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OLG Köln, Urteil vom 16.12.2014, Az. 15 U 141/14

Leitsätzliches

Die Haftung eines Host-Providers lässt sich bei einer anonymen Bewertung nur unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass dieser mit der Zurverfügungstellung eines Bewertungsportals die Risikoquelle anonymer unter einem Pseudonym geposteter rechtsverletzender Drittinhalte geschaffen und das übernommene Risiko zu tragen hat, wenn sich die Beanstandung einer Rechtsverletzung eben wegen des Anonymitätsschutzes im konkreten Fall verwirklicht. Als gegen die Störerhaftung des Host-Providers sprechender Gesichtspunkt steht dem gegenüber, dass diesem zwar nicht weniger, aber auch nicht mehr als zumutbare Maßnahmen zur reaktiven Prüfung der Begründetheit der ihm angezeigten vermeintlichen Rechtsverletzung abverlangt werden können. Denn ein rechtswidriges, von ihm seinerseits zu unterlassendes Verhalten ist dem Host-Provider im Rahmen dieser Prüfung nicht zuzumuten mit der Folge, dass dann der Betroffene die Voraussetzungen der an die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten anknüpfenden Störerhaftung des Host-Providers nicht dargelegt hat.

Oberlandesgericht Köln

Urteil

Entscheidung vom 16. Dezember 2014

Az.: 15 U 141/14

 

In dem Rechtsstreit...

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.07.2014 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 516/13 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckten Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe:

I.

Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt in C eine Zahnarztpraxis mit insgesamt 10 Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten.

Die Beklagte unterhält einen unter www.jameda.de aufrufbaren Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern bietet sie darüber hinaus die Möglichkeit, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Die Bewertung, welche diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Angabe ihres Klarnamens platzieren können, wird dabei für insgesamt 5 vorformulierte Sparten bzw. Kategorien („Behandlung“, „Aufklärung“, Vertrauensverhältnis“, „genommene Zeit“ und „Freundlichkeit“)  anhand einer sich an der Skala von Schulnoten orientierenden Beurteilung abgegeben; es besteht ferner die Möglichkeit, in einem „Fenster“ zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare mit eigenen Worten niederzulegen.

Gegenstand der Beanstandung des Klägers ist der unter dem Datum des 10.08.2013 in dem Portal der Beklagten platzierte, auf Bl. 5 d. A. und in der Anlage K 3 (Bl. 8 AH) wiedergegebene Beitrag eines anonymen Nutzers, in dem in der Rubrik  „Bewertung für Dr. I“ nach dem hervorgehobenen Hinweis „Ich kann Dr. I nicht empfehlen“ und der Bemerkung „Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist – auch rechtlich – schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe“ in dem folgenden Abschnitt „Notenbewertung dieses Patienten“ die Gesamtnote 4,8 genannt wurde, die sich aus den zu den vorbezeichneten 5 Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note „6“ für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ ermittelte.

Der Kläger wandte sich mit der aus der „Problemmeldung“ vom 14.08.2013 (Anlage B 8, Bl. 27 AH) ersichtlichen E-Mail an die Beklagte und forderte diese zur Entfernung der u.a. als Schmähung beanstandeten Bewertung auf. Daraufhin entfernte die Beklagte den Beitrag zunächst, stellte diesen jedoch unter Hinweis auf eine zwischenzeitlich erfolgte Prüfung sodann unverändert wieder in ihr Portal ein. Mit Schreiben vom 09.09.2013 (Anlage K 4, Bl. 10 ff AH) forderte der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger die Beklagte zur Löschung des erneut in dem Bewertungsportal aufrufbaren Beitrags auf und verlangte Auskunft u.a. darüber, auf welche Weise der „angebliche Patient“ die Behandlung belegt und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die „Klardaten“, die der Beklagten aufgrund des „angeblichen Kontakts“ mit dem Nutzer vorliegen. Mit hierauf erwidernder E-Mail vom 09.09.2013 (Anlage K 5, Bl. 14 AH) führte die Beklagte u.a. folgendes aus:

„(…) Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Abschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen.

Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin.

Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer, welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnisse und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. (…)

Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). (…)

Im Übrigen speichert jameda keine Nutzerdaten. Lediglich die E-Mail-Adresse, mit der eine Bewertung abgegeben wurde, ist bei uns hinterlegt.

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können.“

Alsdann ließ der Kläger die Beklagte unter Hinweis darauf, dass  diese „…nach eigener Aussage über weit mehr Informationen hinsichtlich des bewertenden Nutzers …“ verfüge, sie jedoch vorenthalten wolle, obwohl er – der Kläger – „…in nicht zu vertretender Weise in drei…Kategorien mit der Note ‚ungenügend‘ bewertet wurde“, zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auffordern (Anlage K 6, Bl. 16 f AH). Da die Beklagte eine solche Erklärung ebenso ablehnte wie weiterhin die „Herausgabe der Nutzerdaten“ hat der Kläger sie klageweise im vorliegenden Verfahren auf Unterlassung und Auskunft über den Klarnamen des Verfassers des Beitrags – hilfsweise ohne dessen Namennennung auf Herausgabe der von diesem im Zusammenhang mit der Bewertung übermittelten Informationen  - in Anspruch genommen. Die Beklagte hat daraufin die aus den Anlagen B 15 (Bl. 79 AH), B 16 (Bl.80 AH) und B 18 (Bl. 92 AH) ersichtlichen Unterlagen betreffend die zu der Beanstandung des Klägers mit dem Nutzer geführte Korrespondenz in anonymisierter Fassung vorgelegt.

