Leitsätzliches
Wer eine Internet-Adresse "in Gebrauch" nimmt, erwirbt hierdurch ein nach § 12 BGB geschütztes Recht an seiner Domain als namensartiges Kennzeichen. Dieses Kennzeichnen berechtigt auch einem Markeninhaber gegenüber zum Besitz der Domain, wenn es prioritätsälter ist. Die Rechtsprechung des BGH zu Telegrammadressen lässt sich auf Internet-Domains nicht übertragen. Streitwert: 50.000 DM.HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT HAMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 3 U 130/98
Entscheidung vom 5. November 1998
(Vorinstanz LG Hamburg: 315 O 107/98)
In dem Rechtsstreit (...) hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (...) für Recht erkannt:
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 50.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin vertreibt seit Mai 1998 auf einer CD-ROM ein elektronisches Spiel, dem sie den Namen "Emergency" gegeben hat. Sie hatte im Titelschutzanzeiger in der 30. Kalenderwoche 1997 Titelschutz für "Emergency" in Anspruch genommen "in allen Schreibweisen, Schriftarten, Wortverbindungen, Kombinationen, Darstellungsformen mit Zusätzen und mit allen Untertiteln und Zusätzen als Bezeichnung für Softwareprodukte, insbesondere CD-ROM, Online-Dienste und jeweils diesbezüglicher Druckereierzeugnisse". In der 51. Kalenderwoche 1997 erschien in gleicher Weise eine Titelschutzanzeige für "Emergency" "in allen Schreibweisen und Darstellungsformen für Softwareprodukte, insbesondere für CD-ROM, Online-Dienste, Multi Media Artikel und damit zusammenhängende Druckschriften und sonstige Medien."
Ende Dezember 1997 registrierte das "Deutsche Network Information Center" (DENIC), das in Deutschland diese Aufgabe übernommen hat, für den Antragsgegner die Internet-Adresse www.emergency.de. Der Antragsgegner hat sie anschließend in Gebrauch genommen und will nach seiner Darstellung unter dieser Adresse im Internet zu medizinischen Notfällen Informationen zur Verfügung stellen und deren Austausch ermöglichen.
Die Antragstellerin sah darin eine Verletzung ihrer Rechte und erwirkte am 26. Februar 1998 beim Landgericht gegen den Antragsgegner das Verbot,
"im geschäftlichen Verkehr im Internet die Bezeichnung "Emergency" als Internet-Adresse zu verwenden."
Das Verbot wurde im Widerspruchsverfahren aufgehoben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Dabei stützt sie sich zusätzlich auf die inzwischen für sie mit Priorität vom 26. April 1998 eingetragene Wort-Bildmarke "Emergency" für "Computersoftware, elektronische Bildträger, elektronische Datenträger, elektronische Tonträger, insbesondere CD-ROM, Spiele, nämlich Computerspiele, Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Informationen aller Art, Unterhaltung".
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
1. Die Schutzvoraussetzungen dürften für ein auf einer CD-ROM gespeichertes elektronisches Spiel mit der Bezeichnung "Emergency" gegeben sein (Fezer, Markenrecht, 1997, § 15 MarkenG, Rdnr. 157). Der Schutz für einen Titel beginnt grundsätzlich in dem Zeitpunkt, zu dem er in Gebrauch genommen worden ist. Er kann durch eine Titelschutzanzeige vorverlegt werden (Fezer, a.a.O., Rdnr. 168). Das ist im vorliegenden Fall geschehen. Auf Einzelheiten braucht indessen nicht eingegangen zu werden, weil ein Anspruch nach §§ 5 Abs. 1, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG eine Verwechslungsgefahr verlangt, die das Landgericht zu Recht verneint hat.
Niemand sieht vernünftigerweise einen Zusammenhang zwischen einem elektronischen Spiel mit dem Titel "Emergency" und dem Umstand, daß Informationen und deren Austausch zu medizinischen Notfällen unter der Adresse "Emergency" im Internet angeboten werden. Jedenfalls ist eine solche Annahme des Verkehrs nicht glaubhaft gemacht. Die Internet-Adresse eröffnet den Zugang zu einem wie auch immer gearteten Subjekt, das auf diesem Wege erreichbar sein will, um den Austausch von Informationen zu ermöglichen. Ein Spiel kann hingegen nur Objekt solcher Informationen sein. Wenn es anders sein sollte, müßten besondere Umstände dafür sprechen, zu denen nichts vorgetragen wird.
Ebensowenig besteht ein Schutz nach §§ 5 Abs. 1, 15 Abs. 3 und 4 MarkenG. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Landgericht die Verkehrsbekanntheit des Spieles geprüft und zu Recht als nicht glaubhaft gemacht angesehen. Der Vorwurf, das Landgericht habe "den Schriftsatz schlechterdings übersehen", ist unverständlich. Es hat sich eingehend mit den von der Antragstellerin dort vorgetragenen Behauptungen zur Markteinführung auseinandergesetzt. Daß seit dem 13. Mail 1998 30.000 CD-ROM abgesetzt worden sein sollen, kann in einem Schriftsatz vom 11. Mai 1998 kaum vorgetragen worden sein. Die Zahl taucht dort nicht auf. Sie ist im übrigen bestritten. Deshalb muß es insoweit bei der Entscheidung des Landgerichts bleiben.
