×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Markenrecht
/
Urteile vor 2002
/
OLG / LG Köln: "maxem.de"

Leitsätzliches

Zwischen dem Namensschutz des Pseudonyms und dem Namensschutz des bürgerlichen Namens besteht kein Stufenverhältnis. Der Namensschutz des Pseudonyms greift auch gegenüber dem Träger des gleichen bürgerlichen Namens voll durch, so dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, er habe den seinen zeitlich früher mit seiner Geburt erworben oder nach Standesrecht ein besseres Recht. Streitwert: 15.000 DM. (Markenrecht)

OBERLANDESGERICHT KÖLN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 18 U 34/00 (14 O 322/99)

Entscheidung vom 6. Juli 2000

 

 

 

In dem Rechtsstreit (...)

 

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30.05.2000

 

für R E C H T erkannt:

 

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.02.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 14 O 322/99 - wird zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

 

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe, von 3.500,- DM vorläufig vollstreckbar.

 

Die Revision wird zugelassen.

 

 

 

Tatbestand

 

Der Kläger ist namensgebender Rechtsanwalt der Sozietät M., K. und T. in Düsseldorf.

 

Der Beklagte trat erstmals in den Jahren 1991/1992 unter dem Namen „M.“ in verschiedenen lokalen Netzwerken auf. Den Namen setzte er aus dem Vornamen seines Großvaters sowie aus den Anfangsbuchstaben des Vornamens seines Vaters und seines eigenen Vornamens zusammen. Seit dem Jahr 1998 unterhält der Beklagte eine eigene Homepage im Internet für die Domain „maxem.de“ erwarb. Er verfügt außerdem über E-Mail-Adressen unter „maxem@ maxem.de“, „maxem@ t-online.de“ und „maxem@ l(...).de“.

 

Der Kläger besitzt einen E-Mail-Zugang unter „RAe.Maxem@ t-online.de“ . Er möchte sich mit einer Homepage unter dem Domänennamen „Maxem“ im Internet präsentieren, woran er sich durch den Beklagten gehindert sieht.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den Namen „Maxem“ in Form einer E-Mail-Adresse und Internet-Homepage zu nutzen.

 

Der Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Durch am 23.02.2000 verkündetes Urteil hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen.

 

In der Urteilsbegründung hat das Landgericht ausgeführt, der Namensschutz des § 12 S. 2 BGB finde auch auf Domänennamen Anwendung, der Beklagte gebrauche den Domänennamen jedoch nicht unbefugt, da er die Domain „maxem.de" als seinerseits geschütztes Pseudonym verwende und dabei keine schutzwürdigen Interessen des Klägers verletze. Die Verwendung des Pseudonyms führe nicht zu einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung, da der Name des Klägers keine entsprechende Verkehrsgeltung besitze. Auch bestehe keine Gefahr einer falschen Zustellung von E-Mails, weil diese in der Regel nicht ohne Kenntnis der genauen Adresse verschickt würden.

 

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 02.03.2000 zugestellt worden ist, hat dieser mit einem am 21.03.2000 beim Oberlandesgericht Köln eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Der Kläger wirft dem Landgericht vor, allein auf die geschäftliche Benutzung des Namens Maxem abgestellt und sein Interesse und Recht als Privatperson am eigenen Namen verkannt zu haben. Sein Recht auf seinen Familiennamen, der „auf dem Gebiet der Bundesrepublik einmalig“ sei, habe Priorität vor dem Interesse des Beklagten an der Führung der Bezeichnung Maxem im Internet. Der Beklagte könne für sich ohnehin keine Verkehrsgeltung Bezeichnung Maxem als Pseudonym beanspruchen.

