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Keine Werbung für bwin auf Bundesliga-Trikots - OVG Bremen, Beschluss vom 07.09.06, Az.: 1 B 273/06

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Das Oberverwaltungsgericht gelangt bei der in einem Verfahren gebotenen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung der Untersagungsverfügungen das gegenläufige Interesse der Antragsteller, einstweilen von der Vollziehung verschont zu bleiben, überwiegt. Die am 11.04.1990 vom Gewerbeamt Löbau erteilte Genehmigung berechtigt - allenfalls - dazu, in den neuen Bundesländern derartige Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln. Der Beigeladene missachtet die ihm mit der Genehmigung auferlegte räumliche Beschränkung. Über die Zulässigkeit und Grenzen eines staatlichen Wettmonopols, gerade auch bezogen auf Sportwetten zu festen Gewinnquoten, hat das Bundesverfassungsgericht am 28.03.2006 entschieden. Insgesamt ist festzustellen, dass diese Entscheidung Bereich der staatlich verantworteten Sportwetten jedenfalls im Bundesland Bremen, das im vorliegenden Verfahren allein Gegenstand der Prüfung sein kann, zu einer deutlichen Umsteuerung geführt hat. Die Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung des Beigeladenen - allenfalls - auf die neuen Bundesländer und das darauf bezogene, an die Antragsteller gerichtete Werbeverbot berühren die gemeinschaftsrechtlich verankerte Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV). Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sind nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Solche Gründe sind hier gegeben.

OBERVERWALTUNGSGERICHT DER FREIEN HANSESTADT BREMEN

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 1 B 273/06

Entscheidung vom 7. September 2006

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch ... am 07.09.2006 beschlossen:

 

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 5. Kammer - vom 24.07.2006 wird aufgehoben.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügungen der Antragsgegnerin vom 07.07.2006 wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine aussergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert wird zum Zwecke der Kostenberechnung für beide Instanzen auf jeweils 1.000.000,- € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Antragsteller betreiben die Fußball-Bundesligamanschaft sowie den Amateur-Sportbereich des SV Werder Bremen.

Sie haben mit dem Beigeladenen ab der Fußballsaison 2006/07 einen Werbevertrag geschlossen. Die Werbung erfolgt unter anderem in der Weise, dass auf den Trikots der Fußballspieler das Logo „bwin.de“ erscheint. Der Beigeladene wird als neuer Hauptsponsor bezeichnet.

Beim Beigeladenen handelt es sich um ein einzelkaufmännisches Unternehmen mit Sitz in Neugersdorf/Sachsen. Inhaber des Unternehmens ist Herr Dr. Steffen P., dem am 11.04.1990 vom Gewerbeamt Löbau die Genehmigung „zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in 8706 Neugersdorf, Breitscheidstraße 20“ erteilt wurde. Seit 2002 ist die bwin Interactive Entertainment AG mit Sitz in Wien als stille Gesellschafterin zu 50 % an dem Unternehmen beteiligt. Die bwin Interactive Entertainment AG betreibt ihrerseits als Tochterunternehmen die bwin International Ltd. mit Sitz in Gibraltar, die auf der Grundlage einer dort erteilten Erlaubnis im Internet Sportwetten anbietet. Der Beigeladene wickelt das Wettgeschäft für die bwin International Ltd. in Deutschland ab, wobei er die Domain bwin.de nutzt. Die Abwicklung schließt die Werbung und insbesondere den Abschluss der Wettverträge ein.

Zum Abschluss einer Wette muss sich der Kunde im Internet mit Namen, Anschrift, E-Mail Adresse und Geburtsdatum sowie einer selbst gewählten Benutzerkennung samt Passwort registrieren. Danach werden ihm nach seiner Wahl verschiedene Wettmöglichkeiten angeboten, wobei sich die Gewinnchance aus der Multiplikation des Einsatzes des Kunden mit einer fest vorgegebenen Quote (Odd) ergibt. Der Kunde muss seine Wette bestätigen und erhält per E-Mail oder SMS eine Bestätigung.

Mit zwei gleichlautenden Verfügungen vom 07.07.2006 untersagte die Antragsgegnerin den Antragstellern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, in der Stadtgemeinde Bremen für Sportwetten oder andere öffentliche Glücksspiele, die ohne Genehmigung der im Land Bremen zuständigen Behörde veranstaltet oder vermittelt werden, zu werben. Dies gelte insbesondere für die Bewerbung des Beigeladenen. Für die Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld i. H. v. 50.000,- € angedroht.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Beigeladene biete über das Internet in Bremen Sportwetten an, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Auf die am 11.04.1990 erteilte Genehmigung könne der Beigeladene sich nicht berufen, weil diese, sofern sie inhaltlich überhaupt Wetten im Internet abdecke, nur in den neuen Bundesländern Wirkung entfalte, nicht aber in den alten, also auch nicht in Bremen. Die Antragsteller würden damit Werbung für nicht genehmigte Glücksspiele betreiben, was gemäß § 284 Abs. 4 StGB strafbar sei. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 anerkannt, dass das bestehende staatliche Wettmonopol grundsätzlich zulässig sei. Soweit das Bundesverfassungsgericht beanstandet habe, dass dieses Monopol bislang nicht konsequent am Ziel einer Bekämpfung der Wettsucht und Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet gewesen sei, würden die Vorgaben, die das Gericht diesbezüglich zur Abstellung von Fehlentwicklungen festgelegt habe, erfüllt.