Die Antragstellerin verwischt in unzulässiger Weise Grenzen, wenn sie sich darauf beruft, sie habe " Titelschutz für Softwareprodukte insgesamt und insbesondere auch für Online-Dienste in Anspruch genommen". Das Landgericht soll verkannt haben, daß sich der Antragsgegner "mit der Verwendung des Namens emergency.de schon notwendig an Verkehrskreise wendet, für die auch die Antragstellerin ihren Titelschutz beansprucht hat und damit in die prioritätsälteren Rechte eingreift, die sich insoweit insbesondere auf das Internet erstrecken." Offenbar legt die Antragstellerin dem Titel die Wirkungen einer Marke bei. Tatsächlich verlegt die Titelschutzanzeige aber lediglich den Schutz für einen Werktitel auf einen Zeitpunkt vor der Ingebrauchnahme für ein wirklich vorhandenes Werk und begründet ihn auch nur für dieses konkrete Werk, wie bereits das Landgericht unter Hinweis auf Teplitzky (AFP 1997, 450, 452) verdeutlicht hat. Die Möglichkeit, daß unter diesem Titel auch ein anderes Werk hätte erscheinen können, ist unerheblich, wobei die Antragstellerin ohnehin jede Begründung schuldig bleibt, warum ein "Online-Dienst" ein titelfähiges Werk darstellen sollte. Mit hypothetischen Fällen läßt sich eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Der Adressatenkreis der Titelschutzanzeige ist für die Frage belanglos, welches Werk geschützt ist. Gerade wenn - wie die Antragstellerin ausführt - das Medium für die Verbreitung des Werkes gleichgültig ist, kann seine Erwähnung in der Titelschutzanzeige keine Bedeutung haben.
Mit dem Inhalt dessen, was der Antragsgegner bisher in das Internet gegeben hat, läßt sich der Anspruch nicht begründen, und zwar auch nicht über § 1 UWG. Der Antragsgegner mag - wie das Landgericht bemerkt - bisher Unfug getrieben haben, der aber jedenfalls keine die Verwechslungsgefahr erhöhende Annäherung an das elektronische Spiel der Antragstellerin darstellt. Im übrigen hat der Antragsgegner mit der Anlage AG 12 inzwischen Material vorgelegt, das dafür spricht, daß er den mit dem Erwerb der Internet-Adresse angestrebten Zweck auch tatsächlich verfolgt.
2. Die Antragstellerin kann ihren Unterlassungsanspruch nicht auf die mittlerweile erworbene Marke "Emergency" stützen, denn das formelle Markenrecht hat dem prioritätsälteren materiellen Recht zu weichen (Fezer, a.a.O., § 6 MarkenG, Rdnr. 7). Der Antragsgegner hat ein nach § 12 BGB geschütztes Recht an seiner Internet-Adresse als namensartiges Kennzeichen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 57. Auflage, § 12 Rdnr. 10 erworben, als er sie in Gebrauch genommen hat (vgl. KG NJW 1997, 3321, 3322).
Die gegenteilige Auffassung (Omsels, Die Kennzeichenrechte im Internet, GRUR 1997, 328, 331; Bettinger, Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen, GRUR Int. 1997, 402, 418) stützt sich im wesentlichen auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1955 (GRUR 1955, 481, 484 - Hamburger Kinderstube), in der ein Namenschutz für eine Telegrammadresse verneint wurde, solange diese dem Verkehr unbekannt geblieben sei. Die dortigen Überlegungen lassen sich indessen nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. Die Entwicklung ist weitergegangen. Der Bundesgerichtshof hat 30 Jahre später für möglich gehalten, daß eine Fernschreibkennung Kennzeichenschutz genießen kann, auch wenn er die Frage offen lassen konnte (GRUR 1986, 475, 476 - Fernschreibkennung). Genau genommen, hat der Bundesgerichtshof bereits in der älteren Entscheidung die maßgeblichen Gesichtspunkte genannt, denn nachdem er festgestellt hatte, daß die Telegrammadresse begrifflich durchaus die Merkmale für den Kennzeichenschutz erfüllt, weil sie wie ein Name oder eine Firma verwendet werde, hat er den Zweck der Telegrammadresse auf dem Hintergrund der tatsächlichen Verhältnisse gewürdigt und keinen "berechtigten Grund" erkennen können, die Anschrift aus dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr zu schützen.
Die tatsächlichen Verhältnisse sind nicht vergleichbar. Eine Telegrammadresse ist sehr praktisch, weil sie die Übermittlung von Nachrichten vereinfacht, sie ist aber nicht zwingend notwendig, denn der Adressat ist auch unter seinem vollen Namen oder seiner Firma telegraphisch zu erreichen. Eine solche der schieren Nachrichtenübermittlung dienende Vereinfachung bedarf des Kennzeichenschutzes nicht. Bei der Internetadresse stellen sich die Dinge aber grundsätzlich anders dar. Es liegt in ihrem Wesen, daß sie einmalig ist und einmalig sein muß, um ein bestimmtes Subjekt im Internet erreichbar zu machen. Sie ist die einzige Möglichkeit, den Teilnehmer als Subjekt anzusteuern und ihn in seiner Identität zu fassen, insoweit stehen keine Alternativen zur Verfügung. Deshalb liegt es in der Natur der Sache, daß ihr eine kennzeichnende Funktion immanent ist, und sie wird - wenn sie in ihrer Bildung diese Funktion erfüllen kann - vom Verkehr auch so verstanden. So versuchen die Subjekte des virtuellen Verkehrs im Internet, ihren Namen in die Adresse zu übernehmen, um auch hier in möglichst faßbarer Identität in Erscheinung zu treten. Nur dieser Umstand macht es verständlich, daß immer wieder der Versuch gemacht wird, sich die Namen großer Unternehmen oder Organisationen eintragen zu lassen, um über Abstandszahlungen, Lizenzgebühren oder Aufträge daraus Geld zu schlagen (vgl. Ubber, Rechtsschutz bei Mißbrauch von Internet-Domains, WRP 1997, 497, 500 f.).
