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Auch Noten können Tatsachenbehauptungen sein, OLG Hamm, Urt. v. 13.03.2018, Az.:26 U 4/18

Leitsätzliches

Notenbewertungen in einem Arztportal haben grundsätzlich wertenden Charakter und stellen deshalb Meinungsäußerungen dar. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Verzicht in den Kategorien Aufklärung und Beratung behauptet wird. Das ist weitergehend als eine wertende Benotung. Aus der Sicht der Leser des Eintrags liegt eine Tatsachenbehauptung vor, die dem Beweis zugänglich ist. Die Durchführung oder Nichtdurchführung von Aufklärung und Beratung ließe sich mit objektiven Mitteln im Wege einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Auswertung der Behandlungsunterlagen verifizieren.

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OBERLANDESGERICHT HAMM

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 13. März 2018

Aktenzeichen: 26 U 4/18

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017   verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 13.März 2018

für  R e c h t  erkannt:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017   verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Verfügungsbeklagte bleibt verurteilt, es zu unterlassen, im Internet auf dem Portal www.###.de hinsichtlich des Profils der Verfügungsklägerin bei der Patientenbewertung vom 23. Juni 2017 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, die Verfügungsklägerin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz tragen zu ¾ die Verfügungsklägerin und zu ¼ die Verfügungsbeklagte.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin ist eine in X tätige Zahnärztin, die bei dem Ärztebewertungsportal ###.de registriert ist.

In das Bewertungsportal stellte ihre Patientin Frau T unter dem 23.6.2017 eine Bewertung ein, die unter anderem folgende Punkte enthielt: „Die Kommunikation von Frau W ist problematisch: sie verzichtet auf die einfachen Komm. Grundregeln und eine Aufklärung / Beratung. Die Prothetik Lösungen von Frau W waren zum Teil falsch…“

Die Bewertung enthielt darüber hinaus weitere Äußerungen, die jedoch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.

Die Verfügungsklägerin erhielt von der Bewertung erstmals am 30.6.2017 Kenntnis und beanstandete diese nachfolgend. Die Verfügungsbeklagte stellte daraufhin zunächst die Bewertung offline. Nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens wurde die Bewertung am 10.10.2017 wieder veröffentlicht.

Die Parteien haben erstinstanzlich insbesondere darüber gestritten, ob wegen des vorprozessualen Zeitablaufs ein Verfügungsgrund fehle, ferner, ob es sich bei den beanstandeten Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt, oder um Werturteile, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Das Landgericht hat dem Antrag insoweit stattgegeben. Es hat zur Unterlassung der Behauptungen verurteilt, die Verfügungsklägerin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung, und die Prothetiklösungen der Verfügungsklägerin seien zum Teil falsch.

Durch die Wiederveröffentlichung der Wertungen am 10.10.2017 habe die Verfügungsbeklagte ihre Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Verfügungsklägerin aus den Nutzungsrichtlinien verletzt. Bei den Passagen handele es sich um Tatsachenbehauptungen zu gravierenden Behandlungsfehlern oder ähnlichen schweren Vorwürfen. Insoweit stelle die Veröffentlichung eine Verletzung von Nebenpflichten aus dem Nutzungsvertrag dar. Überdies handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die zu einer rechtswidrigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führten. Dagegen lägen keine geschützten Meinungsäußerungen vor, weil die streitgegenständlichen Behauptungen dem Beweis zugänglich und deshalb als Tatsachenbehauptungen einzuordnen seien.

Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, die das Begehren auf vollständige Antragsabweisung weiter verfolgt.

Sie ist der Auffassung, dass es bereits an einem Verfügungsgrund fehle, weil die Klägerin erst ca. 4 Monate nach Kenntnisnahme der Bewertung die einstweilige Verfügung beantragt und noch in der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass begehrt habe.

Es bestünden auch keine Verfügungsansprüche. Soweit sich die Klägerin auf Angaben aus der Patientenkartei der Frau T stütze, bestehe insoweit ein Verwertungsverbot wegen der ärztlichen Schweigepflicht.

Die Beklagte rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil ihr der letzte nachgelassene Schriftsatz der Klägerin erst unmittelbar mit dem Urteil zugestellt worden sei. Inhaltlich bestreitet die Beklagte die in dem Schriftsatz vom 17.11.2017 aufgestellten Behauptungen.

Unterlassungsansprüche ergäben sich nicht aus einer angeblichen Verletzung von Nutzungsrichtlinien, weil es auch bei Premiumkunden keine Nebenpflichten gebe, die Bewertungen auf Einhaltung der Nutzungsrichtlinien zu überprüfen. Überdies würden die Nutzungsrichtlinien in schwerwiegenden Fällen empfehlen, gerade keine Bewertung zu verfassen.