Die Antragsteller haben gegen diese Verfügungen rechtzeitig Widerspruch eingelegt und am 14.07.2006 beim Verwaltungsgericht die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt. Sie haben die Ansicht vertreten, die dem Beigeladenen von einer DDR-Behörde erteilte Genehmigung erlaube es durchaus, vom Firmensitz in Sachsen aus bundesweit Sportwetten anzubieten. Der Einigungsvertrag sehe ausdrücklich die Fortgeltung solcher Genehmigungen vor. Die seinerzeit erteilte Genehmigung schließe auch ein, von den neuen technischen Möglichkeiten des Internet Gebrauch zu machen. Eine andere Sichtweise sei lebensfremd; einem Gewerbetreibenden könne es nicht verwehrt werden, diese neue Vertriebsform zu nutzen. Die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 28.03.2006 formuliert habe, würden von den staatlichen Wettgesellschaften nur sehr unzureichend umgesetzt. Stattdessen werde diese Entscheidung von den staatlichen Stellen genutzt, um gegen private Konkurrenten vorzugehen und diese auszuschalten. Zudem habe die Antragsgegnerin die gemeinschaftsrechtliche Dimension des Falles verkannt. Das Gemeinschaftsrecht kenne eine Übergangsfrist, wie das Bundesverfassungsgericht sie den staatlichen Wettgesellschaften zugestanden habe, nicht. Das staatliche Wettmonopol habe sich, wie das Bundesverfassungsgericht zutreffend festgestellt habe, weit von den Gemeinwohlbelangen, die seine Einrichtung rechtfertigen könnten, entfernt. Das lasse gemeinschaftsrechtlich nur die Schlussfolgerung zu, dass den Grundfreiheiten in Art. 43, 49 EGV Anwendungsvorrang zukomme.

Das Verwaltungsgericht Bremen - 5. Kammer - hat mit Beschluss vom 24.07.2006 dem Aussetzungsantrag stattgegeben.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 27.07.2006 Beschwerde eingelegt. Sie setzt sich im Einzelnen mit der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses auseinander und vertieft die Erwägungen, die den Untersagungsverfügungen zugrundeliegen. Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss. Sie weisen nochmals auf die aus ihrer Sicht unzureichende Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hin und halten daran fest, dass das Vorgehen der Antragsgegnerin gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten verstoße.

Der vom Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren Beigelandene nimmt im Einzelnen Stellung zur Reichweite der am 11.04.1990 erteilten Gewerbegenehmigung. Er beanstandet ebenso wie die Antragsteller, dass die unter staatlicher Regie stehenden Lottogesellschaften die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 festgelegten Vorgaben bislang nur unzureichend umgesetzt hätten. Den Lottogesellschaften gehe es ersichtlich darum, ihr fiskalisch motiviertes Monopol aufrecht zu erhalten. Die Beigeladene hat zur Werbetätigkeit der Lottogesellschaften umfangreiches Material vorgelegt. Unter den gegebenen Verhältnissen liege eine sachlich nicht zu rechtfertigende Beschränkung gemeinschaftsrechtlicher Grundfreiheiten vor.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Aufgrund der von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO) kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Das Oberverwaltungsgericht gelangt bei der in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung der Untersagungsverfügungen das gegenläufige Interesse der Antragsteller, einstweilen von der Vollziehung verschont zu bleiben, überwiegt. Die Untersagungsverfügungen lassen bei der in einem Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung Rechtsfehler nicht erkennen. Es liegt darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse vor, das ihre sofortige Durchsetzung rechtfertigt.

1. Gemäß § 12 Abs. 1 des Lotteriestaatsvertrags - LottoStV - i. V. m. § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags vom 15.06.2004 (BremGBl. S. 291) und § 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Glücksspielrecht vom 18.05.2006 (BremGBl. S. 257) kann die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen treffen, um unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür zu unterbinden. Der Beigeladene veranstaltet, indem er im Internet Sportwetten zu festen Gewinnquoten anbietet und Wetten aus dem gesamten Bundesgebiet annimmt, ein unerlaubtes Glücksspiel. Denn die ihm am 11.04.1990 vom Gewerbeamt Löbau erteilte Genehmigung berechtigt - allenfalls - dazu, in den neuen Bundesländern derartige Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln.

Diese räumliche Beschränkung missachtet der Beigeladene. Die Antragsteller bewerben damit einen Wettanbieter, dessen Wettgeschäft die erteilte Genehmigung - deutlich - überschreitet und der in diesem Umfang unerlaubt tätig ist. Die Antragsgegnerin ist berechtigt, diese Werbung zu unterbinden.

a) Zunächst ist festzuhalten, dass Sportwetten zu festen Gewinnquoten erlaubnispflichtige Glücksspiele darstellen. Dies ist in der Rechtsprechung zu § 284 Abs. 1 StGB, der die unerlaubte öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels unter Strafe stellt, geklärt (vgl. BGH, U. v. 28.11.2002 - 4 StR 260/02 - DVBl. 2003, 669; zuletzt BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06). Ein Glücksspiel liegt danach dann vor, wenn der Spielerfolg weitgehend vom Zufall abhängt, also von wesentlichen Unsicherheitsfaktoren bestimmt wird, die für den Spieler weder beeinflussbar noch vorausberechenbar sind. Wetten auf Sportwettkämpfe entziehen sich typischerweise einer Vorausberechnung, d. h. beruhen auf der Unkalkulierbarkeit des Ergebnisses. An der Qualifizierung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten als Glücksspiel kann deshalb kein Zweifel bestehen.

