×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Markenrecht
/
Urteile vor 2002
/
OLG München, Urteil vom 6. April 2000, AZ.: 6 U 4123/99 - Markenrechtlicher Verstoß durch Verwendung von Metatags

Leitsätzliches

Prüft man die Zeichenähnlichkeit von Markenzeichen, so ist vom prägenden Gesamteindruck auszugehen. Handelt es sich hierbei um Kombinationszeichen sind Größe, Anordnung und Aufmachung der Bestandteile von Bedeutung. Insbesondere spielt auch die Bekanntheit eines Zeichenbestandteils eine Rolle.2. Eine Verwechselungsgefahr und damit die markenrechtliche Unzulässigkeit ist gegeben, wenn Markenzeichen in den Meta-Tags einer Internetseite verwendet werden. (Markenrecht)

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 4123/99

Entscheidung vom 6. April 2000

 

In dem Rechtsstreit

 

... vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Verwaltungsgesellschaft ...mbH, vertreten durch Geschäftsführer Dr. ... Hamburg

 

gegen

 

... vertreten durch die Gesellschafter

 

 

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgericht München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.11.1999

 

für Recht erkannt:

 

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 4.5.1999 (Az. 9 HKO 3809/99) aufgehoben.

 

II.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,-- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren – die Ordnungshaft zu vollziehen an den vertretungsberechtigten Personen -, zu unterlassen,

im geschäftliche Verkehr zu Wettbewerbszwecken sowohl im sichtbaren als auch im nicht sichtbaren Teil ihrer Internet-Homepage mit der Internetadresse „http: www. ... .de“ die Bezeichnung „ ... “ aufzuführen.

 

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen sich abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 300.000,--, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in gleicher Höhe leistet.

 

V.

Der Wer der Beschwer der Beklagten überstiegt DM 60.000,--.

 

 

Tatbestand

 

Die Klägerin ist ein großes, bekanntes, deutsches Versandhandelshaus. Sie vertreibt u. a. elektrische Haushaltsgeräte unter der Bezeichnung "Hanseatic". Die Geräte der Marke "Hanseatic" werden ausschließlich von der Klägerin oder ihren Konzerntöchtern über den Versandhandel vertrieben. Mit Ausnahme einzelner Sonderposten können diese Geräte nicht über den stationären Einzelhandel erstanden werden.

 

Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Marke "..." in bestimmter graphischer Ausprägung (Anl. K 3 d.A.). Die Marke, die am 10.3.1960 eingetragen worden ist, beansprucht u. a. Schutz für "Radioempfangsgeräte, Radioschränke, Fernsehempfangsgeräte, Magnettongeräte, Plattenspieler, Lautsprecher, Kühlschränke, Zimmerventilatoren, elektrisch beheizte Zimmeröfen, elektrische Haushaltsherde, elektrische Waschmaschinen und Trockenschleudern, Bügeleisen, elektrisch angetriebene Küchen-Mischgeräte, Kaffeemühlen, Staubsauger, elektrisch beheizte Brotröster, elektrisch beheizte Tauchsieder, elektrisch oder durch Gas beheizte Kochplatten, elektrische Steh- und Tischlampen, elektrische Rasierapparate".

 

Die Beklagte ist eine 100 %-ige Tochter der ..., die wiederum zu 100 % eine Tochtergesellschaft der ... ist. Aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen wegen gewisser Nicht-Versicherungsgeschäfte wird die Beklagte in dem ... als selbständige GmbH geführt und besorgt Management-Dienstleistungen für Gesellschaften der Unternehmensgruppe ... .

 

Die ... bietet ihren Kunden nicht Geräte an, sondern ausschließlich Reparaturversicherungsverträge. Sie versichert auch die von der Klägerin vertriebenen Hanseatic-Geräte.

Auch die Klägerin bietet Leistungen für die von ihr vertriebenen Geräte an, die sich wirtschaftlich mit der Tätigkeit der Beklagten überschneiden. So bietet die Klägerin eine Zusatzvereinbarung für ihre Kunden an, mit welcher die gesetzlichen Gewährleistungsfristen auf bis zu 4 Jahre erstreckt werden können. Sie bietet eine "Langzeitgarantie" an, unter: "Bei allen technischen Artikeln mit diesem Zeichen "LG" können Sie die Garantie gegen Aufschlag um 1 bis 3 Jahre verlängern". Diese Langzeitgarantie erstreckt sich insbesondere auch auf die streitgegenständlichen Produkte.