Es liege auch keine Verletzung von vorprozessualen Prüfpflichten vor. Die für eine Prüfung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen habe die Beklagte erfüllt. Sie habe versucht, den Sachverhalt aufzuklären.

Eine Pflichtverletzung lasse sich auch nicht aus der Verletzung einer sekundären Darlegungslast herleiten, weil die maßgeblichen Fakten der Beklagten nicht bekannt seien.

In der beanstandeten Äußerung zum Falschsein der Prothetiklösungen sei ein Werturteil zu sehen, das durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Überdies werde dadurch kein Behandlungsfehler vorgeworfen.

Auch der Vorwurf hinsichtlich unterlassener Aufklärung/Beratung stelle eine zulässige Meinungsäußerung dar.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen (9O 254/17) teilweise abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit sei gegeben. Dabei sei auf die Wiederveröffentlichung am 10.10.2017 nach der Überprüfungsphase abzustellen.

Die Verfügungsansprüche seien schon schuldrechtlich aufgrund der Nutzungsrichtlinien gegeben. Darüber hinaus bestünden auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung wegen der Behauptung unwahrer Tatsachen. Dabei seien auch die Behandlungsunterlagen ohne Verstoß gegen § 203 StGB verwertbar. Die Störerhaftung ergebe sich daraus, dass die Verfügungsbeklagte den ihr obliegenden Prüfpflichten nicht nachgekommen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, insbesondere des genauen Wortlautes der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf die angefochtene Entscheidung und die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

1.

Der Verfügungsgrund ist gegeben.

Die am 23. 6. 2017 in das Portal eingestellten Wertungen sind der Verfügungsklägerin erstmals am 30.6.2017 zur Kenntnis gelangt. Nach Durchführung des Prüfungsverfahrens ist die beanstandete Bewertung am 10.10.2017 wieder veröffentlicht worden. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist sodann am 23.10.2017 beim Landgericht eingegangen, also ca. 2 Wochen später. Durch das Zuwarten über diesen Zeitraum ab dem 10.10.2017 ist die Eilbedürftigkeit nicht entfallen. Die Zeit, die das Prüfungsverfahren erfordert hat, ist nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagte zur Prüfung verpflichtet war, gesetzte Fristen ausgenutzt werden durften und in dieser Zeit bis zum 10.10.2017 ungeklärt war, ob es zu einer erneuten Rechtsbeeinträchtigung durch Wiederveröffentlichung kommen würde. Würde man die Prüfungszeit bei der Frage des Wegfalles der Eilbedürftigkeit berücksichtigten, wäre die beeinträchtigte Ärztin gezwungen, alsbald eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Das Prüfungsverfahren würde dann sinnlos werden.

2.

Die Verfügungsklägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung: …. sie verzichtet auf … eine Aufklärung / Beratung…

a.

Der Anspruch folgt aus den §§ 823 BGB, § 1004 BGB analog, Art.1,2, 12 GG.

aa.

Die beanstandete Äußerung greift in den Schutzbereich der Berufsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen sind insbesondere Ehre und soziale Anerkennung, weil zum Ausdruck gebracht wird, dass die Verfügungsklägerin aus der Sicht der bewertenden Frau T in maßgeblichen Bereichen - hier der erforderlichen Aufklärung und Beratung - nicht genügt.

bb.

Es ist deshalb eine Abwägung zwischen dem insbesondere durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner Berufsehre einerseits mit der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Kommunikationsfreiheit die Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit der Frau T andererseits abzuwägen (vgl. dazu Urteil des BGH v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.31).

(1)

Hier überwiegt das Interesse der Verfügungsklägerin, weil es sich bei der beanstandeten Äußerung um die Behauptung einer falschen Tatsache handelt.

Dabei sind Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit ist dem Beweis zugänglich. Demgegenüber sind Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Sie sind der Beweisführung nicht zugänglich, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind (vgl. Urteil des BGH v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.33).

Für die bloße Vergabe von Noten in einzelnen Teilgebieten hat der Bundesgerichtshof das Vorliegen einer Tatsachenbehauptung verneint. Dem folgt der Senat, weil man das maßgebliche Kriterium in der Einstufung in eine Notenskala sehen kann, was naturgemäß im Wesentlichen einen wertenden Charakter hat.