Der Kläger hat in Abrede gestellt, dass der abgegebenen Bewertung überhaupt ein Behandlungskontakt des Verfassers mit seiner – des Klägers – Person zu Grunde liege. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen hat er für unzureichend gehalten, da ihm eine Überprüfung des der angegriffenen Bewertung zu Grunde liegenden Sachverhalts auf diese Weise nicht ermöglicht werde.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es zwecks Meidung eines durch das Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, oder einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die Bewertung vom 10.8.2013 über den Kläger, veröffentlicht auf www.jameda.de/berlin/zahnaerzte/oralchirurgie/dr-S-I/bewertungen/800477081/ zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung „6,0“ in den Kategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ beinhaltet;

2. ihm – dem Kläger - Auskunft über den Klarnamen des Autors des Beitrags auf der Internetseite www.jameda.de/berlin/zahnaerzte/oralchirurgie/dr-S-I/bewertungen/800477081/ und die weiteren der Beklagten zu diesem Autor vorliegenden Informationen zu erteilen;

hilfsweise,

dem Kläger – ohne Nennung des Namens des Autoren des Beitrags auf www.jameda.de/berlin(zahnaerzte/oralchrirurgie/dr-S-I/bewertungen/800477081/  - die von diesem im Zusammenhang mit der genannten Bewertung an die Beklagte übermittelten Informationen zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, dass es sich bei der angegriffenen Bewertung um eine Meinungsäußerung handele, die der hierdurch in seiner Sozialsphäre betroffene Kläger hinzunehmen habe. Nach den ihr von dem Verfasser des Beitrags übermittelten Informationen könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um die von einem Patienten des Klägers vorgenommene Bewertung handele; zur Preisgabe des Namens des Verfassers und/oder zur Herausgabe der ihr von diesem übergebenen Unterlagen, welche dem Kläger die Identifizierung ermöglichten, sei sie nicht verpflichtet.

In dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage nur hinsichtlich des Unterlassungsgehrens stattgegeben, das Auskunftsverlangen jedoch  - da angesichts des gegenüber der Beklagten bestehenden Unterlassungsanspruchs ein Interesse an der Aufdeckung der Anonymität der Person des Verfassers nicht existiere – als unbegründet eingeordnet und die Klage insoweit abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, auf die wegen der zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Bewertung Bezug genommen wird, hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte ihrer auf die an sie herangetragene Beanstandung des Klägers initiierten Prüfungspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei. Die bloße Mitteilung des Ergebnisses der von ihr auf die Beschwerde des Klägers hin durchgeführten Prüfung genüge dem nicht. Die Beklagte hätte vielmehr die „für eine zulässige Meinungsäußerung erforderliche Tatsachengrundlage einer Behandlung des Bewerters durch den Kläger“ ausreichend darlegen müssen, um dem Kläger die „Möglichkeit einer Überprüfung der Angaben des Bewerters zu eröffnen.“ Denn die Bewertung könne sich nur dann als zulässig darstellen, wenn der Bewerter tatsächlich in der Behandlung des Klägers gewesen sei. Dass dies indessen der Fall war, lasse sich den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht mit ausreichender Gewissheit entnehmen. Das gelte ungeachtet der als Anlage B 18 vorgelegten E-Mail des Nutzers an die Beklagte, in der zwar der Namen des Klägers genannt, der Text im Übrigen aber zum größten Teil unkenntlich gemacht sei. Die „Überprüfung des Sachverhalts und daher auch ein näherer Vortrag des Klägers diesbezüglich“ seien daher nicht möglich. Das Anonymitätsinteresse des Bewerters stehe dem nicht entgegen. Dieses müsse vielmehr unter den Umständen des gegebenen Falls hinter die Interessen des Klägers zurücktreten, andernfalls die Gefahr bestünde, dass sich der Kläger dauerhaft den negativen Auswirkungen der nachteiligen Bewertung aussetzen müsse, obschon die Möglichkeit bestehe, dass der Nutzer nicht von dem Kläger behandelt worden sei. Aufgrund des „öffentlichen Informationsinteresses an solchen Bewertungen“ müsse der Kläger dauerhaft einen Rückgang seiner Patientenzahlen befürchten, demgegenüber das Interesse des Nutzers an der Geheimhaltung seiner Identität als gering einzustufen sei. Denn sei er tatsächlich Patient des Klägers gewesen, müsse er sich keinem Unterlassungsanspruch aussetzen. Auch eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Bewertungsportals der Beklagten sei nicht zu befürchten, weil das Anonymitätsinteresse stets nur im Einzelfall zurücktrete, wenn bereits Zweifel an der Tatsachengrundlage einer tatsächlichen Behandlung bestünden und keine überwiegenden Interessen des Nutzers an der Geheimhaltung erkennbar seien.