 

Die Klägerin vertreibt unter der Marke "Hanseatic" ihre Ware ausschließlich über konzerneigene Unternehmen. Vertragspartner der Klägerin ist für Wartung und Reparatur der auf diese Weise vertriebenen Geräte gegenwärtig ausschließlich die ... . Es gibt daher neben dieser Firma keine Händler, die in Zusammenarbeit mit der Klägerin zum Verkauf oder zur Reparatur der "Hanseatic"-Geräte von dieser autorisiert wären.

 

Die Beklagte erbringt Dienstleistungen für ihre Fachhandelspartner und stellt insoweit preiswert eine Plattform zur Verfügung, damit die Fachhandelspartner an dem innovativen Medium teilhaben können. Das Interesse der Beklagten, die grundsätzlich keine Direktgeschäfte mit Kunden tätigt, besteht darin, die Partner im Wettbewerb mit den Vertriebsformen Media Markt, ProMarkt etc. zu stärken und Dienstleistungsprodukte zur Kundenbindung anzubieten.

Die einzelnen Fachhandelspartner der Beklagten reparieren im Regelfall auch alle Geräte, die ihnen Kunden im defekten Zustand in die Geschäfte bringen. So werden z.B. die No-Name-Geräte der Discounter wie z.B. Aldi, sowie Hausmarken der Warenhäuser/Versender repariert. Die Fachhändler verwenden daher diese Markennamen in ihrer Werbung.

 

Das Internetkonzept der Beklagten ist in zwei Teile aufgeteilt:

1. die Web-Adresse ... und

2. die ...

 

Die Webseite www. ... .de ist als Dienstleistungsseite für die Fachhändler der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik konzipiert. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte mit der ... und ... einen Vertrag vom 13.1.1998 geschlossen, wonach die Domain ... für die Beklagte bei der Vergabestelle DENIC registriert ist. Mit diesem Vertrag sollen Abrechnungen und Kommunikationen mit den Elektro-Fachhändlern, die für die ... Versicherungsverträge vermitteln, ermöglicht bzw. beschleunigt werden.

 

Mit interessierten Fachhandelspartnern hat die Beklagte eine Internet-Partnerschaftsvereinbarung getroffen (Anl. K 10 d.A.).

 

Dort heißt es:

1. Vertragsgegenstand.

Der Fachhandelspartner bucht bei der ... eine Internetpräsenz mit nachfolgenden Zusatzleistungen:

Erstellung einer individuell gestalteten Internetseite im jeweiligen Kooperationsdesign unter Einbindung des Firmenschriftzuges und maximal zwei Fotos. Stellung eines E-mail POP 3 account unter der Domain ... . Die Internetseite kann auf Wunsch des Fachhandelspartners einmal pro Quartal aktualisiert werden. Hosting der Internetseite im bundesweiten Index unter der Domain ... . Bekanntmachung der Internetseite durch Einträge in den wichtigsten deutschen Suchmaschinen/Indexen.

 

Um bei dieser Gelegenheit den für die ... tätigen Händlern einen zusätzlichen Nutzen bei der Befassung mit dem Projekt zu geben und sie verstärkt zur Tätigkeit für die ... zu ermuntern, ist hierdurch den Händlern die Möglichkeit eingeräumt, mit einer eigenen Seite im Internet das Interesse auf sich zu lenken. Die Fachhändler beteiligen sich lediglich mit einem nicht kostendeckenden Beitrag an den Kosten für ihre eigene Internet-Darstellung.

 

Die Gestaltung der Seite erfolgt ohne Mitwirkung der Beklagten. Dies ist ausschließlich dem Zusammenwirken zwischen dem einzelnen Fachhändler und der ... überlassen. Hierbei geben die einzelnen Fachhändler die von ihnen im Verkauf und/oder im Reparaturgeschäft betreuten Produkte an.