Die Verhältnisse nötigen dazu, den Schutz an den besonderen Gegebenheiten auszurichten und nicht unbesehen Maßstäbe zu übernehmen und anzuwenden, die am Herkömmlichen entwickelt worden sind. Zu berücksichtigen ist auch der Umstand, daß niemand ohne gewisse Grundkenntnisse von den Strukturen das Internet benutzen kann. Von daher kann es nicht überzeugen, wenn Omsels meint (a.a.O., p. 331): "Es wird kein Unternehmen behaupten, sein Name sei 'http://www.x.com'. Das Unternehmenskennzeichen ist allenfalls 'x'. Als Bestandteil der vollständigen Internetadresse wird x aber nicht als Name des unter der Adresse präsenten Anbieters verwendet. X ist nur ein Teil der gesamten Adresse, die wie eine Telefonnummer oder eine Telefaxnummer funktioniert und in ihrem kennzeichnenden Teil allenfalls auf ein Kennzeichen des Programmanbieters hinweist, nicht aber das Kennzeichen ist." Die Funktion der Internetadresse, ein Ansteuern zu ermöglichen, schließt nicht aus, daß sie zugleich auch die Funktion eines Kennzeichens erfüllen soll. Es gibt nicht nur ein "entweder - oder ", sondern auch ein "sowohl - als auch", und daß der Programmanbieter nicht mit seinem vollen Namen auftritt, liegt nicht daran, daß er auf diese Möglichkeit verzichten möchte, sondern hat seinen Grund in dem Zwang, sich mit einer Kurzform begnügen zu müssen, weil kein beliebiger Raum, sondern höchstens 20 Zeichen, die ein zusammenhängendes Wort ergeben müssen (Völker/Weidert, Domain-Namen im Internet, WRP 1997, 652, 653), zur Verfügung stehen. Damit ist ein "berechtigter Grund" für einen Schutz gegeben.
Nur wenn die Möglichkeit ausscheidet, daß der "Domain-Name" auf ein Subjekt hinweisen soll, weil etwa ein reiner Gattungsbegriff gewählt worden ist, kann der Verkehr ihn nicht kennzeichnend verstehen. Das Zeichen "emergency.de" ist aber unterscheidungskräftig. Das "de" als "Top-Level-Domain" sagt dem Verkehr, daß es sich um ein Subjekt aus dem deutschen Sprachraum handelt (Einzelheiten dazu auch bei Ubber, a.a.O., p. 498, und Bettinger, a.a.O., p. 403). Der Begriff "Emergency" gehört aber nicht zum deutschen Sprachschatz. Er wird zwar wahrscheinlich in seiner Bedeutung "Notfall" oder ähnlich verstanden und gibt dem Verkehr damit Hinweise, worum es sich handeln könnte. Da ein Deutscher im Regelfall aber nicht "emergency" sagt, um einen Notfall zu bezeichnen, macht die Bedeutung, soweit sie erkannt wird, das Kennzeichen allenfalls zum "sprechenden", ohne seine Unterscheidungskraft zu beeinträchtigen. Daß der Schutzbereich des Kennzeichens in der Internetadresse wegen der Besonderheiten vielleicht enger gesehen werden muß, als es herkömmlichen Maßstäben entspricht, bedarf keiner vertieften Erörterung, denn im vorliegenden Fall geht es nicht um Verletzung von Rechten des Antragsgegners, sondern nur um seine Priorität.
Kann sich der Antragsgegner in jedem Fall auf seine bessere Priorität berufen, erübrigen sich Erwägungen, inwieweit sein Handeln überhaupt eine Verletzung der Marke "Emergency" im Sinne des § 14 MarkenG darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
LANDGERICHT HAMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 315 O 107/98
Entscheidung vom 10. Juni 1998
In Sachen ....
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15, für Recht:
I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 26. Februar 1998 wird aufgehoben und der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 3.000 abzuwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Herstellerin und Vertreiberin von Software-Produkten auf CD-ROM; der Antragsgegner ist Handelsvertreter. Die Antragsstellerin nimmt den Antragsgegner wegen der Benutzung einer Internet-Domain mit der Bezeichnung "emergency.de" in Anspruch.
Beim Internet handelt es sich um ein weltweites Datennetzwerk, das dezentral aufgebaut ist und die Datenübermittlung von jedem beliebigen an das Netz angeschlossenen Rechner an jeden anderen angeschlossenen Rechner ermöglicht. Den größten Bereich des Internet nimmt das World Wide Web (WWW) ein. Jeder Rechner im WWW besitzt eine eigene Internet-Adresse, unter der er für andere Nutzer erreichbar ist. Die internationale Registrierung dieser Adressen nimmt die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) vor. Für die nationale Registrierung ist in Deutschland das Deutsche Network Information Center (DENIC eG) zuständig.
