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Preisgelder bei einer TV-Show unterliegen der EStG - BFH, Urteil vom 28.11.2007, Az.: IX R 39/06

Leitsätzliches

Die Teilnehmerin einer Fernsehshow ist mit Ihrem dort erhaltenen „Preisgeld“ der Einkommensteuer zu unterwerfen. Jedes Tun, Dulden oder Unterlassen kann Gegenstand eines Vertrages sein und damit eine Gegenleistung auslösen, die ein „Glücksspiel“ ausschließt.

BUNDESFINANZHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: IX R 39/06

Entscheidung vom 28. November 2007

 

In dem Finanzstreit

...

gegen

...

hat der IX. Senat des Bundesfinazhofs durch die Richter ..., ..., ..., ... und ... auf die Verhandlung vom ... für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Gründe

I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) übernahm die weibliche Hauptrolle in der von einem Fernsehsender ausgestrahlten sechs Folgen umfassenden sog. Dating-Show. Nach dem mit dem TV-Produzenten geschlossenen Vertrag hatte sich die Klägerin gegen ein Honorar von 9 000 € u.a. verpflichtet, dem Produzenten ihre Persönlichkeitsrechte zur exklusiven Nutzung zu übertragen, über Inhalt und Ablauf der Produktion absolutes Stillschweigen zu bewahren und für Presse-, Promotions- und Werbemaßnahmen zur Verfügung zu stehen. Erst bei Drehbeginn wurde sie informiert, dass ihr Partner für die "Dating-Show" bereits feststehe und es ihre Aufgabe und die des Partners sei, ihren Familien glaubwürdig zu vermitteln, dass sie sich während dieser "Dating-Show" kennen und lieben gelernt hätten und innerhalb von 14 Tagen heiraten würden. Für den Fall, dass alle Familienmitglieder zur Trauung erschienen und die Klägerin "sämtliche Vertragsverpflichtungen erfüllt", sollten sowohl sie selbst wie auch ihre Familie jeweils ein Preisgeld von 250 000 € erhalten. Unbekannt war der Klägerin dabei, dass "ihr Verlobter" ebenso wie dessen "Familie" Schauspieler waren, die ihr das Leben zur Hölle machen, sich pausenlos daneben benehmen und keinen Fettnapf auslassen sollten.

Nachdem die Klägerin aufgrund ihres Auftritts in der Show das Preisgeld erhalten hatte, unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) neben dem Honorar von 9 000 € sowohl das an die Klägerin als auch das an ihre Angehörigen gezahlte Preisgeld in Höhe von jeweils 250 000 € durch Vorauszahlungsbescheid der Einkommensteuer nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und wies den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet zurück.

Auf die dagegen erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den zwischenzeitlich von den Beteiligten zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Einkommensteuerbescheid für 2004 (Streitjahr) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1328 veröffentlichten Urteil auf, soweit das an die Angehörigen gezahlte Preisgeld in Höhe von 250 000 € den Einkünften der Klägerin nach § 22 Nr. 3 EStG zugerechnet worden war; im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 22 Nr. 3 EStG. Eine Steuerbarkeit der hier streitigen Preisgelder könne lediglich dann bejaht werden, wenn ein Entgelt für ein Verhalten des Steuerpflichtigen gewährt würde, das seine Lage positiv verändere. Daran fehle es bei Fernsehshows wie im Streitfall, bei denen der Veranstalter kein eigenes Interesse am Erfolg des Kandidaten habe, weil es häufig für ihn wie auch die Fernsehzuschauer interessanter sei, einen Kandidaten scheitern zu sehen. Damit beruhe das Preisgeld nicht auf einem "Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis". Schließlich könne der Gegenleistungscharakter des Preisgeldes entgegen der Auffassung des FG auch nicht mit einer zu geringen Höhe der Teilnahmevergütung in Höhe von 9 000 € für die zwölftägigen Dreharbeiten begründet werden, weil für die Klägerin als Studentin bereits das durchschnittliche Tagesentgelt von 750 € hinreichender Anreiz für die Teilnahme an der Show gewesen sei.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2004 unter Ansatz von Einkünften aus sonstigen Leistungen von nur 9 000 € zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.
Die Revision ist unbegründet; sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Zu Recht hat das FG das von der Klägerin für ihre Teilnahme an der Fernsehshow erzielte Preisgeld in Höhe von 250 000 € bei ihren Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG erfasst.