Das gilt jedoch nicht für die hier streitige Äußerung. Es ist explizit der Verzicht auf Aufklärung und Beratung – also deren völliges Fehlen - behauptet. Das ist weitergehend als eine wertende Benotung. Aus der Sicht der Leser des Eintrags liegt eine Tatsachenbehauptung vor, die dem Beweis zugänglich ist. Die Durchführung oder Nichtdurchführung von Aufklärung und Beratung ließe sich mit objektiven Mitteln im Wege einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Auswertung der Behandlungsunterlagen verifizieren.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der durchschnittliche Leser der Äußerung davon ausgehe, dass der Verfasser ein medizinischer Laie sei, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig nicht in der Lage ist. Zum einen ist der Laie durchaus in der Lage, zu bemerken, wenn mit ihm – wie dies hier im Raume steht -  über die Behandlung und die Eingriffe gar nicht gesprochen wird. Zum anderen erschließt sich nicht, warum die Leser derartige Darstellungen nicht für Tatsacheninformationen halten sollen. Sie erwarten gerade fundierte Äußerungen als Entscheidungshilfe, was mit der Annahme bloß laienhafter und damit unqualifizierter Äußerungen schwer zu vereinbaren wäre.

Es liegt deshalb eine Tatsachenbehauptung vor.

Es besteht auch die im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens notwendige überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit der Tatsache. Die Verfügungsklägerin hat detailliert unter Beifügung der Karteikarte zum Behandlungsablauf nebst Aufklärung Stellung genommen und die Unrichtigkeit der Behauptung unterlassener Aufklärung durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht.

Dabei durfte Verfügungsklägerin auch Behandlungsunterlagen gegenüber der Verfügungsbeklagten offen legen.

Grundsätzlich hat ein Patient zwar gem. §§ 823 II BGB, 203 I Nr.1 StGB einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der über ihn erhobenen medizinischen Daten (vgl. Urteil des OLG Hamm vom 09.11.1994 – 3 U 120/94 ZR  -; Juris unter Rz.3). Hier hat Frau T einen solchen Anspruch allerdings nicht geltend gemacht. Stattdessen hat sie sich in der Stellungnahme vom 03.09.2017  als Zeugin zur Verfügung gestellt. Darin ist nach Auffassung des Senates ein konkludentes Einverständnis in die Verwertung der Krankenunterlagen zu sehen, zumal die Patientin T die aus ihrer Sicht relevanten, ansonsten der Geheimhaltung unterliegenden Fakten in ihrer eidesstattlichen Versicherung selbst offenbart hat.

Im Übrigen würde eine fehlerhafte Beweiserhebung nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsgebot führen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 32. Auflage, § 286, Rdn.15a). Ein solches würde aus den soeben genannten Gründen nicht eingreifen.

(2)

Die Verfügungsbeklagte haftet als Störerin.

Sie ist allerdings nicht als unmittelbare Störerin anzusehen, weil sie sich die ins Netz gestellten Inhalte nicht zu eigen gemacht, also nicht nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten Beiträge übernommen hat . (vgl. dazu das Urteil des BGH v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz. 17).

Sie ist aber mittelbare Störerin.

Bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten hat der Provider tätig zu werden, wenn er mit einer soweit konkreten Beanstandung des Betroffenen so konfrontiert wird, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen bejaht werden kann (vgl. Urteil des BGH v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.24).

Der BGH hat dazu Anforderungen an das Prüfungsverfahren gestellt (vgl. Urteil des BGH v. - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.43), die auf eine möglichst umfassende Einholung von wechselseitigen Stellungnahmen hinauslaufen. Diesen Anforderungen ist die Verfügungsbeklagte nachgekommen.

Nach Auffassung des Senates hat die Verfügungsbeklagte jedoch nicht die richtigen Konsequenzen gezogen. Schon nach dem Inhalt der Stellungnahmen der Frau T vom 12.07.2017 und 03.09.2017 hat es durchaus Gespräche und Erklärungen mit der Verfügungsklägerin gegeben, so dass die pauschale Behauptung in der Bewertung so nicht weiter bestehen bleiben konnte. Auch die Frau T selbst wollte jedenfalls ausweislich der Stellungnahme vom 03.09.2017 keine fehlende Einwilligung in die Behandlung insgesamt behaupten.

Auf dieser Basis durfte die zuvor geäußerte Tatsachenbehauptung nicht unverändert wieder veröffentlicht werden.

Die gleichwohl am 10.10.2017 erfolgte Wiederveröffentlichung begründete die Haftung als mittelbare Störerin.

Die Beklagte war deshalb in diesem Punkt antragsgemäß zur Unterlassung zu verurteilen.

b.

