzusagen, bei denen die Übersendung eines Schecks von 20.000 € "100%ig" und "offiziell" versprochen wird, sobald die Anforderung des Gewinns vorliegt, sind auch nach Ansicht des OLG Köln verbindlich. Entsprechend ist für ein solches Verfahren bei Bedürftigkeit der Klägerin Prozesskostenhilfe zu erteilen.

 

OBERLANDESGERICHT KÖLN

BESCHLUSS

 

Aktenzeichen: 16 W 25/03

 

Entscheidung vom 7. Oktober 2003

 

In dem Beschwerdeverfahren

 

...

 

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch die Richter ... beschlossen:

 

 

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11.07.2003 - 22 O 351/03 - aufgehoben.

Das Landgericht wird angewiesen, der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu verweigern.

 

G r ü n d e

I. Die Antragstellerin erhielt im Oktober 2002 von der Antragsgegnerin, die ihren Sitz in Frankreich hat, ein Schreiben, in dem sich - teilweise drucktechnisch hervorgehoben - u. a. folgende Passagen finden:

 

"Dies ist keine Werbung. Wenn Sie die vorab gezogene Auszahlungs-Nummer mit Gewinn-Anforderung zurücksenden, wird diese Mitteilung gültig....

Betr.: Versand des beglaubigten 20.000 EUR Schecks

Bestätigt!

...

Achtung Frau S, wenn Sie schon einen Scheck über 20.000 EUR erhalten haben, teilen Sie und dies bitte mit.

...

Wichtig: Gemäß unserem Leiter der Buchhaltung haben Sie den von uns unterschriebenen Scheck über 20.000 EUR nicht eingelöst, doch wir möchten auf Nummer Sicher gehen!

...

Wenn Sie immer noch keinen Scheck erhalten haben (dies ist durchaus möglich), folgen Sie aufmerksam den folgenden Anweisungen, um ihn umgehend anzufordern.

...

Unter Vorbehalt eines Irrtums unseres Leiters der Buchhaltung wurde ein Scheck über 20.000 EUR noch nicht von ihnen eingelöst. Wen Sie ihrerseits noch nicht eine derartige Summe über 20.000 EUR erhalten haben, bitte ich Sie, diesen Scheck, über den wir heute sprechen, ohne weitere Verzögerung anzufordern... dies ist vielleicht Ihre letzte Chance ihn zu erhalten.

Es wäre uns eine Freude, Ihnen diesen Scheck nach Erhalt Ihrer Antwort schnell zuzusenden. Und ich kann mir vorstellen, dass Sie Ihrerseits ganz ungeduldig sind, diese Summe zu erhalten.

Seien Sie sicher: Dies ist keine Falle!

Der Scheck-Versand an seinen Empfänger ist 100%ig garantiert.

Der Scheck wurde in der Tat unter offizieller Kontrolle zugeteilt. Alles was Sie tun müssen, ist die beiliegende Gewinn-Anforderung zur Prüfung zurückzuschicken.

Sie können auch den Scheck anfordern, indem Sie uns einen Auftrag erteilen. In diesem Fall wir Ihre Antwort automatisch in unserem Kundenservice registriert.

...

Der Versand des Schecks über 20.000 EUR ist offiziell garantiert.

...

(Name)

Leiter Abt. Gewinn-Vergabe"

 

Die Antragstellerin schickte die Anforderung unter dem 14.08.2002 per Einschreiben an eine von der Antragsgegnerin angegebene deutsche Anschrift und erhielt nach weiterer Korrespondenz die Antwort, dass auf sie lediglich ein Gewinn von weniger als 5 EUR entfallen sei und derartige Gewinne aus Kostengründen nicht ausgezahlt würden.

 

Das Landgericht hat der Antragstellerin die für eine Klage auf Zahlung von 20.000,00 EUR nachgesuchte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verweigert. Gegen diesen am 18.07.2003 zugestellten Beschluss wendet die Antragstellerin sich mit ihrer am 05.08.2003 eingegangenen sofortigen Beschwerde.

 

II. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde führt in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

1.

Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. d. § 114 ZPO.

Die Klage ist zulässig; insbesondere hat die Antragstellerin, auch wenn es an einem ausdrücklich formulierten Klageantrag fehlt, hinreichend deutlich gemacht, dass sie von der Antragsgegnerin die Zahlung von 20.000,00 EUR begehrt. Damit sind die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt. Auch besteht aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, wie auch der Senat wiederholt entschieden hat (Urteile vom 16.12.2002 - 16 U 54/02 - und vom 24.02.2003 - 16 U 93/02 - OLGReport Köln 2003, 185).

Auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien sind gem. Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB deutsche Sachnormen anwendbar. Einschlägig ist die Vorschrift des § 661a BGB, die entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (Schneider BB 2002, 1653) verfassungsrechtlichen Bedenken nicht unterliegt (vgl. näher Senat OLGReport Köln 2003, 185).

Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 661a BGB sind von der Antragstellerin schlüssig dargetan.

Die Mitteilung der Klägerin stellt eine Gewinnzusage i. S. d. § 661a BGB dar. Nach dieser Vorschrift ist ein Unternehmer, der eine Gewinnzusage oder vergleichbare Mitteilung an einen Verbraucher sendet und dabei den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen habe, verpflichtet, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

Die Parteien unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich dieser Norm. Die Beklagte ist Unternehmerin i.S. v. § 14 BGB und die Klägerin Verbraucherin gem. § 13 BGB.