1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im privaten Bereich betrifft (vgl. Bundesfinanzhof --BFH-- Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 53/02, BFHE 207, 305, BStBl II 2005, 167, m.w.N.), Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist danach, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist; dafür genügt schon die Annahme einer für das Verhalten gewährten Gegenleistung (BFH-Urteil vom 21. September 2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44, m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen erfüllt das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG schon deshalb, weil es Gegenstand eines entgeltlichen --und weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang betreffenden-- Vertrages war. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das erzielte Preisgeld falle ebenso wie Spiel- und Wettgewinne unter keine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG aufgeführten Einkunftsarten.

a) Gewinne aus Rennwetten, die nicht in einem gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb anfallen, unterliegen nicht der Einkommensteuer; denn es fehlt --ebenso wie bei Spielgewinnen-- am Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Weder die Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz stellen Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet werden (BFH-Urteil vom 19. Juli 1990 IV R 82/89, BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333, unter 2., m.w.N.).

b) Von derartigen Wettgewinnen unterscheidet sich indessen das streitige Preisgeld, weil die Klägerin mit ihrer Teilnahme an der Fernsehshow eine Leistung gegenüber dem Produzenten bzw. dem Fernsehsender erbracht hat und das Preisgeld Entgelt für diese Leistung ist. Shows der hier zu beurteilenden Art stellen nämlich Unterhaltungssendungen dar, die nahezu ausschließlich von der Mitwirkung von Kandidaten "leben" --auch wenn sich das Interesse des Publikums entsprechend dem Vortrag der Klägerin gleichermaßen auf das mögliche Scheitern der Kandidaten richtet-- und nur deshalb den Veranstalter veranlassen, ihnen für ihre Teilnahme eine Chance auf einen (hohen) Preis einzuräumen. Dementsprechend hat der BFH gewonnene Preise aus der Teilnahme an Pferderennen als Gegenleistung für die Teilnahme an einer Unterhaltungsveranstaltung den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG zugerechnet (BFH-Urteil in BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333).

Stellt sich danach die Chance, den für die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung ausgesetzten Preis zu gewinnen, als Gegenleistung für die Teilnahme dar, so kommt es für die Beantwortung der Steuerbarkeit des tatsächlich erzielten Preisgeldes entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, wie groß die Gewinnchance ist (BFH-Urteil in BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333).

c) Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf das Schrifttum (Leisner-Egensperger, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 22 Rz D 120; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 22 Rz 150 "Preise"; Zugmaier in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 80 "Preise", "Preisausschreiben", "Spielgewinne") geltend macht, die Teilnahme an Fernsehshows und Radioquizsendungen könne nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein, wenn sie nur "gelegentlich" erfolge, kann diesem Einwand schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Tatbestand der Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung auch bei nur einmaliger Tätigkeit gegeben ist (vgl. BFH-Urteile vom 20. April 2004 IX R 39/01, BFHE 206, 105, BStBl II 2004, 1072, und vom 27. Juni 2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657). Deshalb kann sich die Klägerin für ihre abweichende Auffassung auch nicht unter Hinweis auf das Schrifttum zur Besteuerung von Amateursportlern (vgl. Reisch/Reichhardt/Urbanke, Der Betrieb 1988, 359; Enneking/ Denk, Deutsches Steuerrecht 1996, 450) auf die Rechtsprechung des BFH berufen, nach der Amateursportvereine für ihre Sportler trotz gelegentlich erzielter Preise wegen fehlender Einkünfteerzielung nach § 19 Abs. 1 EStG nicht lohnsteuerabzugspflichtig sind (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303); denn nur für die Einkünfte nach § 19 Abs. 1 EStG oder ggf. (bei selbständigen Berufssportlern) nach § 15 EStG kommt es --anders als für die hier streitigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG-- auch auf die Absicht der Wiederholung hinsichtlich der Erzielung von Preisen an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303).

(Unterschriften)

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