b) Die Gewerbegenehmigung vom 11.04.1990, die auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 erteilt wurde und auf die der Beigeladene sich beruft, berechtigt „zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in 8706 Neugersdorf, Breitscheidstraße 20“. Das Regierungspräsidium Chemnitz als zuständige Aufsichtsbehörde ist der Ansicht, dass diese Genehmigung sich inhaltlich nur auf das Anbieten von klassischen Sportwetten nach dem Totalisator-System erstrecke (z. B. der Fußball-Elfer-Wette) und überdies nur den terrestrischen Vertrieb zulasse, also im Ergebnis lediglich die Eröffnung einer Wettannahmestelle gestatte. Mit Verfügung vom 10.08.2006 hat es deshalb dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten sowie die Nutzung des Internet als Vertriebsform für das Wettgeschäft generell untersagt. Die Untersagungsverfügung ist noch nicht unanfechtbar; auch ist noch nicht gerichtlich über die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens entschieden. Die Entscheidung hierüber fällt in die Zuständigkeit der sächsischen Verwaltungsgerichte.

c) Unabhängig vom Ausgang des in Sachsen anhängigen Eilverfahrens sowie des Widerspruchs- und eines sich eventuell anschließenden Klageverfahrens kann aber festgehalten werden, dass die Gewerbegenehmigung vom 11.04.1990 in jedem Fall nicht dazu berechtigt, in den alten Bundesländern Sportwetten zu veranstalten oder zu vermitteln. Der räumliche Geltungsbereich eines nach Art. 19 des Einigungsvertrags in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland übergeleiteten Verwaltungsakts richtet sich nach dessen Inhalt und den auf den geregelten Sachverhalt anzuwendenden Rechtsvorschriften (BVerwG, B. v. 20.10.2005 - 6 B 52.05 - GewArch 2006, 149). Von den DDR-Behörden auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 erteilte Genehmigungen für die gewerbliche Veranstaltung oder Vermittlung von Wetten auf Sportveranstaltungen können danach Geltung - allenfalls - für die neuen Bundesländer beanspruchen; sie erlauben die Durchführung von Wettgeschäften - allenfalls - in diesem beschränkten räumlichen Bereich (BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 -). Das Bundesverwaltungsgericht hat dies mit der Grenze der Hoheitsmacht der Behörden der ehemaligen DDR begründet (a. a. O., Rn 54). Ergänzend hat es ausgeführt, dass nach dem einschlägigen Recht der alten Bundesländer auch dort entsprechende Wetterlaubnisse nur unter Beschränkung auf das jeweilige Bundesland hätten erteilt werden dürfen (a. a. O., Rn 56). Ein solches, nicht über das Gebiet der ehemaligen DDR hinausgehendes Verständnis der Genehmigung musste sich, wie das Bundesverwaltungsgericht weiter zutreffend ausführt, bei Erhalt der Erlaubnis aufdrängen. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich darauf hin, dass es sich damit nicht in Widerspruch zu dem Urteil des BGH vom 11.10.2001 (I ZR 172/99 - GewArch 2002, 162) setze. Denn in dieser Entscheidung werde nicht über den Geltungsbereich von nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilten Gewerbeerlaubnissen entschieden, sondern lediglich die bis dahin von Behörden und Gerichten vertretene Auffassung dazu referiert (a. a. O., Rn 57).

d) Der Beigeladene missachtet die ihm mit der Genehmigung auferlegte räumliche Beschränkung.

Zunächst spricht alles dafür, dass der Beigeladene im Rechtssinne Veranstalter der im Internet unter der Domain bwin.de angebotenen Wetten ist. Die Wettverträge werden ersichtlich - als Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr (§§ 312 b, 312 e BGB) - zwischen dem Beigeladenen und den Wettkunden geschlossen. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unter der genannten Domain abrufbar sind, muss der Kunde jedenfalls den Eindruck gewinnen, dass allein der Beigeladene Vertragspartner ist. Der Umstand, dass das Wettangebot inhaltlich anscheinend von der bwin International Ltd. mit Sitz in Gibraltar gestaltet wird - einem Tochterunternehmen der stillen Gesellschafterin des Beigeladenen, der bwin Interactive Entertainment AG mit Sitz in Wien - ändert an dieser Aussenbeziehung nichts. Selbst wenn die Tätigkeit des Beigeladenen aber lediglich als Vermittlung einzustufen sein sollte, würde das in den hier maßgeblichen Punkten zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Denn auch für die Vermittlung gilt die Beschränkung auf die neuen Bundesländer.

Veranstaltungsort eines Glücksspiels sind alle Orte, an denen dem Publikum die Möglichkeit einer Beteiligung an dem Spiel verschafft wird. Diese den §§ 9 Abs. 1, 284 Abs. 1 StGB zugrundeliegende Begriffsbestimmung bezieht in das Veranstaltungsgeschehen zutreffend den Ort ein, an dem das Wettgeschäft nach der Ausgestaltung des Wettangebots im konkreten Fall zustande kommen soll.