Ihre hiergegen gerichtete Berufung stützt die Beklagte – neben einer von ihr in Bezug auf die Beibringung von Nachweisen der Patienteneigenschaft des Nutzers des Bewertungsportals ihres Internetdienstes vorgebrachten Rüge der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Bl. 144 – 146 d. A.) – darauf, dass die dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegende Würdigung in zweifacher Hinsicht rechtsfehlerhaft die Verletzung einer der Beklagten als Voraussetzung der Störerhaftung obliegenden Prüfpflicht bejahe: Die Entscheidung verkenne, dass die Beklagte schon überhaupt keine Prüfpflicht getroffen habe. Diese könne nur durch Beanstandungen des Betroffenen gegenüber solchen Äußerungen in Gang gesetzt werden, die „richtig oder falsch“ sein können, also gegenüber womöglich unwahren Tatsachenbehauptungen. Werde die Beschwerde des Betroffenen wie im vorliegenden Fall hingegen in Bezug auf eine angeblich unzulässige Meinungsäußerung vorgebracht, so mache das „Vorprüfungsverfahren“ mangels Beweisbarkeit einer solchen Meinungsäußerung keinen Sinn und könnten sich folglich hieraus auch keine Prüfpflichten ergeben (Bl. 148 d. A.). Selbst wenn man aber bezüglich der Patienteneigenschaft des Nutzers grundsätzlich eine Prüfpflicht der Beklagten in Erwägung ziehen wolle, so sei eine solche jedenfalls durch die vorgebrachte Beanstandung des Klägers nicht ausgelöst worden. Denn der Kläger habe seinerzeit das Vorliegen der Patienteneigenschaft bei dem Verfasser des Beitrags nicht in Zweifel gezogen, sondern alleine die „Benotungen unzutreffend als unwahre Tatsachenbehauptungen“ angegriffen (Bl. 149-150 d. A.). Unabhängig davon habe die Beklagte aber jedenfalls einer in Bezug auf die Patienteneigenschaft initiierten Prüfungspflicht genügt. Sie habe nach der Rückmeldung des Nutzers und Autors des streitgegenständlichen Beitrags keine weiteren Maßnahmen ergreifen müssen. Nach den dem Kläger übermittelten E-Mails gemäß den Anlagen K 5 und K 7 (Bl. 14 und 18 AH) und der hierauf ausbleibenden Stellungnahme des Klägers hinsichtlich der Patienteneigenschaft des bewertenden Verfassers habe sie die Prüfung beenden dürfen (Bl. 151 f d. A.). Dass der Kläger nach den vorbezeichneten E-Mails der Beklagten die Patienteneigenschaft auch nicht mehr „wirklich in Zweifel“ gezogen habe, dokumentiere darüber hinaus das mit dem Unterlassungsantrag erstrebte Verbot, dass sich nur insoweit gegen die Verbreitung der Bewertung richte, soweit diese „6,0“-Benotungen ausspreche (Bl. 152 f d. A.). Soweit das Landgericht weitere Angaben zur „Rückmeldung“ des Verfassers des Beitrags fordere, verkenne es nicht nur die Darlegungs- und Beweislast (Bl. 153 ff d. A.), sondern auch die sich aus dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz anonymer Meinungsäußerungen ergebenden Anforderungen (Bl. 154 ff  d. A.). Die ihr, der Beklagten, als Hostprovider eines Bewertungsportals von dem Landgericht aufgebürdeten Darlegungs- und Beweislasten würden die Gefahr einer Identifizierbarkeit der Verfasser von Bewertungen hervorrufen und die Arztbewertungsplattform wertlos machen. Denn allein die Befürchtung, dass ihre Anonymität gefährdet sei, könne Nutzer davon abhalten, eine Bewertung in das Portal einzustellen (Bl. 158 ff d. A.).

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, in dem das Landgericht aus in jeder Hinsicht zutreffenden, den Angriffen der Berufung standhaltenden Erwägungen die Haftung der Beklagten für den in ihrem Bewertungsportal eingestellten beanstandeten Beitrag bejaht habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die – zulässige – Berufung hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des in der Bewertungssparte des Internetportals der Beklagten aufrufbaren, von einem Nutzer geposteten streitgegenständlichen Beitrags zur Seite. Als hier allein in der Funktion eines Hostproviders in Anspruch genommener Internetdiensteanbieter  kann die Beklagte nur als - in der Diktion des VI. Senats des BGHs (vgl. von Pentz, AfP 2014, 8 ff/1; ebenso der Senat in seinem Urteil vom 08.04.2014, 15 U 199/11 –„Autocomplete II“-)  - „mittelbare“ Störerin eine Haftung für diesen, in ihre Webseite eingestellten Drittinhalt treffen. Die Voraussetzungen einer sich unter diesem Gesichtspunkt ergebenden Haftung der Beklagten, wie sie den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. in der Entscheidung „Blog-Eintrag“ (Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10 - = BGHZ 191, 219) geprägten Vorgaben entspricht, liegen im Streitfall nicht vor. Entgegen der dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegenden Würdigung hat die Beklagte der ihr nach dem sog. „Haftungsregime“ der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die beanstandete Rechtsverletzung auferlegten Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt. Sie trifft infolgedessen keine Haftung für den von dem Nutzer ihres Internetportals dort eingestellten Beitrag bzw. eine hierdurch (durch den „unmittelbaren“ Störer) etwa bewirkte Rechtsverletzung.

Im Einzelnen:

1. Das Landgericht hat die hier allein in Betracht zu ziehende Haftung der Beklagten als Hostprovider für den von dem Nutzer des Bewertungsportals ihres Internetdienstes dort eingestellten Beitrag zu Unrecht bejaht. Die Beklagte trifft hinsichtlich dieses von ihr verbreiteten Drittinhalts (§§ 8, 10 TMG) keine, allein unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung nach Maßgabe der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Erwägung zu ziehende Unterlassungsverpflichtung, weil sich die als Voraussetzung einer solchen Haftung zu fordernde Verletzung einer reaktiven Prüfungspflicht nicht bejahen lässt.