Die DENIC eG gewährte dem Antragsgegner Ende Dezember 1997 die Adresse "http://ww.emergency.de". Unter diesem Do-main Name plant er einen Online-Dienst für Informationen zu Notfällen. Dieser soll Diskussionsforen fur Mediziner, Links zu wichtigen Notfallinformationen im Netz, eine Datenbank für NO NAME-Fallbeispiele, die Veröffentlichung von Arbeiten und Dissertationen von Medizinern und -studenten sowie die Veröffentlichung von zunächst regionalen Notdienstkalendern und Kontakte zu ausländischen Foren zur Verfügung stellen.
Die Antragstellerin macht an der Bezeichnung "emergency" Titelschutzrechte geltend. In der 30. Kalenderwoche 1997 veröffentlichte sie den Titel unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG im Titelschutzanzeiger "in allen Schreibweisen, Schriftarten, Wortverbindungen, Kombinationen, Darstellungsformen mit Zusätzen und mit allen Untertiteln und Zusätzen als Bezeichnung für Softwareprodukte, CD-ROM, Online-Dienste und jeweils diesbezügliche Druckereierzeugnisse" (Anlage Js 2). In der 51. Kalenderwoche 1997 veröffentlichte sie den Titel unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG "in allen Schreibweisen und Darstellungsformen für Softwareprodukte, insbesondere CD-ROM, Online-Dienste, Multimedia-Artikel und damit zusammenhängende Druckschriften und sonstige Medien" (Anlage Js 3).
Unter dem streitgegenständlichen Titel produziert die Antragstellerin ein Computerspiel, das sie seit dem 7. Mai 1998 verteilt und das seit etwa 20. Mai 1998 im Handel vertreten ist. In dem Spiel soll der Spieler die Einsätze von Rettungsleitstellen, der Feuerwehr und der Polizei leiten und sich über verschiedene Posten auf der Karriereleiter hocharbeiten.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antragsteller verletze mit der Verwendung bzw. Reservierung des Domain-Namen "emergency.de" ihre Zeichenrechte. Die Aufnahme des Vertriebs des Computerspiels sei ursprünglich für Ende 1997 vorgesehen gewesen, habe sich aber aufgrund von vorzunehmenden graphischen Veränderungen und Veränderungen in der Animation verzögert. Das Spiel sei in einer Vorabversion der Öffentlichkeit bereits im September 1997 auf der internationalen Spielemesse in London (ECTS) vorgestellt worden. Es befinde sich seit Dezember 1996 in der Entwicklung.
Ausweislich Anlage JS 4 betrügen die bereits erbrachten Produktionskosten (12/96 bis 11/97) DM 301.300,-- und die bereits entstandenen Marketingkosten DM 24.000,--. Weitere Marketingmaßnahmen über DM 470.000,-- seien geplant.
Mit Beschluß vom 26. Februar 1998 hat die Kammer dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung bei Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten,
"im geschäftlichen Verkehr im Internet die Bezeichnung 'emergency.de' als Internet-Adresse zu verwenden".
Der Antragsgegner hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt, den er wie folgt begründet:
Er ist der Ansicht, dem Computerspiel der Antragstellerin komme kein Titelschutz zu. Es fehle dem Spiel an einer orginellen Spielidee. Vielmehr handele es sich um ein übliches Katastrophen- oder Kriegsspiel. Statt der üblichen Armeen und Panzer würden Einsatzkräfte gesteuert, statt Länder oder Sterne Rettungsbasen erobert oder ausgebaut.
Der Titel "Emergency" sei ferner nicht unterscheidungskräftig. Er habe für den Inhalt des Computerspiels nur beschreibende Funktion. "Emergency" heiße nur "Notfall". Der deutsche Wortschatz habe den Begriff im Zuge der zunehmenden Amerikanisierung übernommen. Beispiele für die Übernahme seien z.B. die Fernsehserie "emergency room" bei PRO 7, die neue Uhr der Firma Breitling "Emergency" oder die CD der Musikgruppe "Objekt 1" ("Emergency"). Auch im Internet sei "Emergency" weit verbreitet. Es existiere mittlerweile ein Programm "Emergency Anti-Virus", ein Computerspiel "Emergency-Room intern" und die Domains "emergency.net" und emergency.org". Die Domain "Emergency.com" biete für den englisch-sprachigen Raum ähnliche Leistungen an, wie der Antragsgegner sie plane. Das Wort "emergency" sei daher im Allgemeininteresse freizuhalten, da auch andere Hersteller von ähnlichen Spielen und Computerprogrammen auf die Benutzung des beschreibenden Titels angewiesen seien. "Emergency" könne durch weitere Zusätze Unterscheidungskraft erlangen.
Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, die Veröffentlichung des Titels im Titelschutzanzeiger sei nicht in einem für Computerspiele und Online-Dienste branchenüblichen Medium erfolgt. In den Märkten der Internet-Dienste, der Online-Dienste und der Computerspiele sei der Titelschutzanzeiger unbekannt. Er sei nicht in der gesamten Bundesrepublik Deutschland verbreitet und werde nicht von den einschlägigen Verkehrskreisen gelesen.
Ferner seien die Bezeichnungen nicht nach § 15 Abs. 2 MarkenG verwechslungsfähig. Die Parteien seien keine Konkurrenten. Dem Vertrieb eines Spieles über CD-ROM und das Internet stehe insoweit der Betrieb eines Online-Dienstes mit Informationen in Notfällen gegenüber. Bei der Antragstellerin handele es sich um die virtuelle Welt, bei dem Antragsgegner dagegen um die reale Welt.
