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LG München: "quelle.com"

Leitsätzliches

Die Antragsgegnerin hat an einer markenrechtlichen Verletzungshandlung mitgewirkt, indem sie sich beauftragen ließ, die Übertragung der Domain "quelle.com" in die USA vorzunehmen. Die Antragstellerin konnte somit die Antragsgegnerin als Störerin auf Unterlassung der Störung in Anspruch nehmen.

LANDGERICHT MÜNCHEN I

 

BESCHLUSS

 

Aktenzeichen: 1 HKO 2977/98

Entscheidung vom 27. Mai 1998

 

 

 

In Sachen

 

(...)

 

wegen einstweiliger Verfügung

 

erlässt das Landgericht München I, I. Kammer für Handelssachen

 

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.05.1998 gemäß § 91 a ZPO folgenden

 

Beschluss

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

 

 

 

Gründe:

 

I.

 

Die Antragstellerin ist das größte Versandhandelsunternehmen Europas mit Sitz in Fürth und über 6.000 Agenturen im Bundesgebiet. Ihr Katalog erscheint in zweistelliger Millionenhöhe. Das Firmenschlagwort "Quelle" ist seit 1927 Bestandteil der Firmenbezeichnung der Antragstellerin. Die erste Warenzeicheneintragung stammt aus dem Jahr 1936. Die Antragstellerin ist außerdem Inhaberin der deutschen Marke 1189214 "QUELLE", eingetragen am 06.12.1993 für fast sämtliche Konsumgüter sowie der deutschen Marke 2057937 "Quelle" mit Handabbildung, eingetragen am 24.02.1994 für Konsumgüter in den Warenklassen l bis 34 und den Dienstleistungsklassen 36 bis 42.

 

Anfang 1998 wurde die Antragstellerin darauf aufmerksam, dass sich eine Firma (...) in (...) die Internet- Domain "quelle.com" bei der für die Registrierung von Domain-Namen zuständigen Firma InterNIC hatte eintragen lassen. Nachdem die Antragstellerin die Firma (...) hatte abmahnen lassen, verwies diese darauf, dass sie die Domain bereits an eine US-Firma veräußert habe und legte zum Beweis dafür ein Schreiben der hiesigen Antragsgegnerin vom 23.01.1998 vor, in dem diese bestätigt, am 06.11.1997 von der Firma (...) den Auftrag erhalten zu haben, die Domain "quelle.com" auf die Firma (...) in Santa Barbara/CA in den USA zu übertragen. Die Antragstellerin erwirkte am 17.02.1998 beim Landgericht Nürnberg- Fürth gegen die Firma (...) eine einstweilige Verfügung, wonach dieser untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr die Internet-Domain "quelle.com" u.a. zu benutzen, zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen und ihr geboten wurde, einen an die Antragsgegnerin erteilten Auftrag zur Veräußerung oder zur Übertragung der Internet-Domain auf eine Firma (...) Santa Barbara, Kalifornien, zu widerrufen, zu kündigen oder in sonstiger Weise rechtswirksam zu beendigen.

 

Die Antragstellerin ist der Ansicht, es handele sich hier um einen Fall von "domain-grabbing". Sie behauptet, dem Firmenschlagwort Quelle komme im Inland ein Bekanntheitsgrad von über 95% zu, womit es sich um ein nicht nur bekanntes, sondern berühmtes Kennzeichen im Sinne der Rechtsprechung handele. Zur Glaubhaftmachung legt die Antragstellerin diverse Umfragegutachten vor. Sie trägt weiter vor, es sei nicht ersichtlich, wie mit der Übertragung der Domain "quelle.com" an die Firma (...) werden könne, da es das Wort in der englischen Sprache nicht gebe, sondern nur das für Domain-Namen denkbar ungeeignete Wort "to quell" (unterdrücken). Der Antragstellerin stehe demnach gegen die Firma (...) ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung und jeglicher Verfügung über die Domain "quelle.com" aus §§ 12, 826, 823 Abs. l, 1004 BGB, aus §§ 15 Abs. 3, 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG und aus § 1 UWG zu, der sich auch gegen die Antragsgegnerin als Beauftragte richte, die sich bereit erklärt habe, die Domain in die USA zu übertragen und deshalb Störerin sei. Eine Sicherung der Antragstellerin vor einer Übertragung in die USA, die die Rechtsverfolgung erheblich erschweren würde, sei nur durch ein auch dinglich wirkendes Verfügungsverbot durch einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin möglich. Eine vorherige Abmahnung der Antragsgegnerin sei der Antragstellerin nicht zuzumuten gewesen, da sie u.U. erst recht die unverzügliche Übertragung der Domain zur Folge gehabt hätte.

