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OLG Hamm, Urteil vom 15. März 2001, AZ: 4 U 150/00, - Markenverletzung durch Diskothek

Leitsätzliches

Die Dienstleistungen "Musikprokduktion" und "Komponieren" sind nicht verwechslungsfähig ähnlich mit "Betreiben einer Diskothek". (Markenrecht)

 

OBERLANDESGERICHT HAMM

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

Aktenzeichen: 4 U 150/00

 

Entscheidung vom 15. März 2001

 

In dem Rechtsstreit

 

...

 

hat das Oberlandesgericht Hamm auf die mündliche Verhandlung vom ... durch ... für Recht erkannt:

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. Juli 2000 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

 

Tatbestand:

Der Kläger ist nach seiner Darstellung Künstler und Tonträgerproduzent der Popgruppe ..., ferner Inhaber der Rechte an deren Künstlernamen. Er ist Inhaber zweier Marken ?F F?, die unter den Nummern 209 2062 - eingetragen am 20. Februar 1995 - (siehe Bl. 8 d.A.) und Nr. 2047728 - eingetragen am 21. Oktober 1993 - (vgl. Bl. 14 d.A.) beim D Patent- und Markenamt registriert sind.

 

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, betrieben in P eine Diskothek unter der Bezeichnung F - zur Ausgestaltung des Zeichens vgl. Bl. 59 d.A., die sie mittlerweile in ?L? umbenannt haben.

 

Der Kläger hat in erster Instanz u.a. ausgeführt, Tonträger der Darbietungen der Popgruppe ?F F? seien seit 1993 millionenfach vertrieben worden. Ihre Titel seien seit 1994 regelmäßig in der Hitparade vertreten gewesen. Er selbst habe in der Zeit von 1997 bis 1999 in B ein Internetcafé unter der Bezeichnung ?F F? betrieben, in dem auch regelmäßig Musikdarbietungen stattgefunden hätten. Die früheren Inhaber der Marke Nr. 2047728 hätten bis 1997 unter der Marke eine Diskothek geführt.

 

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr einen Gewerbebetrieb (Diskothek und Betrieb von gastronomischen Einrichtungen) unter dem Namen F F zu betreiben.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Sie haben die Einrede der Nichtbenutzung der Marken erhoben. Falls der Kläger sie für die Dienstleistungen eines Komponisten und die Musikproduktion rechtserhaltend benutzt habe, fehle es an der erforderlichen Verwechselungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz.

 

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C und sodann der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

 

Mit ihrer Berufung streben die Beklagten die Abweisung der Klage an. Sie führen dazu unter anderem aus, es fehle nicht nur die Identität, sondern auch eine Ähnlichkeit zwischen den Marken des Klägers und dem von ihm verwendeten Zeichen F, wie schon die unterschiedliche Schreibweise und graphische Gestaltung zeigten. F habe entgegen der Ansicht des Landgerichts keine recht starke Kennzeichnungskraft. Eine Dienstleistungsähnlichkeit zwischen Komposition und Musikproduktion einerseits und dem Betreiben einer Diskothek andererseits sei nicht gegeben. Selbst wenn der Kläger ein Internetcafé betrieben haben sollte, was nach wie vor bestritten werde, liege darin keine rechtserhaltende Benutzung der Marke für den Dienstleistungsbereich Diskothek. Schließlich sei der Antrag zu weitgehend.

 

Die Beklagten beantragen,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet, da dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

 

Ein Anspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Markengesetz scheitert an der fehlenden Verwechselungsgefahr der beiden Marken des Klägers mit den von den Beklagten früher verwendeten Zeichen.

Bei der Beurteilung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke besteht. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. dazu zuletzt BGH GRUR 2000, 608 ff., 610 ARD-1 m.w.N.).

 

Die Kennzeichnungskraft von ?F F? ist als allenfalls durchschnittlich anzusehen, da der Begriff - als „S“ übersetzt - für Dienstleistungen aus dem Bereich der Unterhaltungsbranche im weitesten Sinne nicht besonders originell erscheint. Für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft im Verkehr - insbesondere in letzter Zeit, die wegen der Flüchtigkeit von Bekanntheit in der Pop-Szene relevant ist - liegen ausreichende Anhaltspunkte nicht vor, wie die Musiktitel (vgl. Bl. 27 d.A.) zeigen. Dagegen ist eine hohe Zeichenähnlichkeit bis zur klanglichen Identität zwischen den Marken des Klägers und den von den Beklagten verwendeten Zeichen zu bejahen.