Schließlich sei die Antragstellerin durch den Betrieb der Homepage nicht in ihrem Vertrieb des Computerspiels gehindert, sie sei zur Zeit unter "emergency.cd" im Internet vertreten und leicht über Suchmaschinen zu finden.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Sie verteidigt die angefochtene Verfügung und widerspricht dem Vortrag des Antraggegners. Das Produkt der Antragstellerin besitze eine erhebliche Gestaltungshöhe. Das interaktive Spiel gebe dem Nutzer die Möglichkeit, in bestimmten Situationen unterschiedlich zu reagieren. Es gebe allein dreißig unterschiedliche Szenarien, was ein Beleg für die schöpferische Gestaltungshöhe des Werkes sei.
Der Titel besitze auch schutzbegründende Eigenart. Die Unterscheidungskraft habe die Kammer bereits bei Erlaß der einstweiligen Verfügung für gegeben erachtet. Nichts anderes gelte in Ansehung der vom Antragsgegner vorgelegten weiteren Unterlagen. Die allenfalls zu berücksichtigenden Programme "Emergency Anti-Virus" wie auch das Spiel "Emergency Room Intern" führten den Titel nicht allein als Bezeichnung, sondern enthielten weitere Zusätze.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen
Entscheidungsgründe:
I. Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Der Antragstellerin steht kein Unterlassungsanspruch gegen den Antragsteller zu.
1. Die Antragstellerin hat keinen Unterlassungsanspruch aus den §§ 5 Abs. 1, Abs. 3; 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.
a) Computerspiele sind dem Werktitelschutz gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG zugänglich. Sie sind zwar nicht ausdrücklich in §§ 5 Abs. 3 MarkenG genannt, unterfallen aber dem Tatbestandsmerkmal " mit Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken oder Bühnenwerken vergleichbaren sonstigen Werken". Auf Spiele hatte der Bundesgerichtshof den Werktitelschutz bereits unter der Geltung des § 16 UWG grundsätzlich ausgedehnt (BGH GRUR 1993, 767 - Zappel-Fisch). Computerspiele erfüllen die Kriterien eines eigenständigen kennzeichenrechtlichen Werkbegriffes, der sich an der Funktion des Werktitelschutzes orientiert (BGH, ZUM 1998, 255, 256 - "Power-Point".). Für Computerprogramme hat das BGH dies in den beiden Entscheidungen "PowerPoint" und "FTOS" bejaht (BGH, CR 1998, 5 - PowerPoint; CR 1998, 6 - "FTOS".). Ob Computerspiele ihrer Natur nach Computerprogrammen oder Filmwerken näherstehen, wird zwar nicht einheitlich beurteilt (insoweit offengelassen von OLG Köln, GRUR 1992, 312, 313 - Amiga-Club; vgl. Betten, GRUR 1995, 5, 6.). Technisch gesehen ist das Computerspiel ein programmgesteuertes Spiel, das auf einem Bildschirm abläuft. Das zugrundeliegende Computerprogramm tritt dabei in den Hintergrund. In den genannten Entscheidungen stellte der Bundesgerichtshof auf das Computerprogramm als eine immaterielle geistige Leistung und ein daraus resultierendes Arbeitsergebnis ab, das einen - gegenüber dem gegenständlichen Datenträger - eigenen Bezeichnungsschutz benötige (BGH, CR 1998, 6, 7 - "FTOS" und BGH, ZUM 1998, 255, 256 - "PowerPoint" mit Verweis auf BGHZ 121, 157 158f. - "Zappel-Fisch".). Diese Überlegung trifft auch auf Computerspiele zu (vgl. auch das obiter dictum des BGH in der "Zappel-Fisch"-Entscheidung GRUR 1993, 767).
Auch in Computerspielen manifestiert sich eine geistige Leistung in Form der Niederlegung menschlicher Gedanken, die durch einen Nutzer geistig umgesetzt werden kann. Bei dem Spiel "Emergency" geschieht dies durch den Versuch des Spielers, Missionen als Einsatzleiter der Rettungsleitstelle, Feuerwehr oder Polizei zu meistern. Die geistigen Leistungen eines Computerspiels sind auch bezeichnungsfähig, d.h. sie können grundsätzlich als geschäftliche Bezeichnung dienen (Dazu Jakobs, GRUR 1996, 601, 603f.; Omsels, GRUR 1997, 328, 333; Teplitzky, AfP 1991, 450, 451.).