So ist anerkannt, das etwa ein ausländischer Glücksspielveranstalter, der Wettscheine nach Deutschland versendet und Wetten von dort auf dem Postwege, per Telefax oder telefonisch entgegennimmt, auch in Deutschland ein Glücksspiel veranstaltet (BGH, U. v. 14.03.2002 - I ZR 279/99 - NJW 2002, 2175). Entsprechendes gilt, wenn der Veranstalter auf einer Internetseite die Möglichkeit eröffnet, sich am Glücksspiel zu beteiligen. In diesem Fall wird das Glücksspiel auch an dem Ort veranstaltet, wo der Nutzer des Internet das Wettangebot annimmt (BGH, U. v. 01.04.2004 - I ZR 317/01 - NJW 2004, 2158; OVG Münster, B. v. 14.05.2004 - 4 B 2096/03 - GewArch 2004, 339).

Allein diese Betrachtungsweise wird auch der besonderen Vertriebsform des Fernabsatzvertrags gerecht (§ 312 b BGB), zumal wenn der Wettanbieter sich im elektronischen Geschäftsverkehr zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags eines Tele- oder Mediendienstes bedient (§ 312 e BGB).

Soweit der Beigeladene seine Wettangebote an die Einwohner der alten Bundesländer richtet und von dort Wetten entgegennimmt, weitet er damit sein Wettgeschäft auf die alten Bundesländer aus, was ihm aber, wie dargelegt, nach dem Inhalt der Genehmigung vom 11.04.1990 nicht erlaubt ist.

Das bedeutet nicht, dass der Beigeladene aufgrund des räumlich beschränkten Geltungsbereichs der Genehmigung von vornherein gehindert wäre, sich der Vertriebsform des Internet zu bedienen.

Ihm ist es unbenommen - vorausgesetzt, dass ihm die Nutzung dieses Mediums nicht bereits aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 10.08.2006 verwehrt sein sollte -, sein Wettangebot ausschließlich an die Einwohner der neuen Bundesländer zu richten. Ein derart räumlich eingeschränktes Angebot ließe sich etwa anhand der Postleitzahlen der registrierten Wetter kontrollieren. Ob darüber hinaus eine Verifikation der persönlichen Angaben der Wettkunden erforderlich wäre, mag hier auf sich beruhen. An der technischen Realisierbarkeit einer solchen Beschränkung bestehen jedenfalls keine ernstlichen Zweifel (vgl. dazu auch Bundeskartellamt, B. v. 23.08.2006 - B 10 - 92713 - Kc - 148/05, Rn 561). Letztlich braucht dem hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn der Beigeladene nimmt solch eine Beschränkung, die nach Lage der Dinge zum Verlust eines erheblichen Teils der bisherigen Kunden führen würde, nicht vor. Sein Wettangebot ist an Wettkunden im gesamten Bundesgebiet gerichtet. Dementsprechend richtet sich die von den Antragstellern betriebene Werbung auch bundesweit an Wettkunden und insbesondere an solche in Bremen, dem Sitz der Antragsteller.

e) Der Erlass einer Untersagungsverfügung steht nach § 12 LottoStV im Ermessen der Behörde. Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall erkannt, dass ihr ein Ermessen zusteht und hat dieses Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Die privaten Belange der Antragsteller sind ordnungsgemäß gegen die gegenläufigen öffentlichen Belange abgewogen worden (Seite 4/5 der Untersagungsverfügungen).

2. Der Umstand, dass es dem Beigeladenen von Rechts wegen verwehrt ist, in den alten Bundesländern Wetten anzubieten oder zu vermitteln, und das aus der Missachtung dieser Beschränkung resultierende Werbeverbot für die Antragsteller berühren jeweils die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG). In diese darf nur aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls eingegriffen werden. Die Beschränkungen beruhen hier darauf, dass nach den Regelungen des Lotteriestaatsvertrags ein staatliches Wettmonopol besteht, wonach das Wettgeschäft grundsätzlich unter staatlicher Verantwortung stehenden Gesellschaften übertragen ist (vgl. § 5 Abs. 2 LottoStV).

Soweit ausnahmsweise private Wettunternehmer zugelassen sind, ist deren Geschäftsumfang strikt an den Inhalt der ihnen nach dem jeweiligen Landesrecht erteilten Genehmigung gebunden. Über die Zulässigkeit und Grenzen eines solchen staatlichen Wettmonopols, gerade auch bezogen auf Sportwetten zu festen Gewinnquoten, hat das Bundesverfassungsgericht am 28.03.2006 entschieden (1 BvR 1054/01 - NJW 2006, 1261). Danach darf ein entsprechendes Monopol grundsätzlich eingerichtet werden. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht für die Vergangenheit erhebliche Fehlentwicklungen festgestellt und, soll weiterhin am staatlichen Wettmonopol festgehalten werden, verschiedene bis zum 31.12.2007 vom Gesetzgeber umzusetzende Vorgaben formuliert. Bis dahin bleibt die bisherige restriktive Rechtslage mit der Maßgabe anwendbar, dass unverzüglich damit begonnen wird, das staatliche Wettmonopol an der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft, also an dem seine Einrichtung legitimierenden Zweck, auszurichten. Solche Maßnahmen sind inzwischen getroffen worden. Im Einzelnen:

a) Hauptzweck des in Deutschland bestehenden staatlichen Wettmonopols und der dadurch beabsichtigten Begrenzung und Ordnung des Wettwesens ist die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht (§ 1 Nr. 1 LottoStV). Dabei handelt es sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel (a. a. O., Rn 98). Allerdings haben die verschiedenen Glücksspielformen ein unterschiedliches Suchtpotential.