 

Der Kläger beantragt,

 

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 23.02.2000 (A2. 14 0 322/99) den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den Namen „Maxem“ in Form einer E-Mail-Adresse oder Internet-Homepage zu nutzen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Beklagte ist der Ansicht, ein unbefugtes Gebrauchen des Namens liege nicht vor. Auf eine Verkehrsgeltung komme es für die Schutzfähigkeit des Pseudonyms nach § 12 BGB nicht an. Im übrigen sei diese aber auch zu bejahen, da er den Namen seit Jahren nutze und unter diesem bekannt sei. Bestehe auf beiden Seiten ein legitimes Interesse an der Nutzung der Internet-Domain, gelte grundsätzlich der Prioritätsgrundsatz. Das Namensrecht gewähre dem Kläger kein exklusives Recht zur Verwendung des Namens als Internet-Domain. Der Kläger sei - so behauptet der Beklagte - auch nicht der einzige Träger des bürgerlichen Namens Maxem, da sich – was unstreitig ist - auf einer handelsüblichen Telefonverzeichnis-CD 23 Einträge unter dem Namen Maxem hätten finden lassen.

 

Daneben hält er den Klageantrag für zu weit gefasst, da es dem Kläger jedenfalls nicht zustehe, den Namen "Maxem" in jedweder Kombination für eine E-Mail-Adresse oder Internet-Homepage ausschließlich zu nutzen.

 

Wege der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung, den Namen „Maxem“ in Form einer E-Mail-Adresse oder Internet-Homepage zu nutzen.

 

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 12 S. 2 BGB ergibt sich weder aus dem Gesichtspunkt der Namensleugnung noch aufgrund einer Namensanmaßung. Eine Namensanmaßung im Sinne des § 12 S. 1, 2. Alt. BGB liegt vor, wenn jemand den gleichen Namen unbefugt gebraucht und dadurch schutzwürdiges Interessen des Namensträgers verletzt.

 

In der Verwendung des Domänennamens „Maxem“ ist ein Namensgebrauch zu sehen. Jemand gebraucht einen Namen, wenn er ihn verwendet, um damit seine eigene Identität zu kennzeichnen oder sich von anderen zu unterscheiden. Zwar stellt der Domänenname in technischer Hinsicht nur den Kommunikationsweg zu der gewünschten Homepage dar und ist insofern eher mit einer Telefonnummer vergleichbar. Da dem ursprünglich binären Zahlencode im Interesse der Benutzerfreundlichkeit jedoch eine Buchstabenkennung zugeordnet wurde, kommt dem Domänennamen als namensartiges Kennzeichen Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion zu. Das gilt vor allem dann, wenn die Internet-Domain namentlich auf eine Person hinweist, die unter dieser Adresse Informationen anbietet (vgl. OLG Köln NJW-RR 1999, 622 herzogenrath.de; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, S. 626 (628) ufa.de; OLG Hamm NJW-RR 1998, 909 krupp.de; LG Frankfurt NJW-RR 1998, 974 f. lit.de; a.A. noch LG Köln NJW-RR 1998, 976 pulheim.de; NJW-CoR, 1997, 307 kerpen.de; NJW-COR 1997, 304 hürth.de).

 

Der Beklagte gebraucht den Domänennamen „Maxem“ jedoch nicht unbefugt im Sinne des § 12 BGB. Unbefugt gebraucht einen Namen, wer kein Recht hat, den Namen zu verwenden. Die Widerrechtlichkeit ist dabei zu bejahen, wenn durch den Gebrauch des Namens das Namensrecht des Namensinhabers verletzt wird (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Auflage 2000, § 12 Rz. 25). Der Beklagte führt den Namen „Maxem“ als sein Pseudonym, d.h. als einen von seinem bürgerlichen Namen verschiedenen Wahlnamen, der seiner Kennzeichnung innerhalb des Internets dient. Der Beklagte verwendet den Namen nicht nur als Domänenname bzw. Internetadresse. Vielmehr tritt er insgesamt bei seiner Darstellung auf der Homepage unter dem Namen „Maxem“ auf ohne einen direkten Hinweis auf seinen bürgerlichen Namen zu geben. Der Bezeichnung „Maxem“ kommt eine natürliche Unterscheidungskraft zu, da sie aussprechbar ist und wie ein Eigenname wirkt. Eine Verkehrsgeltung, die der Kläger im Ergebnis ohne Erfolg bestreitet, setzt der Namensschutz von Pseudonymen nach Ansicht des Senats nicht voraus. Wesentlich für die Namensfunktion ist die individualisierende Unterscheidungskraft zur Kennzeichnung einer natürlichen oder juristischen Person. Auch im Bereich des Namensschutzes von juristischen Personen und der Namensartigen Kennzeichen fordert die Rechtsprechung keine Verkehrsgeltung, sondern lässt die Unterscheidungskraft für den Namensschutz genügen (BGH NJW 1994, 245 (246 f.) röm-kath; NJW 1963, 2267 (2268) "Dortmund grüßt..."; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 62 6 ufa.de). Für eine unterschiedliche Behandlung von Pseudonymen und namensartigen Kennzeichen ist kein Grund ersichtlich. Auf die Verkehrsgeltung kommt es daher nur an, wenn ein gewähltes Pseudonym von Natur aus keine Unterscheidungskraft hat (vgl.: Palandt/Heinrichs, aaO, § 12 Rz. 8; Soergel/Heinrich, BGB, § 1–240, 12. Auflage 1988, Staudinger/Weick/Habermann, BGB, §§ 1-12, 13. Auflage 1995, § 12 Rz. 22; MünchKomm/Schwerdtner, BGB, Band 1, § 1 - 240, 3. Auflage 1993, § 12 Rz. 25).