b) Der Titelschutz der Antragstellerin an "Emergency" für das Computerspiel ist auch durch die öffentliche Ankündigung im Titelschutzanzeiger entstanden. Für Software entsteht der Titelschutz, wenn das Programm im Anschluß an die öffentliche Ankündigung in branchenüblicher Weise in angemessener Frist unter dem Titel auf den Markt gebracht wird (BGH, CR 1998, 6, 7 - "FTOS"; vg. Lehmann, CR 1998, 2, 3f.). Die Antragstellerin veröffentlichte "Emergency" in zwei Sammeltitelschutzanzeigen in KW 30/1997 und KW 51/1997. Die Veröffentlichung erfolgte gerade branchenmäßig, denn im Rahmen des Titelschutzanzeigers hat sich speziell für Computerprogramme und -spiele "Der Softwaretitel" etabliert (Vgl. auch Jakobs, GRUR 1996, 601, 605.). Die Aufnahme der Benutzung - sofern sie denn im Sommer dieses Jahres erfolgen wird - erfolgt auch in angemessener Frist. Die Titelschutzanzeige in der 51. Kalenderwoche 1997 wird insoweit als Bestätigung der früheren Anzeige anzusehen sein, da sich eine Titelanzeige immer auf ein ganz bestimmtes Werk beziehen muß (Teplitzky, AfP 1997, 450, 452.). Bei Bestimmung der Frist ist die besondere Eigenart des infragestehenden Werkes zu berücksichtigen. Während für Zeitschriften die Frist in der Regel nicht länger als sechs Monate dauern sollte, ist bei Computerprogrammen die relativ aufwendige Testphase im Pilotprojekt zu berücksichtigen (so Lehmann, CR 1998, 2, 4 FN 27.). Angesichts der erneuten Veröffentlichung des Titels in der 51. Kalenderwoche 1997 ist eine Frist von fünf Monaten noch angemessen. Die Vorstellung der Vorabversion im September 1997 auf der Messe in London kann einen Titelschutz der Antragstellerin dagegen nicht stärken (vgl. Omsels, GRUR 1997, 328, 333.). Es handelt sich insoweit um eine ausländische Benutzung der Bezeichnung. Angesichts des internationalen Charakters von Computerspielen könnte eine ausländische Benutzung zwar möglicherweise anzuerkennen sein, wenn es sich um ein international sehr bekanntes Spiel handelt, dessen Benutzung im Inland unmittelbar bevorsteht. Diese Sachlage liegt aber nicht vor. Die Vorstellung in London betraf vielmehr nur eine Vorabversion. Sonstige intern bleibende Vorbereitungs- und Herstellungsmaßnahmen reichen ebenfalls nicht aus (BGH, CR 1998, 6, 8 - "FTOS".).
Die Benutzung der Bezeichnung "Emergency" durch den Antragsgegner auf seinen Web-Sites ab Ende Dezember 1997 erfolgte damit später als die durch Titelschutzanzeige fingierte erste Benutzung durch die Antragstellerin.
c) Die Bezeichnung "Emergency" ist für das Computerprogramm unterscheidungskräftig. Es individualisiert den Inhalt des Werkes und unterscheidet es von anderen geistigen Werken (vgl. BGH, ZUM 1998, 255, 256 - "PowerPoint"; BGH, CR 1998, 6, 7 - "FTOS"; Jakobs, GRUR 1996, 601, 604; Wiebe, CR 1998, 157, 160.). Abzustellen ist insoweit auf das konkrete geistige Werk, nicht auf die gesamte Eintragung, denn der Titelschutz ist bei Fehlen eines bezeichnungsfähigen Werkes zu versagen (Teplitzky, AfP 1997, 450, 452.).
d) Der Titel der Antragstellerin wird aber durch die Benutzung der Domain "http//www.emergency.de" nicht verletzt.
Das wäre nur dann anzunehmen, wenn der Titel der Antragstellerin bei den angesprochenen Verkehrskreisen so bekannt wäre, daß die Verwendung einer Internet-Adresse, die als einzigen kennzeichnenden Bestandteil des Wort "emergency" enthält, für diese Kreise den Hinweis auf das Computerspiel der Antragstellerin enthielte. Davon kann nach dem Vortrag der Antragstellerin aber nicht ausgegangen werden.
Die Antragstellerin trägt nicht vor, welche Kreise des Verkehrs insoweit in Betracht kommen. Die Antragstellerin hat zudem die Verkehrsbekanntheit des Titels für das Spiel "Emergency" nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Angabe der Zugriffe auf die Web-Site "topware.de" in der Form des Ausdruckes vom 26. Februar 1998 durch die Antragstellerin gibt keine Anhaltspunkte für die Bekanntheit des Spiels "Emergency". Erstens enthält die Homepage "topware.de" in Form des Ausdruckes vom 26. Februar 1998 (Anlage Js 9) keine Werbung für das Spiel "Emergency". Auch die Homepage "d-info.de" der Antragstellerin in Form des Ausdruckes vom 16. März 1998, vorgelegt als Anlage G 3, enthält praktisch nur den Titel "Emergency". Weiterhin legt die Antragstellerin die Berechnungsgrundlage für die Zugriffe der Benutzer nicht dar. Insbesondere wird nicht deutlich, ob es sich um sog. "hits" (d.h. gezählt wird jede einzelne Datei einschließlich der Graphiken) oder "visits" handelt.