 

Es fehlt aber an der erforderlichen Ähnlichkeit der Dienstleistungen. Dabei ist in erster Linie auf die Art und den Zweck der jeweiligen Dienstleistung abzustellen, wobei die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen entscheidend ist (vgl. Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rdn. 393). Gemeinsamkeiten in der Beschaffenheit oder Erbringungsstätte sind bei der Beurteilung weniger relevant, als die wirtschaftliche Bedeutung und die branchenmäßige Nähe beider Dienstleistungen (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 9 Rdn. 66).

 

Soweit die Marke Nr. 2092067 auch den Schutz des Betriebes einer Diskothek erfaßt, kann das bei der Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit - es läge dann Identität vor - nicht herangezogen werden. Die Beklagten haben insoweit zu Recht die Einrede der Nichtbenutzung nach § 25 Abs. 2 Markengesetz erhoben. Selbst wenn der Kläger in der Zeit von 1997 bis 1999 ein Internetcafé betrieben haben sollte, führt das zu keinem anderen Ergebnis, da darin keine rechtserhaltende Benutzung für die Dienstleistung Diskothek liegt (vgl. § 26 Abs. 1 Markengesetz). Eine Dienstleistung ?Internetcafé? läßt sich nicht unter dem Begriff Diskothek subsumieren, da sie etwas anderes beinhaltet, nämlich die Möglichkeit des Surfens im Internet. Allein der Umstand, daß auch Musik gespielt worden sein soll, ändert an dem unterschiedlichen Inhalt des Begriffes nichts. Die Benutzung einer lediglich ähnlichen Dienstleistung im Sinne von § 14 Abs. 2 Markengesetz ist dagegen nicht rechtserhaltend (vgl. Ingerl/Rohnke, Markenrecht, § 26 Rdn. 62).

 

Somit verbleiben als heranzuziehende Dienstleistungen auf seiten des Klägers die Musikproduktion, die der Zeuge C bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bestätigt hat, und das Komponieren. Beide sind aber mit dem Betreiben einer Diskothek nicht ähnlich im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz. Gerade die wirtschaftliche Bedeutung und der Eindruck auf den Empfänger der Leistung sind so unterschiedlich, daß keine ausreichende Verbindung zwischen ihnen angenommen werden kann. Das erstere sind künstlerisch geprägte Tätigkeiten im mehr kreativen Bereich, während das zweite eine rein kommerzielle Angelegenheit ist. Eine allenfalls denkbare räumliche Überschneidung im Bereich der Musikproduktion reicht nicht aus, um eine Ähnlichkeit zu bejahen. Auch für die durch die Marke Nr. 2047728 geschützten Dienstleistungen, nämlich Erlebnisunterhaltung durch künstlerische, musikalische und Zauber-Darbietungen für jeden Anlaß, hat der Kläger eine rechtserhaltende Benutzung nicht nachgewiesen (§ 25 Abs. 2 Markengesetz). Das behauptete Betreiben einer Diskothek durch seinen Rechtsvorgänger reicht dazu nicht aus, da sich diese Dienstleistung unter die geschützten Dienstleistungen gleichfalls nicht subsumieren läßt.

 

Für Ansprüche im Hinblick auf eine bekannte Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz fehlen gleichfalls die Voraussetzungen. Der Kläger hat nicht im einzelnen dargelegt, aus welchen Umständen hergeleitet werden soll, daß es sich um im Inland bekannte Marken handeln soll. Soweit er bei der ersten Marke einen Bekanntheitsgrad von 70 % bei den 12 bis 25jährigen vermutet, entbehrt das jeglicher tatsächlicher Untermauerung.

 

Ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Markengesetz scheitert unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob der Kläger oder die Musikgruppe selbst Inhaber eines solchen Namens sind, schon daran, daß es an der erforderlichen Branchennähe fehlt. Für die Bejahung einer Branchennähe muß der Verkehr zumindest zu der Annahme kommen können, daß zwischen den jeweiligen Tätigkeiten im vorliegenden Fall geschäftliche Zusammenhänge bestehen könnten. Für eine solche Annahme ist aber wegen der unterschiedlichen Ausrichtung der Tätigkeiten kein Raum; rein faktische Berührungsmöglichkeiten reichen nicht aus.

 

Hinsichtlich einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung im Sinne von § 15 Abs. 3 Markengesetz gelten die Ausführungen zu einer ?bekannten Marke? entsprechend.

 

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO

 

(Unterschriften)