 

Im Ergebnis ist die Verwendung des Domänennamens „Maxem“ als Pseudonym allerdings nicht entscheidend. Auch wenn man annähme, dass der Beklagte den Namen „Maxem“ nur als namensartiges Kennzeichen verwendet, liegt darin kein unbefugter Gebrauch des Namens. Ein unbefugter Gebrauch ist nur dann gegeben, wenn durch die Verwendung des Namens schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden. Eine Verletzung schutzwürdiger Interessen des Klägers liegt nicht vor. Allerdings ist hinsichtlich der Interessenverletzung - auch wenn der Name des Klägers der Kennzeichnung seiner Anwaltssozietät im Geschäftsleben dient - nicht allein auf die im Wettbewerbsrecht maßgebende Verwechslungsgefahr abzustellen. Der Kläger beruft sich vorrangig auf den Schutz seines bürgerlichen Namens. Außerhalb des Geschäftsverkehrs ist der Begriff der geschützten Interessen weit auszulegen. Zu den geschätzten Interessen des Namensträgers zählen Interessen jeder Art, d.h. auch rein persönliche oder ideelle, selbst ein Affektionsinteresse. Es reicht grundsätzlich aus, dass der Namensträger durch den unbefugten Gebrauch durch einen Dritten mit diesem in irgendeine Beziehung gebracht wird (vgl. BGH NJW 1994, 245, 246 röm-kath.; NJW 1980, 280 Bild-Zeitung; NJW 1963, 2267 f. „Dortmund grüßt...“).

 

Dies lässt sich vorliegend aber nicht annehmen. Der Name „Maxem“ besitzt zwar - anders als "Allerweltsnamen“ wie Meier, Müller etc. – durchaus individualisierende Kennzeichnungskraft. Diese geht jedoch nicht über die normale Kennzeichnungskraft üblicher unterscheidungskräftiger Namen hinaus. Der Ausdruck aus der handelsüblichen Telefonbuch-CD zum Namen „Maxem“ mit dreiundzwanzig Einträgen zeigt, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen gibt, die den Namen des Klägers als bürgerlichen Namen führen. (Diese wären wohl auch nach der Auffassung des Klägers nicht gehindert gewesen, vor der Anmeldung des Beklagten sich ihrerseits allein mit dem Namen M. im Internet anzumelden ungeachtet der Interessen des Klägers).

 

Hinzu kommt, dass die Bezeichnung „Maxem“ nicht einmal zweifelsfrei auf einen bürgerlichen Namen hindeutet. Vielmehr vermittelt sie den Eindruck einer künstlichen Wortschöpfung, wie sie nicht selten als Phantasieprodukt oder Abkürzungsverknüpfung zur Firmenkennzeichnung verwendet wird.