Auch aus den dargelegten Investitionen der Antragstellerin ergibt sich die Verkehrsbekanntheit des Titels "Emergency" nicht. Die Investitionen in Höhe von DM 300.000,-- für das Projekt betreffen ausweislich Anlage Js 4 die Produktionskosten, nicht die Marketingmaßnahmen. Bei letzteren handelt es sich lediglich um DM 24.000,-- bereits entstandener Kosten. Bei der im Schriftsatz vom 11. Mai 1998 vorgelegten Werbung bzw. Ankündigung kommt es konkret auf die maßgeblichen Verkehrskreise an. Da auf den Titel des Spiels abzustellen ist, sind die maßgeblichen Verkehrskreise alle Spieler von Computerspielen, sonstige Spieler und Internet-Nutzer. Ebenso wie die Antragstellerin bezüglich der Webside "topware.de" auf die Zugriffszahlen hingewiesen hat, so wären vielmehr in diesem Zusammenhang Zugriffszahlen auf die Seite für das Spiel unter "emergency.cd" interessant gewesen. Insoweit liegen aber keine Angaben der Antragstellerin vor. Die Tatsache, daß die Seite im Kongo belegt ist, gibt für die Bekanntheit der Seite keine weiteren Aufschlüsse. Bei übrigen Glaubhaftmachungsmitteln ist bezüglich des Adressatenkreises zu unterscheiden: Die Produktvorschau vom August 1997 und die Informationsblätter sind ausschließlich für den Handel bestimmt. Dabei handelt es sich aber nur um einen sehr kleinen Teil des hier in Frage stehenden Verkehrskreises. Gleiches gilt für die Demo-CD, die seit Februar 1998 an Medienvertreter Verbereitung findet und sich ausschließlich an die Presse richtet. Ebenso liegen keine näheren Informationen über die Club-Mitglieder vor, die das Magazin 2/97 erhalten haben. Dies gilt insbesondere für die Zahl der Mitglieder und damit die Verbreitung des Magazins. Für die Feststellung der Verkehrsbekanntheit können daher nur der neue Katalog der Antragstellerin, die Werbeanzeigen in den bundesweiten Zeitschriften (Gamestar 6/98; PC Games; PC Player 6/98; PC Action 4/98; PC Player 1/98) und die Veröffentlichung und Verbreitung des Spiels seit Anfang Mai 1998 herangezogen werden. Die Werbeanzeigen in Gamestar, in PC und dem PC Player als solche lassen aber keinen sicheren Schluß auf die Verkehrsbekanntheit des Spiels der Antragstellerin zu. Insgesamt konnte die Kammer die Verkehrsbekanntheit des Titels "emergency" für das Spiel der Antragstellerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung selbst unter Berücksichtigung sämtlicher Werbemaßnahmen sowie dem Beginn der Veröffentlichung und Verbreitung des Spiels nicht feststellen, da die Antragstellerin ihre diesbezügliche Behauptung nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.
Die Antragstellerin hat im übrigen auch nicht dargelegt, daß für die anderen von ihr vertriebenen Spiele ebenfalls Domain-Namen benutzt werden, die es nahelegen, daß die angesprochenen Verkehrskreise auch für das Spiel "emergency" eine derartige Seite erwarten. Vielmehr nennt die Antragstellerin als Beispiele nur die Domains "d-auto.de", "d-internet.de" und "d-hotel.de". Keine dieser Domains deutet auf ein Spiel der Antragstellerin hin. Nichts anderes ergibt sich aus der Auflistung der Domain-Streitigkeiten in der Streitbeschwerde vom 1. März 1998, auf die die Antragstellerin Bezug nimmt. Auch die Vorstellung und Werbung für das Spiel auf der Spielmesse in London ist keine Ausgangsbasis für eine Verkehrsdurchsetzung, wie sie für die Monopolisierung eines so allgemeinen Begriffes wie "emergency" erforderlich ist.
Dieses englische Wort ist dem deutschen Publikum als Wort für "Notfall" verständlich. Es handelt sich um eines der vielen aus dem Englischen übernommenen Wörter. Mit ihm muß sich für große Teile des Verkehrs, die das Internet benutzen, nicht die Vorstellung eines Computerspiels verbinden. Maßgebliche Verkehrskreise, auf deren Kenntnis des Titels es vorliegend ankommt, sind alle Spieler von Computerspielen, sonstige Spieler und Internet-Nutzer. Das schließt einen Schutz des Titels für ein Computerspiel grundsätzlich nicht aus. Der Schutzbereich ist aber ohne Verkehrsdurchsetzung minimal und ohne erhöhte Bekanntheit auf Identitätsverletzungen beziehungsweise einen engen Ähnlichkeitsbereich beschränkt. Das Anbieten von Informationen im Internet zu Notfällen und medizinischen Diskussionsforen etc. fällt mangels Branchennähe nicht in diesen Schutzbereich. Spieler von Computerspielen, sonstige Spieler oder Internet-Nutzer haben selbst nach den Angaben der Antragstellerin keinen Anlaß anzunehmen, unter einer "emergency.de" Informationen über das Computerspiel zu erhalten.
Der Antragsgegner weist zu Recht darauf hin, daß Domains keinesfalls immer allein stehen müssen. Gerade die Liste der Antragstellerin macht deutlich, daß Zusätze durchaus möglich sind. So verwendet die Antragstellerin regelmäßig den Vorsatz "d-". Bei derart beschreibenden Begriffen wie "emergency" ist eine Verwendung mit Zusatz für den Verkehr nicht allzu fernliegend, insbesondere wenn gerade die Antragstellerin einen bestimmten Zusatz häufig verwendet. Zu berücksichtigen ist schließlich auch, daß die Schriftzüge "emergency" des Spieles und der Homepage des Antraggegners sich wesentlich unterscheiden.
Insgesamt sind daher jedenfalls bei Tatsachenlage zum Zeitpunkt der Widerspruchsverhandlung keine Verwechslungen und auch keine Rufübertragung zu befürchten. Die Beeinträchtigung der Antragstellerin beschränkt sich vorliegend erkennbar darauf, daß sie nicht unter der bloßen Adresse "(http://www.)emergency(de.)" ins Internet gehen kann, weil die Vergabestelle DENIC e.G. Domains nach Zeitrang vergibt. Darauf hat sie aufgrund ihres Titels jedoch keinen Anspruch. Der Antragsgegner hat glaubhaft dargestellt, daß "emergency" in verschiedenen Branchen und in diversen Themenbereichen auch im Internet verwendet wird und er nicht die Absicht habe, sich im Bereich von Spielen zu betätigen.