Durch die Gesamtgestaltung des Schreibens der Antragsgegnerin wurde bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Empfängerin der Eindruck erweckt, sie werde einen ihr zuerkannten Gewinn erhalten. Ein durchschnittlicher Verbraucher konnte berechtigterweise die Erwartung hegen, er werde, wenn er die Anforderung abschicke, anschließend auch den Scheck über 20.000,00 EUR bekommen, dessen Versand - wie mehrfach betont wurde - "100%ig" bzw. "offiziell garantiert" wurde und zwar durch eine Abteilung für eine "Gewinn-Vergabe".

Der Umstand, dass die Antragstellerin noch tätig werden musste, steht entgegen der Meinung des Landgerichts einer Gewinnankündigung nicht entgegen. Es ist typisches Kennzeichen von Firmen, die mit Gewinnversprechen werben, dass der angesprochene Verbraucher noch irgendetwas, sei es einen Coupon, sei es ein Schreiben, sei es ein "Abruf-Siegel" o. ä. zurücksenden muss, bevor er in den Genuss des versprochenen Gewinns kommen kann; denn die Unternehmen wollen ihre Produkte verkaufen und setzen daher auch darauf, dass der "dankbare" Verbraucher die Rücksendung des für die Gewinnauszahlung erforderlichen Schriftstücks zum Anlass für eine Bestellung nimmt. So hätte es im vorliegenden Fall keiner gesonderten Scheckanforderung bedurft, wenn die Antragstellerin eine Bestellung aufgegeben hätte, da für diesen Fall die "Antwort automatisch in unserem Kundenservice registriert" werden sollte. Der veröffentlichten Rechtsprechung zu § 661a BGB liegen daher auch regelmäßig Sachverhalte zu Grunde, bei denen vom Kunden noch ein Tätigwerden verlangt wurde (vgl. etwa BGH NJW 2003, 426 = MDR 2003, 348; BGH, Beschluss vom 27.02.2003 - III ZB 29/02 -; OLG Dresden OLGReport 2002, 281 u. 2003, 304; OLG Hamm NJW-RR 2003, 717 u. OLGReport 2003, 78; OLG Stuttgart OLGReport 2003, 124; OLG Saarbrücken OLGReport 2003, 55; OLG Oldenburg OLGReport 2003, 165; Senat OLGReport Köln 2003, 185).

Auch der Umstand, dass nicht nur seitens der Antragstellerin, sondern auch seitens der Antragsgegnerin noch etwas zu tun war, sie nämlich einen Scheck über 20.000,00 EUR zu versenden hatte, steht ihrer Haftung nicht entgegen. Für bereits zugegangene oder abholbereit lagernde Gewinne hätte es der Vorschrift des § 661a BGB nicht bedurft. Haftungsauslösender Tatbestand ist eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung, also eine Erklärung. Hierbei kann es keinen Unterschied mache, ob eine Barauszahlung, eine Überweisung auf ein Konto oder die Übersendung eines Schecks zugesagt wird. Bei all diesen Auszahlungsformen muss der Unternehmer noch irgendetwas tun.

Daraus schließlich, dass lediglich der "Versand" eines Schecks und nicht ausdrücklich dessen Einlösung "garantiert" wurde, wird entgegen der Meinung des Landgerichts der Eindruck eines Gewinns nicht entkräftet. Abgesehen davon, dass der Aussteller eines Schecks ohnehin gem. Art. 12 ScheckG für die Einlösung haftet, ihn also bereits kraft Gesetzes eine vom Schuldgrund losgelöste Garantiehaftung trifft, geht auch ein rechtsunkundiger Verbraucher dann, wenn ihm ein Scheck versprochen wird, davon aus, dass dieser auch eingelöst wird und er nicht lediglich ein Stück Papier erhält. Dieser Eindruck wurde von der Antragsgegnerin noch durch die suggestive Bemerkung verstärkt, dass der Empfänger ihrer Vorstellung nach ganz ungeduldig sei, diese "Summe" (und nicht lediglich den Scheck als körperlichen Gegenstand) zu erhalten.

Tatsachen, die geeignet sein könnten, die schlüssigen Darlegungen der Antragstellerin zu den Voraussetzungen des § 661a BGB zu entkräften, hat die Antragsgegnerin, die Gelegenheit zur Äußerung hatte, nicht dargetan.

Anhaltspunkte für eine Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung, etwa weil keinerlei Aussicht zur Realisierung eines etwaigen zu Gunsten der Antragstellerin ergangenen Titels bestehen, sind nicht ersichtlich, zumal die grenzüberschreitende Vollstreckung innerhalb der EU seit dem 01.03.2002 durch die EuGVVO weiter erleichtert ist.

2.

Die Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war gem. § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht vorzubehalten. Diese lassen sich derzeit noch nicht feststellen, weil die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht vollständig ausgefüllt ist (Höhe des Sparguthabens?) und Belege bisher nicht beigebracht worden sind.

 

Eine Kostenentscheidung ist wegen § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.

 

(Unterschrift)