Im Hinblick auf Sportwetten mit festen Gewinnquoten kann dieses Potential derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Insbesondere ist nicht absehbar, wie es sich entwickeln würde, wenn solche Wetten, einhergehend mit entsprechender Werbung, in erheblich ausgeweitetem Umfang praktiziert werden würden (a. a. O., Rn 101). Aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes darf der Gesetzgeber aber mit einem nicht unerheblichen Suchtpotential rechnen und dies mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass für beschränkende Regelungen nehmen (a. a. O., Rn 102). Daneben können der Verbraucherschutz sowie die Bekämpfung von Folge- und Begleitkriminalität als legitime Gemeinwohlziele, die Beschränkungen im Bereich des Wettwesens rechtfertigen können, angesehen werden (a. a. O., Rn 103, 105). Die fiskalischen Interessen des Staates als solche scheiden demgegenüber zur Rechtfertigung der Errichtung eines Wettmonopols aus (a. a. O., Rn 107).

Der Gesetzgeber darf im Rahmen seines weiten Beurteilungsspielraums weiter davon ausgehen, dass der verfolgte Hauptzweck der Eindämmung und Kanalisierung der Spiel- und Wettsucht mit Hilfe eines auf diesen Zweck ausgerichteten Wettmonopols mit staatlich verantwortetem Wettangebot effektiver durchgesetzt werden kann als im Wege einer konzessionierten und kontrollierten Zulassung privater Wettunternehmer (a. a. O., Rn 118). Rechtlich nicht zu beanstanden ist darüber hinaus die Annahme des Gesetzgebers, dass eine Marktöffnung aufgrund des dann entstehenden Wettbewerbs zu einer erheblichen Ausweitung von Wettangeboten und diese Ausweitung zu einer Zunahme von problematischem und suchtbeeinflusstem Verhalten führen würde (a. a. O., Rn 113).

Allerdings ist das staatliche Wettangebot nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in der Vergangenheit nicht konsequent am Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet gewesen. Mit der Sportwette Oddset, ebenfalls eine Sportwette zu festen Gewinnquoten, die von den unter staatlicher Verantwortung stehenden Lottogesellschaften veranstaltet wird, sind erkennbar fiskalische Zwecke verfolgt worden (a. a. O., Rn 133). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang das bisherige Werbeangebot von Oddset, die kommerzielle Werbung für dieses Glücksspiel sowie die Vertriebsformen ausdrücklich als nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbar qualifiziert (a. a. O., Rn 134 bis 141). Für die privaten Wettanbieter führt eine solche dem Gesetzeszweck zuwiderlaufende staatliche Praxis zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit (a. a. O., Rn 143).

Zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustands hat das Bundesverfassungsgericht dem Bund bzw. den Landesgesetzgebern eine Frist bis zum 31.12.2007 eingeräumt. Ein solcher Zustand kann sowohl durch eine konsequente Ausgestaltung des Wettmonopols erreicht werden, die sicherstellt, dass es wirklich der Suchtbekämpfung dient, als auch durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltung durch private Wettunternehmer (a. a. O., Rn 148). Soll am staatlichen Wettmonopol festgehalten werden, sind neben einem effektiven Verwaltungsvollzug verschiedene gesetzliche Neuregelungen erforderlich. Dazu gehören inhaltliche Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung (a. a. O., Rn 150). Die Werbung für das Wettangebot hat sich zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (a. a. O., Rn 151).

Geboten sind Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren, die über das bloße Bereithalten von Informationsmaterial hinausgehen (a. a. O., Rn 152). Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Realisierung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden.

Insbesondere eine Verknüpfung von Wettmöglichkeiten mit Fernsehübertragungen von Sportereignissen würde dem Ziel der Suchtbekämpfung zuwiderlaufen und die mit dem Wetten verbundenen Risiken verstärken (a. a. O., Rn 153). Schließlich hat der Gesetzgeber die Einhaltung dieser Anforderungen durch geeignete Kontrollinstanzen sicherzustellen, die eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen (a. a. O., Rn 154).

b) Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass während der Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung die bisherige Rechtslage mit der Maßgabe anwendbar bleibt, dass die Länder unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung dieses Monopols andererseits herstellen (a. a. O., Rn 157). Bereits in der Übergangszeit muss damit begonnen werden, das bestehende Wettmonopol konsequent an diesen Zielen auszurichten. Daher sind die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltung sowie eine Werbung, die über die sachliche Information zu Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten auffordert, untersagt. Ferner haben die zuständigen Stellen umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (a. a. O., Rn 160). Werden diese Vorgaben beachtet, dürfen während der Übergangszeit das nicht von einer Genehmigung gedeckte gewerbliche Veranstalten oder Vermitteln von Wetten durch private Wettunternehmen weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden (a. a. O., Rn 158). Ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben ist, hat das Bundesverfassungsgericht der Entscheidung der Strafgerichte überlassen (a. a. O., Rn 159).

c) Die zuständigen Stellen haben nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unverzüglich begonnen, die vom Gericht für die Übergangszeit festgelegten Vorgaben zu erfüllen.