Schließlich spricht gegen diese Beurteilung auch nicht die Tatsache, daß der Antragsgegner seine Domain bislang nicht bestimmungsgemäß benutzt hat. Der Zeitraum zwischen "Erwerb" der Domain "emergency.de" am 30. Dezember 1997 und Abmahnung durch die Antragstellerin per E-Mail am 12. Februar 1998 betrug nur sechs Wochen. Auch die Veröffentlichung im WWW erfordert einige Wochen. Daß der Antragsgegner im Hinblick auf die Abmahnung bis zur vorläufigen Sperrung durch die DENIC e.G. keine weiteren Veröffentlichungen auf seiner Web-Site diesbezüglich vorgenommen hat, ist insoweit verständlich und kann ihm nicht vorgeworfen werden.
2. Auch ein Verstoß des Antragsgegners gegen § 1 UWG unter dem Gesichtpunkt des "domain-grabbing" liegt nicht vor. Zu verneinen ist bereits das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien selbst bei Berücksichtigung der weiten Auslegung durch den Bundesgerichtshof, der weder Branchengleichheit der in Frage stehenden Parteien noch notwendigerweise eine Behinderung des Absatzes einer bestimmten Ware durch eine andere voraussetzt (BGH, GRUR 1994, 809, 810 - Markenverunglimpfung I; GRUR 1985, 550, 552 - Dimple m.w.N.). Ein Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich der wirtschaftlichen Ausnutzung des Ansehens oder des Rufes der in Bezug genommen Ware - hier des Spieltitels "emergency" der Antragstellerin liegt ebensowenig vor wie die Möglichkeit für den Antragsgegner, diesen Ruf wirtschaftlich für sich zu verwerten (vgl. BGH, GRUR 1994, 809, 810 -Markenverunglimpfung I; GRUR 1985, 550, 552 - Dimple). Der Antragsgegner setzt die eigenen Qualitäten oder Leistungen auf seiner Web-Site nicht in einer Art und Weise in Beziehung mit dem Spiel der Antragstellerin, um den guten Ruf des Spiels für die eigene Werbung auszunutzen (vgl. BGH, GRUR 1994, 809, 810 - Markenverunglimpfung I; GRUR 1985, 550, 553 - Dimple m.w.N.).
Der Tatbestand des "domain-grabbing" nach § 1 UWG, also der sittenwidrigen Blockierung einer Internet-Domain zu Lasten eines Markeninhabers bzw. eines Titelinhabers setzt immer das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses voraus. Ein solches Wettbewerbsverhältnis kann nicht allein in der gemeinsamen Benutzung des Internet, also des Verbreitungsmediums, gesehen werden. Vielmehr wäre Voraussetzung, daß der Antragsgegner durch den Gebrauch fremder Kennzeichnung deren wirtschaftlichen verwertbaren besonderen Ruf für sich auszunutzen sucht (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Einl. UWG, Rdnr. 229 b). Dafür wäre aber Voraussetzung, daß die Antragstellerin bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsgegner seine Domain-Bezeichnung angemeldet hat, einen verwertbaren Ruf mit ihrem Titel "Emergency" besessen hat. Es fehlt insoweit an einem ausbeutbaren Ruf der Kennzeichnung der Antragstellerin (vgl. dazu BGH GRUR 1994, 809, 810 - Markenverunglimpfung I), was schon aus der nicht hinreichend dargelegten Verkehrsbekanntheit des Titels "Emergency" folgt. Der Antragsgegner hat sich die Domain für gänzlich andere Zwecke gesichert. Er will, was die Antragstellerin nicht hinreichend mit den Mitteln des einstweiligen Verfügungsverfahrens widerlegt hat, seine Web-Site für Informationen zu Notfalldiensten nutzen. Die Nähe zu einem Computerspiel ist dafür eher hinderlich, weil die angesprochenen Verkehrskreise in derartigen Fällen seriöse Informationen erwarten. Der Antragsgegner hatte zum Anmeldezeitpunkt seiner Domain "emergency.de" Ende Dezember 1997 unwiderlegt keinerlei Kenntnis von dem Spiel der Antragstellerin. Zudem bezieht sich der Antragsgegner auf seiner Web-Site in keiner Weise auf das Spiel des Antragstellers - dem Leser wird lediglich mitgeteilt, daß die Antragstellerin das Wort "Emergency" als Titel grundsätzlich für den digitalen Bereich im Titelschutzanzeiger veröffentlicht hat und daraus gegen den Antragsgegner vorgeht. Auch die Voraussetzungen eines Behinderungswettbewerbs sind nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan. Dafür reicht nicht aus, daß der Antragsgegner unter der streitigen Domain bisher allenfalls Unfug betrieben hat (Anlage Js 8). Auch das Wortspiel des Antraggegners "unserem neu entwickelten 'Spiel' den Namen 'Clinton' zu geben" (Anlage JS 8) kann ein Verbraucher nur dann verstehen, wenn er das Spiel der Antragstellerin kennt. Davon ist aber nach Angaben der Antragstellerin zum Marketing ihres Spieles zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Web-Site am 24. Februar 1998 nicht auszugehen.
Die Sach- und Rechtslage wird möglicherweise anders zu beurteilen sein, wenn der Antragsgegner sich doch noch in den branchennahen Bereich zur Antragstellerin begeben sollte, oder wenn er dazu übergehen sollte, die Antragstellerin mit den unter der Domain angebotenen Texten gezielt zu behindern.
Die einstweilige Verfügung der Kammer ist dementsprechend aufzuheben.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 6, § 711 ZPO.