 

Der Name des Klägers hat auch nicht auf andere Weise einen solchen Bekanntheitsgrad erlangt, der dazu führt, dass die mit der Homepage angesprochenen Personen eine Verbindung zu der Person des Klägers herstellen. Insbesondere stellt die konkrete Gestaltung der privaten Homepage des Beklagten keinen Bezug zu der Person des Klägers her. Schließlich fällt ins Gewicht, dass die Parteien völlig andere berufliche Tätigkeiten ausüben, so dass eine konkrete Verwechslungsgefahr aus diesem Grund nicht besteht.

 

Der Kläger mag zwar ein ideelles oder wirtschaftliches Interesse daran haben, eine Domain zu führen, die seinem Namen entspricht. Ein solches Interesse wird, ohne dass sich der Kläger auf eine Zuordnungs- und Identifikationsverwirrung stützt, von § 12 BGB jedoch nicht geschützt. § 12 BGB verschafft dem Namensinhaber keine namensrechtliche Exklusivität, sondern gewährt ihm allein das Recht, sich gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Namensanmaßungen zur Wehr zu setzen. Insofern kann sich der Kläger auch dem Beklagten gegenüber nicht auf ein „besseres“ Recht zur Namensführung berufen. Zwischen dem Namensschutz des Pseudonyms und dem Namensschutz des bürgerlichen Namens besteht kein Stufenverhältnis. Der Namensschutz des Pseudonyms greift auch gegenüber dem Träger des gleichen bürgerlichen Namens voll durch, so dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, er habe den seinen zeitlich früher mit seiner Geburt erworben (Vgl. OLG München GRUR 1961, 45 (47) MünchKomm/Schwerdtner, aaO, § 12 Rz. 27.)

 

Auch das vom Kläger angeführte Standesrecht führt zu keiner anderen Betrachtung. Selbst wenn der Kläger standesrechtlich verpflichtet ist, im Geschäftsleben seinen bürgerlichen Namen zu führen, wird ihm dies durch den Beklagten nicht verwehrt. Es verbleibt ihm die nicht nur naheliegende, sondern sich zur Kennzeichnung geradezu als alleinige Wahl aufdrängende Möglichkeit - wie bei seiner derzeitigen E-Mail-Adresse -, neben seinem bürgerlichen Namen den Zusatz RA oder eine andere auf seinen Beruf als Rechtsanwalt hinweisende Kennung zu nutzen.

 

Eine Verletzung des klägerischen Namensrechts lässt sich auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund, insbesondere der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben, Stichwort „Domaingrabbing“, ableiten.

 

Der Beklagte hat die Domain nicht gewählt, um den Kläger zu behindern oder unter wirtschaftlichen Druck zu setzen und ihn zu veranlassen, ihm die Domain abzukaufen. Dies folgt schon daraus, dass der Beklagte bereits vor der technischen Entwicklung des Internets in anderen Netzwerken unter dem Namen „Maxem“ auftrat. Im übrigen weist der Name des Klägers keinen solchen Bekanntheitsgrad auf, der darauf schließen lässt, dass der Beklagte die Absicht verfolgte, den Kläger zum Kauf der Domain zu veranlassen.

 

Schließlich stellt die Verwendung der Domain „Maxem“ auch keine Namensbestreitung im Sinne des § 12 S. 1, 1. Alt. BGB dar. Eine Namensleugnung liegt vor, wenn jemand ausdrücklich oder konkludent dem Namensträger das Recht zum Gebrauch des Namens abspricht, also den Bestand des Namensrecht in Frage stellt. Ob durch die Reservierung einer Internet-Domain ein Namensrecht des rechtmäßigen Namensträgers gemäß § 12 S. 1, 1. Alt. BGB bestritten werden kann, ist zumindest zweifelhaft. Durch die Verwendung des Domänennamens wird das Namensführungsrecht des berechtigten Namensträgers nicht in Abrede gestellt.

 

Er wird lediglich daran gehindert seinen Namen ohne Zusätze, wie etwa den - gegebenenfalls abgekürzten - Vornamen, als Domain im Internet zu verwenden (a.A.: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999 S. 626f. ufa.de). Letztlich kann die Beantwortung der Frage dahinstehen. Da der Name des Klägers nur normale Kennzeichnungskraft besitzt und es eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen mit dem gleichen Namen gibt, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass in der Reservierung des Domänennamen gerade ein Angriff auf die Berechtigung des Klägers liegt.