Die einschränkenden gesetzlichen Regelungen für private Wettunternehmen können deshalb weiterhin Geltung beanspruchen. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Beachtung der Beschränkungen gegen die Antragsteller - die für einen unerlaubt bundesweit tätigen privaten Wettunternehmer werben - durchsetzt.

Die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder haben sich alsbald nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf einen Maßnahmekatalog verständigt, um gleichlautend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit Rechnung zu tragen (Tagung der Glücksspielreferenten der Länder am 27./28.04.2006, vgl. Schriftsatz des Senators für Inneres vom 18.08.2006). Im Bundesland Bremen sind folgende Maßnahmen ergriffen worden:

Einschränkung des Wettangebots

- Es werden keine Halbzeitwetten mehr angeboten. Livewetten werden ausgeschlossen.
- Der maximale Spieleinsatz wurde auf 250,00 Euro reduziert.

Einschränkung des Vertriebs

- Wetten über SMS sind seit dem 28.04.2006 nicht mehr möglich.
- Es gibt keine Wettmöglichkeiten in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit Sportveranstaltungen mehr.
- Es wird an einem Verfahren zur Verifikation der persönlichen Angaben des Wettkunden (Alter und Adresse) gearbeitet.

Einschränkung der Werbung

- Es gibt keine Oddset-Fernsehwerbung und keine Oddset-Bandenwerbung in Stadien mehr. In Bremen und Bremerhaven wurden bis Ende April 2006 alle Banden auf Sportplätzen demontiert.
- Die Rundfunkwerbung wurde bis auf weiteres ausgesetzt.
- Es wird keine Trikotwerbung geben.
- Die Straßenbahnbeklebung wurde Anfang Mai 2006 entfernt.
- Die alten Plakate und Informationsbroschüren wurden eingezogen und überarbeitet.
- Die Texte im Internet wurden überarbeitet.

Maßnahme zur Suchtprävention

- Auf allen Wettscheinen wurde ein Hinweis auf die Suchtgefahr aufgedruckt.
- Im Internet wurde auf der Homepage ein entsprechender deutlicher Hinweis angebracht.
- Es wird daran gearbeitet, die Mitarbeiter der Annahmestellen in die Suchtprävention einzubeziehen.
- Es wird an einem Kundenidentifikationssystem für die Annahmestellen gearbeitet.

Mit diesen Maßnahmen ist begonnen worden, das bestehende Wettmonopol im Bereich der Sportwetten konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und an einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Das Bundesverfassungsgericht ist in einem Beschluss vom 04.07.2006 (1 BvR 138/05) für das Land Baden-Württemberg aufgrund von Erklärungen der zuständigen öffentlichen Stellen von einer korrekten Erfüllung der für die Übergangszeit geltenden Vorgaben ausgegangen. Verschiedene Obergerichte sind für ihre Bundesländer, jeweils unter Würdigung der dort ergriffenen Maßnahmen, zu demselben Ergebnis gelangt (für Bayern: VGH München, U. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 und B. v. 03.08.2006 - 24 CS 06.1365; für Baden-Württemberg: VGH Mannheim, B. v. 28.07.2006 - 6 S 1987/05; für Hessen: VGH Kassel, B. v. 25.07.2006 - 11 TG 1465/06; für Nordrhein-Westfalen: OVG Münster, B. v. 28.06.2006 - 4 B 961/06).

Das Oberverwaltungsgericht entnimmt den vom Senator für Inneres und Sport der Freien Hansestadt Bremen vorgelegten Unterlagen, dass auch im Bundesland Bremen damit begonnen wurde, eine Konsistenz zwischen dem das Wettmonopol legitimierenden Gemeinwohlziel einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits herzustellen.

Der Vorwurf der Antragsteller und des Beigeladenen, die ergriffenen Maßnahmen berührten allenfalls die Fassade, in Wahrheit sei nach wie vor das fiskalische Interesse für die Aufrechterhaltung des Wettmonopols bestimmend, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die ergriffenen Maßnahmen, die sowohl am Wettangebot als auch am Vertrieb und der Werbung ansetzen und die Suchtprävention im engeren Sinne einschließen, sind nach Art und Umfang durchaus geeignet, einen effektiven Beitrag zur Eindämmung und Kanalisierung der Spiel- und Wettsucht zu leisten.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 im Bereich der staatlich verantworteten Sportwetten jedenfalls im Bundesland Bremen, das im vorliegenden Verfahren allein Gegenstand der Prüfung sein kann, zu einer deutlichen Umsteuerung geführt hat. Die von den Antragstellern und dem Beigeladenen vorgelegten Unterlagen zum aktuellen Werbeverhalten der staatlichen Lottogesellschaften, die sich vorwiegend nicht auf Sportwetten beziehen und maßgeblich auf andere Bundesländer abstellen, sind nicht dazu geeignet, diesen Sachverhalt ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderten zusätzlichen gesetzlichen Absicherungen noch nicht geschaffen werden konnten. Die Bundesländer beabsichtigen offenbar, an einem staatlichen Wettmonopol festzuhalten (vgl. den Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder vom 22.06.2006 in Berlin). Die vom Bundesverfassungsgericht ebenfalls als statthaft angesehene gesetzespolitische Alternative, eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Wettveranstaltungen durch private Wettunternehmen, entspricht nach dem derzeitigen Beratungsstand nicht dem Willen der Mehrheit der Bundesländer. Ein Festhalten am staatlichen Wettmonopol verlangt, dass die jetzt zunächst von der Exekutive getroffenen Sofortmaßnahmen bis zum 31.12.2007 vertieft und auf eine dauerhafte gesetzliche Grundlage gestellt werden. Insbesondere der Schaffung einer von fiskalischen Interessen unabhängigen Kontrollinstanz, die die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen überwacht, wird dabei eine maßgebliche Bedeutung zukommen. Zur Zeit werden offenbar Vorbereitungen für eine entsprechende gesetzliche Neuregelung getroffen (vgl. FAZ vom 05.09.2006, Seite 1/2), was auf die Ernsthaftigkeit der Absicht hinweist, die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen.