 

Die Beklagte ist bei der Vergabestelle für Internet-Domains für die Internetadresse ... registriert (Anl. K 6 d.A.). Bei Aufruf dieser Internetadresse erscheint als Startbildschirm (Seite 1 von 1) (Anl. K 5 d.A.) eine Überschrift mit dem Inhalt:

"Willkommen bei den freundlichen Fachgeschäften für Unterhaltungselektronik, Hausgeräte- und Kommunikationstechnik in Deutschland".

Über diesem Text befindet sich eine Auflistung von Markennamen: "Zanussi Vorwerk Mitsubishi Hanseatic Neff Poggenpohl Blomberg Indesit Panasonic"

Nach dem Text erfolgt die Abbildung einzelner technischer Haushaltsgeräte sowie ein Text folgenden Inhalts:

"Wir bieten Ihnen: kompetente Beratung vielseitige Auswahl an Markengeräten ausgezeichneten Reparaturservice Garantie solange Sie es wünschen und vieles mehr!"

Abgeschlossen wird die Internetseite mit dem Texthinweis:

"Eine Dienstleistung der --> ... .

 

Durch Anklicken eines der auf der Startseite der Beklagten sichtbaren Geräte erscheint eine Deutschland-Karte (Anl. K 17 d.A.). Durch Anklicken eines Wohnortes erscheint sodann die Page eines entsprechenden Geschäftes.

Die Beklagte hat in ihrem nicht sichtbaren Quellcode für die genannte Internetseite die Bezeichnung "Hanseatic" integriert (sogenannter Metatag). Solches führt dazu, daß bei Eingabe dieser Bezeichnung in Suchmaschinen u.a. auch auf die Internetadresse der Beklagten hingewiesen wird.

Die Angabe ist in das der Seite zugrundeliegende HTML-Programm im Bereich der sogenannten "Metatags" zum einen als "TITLE" und zum anderen als "description" integriert. Das HTML-Programm einschließlich der "Metatags" ist für den Benutzer auf dem Bildschirm regelmäßig nicht sichtbar. Der Betrachter sieht am Bildschirm nur das Ergebnis des Programms, nicht aber den Programmtext selbst.

 

Die in das Programm im Bereich der "Metatags" integrierten Daten sind zum Auffinden der Seite bestimmt. Abs. 20

Der Internetbenutzer bedient sich im Regelfall einer Suchmaschine, die die im Netz befindlichen Homepages abtastet und die in den "Metatags" angegebenen Begriffe einliest.

Die Beklagte hat die Bezeichnung "Hanseatic" als "description" in das HTML-Programm integriert. Sie soll daher gerade zur Beschreibung der Seite der Beklagten dienen. Diese "Beschreibung" wird von den Suchmaschinen erfaßt, so daß im Ergebnis bei den Suchdiensten die für die Klägerin geschützte Bezeichnung "Hanseatic" als Suchstichwort für die Homepage der Beklagten gespeichert wird.

Dies bedeutet, daß ein Internet-Benutzer, der die Homepage der Klägerin sucht und bei den Suchdiensten die Bezeichnung "Hanseatic" eingibt, auf die Homepage der Beklagten verwiesen wird.

Bei Angabe des Suchbegriffs "Hanseatic" finden sich Hinweise auf eine Vielzahl von Internetadressen, die im weiteren Sinn die Bezeichnung "Hanseatic" führen.

So ergibt sich ein Hinweis auf das Hanseatic-Hotel in Norderney, Expeditions-Kreuzfahrten auf der Hanseatic, Hanseatic-Tea, Hanseatic-Bank Sparbriefe, Bilanz der Hanseatic-Bank Hamburg usw. auch: Zanussi, Vorwerk, Mitsubishi, Hanseatic, Neff, Poggenpohl, Blomberg, Indesit, Panasonic (die Internetseite der Beklagten).

Ein Hinweis auf die Klägerin findet sich bei der Eingabe der Bezeichnung "Hanseatic" nicht.

Die in das Programm einschließlich der Metatags aufgenommenen Markennamen stellen von den einzelnen Fachhändlern im Verkauf oder der Reparatur betreute Produkte dar. Abs. 24

 

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Aufnahme der Bezeichnung "Hanseatic" in die sichtbaren sowie unsichtbaren Programmteile der Internet-Seite ... sei unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung wettbewerbswidrig; desweiteren sei Irreführung und Behinderung gegeben.