 

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

 

Die Revision wird nach § 546 S. 2 Nr.1 ZPO zugelassen. Bei der Verwirklichung des Namenschutzes im Bereich der Internet-Domains außerhalb des Geschäftsverkehrs handelt es sich um eine bisher noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Diese liegt darin begründet, dass aufgrund der in den letzten Jahren eingetretenen weiten Verbreitung von privaten Homepages und E-Mail-Anschlüssen die Auswirkungen der Entscheidung eine unbestimmte Vielzahl von Fällen betreffen und der Fortbildung des Rechts dienen werden.

 

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer für den Kläger: 15.000,- DM.

 

(Unterschriften)

LANDGERICHT KÖLN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 14 0 322/99

Entscheidung vom 23. Februar 2000

 

 

 

In dem Rechtsstreit

 

(...)

 

hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2000 durch (...)

 

für R e c h t erkannt

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

 

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

 

 

Tatbestand

 

Der Kläger ist Mitglied der Rechtsanwaltssozietät (...) in (...). Der Beklagte tritt seit den Jahren 1991/1992 unter dem Namen (...) auf. Den Namen hat er aus seinem Vornamen und den Vornamen seines Vaters und Großvaters zusammengesetzt. Im Jahr 1998 erstellte der Beklagte eine Homepage und erwarb dafür den Domänennamen (...). Auf der Titelseite der Homepage ist ein Krieger mit dem Text (...) abgebildet. Der Beklagte hat sich darüber hinaus eine E-Mail - Adresse unter (...) eingerichtet.

 

Der Kläger besitzt ausweislich des Briefbogens seiner Rechtsanwaltskanzlei ebenfalls eine E-Mail - Adresse unter (...). Er möchte sich zudem eine Domänennamen (...) einrichten.

 

Der Kläger ist der Ansicht, er habe das bessere Recht zur Nutzung des Namens (...) im Internet, da (...) sein bürgerlicher Name sei, während der Beklagte diesen Namen nur als Pseudonym führe. Es bestünde zudem die Gefahr, dass Nutzer der Homepage (...) einen personellen Zusammenhang mit dem Kläger oder dessen Zustimmung zum Namensgebrauch durch den Beklagten vermuteten. Schließlich bestehe auch die Gefahr, dass elektronische Post, die den Kläger erreichen solle, dem Beklagten zuginge.

 

Der Kläger beantragt,

 

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den Namen (...) in Form einer E-Mail Adresse und Internet-Homepage zu nutzen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Er ist der Ansicht, es bestehe keine Gefahr einer Verwechslung der Parteien im Internet. Jeder Besucher der Homepage des Beklagten könne auf den ersten Blick erkennen, dass diese nicht von dem Kläger oder dessen Rechtsanwaltskanzlei eingerichtet sei. Der Versender eines E-Mail erkundige sich regelmäßig nach der genauen E-Mail - Adresse, so dass auch die Gefahr einer falschen Zustellung nicht bestünde.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

 

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, dass dieser es unterlässt, den Namen (...) in Form einer E-Mail - Adresse und Internet-Homepage zu gebrauchen.

 

Gemäß § 12 S. 2 BGB kann derjenige Unterlassung verlangen, dessen Interessen dadurch verletzt werden, dass ein anderer den gleichen Namen unbefugt gebraucht. Diese Voraussetzung liegen hier nicht vor.

 

Die Vorschrift des § 12 BGB ist zunächst auf den Fall des Gebrauchs eines Domain-Namens (domain-namen, domain) anzuwenden. Ein Domain-Name ist ein namensähnliches Kennzeichen, das in den Anwendungsbereich des § 12 BGB fällt. Dass eine Domain eine Nummernkombination, und zwar die Adresse des angerufenen Computers bezeichnet, steht dem nicht entgegen. Auch eine Internet-Domain dient wie ein Name zur Unterscheidung bestimmter Personen. Damit kommt ihr als namensähnliches Kennzeichen eine Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion zu (OLG München NJW RR 1998, 984; LG Frankfurt NJW RR 1998, 974, 975).