3. Die Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung des Beigeladenen - allenfalls - auf die neuen Bundesländer und das darauf bezogene, an die Antragsteller gerichtete Werbeverbot berühren die gemeinschaftsrechtlich verankerte Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV). Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sind nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Solche Gründe sind hier gegeben.

a) Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, unterliegen dem Gemeinschaftsrecht. Zugunsten der Antragsteller und des Beigeladenen geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass im vorliegenden Fall ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist, der zur Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts führt. Zwar begründen die Wettgeschäfte, die der Beigeladene veranstaltet, gegenüber den Wettkunden nur, wie dargelegt, Rechtsbeziehungen innerhalb Deutschlands.

Andererseits werden die Wettgeschäfte anscheinend inhaltlich von der bwin International Ltd. mit Sitz in Gibraltar gestaltet, mit der der Beigeladene über deren Muttergesellschaft, die bwin Interactive Entertainment AG mit Sitz in Wien, wirtschaftlich verflochten ist und mit der offenbar eine Lizensvereinbarung besteht. Dies spricht für einen grenzüberschreitenden Sachverhalt. Jedenfalls geht das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens, schon um den Rechtsschutz der Antragsteller und des Beigeladenen nicht unzulässig zu verkürzen, von dieser Annahme aus.

b) Das Verbot, in den alten Bundesländern Sportwetten zu veranstalten oder zu vermitteln, sperrt diesen Teil Deutschlands für den Leistungserbringer. Umgekehrt können die dort lebenden Einwohner die Leistungen nicht in Empfang nehmen. Also liegt eine gemeinschaftsrechtlich relevante Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vor. Das gilt auch für das Verbot, für die Dienstleistungen zu werben.

c) Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs sind nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Der EuGH hat wiederholt entschieden, unter welchen Voraussetzungen auf dem Bereich des Glücksspiels nationale Regulierungen zulässig sind. Danach steht es im Ermessen des Mitgliedstaats, in welchem Umfang und auf welche Weise er seinen Bürgern Schutz vor den gefährlichen Folgen des Glücksspiels gewähren will. Das impliziert, dass es in den Mitgliedstaaten ein unterschiedliches Schutzniveau geben kann (EuGH, U. v. 21.10.1999 - C 67/98 - GewArch 2000, 19 <Zanetti>, Rn 33/34; U. v. 06.11.2003 - C 243/01 - GewArch2004, 30 <Gambelli>, Rn 63). Als Gründe, die eine Beschränkung des Glücksspiels rechtfertigen können, hat der EuGH den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen, also die Vorbeugung und Bekämpfung der Spielsucht, anerkannt. Auf letztgenanntes Ziel kann sich ein Mitgliedsstaat aber nur berufen, wenn er dieses innerstaatlich kohärent und systematisch verfolgt. Soweit die Behörden des Mitgliedstaates die Verbraucher selbst dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, entfällt dieser Rechtfertigungsgrund (U. v. 21.10.1999, a. a. O., Rn 36; U. v. 06.11.2003, a. a. O., Rn 69). Denn die Erzielung von Einnahmen darf nur eine Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen Politik sein (U. v. 06.11.2003, a. a. O. Rn 62). Für die Prüfung, ob die für die nationale Beschränkung ins Feld geführten Ziele systematisch und kohärent verfolgt werden, sind die nationalen Gerichte zuständig (U. v. 06.11.2003, a. a. O., Rn 66).

d) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 verbindlich festgelegt, unter welchen Voraussetzungen am in Deutschland bestehenden staatlichen Wettmonopol festgehalten werden darf. Die Erfüllung der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Anforderungen gewährleistet, dass zugleich die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung wiederholt auf die Parallelität der verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Kriterien, die für die rechtliche Ordnung und Begrenzung des Wettwesens gelten, hingewiesen (BVerfG, U. v. 28.03.2006, a. a. O., Rn 85, 99, 136, 144). Wird danach zur Eindämmung und Kanalisierung der Spiel- und Wettsucht ein staatliches Monopol errichtet, muss es konsequent, d. h. kohärent und systematisch an diesem Ziel ausgerichtet sein. Die Etablierung eines staatlichen Wettmonopols, um fiskalische Interessen durchzusetzen, ist sowohl nach Gemeinschaftsrecht als auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig.