Besonders deutlich werde die Irreführung, wenn man von Kunden ausgehe, die nicht mehr nach einem Reparaturbetrieb für "Hanseatic"-Geräte suchen, sondern für den Neuerwerb eines solchen Gerätes einen "Hanseatic"-Fachhändler aufsuchen möchten.

Durch die Eingabe des Stichwortes "Hanseatic" werde ein solcher Kunde auf die von der Beklagten betriebene Seite gelenkt. Durch den in der Titelzeile sichtbaren Hinweis auf "Hanseatic" in Verbindung mit der ebenfalls sichtbaren Domain ... und noch dazu angesichts der Überschrift "Willkommen bei den freundlichen Fachgeschäften für Unterhaltungselektronik ..." werde dieser Kunde geradezu zwangsläufig annehmen, daß es sich bei den Geschäften um Fachhändler für "Hanseatic"-Geräte handle. Das sei jedoch objektiv falsch, da die Klägerin ihre "Hanseatic"-Geräte ausschließlich über konzerneigene Unternehmen verbreite

Der Verbraucher vermute jedenfalls Anschlußbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten, die sich vorliegend quasi als Organisation dieser Fachhändler präsentiere.

 

Schließlich sei ein kennzeichenrechtlicher Anspruch anzunehmen.

 

Die Klägerin hat folgenden Klageantrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren - die Ordnungshaft zu vollziehen an den vertretungsberechtigten Personen - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken sowohl im sichtbaren als auch im nicht sichtbaren Teil ihrer Internet-Homepage mit der Internetadresse ... die Bezeichnung "Hanseatic" anzuführen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte hat geltend gemacht,

sie befinde sich bezüglich der mit der Bezeichnung "Hanseatic" gekennzeichneten Gegenstände nicht im Wettbewerb mit der Klägerin. Sie erbringe nur Dienstleistungen und vertreibe keine Haushaltsgeräte.

Schließlich sei die Aufnahme der Bezeichnung "Hanseatic" in die Programmstrukturen der Webseite ... korrekt, weil die von ihr betreuten Fachhändler die dort genannten Marken in der Werbung verwendeten und sich die normale Geschäftstätigkeit auf den Verkauf und den Service der Geräte beziehe, die mit den einzelnen auf der Webseite angegebenen Markennamen gekennzeichnet seien.

 

Ein markenrechtlicher Anspruch bestehe schon deshalb nicht, weil nicht die vollständige Markenbezeichnung verwendet werde, sondern lediglich der nicht schützbare Teil "Hanseatic".

Zuletzt sei auch eine Wettbewerbswidrigkeit nicht feststellbar, da die Verwendung der Bezeichnung "Hanseatic" in den Programmstrukturen der angegriffenen Webseite nicht dazu führe, daß Interessenten von der Klägerin weg und hin zur Beklagten geführt würden.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil kein Benutzungstatbestand gemäß § 14 Abs. 3 MarkenG gegeben sei. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Ein Hinweis auf Reparaturtätigkeiten sei gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG zulässig.

Eine Behinderung, eine Rufausbeutung, eine Irreführung liege nicht vor. Mit ihrer Berufung ergänzt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.Sie macht neben einer Markenverletzung geltend, die Beklagte nutze mit ihrer Handlungsweise die bekannte Bezeichnung der Klägerin aus; sie behindere die Klägerin bei deren Reparaturgeschäft über die von dieser ausschließlich eingeschaltete ... und spanne ihr Kunden aus; sie wende irreführende Praktiken an, indem sie sich als autorisiertes Spezialgeschäft darstelle, aber nicht zum Kreis der Händler und Reparaturdienste gehöre; sie behindere die Klägerin, indem die Suchmaschinen wegen des "Metatags" die Beklagte zu Unrecht bevorzugt als Treffer ausgäben.

Sie selbst sei im Internet sehr wohl zu erreichen, zum einen über die Adresse ..., zum anderen über ..., wobei automatisch zu ... geführt würde.

 

Die Klägerin stützt sich nunmehr zusätzlich auf die IR-Marke 607 738 "Hanseatic" für Deutschland, die ihrer österreichischen Tochtergesellschaft gehöre, die sie zur Geltendmachung autorisiert habe.