 

Der Beklagte gebraucht den Domänennamen (...) nicht unbefugt. Unbefugt ist die Verwendung, wenn dem Domaininhaber kein Recht an der streitigen Bezeichnung zusteht. Der Beklagte benutzt die Domain (...) als Pseudonym im Internet. Pseudonyme genießen wie der bürgerliche Name den Schutz des § 12 BGB, wenn sie hinreichend unterscheidungskräftig sind (Palandt-Heinrichs, 57. Auflage, § 12 BGB, Rz. 8; Soergel-Heinrich, 12. Auflage, § 12 BGB, Rn. 120). Ihr Gebrauch ist nur dann unbefugt, wenn durch die Verwendung des Pseudonyms schutzwürdige Interessen anderer Berechtigter verletzt werden. Der Beklagte würde schutzwürdige Interessen des Klägers verletzen, wenn durch den Gebrauch der Domain (...) eine Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung unter den Internetnutzern entstehen würde, wenn diese also personelle oder organisatorische Zusammenhänge oder eine Zustimmung des Klägers vermuten würden (vgl. Palandt-Heinrichs, § 12 BGB, Rn. 30). Die Gefahr einer Verwechslung ist grundsätzlich jedoch nur für den Fall denkbar, dass Internetnutzer mit einer Domain überhaupt eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Unternehmen verbinden. Dies kann bei Namen von Personen des öffentlichen Lebens oder von bekannten überörtliche Unternehmen der Fall sein. Der Kläger hat nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass sein Name so bekannt ist, dass Internetnutzer mit der Adresse des Beklagten den Kläger oder dessen Rechtsanwaltskanzlei verbinden müssten. Mangels Verkehrsgeltung greift auch das Argument des Klägers, Internetnutzer würden seine Zustimmung zur Nutzung seines Namens durch den Beklagten vermuten, nicht. Eine Zuordnungsverwirrung scheidet überdies aus, weil bei Aufruf der Homepage aufgrund deren Gestaltung sofort erkennbar wird, dass der gesuchte Rechtsanwalt (...) nicht der Betreiber der Homepage ist.

 

Schließlich besteht auch keine Verwechslungsgefahr dadurch, dass an den Kläger gerichtete elektronische Post dem Beklagten zugeht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es zwar für die Annahmen einer Verwechslungsgefahr aus, dass eine Verwechslung bei der Postzustellung möglich ist (BGH GRUR 1957, 427). Die Gefahr einer falschen Zustellung besteht bei einem E-Mail jedoch tatsächlich nicht. Ein E-Mail wird in der Regel nicht ohne Kenntnis der entsprechenden Adresse verschickt. Denn ohne bekannte Adresse ist es nahezu unmöglich, dass das E-Mail den gewünschte Empfänger erreicht. Dies hat darin seinen Grund, dass ein E-Mail aus mehreren Bestandteilen besteht: der Benutzerkennung (bevorzugt der Nachname), der Name des benutzten Internetservers, dazu häufig noch eine Nationalitätskennung, im Falle der von dem Beklagen gewählten Adresse also (...), "t-online" und "de". Da die Benutzerkennung jedoch nicht unbedingt dem Namen entsprechen muss, darüber hinaus Namenszusätze (wie beispielsweise "RAe" für Rechtsanwälte) möglich sind, und es eine Vielzahl von Internet-Servern gibt, wäre es höchst unwahrscheinlich, mit einer lediglich vermuteten Adresse eine bestimmte Person zu erreichen. Ein Internetznutzer wird daher eine E-Mail nicht auf verdacht verschicken, sondern er wird sich zunächst nach der entsprechenden Adresse erkundigen, bevor er sein E-Mail versendet. Die Gefahr, dass ein E-Mail an eine andere Adresse als gewünscht ankommt, besteht also tatsächlich nicht.

 

Der Gebrauch des Namens (...) im Internet verletzt keine schutzwürdigen Interessen des Klägers. Dieser kann daher auch nicht verlangen, dass der Beklagte die Nutzung des Namens (...) in Form einer E-Mail - Adresse und Internet-Homepage unterlässt.

 

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Streitwert: 15.000,00 DM.

 

(Unterschriften)