Das gilt auch für die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit bis zum 31.12.2007 festgelegt hat. Sie bleiben zwar - ihrem Charakter als Übergangsregelung entsprechend - hinter denen zurück, die der Gesetzgeber bis zum Ende der Übergangszeit wird beschließen müssen, wenn er am staatlichen Monopol für Sportwetten festhalten will. Sie entsprechen aber ihrerseits den materiellen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, denn auch sie stellen - gerade weil sie die Umsetzung eines weitergehenden Gesamtkonzepts ermöglichen sollen - eine Regelung dar, die in kohärenter und systematischer Weise das Ziel verfolgt, die Spiel- und Wettsucht einzudämmen. Die Regelung ist nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich, dieses Ziel zu verwirklichen. Die Zulassung privater Veranstalter und Vermittler während der Übergangszeit würde nämlich die Verwirklichung eines konsequent auf die Bekämpfung der Spielsucht ausgerichteten und daher gemeinschaftsrechtlich zulässigen Konzepts erheblich erschweren. Das vom Bundesverfassungsgericht formulierte Übergangsregime stellt daher keine - unzulässige - vorübergehende Suspendierung der Dienstleistungsfreiheit privater Anbieter dar, sondern deren zulässige Beschränkung anhand der Kriterien, die der Europäische Gerichtshof formuliert hat.

Werden die vom Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit festgelegten Vorgaben erfüllt, ist die Beschränkung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, die privaten Wettunternehmen aus dem staatlichen Wettmonopol erwächst, deshalb nicht unverhältnismäßig (ebenso: VGH München, U. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457; VGH Kassel, B. v. 25.07.2006 - 11 TG 1465/06; VGH Mannheim, B. v. 28.07.2006 - 6 S 1987/05).

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der EuGH es ausdrücklich den nationalen Gerichten überlässt, darüber zu befinden, ob im gegebenen Fall eine hinreichende Konsistenz zwischen dem vorgegebenen Gemeinwohlziel und der tatsächlichen staatlichen Praxis gegeben ist. Hier hat das Bundesverfassungsgericht eine solche Prüfung vorgenommen und hat verbindliche Kriterien festgelegt, die diese Konsistenz bereits in der Übergangszeit gewährleisten sollen. Die Auffassung der Antragsteller und des Beigeladenen, wonach selbst bei Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Übergangszeit private Wettunternehmen ohne die bisherigen Beschränkungen wirtschaftlich tätig sein dürfen, wird den verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Prämissen, unter denen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangen ist, nicht gerecht.

4. An der sofortigen Vollziehung der gegen die Antragsteller ergangenen Untersagungsverfügungen, die somit im Einklang mit nationalem Recht sowie mit Gemeinschaftsrecht stehen, besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Beigeladene, für den die Antragsteller werben, veranstaltet in erheblichem Umfang unerlaubtes Glücksspiel. Er verstößt damit gegen Beschränkungen, denen ein besonders gewichtiges Gemeinwohlziel zugrunde liegt und deren effektive Umsetzung gerade Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 ist. Die Maßnahmen zur Begrenzung der Wettleidenschaft, die das Bundesverfassungsgericht den zuständigen Stellen bereits für die Übergangszeit auferlegt hat, werden durch die Wettgeschäfte des Beigeladenen und die darauf bezogene Werbung der Antragsteller konterkariert. Die Verbindung zwischen Sportgeschehen und Wettgeschäft, durch die die von den Antragstellern durchgeführte Werbung gerade bestimmt wird, hat für den Wettkunden Aufforderungscharakter. Das Bundesverfassungsgericht hat die zu enge Bindung des Wettgeschäfts an das Sportgeschehen zutreffend als einen die Wettleidenschaft deutlich steigernden Faktor bezeichnet. Das ist aber zweifellos der Fall, wenn ein Wettanbieter sich das Prestige einer Fußballmannschaft der Bundesliga durch gezielte Werbung zu eigen macht.

Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Bundesländer bzw. der Bund sich im Laufe der ihnen vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Frist doch noch für die gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmen entscheiden, auch wenn, wie dargelegt, zur Zeit gesetzespolitisch offenbar eher das Festhalten am staatlichen Wettmonopol favorisiert wird. Diese für den Gesetzgeber nach wie vor bestehende Option kann aber nicht dazu führen, dass die bisherigen rechtlichen Bindungen nunmehr nicht mehr gelten würden.

Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich hervorgehoben, dass in der Übergangszeit das unerlaubte Veranstalten und Vermitteln von Wetten durch private Wettunternehmen weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden darf.

Es liegen auch keine Gründe des Vertrauensschutzes vor, die eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen könnten. Dem Beigeladenen musste die Problematik der beschränkten räumlichen Reichweite der ihm erteilten Gewerbegenehmigung klar sein. So bildet die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2006 den Abschluss einer Kette gerichtlicher Auseinandersetzungen, weshalb dem Beigeladenen das mit der Genehmigung verknüpfte Risiko nicht unbekannt sein konnte. Gleiches gilt für die Antragsteller, denen die mit der Werbung für den Beigeladenen verbundenen Risiken ebenfalls bekannt sein mussten.

5. Die Antragsgegnerin war berechtigt, die sofort vollziehbaren Untersagungsverfügungen mit Zwangsgeldandrohungen zu versehen (§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1, 14, 17 BremVwVG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.

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