 

Die Klägerin stellt folgenden Berufungsantrag:

I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 4.5.1999 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren - die Ordnungshaft zu vollziehen an den vertretungsberechtigten Personen - zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken sowohl im sichtbaren als auch im nicht sichtbaren Teil ihrer Internet-Homepage mit der Internetadresse ... die Bezeichnung "Hanseatic" anzuführen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil und macht insbesondere geltend, sie wolle nur das Interesse der Suchenden zur Durchführung einer Reparatur auf sich lenken. Im Bestand der ... seien 1.176 Verträge für Hanseatic-Produkte. Auch Fachhändler dürften Hanseatic-Produkte reparieren. Der Umsatz der Fachhändler mit ... durch Reparatur von Hanseatic-Produkten betrage seit 1986 über 532 TDM.

Die Klägerin sei im Internet unter "Hanseatic" nicht zu finden, während es eine ganze Anzahl von andersartigen Betrieben gebe, die in irgendeiner Weise die Bezeichnung "Hanseatic" führten. Sie nehme auf die Gestaltung der Webseite keinen Einfluß, biete vielmehr den Fachhändlern die Möglichkeit, sich selbst darstellen zu können; auch Kunden der Klägerin schlössen Versicherungsverträge bei den Fachhändlern ab und ließen dort reparieren.

Die Identität der ... in Wien sei nicht bekannt, ebenso nicht, ob eine ausreichende Ermächtigung für die Klägerin eingeräumt worden sei.

 

Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die im Berufungsverfahren von den Parteien eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Ersturteil Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten. Die Beklagte ist wegen Verletzung des Markenrechts der Klägerin (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) zur Unterlassung verpflichtet.

 

1) Die Klägerin ist Inhaberin der Marke DE 734 581 ... in bestimmter graphischer Anordnung. Das Markenrecht der Klägerin richtet sich gegen die Beklagte als Störerin, die über die von ihr beauftragte ... und webpublishing die Internetdomain mit jedenfalls der Startseite den mit ihr verbundenen Fachhändlern zur Verfügung stellt, welche die Domain ..., die Startseite und sodann weitere selbst gestaltete Seiten im geschäftlichen Verkehr benutzen, um sich so den Interessenten anzupreisen. Die Beklagte kann sich sonach nicht darauf zurückziehen, sie erbringe Dienstleistungen und berühre somit die Absatzinteressen der Klägerin nicht. Sie fördert vielmehr durch die angegriffene Handlungsweise den Absatz der Fachhändler mit Waren, die im Warenkatalog der Marke aufgeführt sind und wofür die Klägerin Schutz genießt.

 

2) Die auf der Seite 1 der Webseite neben anderen Bezeichnungen als werbender Hinweis angebrachte Bezeichnung "Hanseatic" ist der Marke der Klägerin ähnlich und verwechselbar und darf nur von der Klägerin und ihren Lizenznehmern benutzt werden, zu denen die von der Beklagten geförderten Fachhändler nicht gehören, da die Beklagte mit ihrem Reparaturnetz aus der Vertragsbeziehung zur Klägerin ausgeschieden ist.

Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist von dem prägenden Gesamteindruck sowohl beim Markenzeichen wie beim angegriffenen Zeichen auszugehen.

Zwar ist die Klagemarke ein Kombinationszeichen unter Verwendung einer Herstellerangabe.

Gleichwohl ist vorliegend für das Gesamtzeichen prägend der Bestandteil "hanseatic", so daß sich in Gegenüberstellung zum angegriffenen Zeichen eine Verwechslungsgefahr ergibt.

Für diese Beurteilung im vorliegenden Einzelfall ist maßgeblich, daß bei der Betrachtung der Klagemarke in ihrer eingetragenen Form der Bestandteil "hanseatic" aufgrund seiner Größe und Anordnung sich in den Vordergrund schiebt, während der Bestandteil ... aufgrund seiner graphischen Aufmachung als untergeordneter Annex erscheint und nicht gleichbedeutend neben das Wort "hanseatic" gesetzt ist.