Nicht zu beanstanden ist die angefochtene Entscheidung allerdings, soweit darin im Ausgangspunkt die Voraussetzungen zu Grunde gelegt sind, unter denen sich die Haftung des Host-Providers auf Unterlassung der Verbreitung eines in seine zur Verfügung gestellte Webseite eingestellten Drittinhalts bzw. der in einem  Eintrag enthaltenen Äußerung eines Dritten ergeben kann. Nach den erstmals in der Entscheidung „Blog-Eintrag“ des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2011(BGHZ 191,219 ff) aufgezeigten Grundsätzen, die sich seither in ständiger Rechtsprechung verfestigt und weiterentwickelt haben, (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.213=BGHZ 197, 213 – „Autocomplete-Funktion“-), ist ein Hostprovider nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, a.a.O., RdNr. 24 ff gem. Juris; BGHZ 158, 236, 252 – „Internet-Versteigerung I“; BGHZ 172, 119 – „Internet-Versteigerung II“; BGHZ 173, 188, Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH – „Stiftparfüm“). Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Für den Provider ergeben sich hieraus regelmäßig folgende Pflichten:

Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.

Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

2. Den ihr nach diesen Maßstäben abzuverlangenden zumutbaren Verhaltenspflichten hat die Beklagte genügt.

a) Entgegen dem von der Beklagten verfochtenen Standpunkt sind die vorbezeichneten Grundsätze einer Störer-Haftung des Hostproviders im gegebenen Fall anwendbar. Dabei bedarf es nicht der Entscheidung, ob diese Grundsätze ausschließlich – wie die Beklagte meint - bei sich aus Tatsachenbehauptungen vermeintlich ergebenden Rechtsverletzungen greifen können, weil sich nur bei diesen eine an den Host-Provider herangetragene Beanstandung als „richtig oder falsch“ erweisen, daher eine Prüfung Klärung herbeiführen könne. Das kann hier deshalb offen bleiben, weil die Berechtigung der hier in Frage stehenden, von dem Kläger beanstandeten Rechtsverletzung von einem tatsächlichen Umstand, nämlich der angeblich fehlende Patienteneigenschaft des Verfassers der Bewertung abhängt, dessen Richtigkeit und damit die der Beanstandung insgesamt einer Prüfung der Beklagten als Hostprovider zugänglich ist.

Im Ausgangspunkt dieser Beurteilung trifft es allerdings zu, dass es sich bei dem von dem Kläger beanstandeten Äußerungen wie bei dem Blog-Beitrag insgesamt um eine Meinungsäußerung handelt.

Das Landgericht hat die Kriterien, anhand der die Unterscheidung von Tatsachenbehauptungen einerseits sowie andererseits Meinungsäußerung zu vollziehen ist, in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt (vgl. S. 9 LGU), auf das der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in diesem Punkt Bezug nimmt. Diese Zuordnung erfasst auch die Äußerungen, in denen sich – wie häufig –  Elemente subjektiver Wertung und tatsächlichen Aussagegehalts vermengen. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, ist sie insgesamt als Werturteil und Meinungsäußerung einzuordnen und als solche von dem Grundrechtsschutz der Meinungsäußerungsfreiheit erfasst. Im Fall einer solchen engen Verknüpfung der Mitteilung von Tatsachen und ihrer Bewertung darf der Grundrechtsschutz nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet bzw. einer rechtlichen Würdigung zugeführt wird (vgl. BVerfGE 85, 1/15 ff – „kritische Bayer-Aktionäre“ -RdNr. 46 gem. Juris m. w. Nachw.;  BGH, NJW 1006, 1131 – RdNr. 24 gem. Juris - m. w. Nachw.). Dem Wahrheitsgehalt der von der Meinungsäußerung umfassten tatsächlichen Elemente kann jedoch im Rahmen der Abwägung der kollidierenden Interessen einerseits des sich Äußernden und andererseits des von dieser Äußerung Betroffenen Bedeutung zukommen.

Danach ist die hier angegriffene Äußerung zwar insgesamt als Meinungsäußerung einzuordnen. Denn sie ist schwerpunktmäßig geprägt durch die anhand erkennbar individueller subjektiver Maßstäbe vorgenommene Wertung der im Umgang mit den Leistungen der ärztlichen Praxis des Klägers in den genannten Kategorien gewonnenen Erfahrung, die eine andere Person ggf. abweichend beurteilen und auf der angegeben Notenskala anders und – in den von dem Unterlassungsantrag (allein) erfassten drei Kategorien – günstiger bewerten könnte. Das vorbezeichnete Verständnis der Äußerung umfasst aber zugleich die ihr im Kontext des Beitrags innewohnende Aussage, dass die vorgenommene Bewertung auf der eigenen Erfahrung des/der Verfasser/in beruht, die er/sie als Patient/in in der Praxis des Dr. I gemacht hat („Ich kann Dr. I nicht empfehlen“/ „Bewertung…welche ich mir sorgfältigst überlegt habe“/ „Diese Bewertung ist die subjektive Meinung eines Patienten und nicht die der jameda GmbH“). Insofern wohnt ihr ein tatsächliches Element inne, welches zwar nicht den Gesamtcharakter des Beitrags prägt, dessen Wahrheit oder Unwahrheit jedoch im Rahmen der für die Beurteilung der Zulässigkeit der angegriffenen Äußerung vorzunehmenden Gesamtabwägung und daher für die Berechtigung der insoweit vorgebrachten Beanstandung von Bedeutung ist. Vor diesem Hintergrund kommt also eine Prüfung der „Richtigkeit“ der von dem Kläger gegen den gebloggten Eintrag vorgebrachten Beanstandung in Betracht und sind die eingangs formulierten Grundsätze einer Störerhaftung des Hostproviders anwendbar.