Es kommt insoweit deshalb nicht mehr darauf an, ob sich ein inhaltsgleicher Unterlassungsanspruch auch aus den Nutzungsrichtlinien ergibt.

3.

Die Verfügungsklägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung: „die Prothetik Lösungen von Frau M. W waren zum Teil falsch…“

a.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. den  §§ 823 BGB, § 1004 BGB analog, Art. 1 und 2 GG

aa.

Allerdings liegt auch insoweit eine Tatsachenbehauptung vor.

Der Vorwurf einer falschen prothetischen Lösung betrifft das Vorliegen von Behandlungsfehlern, was auch aus der Sicht des Lesers der Bewertung dem Beweis zugänglich ist. Das gilt indiziell deshalb, sowie Frau T in ihrer Stellungnahme vom 12.07.2017 ausdrücklich unter Berufung auf die Äußerung von zwei Zahnärzten eine technisch falsche Lösung für die Kronen beanstandet hat, und in der Stellungnahme vom 3. 9. 2017 detailliert darauf verweist, dass die Freiend-Brückengliedlösung technisch fehlerhaft gewesen sei. Dazu macht sie Ausführungen zu den wirkenden Kräften und zur Statik sowie dazu, dass der Zahn Nr. 12 einer einzelnen Krone versorgt werden müsse. Die Patientin wollte also gerade die Tatsache eines Behandlungsfehlers rügen. Das ist auch für den Leser erkennbar geworden, der „falsch“ als dem objektiv dem Beweise zugänglich und als eine Tatsachenbehauptung begreifen durfte.

bb.

Die Verfügungsbeklagte haftet aber nicht als Störerin.

Sie hat in Erfüllung der ihr nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung obliegenden Prüfungspflichten Stellungnahmen der Beteiligten eingeholt und weitergeleitet (vgl. Urteil des BGH v. - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.43). Ob tatsächlich eine unwahre Behauptung in Form einer Fehlbehandlung vorgelegen hat, oder ob die Behandlung lege artis gewesen ist, hat sich aus den Stellungnahmen nebst Unterlagen nicht mit der für eine einstweilige Verfügung notwendigen Wahrscheinlichkeit ergeben. Diese Frage lässt sich ohne Sachverständigengutachten nicht feststellen. Zur Einholung ist die Verfügungsbeklagte nicht verpflichtet. Sie betreibt lediglich ein Bewertungsportal. Ihr die Klärung von Fragen aufzuerlegen, für die Gutachterkommissionen geschaffen worden und die gegebenenfalls durch Gerichte zu klären sind, würde die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten.

Weil die Beweislast für die Unrichtigkeit der Behauptungen zur Behandlungsfehlerhaftigkeit im vorliegenden Verfahren bei der Klägerin liegt, ist der Antrag insoweit zurückzuweisen.

b.

Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 280 BGB wegen eines Verstoßes gegen Nebenpflichten, die sich aus dem Nutzungsvertrag ergeben.

Das gilt insbesondere hinsichtlich der Nutzungsrichtlinien. Zutreffend ist, dass dort angegeben ist, dass die Bewertung nicht veröffentlicht werden kann, wenn eines der sodann benannten Kriterien erfüllt ist. Zutreffend ist auch, dass eines der Kriterien näher spezifizierte besonders schwere Vorwürfe betrifft. Zugleich verweist die Verfügungsbeklagte aber auf ihren Prüfprozess entsprechend der gegenwärtigen Rechtslage, also auf die Prüfpflichten, wie sie etwa nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil des BGH v. - VI ZR 34/15 - ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.43) bestehen. Eine solche Prüfung wäre jedoch obsolet, wenn die Verfügungsbeklagte schon nach den Nutzungsrichtlinien bei dem Vorliegen schwerwiegender Anschuldigungen unabhängig von einer Überprüfung die Veröffentlichung unterlassen müsste. Es kann dann aber nicht festgestellt werden, dass die Nutzungsrichtlinien weitergehende Rechte und Pflichten als die nach der Rechtsprechung aufgestellten Pflichten einräumen sollten. Für eine solche Schwächung der eigenen Rechtsstellung durch die Verfügungsbeklagte bestehen keine hinreichenden Motive und Anhaltspunkte.

Die Verfügungsbeklagte hat aus den bereits erörterten Gründen die im Rahmen der Nutzungsrichtlinien angesprochene, nach der Rechtslage geforderte Prüfung durchgeführt. Das führt auch unter Berücksichtigung der Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht zu einer Haftung der Verfügungsbeklagten.

Eine Haftung der Verfügungsbeklagten ist damit nur teilweise gegeben. Die Entscheidung des Landgerichts war insoweit abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.