Außerdem hat der Zeichenteil ... im Verkehr gerichtsbekannt eine erhebliche Bekanntheit zugunsten des Markeninhabers, eines der großen Versandhandelshäuser in Deutschland. Das Zeichen weist außerdem beschreibend auf ein Versandhandelsgeschäft hin. Es liegt die Annahme nahe, das Unternehmen der Klägerin verwende die bekannte Herstellerangabe zusammen mit zahlreichen produktbezogenen Sortennamen, weshalb dem anderen Zeichenteil eine das Gesamtzeichen prägende, ein bestimmtes Produkt des Unternehmens kennzeichnende Bedeutung zukommt (vgl. BGH GRUR 1996, 404 - Blendax Pep). Eine Neigung des Verkehrs, für die in Frage stehenden Waren den Herstellernamen zur näheren Kennzeichnung zuzusetzen, liegt nicht vor.

 

3) Eine verbotene Markenbenutzung liegt auch vor, soweit die Beklagte (nur) im nicht sichtbaren Teil der Homepage die Bezeichnung "Hanseatic" - als Metatag - verwendet (§ 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG).

Die in Maschinensprache niedergelegte Bezeichnung ist ebenso verwechselbar wie die in Schriftzeichen sichtbare Bezeichnung. Es genügt die Verwechslungseignung. Die Verwechselbarkeit liegt im übrigen auch in diesem Falle auf der Hand, weil die vom Sucher eingegebene Nennung von der Suchmaschine mit der Webseite der Beklagten zusammengeführt wird und so der Eindruck entsteht, als seien hier Waren der Klägerin erhältlich. Das ist eine Werbung unter Benutzung der Bezeichnung "Hanseatic".

 

4) Die Beklagte kann sich für ihre Handlungsweise nicht auf § 23 MarkenG berufen. In der dort genannten Weise ist zwar das Exklusivrecht des Markeninhabers beschränkt. Die Beklagte bzw. die Fachhändler benutzen aber die angegriffene Bezeichnung nicht als Hinweis auf die Bestimmung ihrer Waren.

Es kann dahingestellt bleiben, ob, inwieweit und in welcher Form auf eine Reparaturtätigkeit für Hanseatic-Geräte von der Beklagten bzw. den Fachhändlern hingewiesen werden darf, auch wenn sie dem Reparatur-Netz der Klägerin nicht angeschlossen, also "freie Werkstätten" sind. Die Beklagte bzw. die Fachhändler benutzen die Bezeichnung "Hanseatic" nämlich als Hinweis auf ihre Verkaufshändlereigenschaft.

Wer eine Webseite mit der Adresse ... betreibt und dort die Bezeichnung "Hanseatic" auflistet oder auch nur mittels der Sucheingabe "Hanseatic" auf seine so bezeichnete Webseite hinführt, läßt den Verkehr glauben, es könnten dort Hanseatic-Geräte gekauft werden, was aber nicht der Fall ist.

Daß er solche Geräte repariert, macht die Anpreisung nicht lauter, auch dann nicht, wenn die Klagemarke sich nicht auf die Dienstleistung "Reparatur" bezieht. Es ist daher auch unerheblich, ob die Unternehmensgruppe der Beklagten 1.176 Versicherungs- oder Reparatur-Verträge im Bestand hat und auf welche Weise sie dazu kam.

 

5) Angesichts der Begründetheit des Unterlassungsanspruchs der Klägerin aus ihrem Markenrecht bleibt es unentschieden, ob der Klageanspruch nicht jedenfalls in eingeschränkter Form, nämlich soweit er konkret auf die Werbung in der Form der Anlage K 5 sich bezieht, wegen irreführender Werbung gemäß § 3 UWG begründet ist. Dort werden Elektrogeräte auch zum Kauf angeboten, u.a. der Marke "Hanseatic", die es aber nur bei der Klägerin zu kaufen gibt.

 

6) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Der Wert der Beschwer war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.

 

(Unterschriften)

Michael Terhaag | Christian Schwarz

Influencer-Marketing - Rechtshandbuch

2. Auflage – vollständig überarbeitet und aktualisiert

Praxisnaher Überblick zu rechtlichen Fragestellungen im Influencer-Marketing,  u.a. im Werbe-, Wettbewerbs-, Urheber-, Marken- und Persönlichkeitsrecht; inklusive Muster zur Vertragsgestaltung.