Dass die vorgebrachte Beanstandung  bereits ohne Vornahme einer solchen Prüfung als berechtigt erkennbar gewesen wäre, weil sich die angegriffene Bewertung bereits unter dem Aspekt einer allein die persönliche Herabsetzung des Klägers bezweckenden Schmähung ohne Weiteres als unzulässig erweist, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend verneint. Angesichts des aus dem Beitrag ersichtlichen thematischen Sachbezugs der Bewertung zu einer aus der Praxis des Klägers in den angegebenen Kategorien jeweils gewonnenen Erfahrung scheidet die Einordnung der streitgegenständlichen Negativbewertung als eine sich in der persönlichen Diffamierung des Klägers erschöpfende Schmähkritik aus. Sie war es auch nicht etwa deshalb, weil der Blogger den näheren Sachverhalt, auf den sich seine Bewertung bezog und die Gründe seiner Unzufriedenheit nicht zugleich mitgeteilt hat. Es mag aus der Sicht der Rezipienten und auch des Betroffenen wünschenswert sein, dass der Kritiker die Grundlagen und tatsächlichen Bezugspunkte seiner Kritik gemeinsam mit dieser näher darstellt. Denn er ermöglicht damit die Einordnung seiner Kritik und trägt auf diese Weise zu der Erkenntnis des Rezipienten bei, ob die zum Ausdruck gebrachte Beurteilung für maßgeblich, verallgemeinerungsfähig oder in irgend einer Weise bedeutsam für die eigene Situation gehalten werden kann und ob – aus des Sicht des Betroffenen – Anlass für eine Verteidigung besteht. Das ändert jedoch nichts daran, dass der sich subjektiv äußernde Kritiker auch ohne die Mitteilung der tatsächlichen Bezugspunkte seiner Kritik den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit für sich in Anspruch nehmen kann, der nicht allein dadurch beschränkt oder entzogen ist, weil er sich auf die Mitteilung des Ergebnisses der subjektiven Würdigung eines beurteilten Sachverhalts beschränkt. Im gegebenen Fall, in dem es um die Bewertung eines Arztes geht, kommt hinzu, dass eine Mitteilung der Bewertungsgrundlage u.U. die Information über sensible Gesundheitsdaten, etwa über die Behandlung oder die Art der Therapie umfassen müsste, die nicht nur mit der Offenlegung eines häufig der Intimsphäre (vgl. Burkhardt/Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 5. Kapitel, RdNr. 48) zuzuweisenden Sachverhalts einherginge, sondern überdies eine Identifizierung des Kritikers zumindest für einen beschränkten Personenkreis ermöglichte; alleine die Besorgnis einer solchen Zuordnung begründete aber die Gefahr, dass in Bezug auf ärztliche Behandlungen von kritischen Meinungsäußerungen von vornherein Abstand genommen wird und greift damit in die Belange der Meinungsäußerungsfreiheit ein.

b) Sind die Grundsätze der Störerhaftung in der Ausprägung der „Blog-Eintrag“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs im gegebenen Fall anwendbar, so war die Beklagte auf die Beanstandung des Klägers hin auch zur Vornahme einer Prüfung der Frage verpflichtet, ob es sich bei dem die Bewertung bloggenden Nutzer ihres Portals um einen Patienten des Klägers handelte.

Bereits die sog. „Problemmeldung“ des Klägers vom 14.08.2013 (Anlage B 8) legte nahe, dass er die Patienteneigenschaft des Verfassers der angegriffenen Bewertung in Zweifel zieht [„…Ich werde sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten…vorgehen….“]. Jedenfalls aber aus dem anwaltlichen Schreiben vom 09.09.2013 (Anlage K 4) geht dies eindeutig hervor, in dem unter Vorbringen von vermeintlich „auffälligen“ Umständen der Bewertung ausgeführt wird, es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben hat (Bl. 11 AH). Dass der Kläger damit die „Glaubwürdigkeit“ der Bewertung eben wegen der fehlenden Patienteneigenschaft des Verfassers der Bewertung in Abrede stellt, lag auf der Hand und wurde von der Beklagten auch so verstanden, wie ihre E-Mail vom 09.09.2013 (Bl. 14 AH) dokumentiert, in der sie ausführt, nach der auf ihre Rückfrage bei dem Verfasser des Beitrags eingeholten Stellungnahme keine Anhaltspunkte zu haben, die an der „….Authentizität der Bewertung zweifeln ließen“. Schon im Hinblick auf ihre eigenen Nutzungskriterien, die den Verfassern von Bewertungen die Versicherung abverlangten, von „…diesem Arzt behandelt worden…“ zu sein und dass die „…Bewertung der persönlichen Erfahrung…“ entspreche (vgl. Anlagen B 2 und B 3, Bl. 20 f AH), war die Beklagte danach gehalten, der in Bezug auf die Bewertung vorgebrachten Beanstandung des Klägers nachzugehen, dass diese von einer nicht zu seinem Patientenkreis zählenden Person stamme.

c) Die Beklagte hat ihrer Prüfungspflicht indes genügt.

aa) Dass die Beklagte die zur Aufklärung der Beanstandung erforderlichen Maßnahmen im Verhältnis dem Verfasser des Beitrags gegenüber entfaltet und von diesem Stellungnahmen zu der Frage eingeholt hat, ob er Patient des Klägers war, kann keinem Zweifel unterfallen. Die Beklagte hat mit den Anlagen B 15, B 16 und B 18 dokumentiert, dass sie sich an den den Beitrag bloggenden Nutzer ihrer Bewertungsplattform gewandt und dass dieser zu der Frage seiner Patienteneigenschaft bejahend Stellung genommen hat. Die von dem Kläger in Bezug auf die Anlage B 16 (Bl. 80 AH) vorgebrachte Beanstandung, daraus gehe allenfalls ein Prophylaxetermin, nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin bei ihm, dem Kläger, hervor, rechtfertigt keine abweichende Würdigung. Der als Anlage B 18 (Bl. 92 AH) auszugsweise vorgelegten E-Mail lässt sich die Wahrnehmung eines ärztlichen Termins bei dem Kläger ohne weiteres entnehmen („Ich war etwa im….diesen Jahres bei Dr. I. Er diagnostizierte….Dr. I versuchte…“).

bb) Der zwischen den Parteien ausgetragene Streit bezieht sich auch nicht darauf, ob die Beklagte im Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags die erforderlichen Maßnahmen der Prüfung der Berechtigung der an sie herangetragenen Beanstandung entfaltet hat. Der Schwerpunkt des Konflikts liegt vielmehr in der Auseinandersetzung um die Frage, ob die Beklagte im Rahmen der ihr zumutbaren Prüfung der Berechtigung der Beanstandung die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen an den Kläger weiterzuleiten hat. Jedenfalls unter den Umständen des gegebenen Falls ist das zu verneinen.

(1) Im Ausgangspunkt dieser Beurteilung ist festzuhalten, dass den Kläger als denjenigen, der die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen eben dieser Haftung trifft. Das umfasst die Darlegung und den Beweis der Umstände, aus denen sich eine Verletzung der die Beklagte im Zusammenhang mit der Prüfung der Berechtigung der Beanstandung treffenden reaktiven Prüfungspflicht trifft. Da die auf eine angezeigte – vermeintliche – Rechtsverletzung hin initiierte Prüfung des Host-Providers in aller Regel interne Betriebsabläufe, vor allen Dingen den Kontakt mit dem in der hier zu beurteilenden Problemlage auch nur ihm bekannten Verfasser des Blogs betrifft, die den Einblicken des Anspruchstellers entzogen sind, trifft den Provider hinsichtlich der von ihm zur Prüfung der Beanstandung vorgenommenen Maßnahmen eine sekundäre Darlegungsverpflichtung. Er muss aufzeigen, dass und ggf. auf welche Weise er mit dem Blogger in Kontakt getreten ist und welche Stellungnahme dieser ggf. zur Verteidigung seiner angegriffenen Äußerung in der Sache vorgebracht hat. Denn nur dann ist es dem betroffenen Anspruchsteller möglich, substantiell die Berechtigung seiner Beanstandung „nachzuweisen“, wie dies der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Blog-Eintrag“ für der Situation, in welcher der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede stellt und sich berechtigte Zweifel an der „Richtigkeit“ der Beanstandung ergeben, grundsätzlich so vorgesehen hat (vgl. BGH, a.a.O., RdNr. 27 gem. Juris).

(2) Bei dem dem Provider im Rahmen dieser sekundären Darlegungsobliegenheit, die parallel zu der Erfüllung der ihm im Rahmen zumutbarer Prüfung der Berechtigung der Beanstandung abzuverlangenden Mitteilung an den Betroffenen verläuft, abzuverlangenden Vortrag hat er indessen den ihm nach den spezifischen Belangen des Datenschutzes gesetzten Grenzen Rechnung zu tragen. In seiner Entscheidung vom 01.07.2014 – VI ZR 345/13 –„Ärztebewertung“ (veröffentlicht u.a. in AfP 2014, 451 ff), hat der Bundesgerichtshof den Betreiber eines Internetportals mit Blick auf das in § 12 Abs. 2 TMG formulierte Verbot, personenbezogene Daten der Nutzer eines Internetdienstes außerhalb bestimmter, weder in der dort entschiedenen noch in der hier gegebenen Fallkonstellation greifender Erlaubnistatbestände zu verwenden, nicht als befugt erachtet, personenbezogene Daten des Nutzers zur Erfüllung eines wegen einer Persönlichkeitsrechtverletzung geltend gemachten Auskunftsanspruchs an den Betroffenen zu übermitteln. Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung des Weiteren mit der Frage befasst, ob dem Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung neben dem Unterlassungsanspruch in analoger Anwendung der §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 5 Satz 4 TMG ein Auskunftsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen kann, und diese Möglichkeit im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 2 TMG verworfen (vgl. BGH, a.a.O., RdNrn. 14 ff/16 gem. Juris). Der vorbezeichneten Entscheidung lässt sich zwar entnehmen, dass dem Bundesgerichtshof dabei Fälle vor Augen standen, in denen ein Unterlassungsanspruch gegen den Host-Provider ungeachtet von den im Wege des Auskunftsverlangens geforderten Informationen geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, a.a.O., RdNr. 6 gem. Juris), weil der Berechtigte zur Darlegung und zum Nachweis der Berechtigung seiner Beanstandung nicht der Mitteilung der erst im Wege der Auskunft zu erfahrenden Daten bedarf. Eine unmittelbare Aussage zu der hier betroffenen Fallkonstellation, in welcher der Betroffene den von ihm zu führenden Nachweis der fehlenden Patienteneigenschaft des Verfassers der angegriffenen Bewertung, und damit der Berechtigung der Beanstandung, nicht ohne Mitteilung der die Aufhebung der Anonymität des Verfassers gefährdenden Informationen durch den Host-Provider führen kann, lässt sich der erwähnten BGH-Entscheidung daher nicht entnehmen. Entnehmen lässt sich ihr nach der oben zusammengefasst dargestellten Begründung jedoch die klare Positionierung gegen die Verpflichtung des Hostproviders zur Auskunftserteilung über den Namen und die Anschrift des Verfassers. Eine solche Information müsste die Beklagte aber im Ergebnis geben, wenn sie etwa dem Kläger die ihr zugeleitete „ungeweißte“ Fassung der als Anlage B 18 vorgelegten E-Mail zuleitete, aus der sich neben dem ungefähren Behandlungszeitraum sowohl die Diagnose als auch konkrete Maßnahmen des Klägers („Dr. I versuchte…was ich…“) und der besondere Ablauf des Termins in der Praxis ergeben. Dem Kläger wäre es auf diese Weise anhand seiner Praxisunterlagen unschwer möglich, die Identität des Verfassers der am 10.08.2013 eingestellten Bewertung zu ermitteln. Im gegebenen Zusammenhang kann es für die rechtliche Beurteilung aber keinen Unterschied machen, ob die der Beklagten im Rahmen der von ihr unternommen Prüfung der Berechtigung der Beanstandung in Erfahrung gebrachten Informationen im Falle der Weitergabe an den Kläger die Identifizierung des Verfassers über die Nennung des Klarnamens oder über anderweitige personenbezogene Umstände, welche die Ermittlung eben dieses Namens unschwer ermöglichen, bewirken. Die der Beklagten im Rahmen der Prüfung der Berechtigung der Beanstandung des Klägers abzuverlangenden Maßnahmen dürfen nicht zu einer Umgehung der sich aus den spezifischen datenschutzrechtlichen Bedingungen des Internets, dem die Möglichkeit der Nutzung unter Pseudonymen gemä? § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG immanent ist, ergebenden Beschränkung einer Auskunftserteilung führen. Als eine solche Umleitung zu einem Auskunftsanspruch würde sich der Unterlassungsanspruch gegen in einem Bewertungsportal gebloggte Bewertungen aber anbieten, wenn der in Anspruch genommene Host-Provider – um seine Prüfungspflicht hinreichend zu erfüllen und seiner Haftung für einen Eintrag unter Störergesichtspunkten zu entgehen – die Identität des Verfassers offenlegen müsste. Auch einer in der gegebenen Situation allenfalls zu erwägenden beschränkten Auskunftserteilung in der Art eines Wirtschaftsprüfervorbehalts (vgl. BGH, GRUR 1978, 52 – „Fernschreibverzeichnisse“) durch Offenlegung der Identität des Verfassers an einen vom Betroffenen zu benennenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten, den der Betroffene ermächtigt und verpflichtet hat, ihm mitzuteilen, ob der die Bewertung in dem Portal der Beklagten platzierende Verfasser Patient des Klägers war, kommt nicht in Betracht. Dieser, im Bereich der Auskunftspflicht bei der Verletzung gewerblicher Schutzrechte zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen entwickelten Weg ist im hier gegebenen Kontext  nicht gangbar. Denn für die seitens der Beklagten zu beachtenden datenschutzrechtlichen Belange des Nutzers macht es keinen Unterschied, ob die Informationen an einen seinerseits Dritten gegenüber zur Verschwiegenheit Verpflichteten weitergegeben werden oder ob dieser einer solchen Verschwiegenheitsverpflichtung nicht unterliegt.

(3) Danach kommt es entscheidungserheblich auf die Beantwortung der Frage an, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten nach sich zieht, dass die Prüfung der Berechtigung der in Bezug auf den Eintrag vorgebrachten Beanstandung an einem Punkt innehalten muss, an dem das weitere Vorgehen durch Einholen einer Stellungnahme des Klägers gemäß den Grundsätzen der Blog-Eintrag-Entscheidung nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich wäre. Die Haftung des Host-Providers lässt sich in dieser Situation nur unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass dieser mit der Zurverfügungstellung eines Bewertungsportals die Risikoquelle anonymer unter einem Pseudonym geposteter rechtsverletzender Drittinhalte geschaffen und das übernommene Risiko zu tragen hat, wenn sich die Beanstandung einer Rechtsverletzung eben wegen des Anonymitätsschutzes im konkreten Fall verwirklicht. Als gegen die Störerhaftung des Host-Providers sprechender Gesichtspunkt steht dem gegenüber, dass diesem  zwar nicht weniger, aber auch nicht mehr als zumutbare Maßnahmen zur reaktiven Prüfung der Begründetheit der ihm angezeigten vermeintlichen Rechtsverletzung abverlangt werden können. Denn ein rechtswidriges, von ihm seinerseits zu unterlassendes Verhalten ist dem Host-Provider im Rahmen dieser Prüfung nicht zuzumuten mit der Folge, dass dann der Betroffene die Voraussetzungen der an die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten (vgl. BGH, a.a.O., -„Blog-Eintrag“ – RdNr. 22 gem. Juris) anknüpfenden Störerhaftung des Host-Providers nicht dargelegt hat. In der gegebenen Fallkonstellation spricht alles dafür, dem letztgenannten Standpunkt zur Geltung zu verhelfen.

Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessenlagen ist es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gilt.

Der streitgegenständliche Beitrag betrifft den Kläger in seiner Sozialsphäre. Die streitgegenständlichen Bewertungen beziehen sich auf die berufliche Tätigkeit des Klägers, also einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Im Bereich der Sozialsphäre muss sich der Einzelne wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen (vgl. BGH, BGHZ 181, 328 RdNr. 31; BGH, VersR 2008, 793 Ran. 29; BGH, VersR 2007, 511 RdNr. 12 ff). Dies gilt insbesondere auch bei freiberuflich tätigen Ärzten, die ihre Leistungen in Konkurrenz zu anderen Ärzten anbieten. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, VersR 2012, 368 Ran. 14; BGHZ 181, 328 RdNr. 31).  Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung steht hier nicht in Rede. Denn die angegriffenen Äußerungen bringen die Wertung eines Einzelnen zum Ausdruck, die sich gerade wegen der fehlenden Mitteilung fassbarer tatsächlicher Bezugspunkte im rein Subjektiven erschöpft. Daran ändert auch der Hinweis des Verfassers nicht, dass er sich die die Bewertung „…sorgfältigst überlegt…“ habe. Der angesprochene Verkehr wird wegen der Skalierung in Schulnoten zwar eine gewisse Vorstellung zu der Qualität der damit bewerteten Leistungen verbinden. Ihm ist zugleich aber bekannt, dass Schulnoten je nach dem benotenden Lehrer und dessen individuellen Leistungsanforderungen stark variieren können, was die Aussagekraft (auch) der vergebenen schlechten Noten relativiert und die Zuverlässigkeit der damit zum Ausdruck gebrachten Negativkritik aus der Sicht der angesprochenen Adressaten relativiert. Selbst bei Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die in dem Portal verbreitete – negative - Bewertung auf die beruflichen Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten auswirken können, stellt sich eine damit verbundene Beeinträchtigung des Klägers vor diesem Hintergrund als nicht schwerwiegend dar.

Ist die mit dem Beitrag für den Kläger verbundene Beeinträchtigung vor diesem Hintergrund von nur geringem Gewicht, führte demgegenüber die Löschung einer zulässigen Meinungsäußerung zu einer deutlich spürbaren Beeinträchtigung der Beklagten, die mit der Verbreitung dieses Drittinhalts nicht nur in einem eigenen von Art. 5 Abs. 1 GG umfassten Kommunikationsgrundrecht beschränkt wäre, sondern u. U. auch dasjenige des den Beitrag verfassenden Dritten verletzte. Hinzu kommt, dass die Beklagte ihr Ärztebewertungsportal nur dann auf Dauer zur Verfügung stellen kann, wenn die Nutzer darauf vertrauen können, dass die eingetragenen – zulässigen – Bewertungen „respektiert“ werden und als solche Bestand haben, daher anderen Nutzern als Informationsquelle Verfügung stehen. Denn es besteht ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen. Das von der Beklagten betriebene Portal kann dazu beitragen, Interessierten derartige Informationen zur Verfügung zu stellen. Auch wenn es sich im hier betroffenen Bereich der Ärztebewertung um bloß subjektive Einschätzungen Einzelner handelt, können diese anderen Personen Hilfestellung bei der Suche nach einem Arzt bieten, der den – etwa hinsichtlich der „genommenen Zeit“ oder der geleisteten „Aufklärung“ – als wichtig erachteten Umständen der Behandlung am besten entsprechen könnte.

Die vorbezeichneten Umstände gegeneinander abwägend, spricht alles dafür, dass Interesse des Klägers an der Entfernung einer sein allgemeines Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des sozialen Geltungsanspruchs nur möglicherweise verletzenden Bewertung hinter das Interesse der Beklagten an der Beibehaltung der Verbreitung einer nur möglicherweise rechtlich zulässigen Bewertung zurücktreten zu lassen.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO. Die Bestimmung des § 708 Nr. 10 ZPO findet im Streitfall keine Anwendung, da die vorliegende, in der Hauptsache als nichtvermögensrechtlich einzuordnende Streitigkeit nicht deshalb zur vermögensrechtlichen wird, weil nur die Kostentscheidung vollstreckbar ist.

Die Zulassung der Revision beruht auf der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Denn die entscheidungserhebliche Frage, wie es sich auf die Haftung des wegen der Verbreitung von Drittinhalten als Störer in Anspruch genommenen Hostproviders auswirkt, wenn er die ihm nach den Regularien der höchstrichterlichen Rechtsprechung abverlangte reaktive Prüfung der Berechtigung einer ihm zur Kenntnis gebrachten vermeintlichen Rechtsverletzung nur unter Verstoß gegen den u.a. in § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG zum Ausdruck gebrachten Anonymitätsschutz des Verfassers vorantreiben kann, kann sich in einer unbestimmten Vielzahl gleichgelagerter Fälle stellen, in denen der Betroffene gegen anonym in ein Bewertungsportal eingestellte Beiträge vorgeht und berührt deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 543 RdNr. 11 m. w. Nachw.).

Wert der Berufung: 10.000,00 €.