 

Auf Antrag der Antragstellerin vom 18.02.1998 hat das Gericht im hiesigen Verfahren eine einstweilige Verfügung vom selben Tag erlassen, wonach der Antragsgegnerin untersagt wurde, die Internet-Domain "quelle.com" zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, insbesondere diese Internet-Domain an die Firma (...) Santa Barbara, USA, zu übertragen, sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Antragstellerin oder mit deren Zustimmung erfolgt. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Sie trägt vor, sie habe nicht gewusst, dass die Antragstellerin Rechte an der Domain "quelle.com" geltend gemacht habe und legt hierüber eine eidesstattliche Versicherung eines Mitarbeiters vor. Sie sei außerdem zur alleinigen Übertragung der Domain auf die amerikanische Firma ohne Zustimmung der Firma (...) gar nicht in der Lage gewesen. Die Berühmtheit der Bezeichnung "Quelle" werde mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls sei die Antragstellerin verpflichtet gewesen, sie vorher abzumahnen. Sie habe keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass sie mit der Firma (...) "unter einer Decke stecke". Eine Abmahnung hätte auch Erfolg gehabt.

 

Nachdem die Antragsgegnerin zunächst mit Schreiben vom 11.03.1998 eine Unterlassungserklärung im Umfang des Tenors der einstweiligen Verfügung abgegeben und die Firma (...) am 06.04.1998 die streitgegenständliche Domain auf die Antragstellerin übertragen hat, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 27.05.1998 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und gegenseitige Kostenanträge gestellt.

 

II.

 

Die Kosten sind gemäß § 91 a ZPO der Beklagten aufzuerlegen, da die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen ist und ohne das erledigende Ereignis und die übereinstimmende Erledigterklärung aufrechtzuerhalten gewesen wäre.

 

1. Ein Verfügungsanspruch war gegeben.

 

Die Antragstellerin hat durch Vorlage der Umfragegutachten, die sämtlich einen Bekanntheitsgrad von weit über 80% ergaben, glaubhaft gemacht und es ist außerdem gerichtsbekannt, dass es sich bei "Quelle" um eine berühmte Marke im Sinne der Rechtsprechung handelt. Die Firma (...) hat die der Antragstellerin aus §§ 12, 823 BGB wie auch aus §§ 14 Abs. 3 Nr. 2, 15 Abs. 3 MarkenG zustehenden absoluten Rechte verletzt, indem sie den Domain-Namen "quelle.com" im Internet für sich registrieren ließ und diesen Namen in die USA übertragen wollte, wodurch die Namens-, Marken- und Firmenrechte der Antragstellerin zumindest der Gefahr der Verwässerung ausgesetzt waren. Die Antragsgegnerin hat an dieser Verletzungshandlung mitgewirkt, indem sie sich von der Firma (...) beauftragen ließ, die Übertragung der Domain in die USA vorzunehmen, wie sie mit dem Schreiben vom 23.01.1998 selbst bestätigt hat. Die Antragsgegnerin kann aufgrund dieses Schreibens nicht damit gehört werden, sie hätte die Übertragung allein und ohne Mitwirkung der Firma (...) gar nicht vornehmen können, da die Firma (...) schließlich den Auftrag gegeben hatte und damit mitwirken wollte. Die Antragstellerin konnte somit die Antragsgegnerin als Störerin gemäß §§ 12, 823, 1004 BGB wie auch aus §§ 14 Abs. 3 Nr. 2, 15 Abs. 3 MarkenG auf Unterlassung der Störung in Anspruch nehmen, im konkreten Fall also ihr in der hier geschehenen Weise verbieten zu lassen, über die Internet-Domain "quelle.com" zu verfügen, ohne dass es hierfür auf ein Verschulden der Antragsgegnerin ankommt. Im übrigen geht das Gericht aber auch von einem Verschulden der Antragsgegnerin aus. Mit gutem Grund hat die Antragsgegnerin mit der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nur glaubhaft gemacht, dass ihr nicht bekannt war, dass die Antragstellerin hier in irgendeiner Weise Ansprüche auf die Domain "quelle.com" geltend gemacht hat. Hierauf kommt es aber nicht an. Der Antragsgegnerin war die Existenz der Antragstellerin bekannt, womit ihr gleichzeitig auch bekannt war, dass diese an dem Firmenschlagwort "Quelle" Rechte hat. Dann musste sie aber damit rechnen, dass die Transferierung einer Domain "quelle.com" von einer Firma in (...) auf eine Firma in die USA Rechte der Antragstellerin verletzen würde.

 

2. Dass angesichts des Schreibens der Antragsgegnerin vom 23.01.1998 auch ein Verfügungsgrund vorlag, bedarf keiner weiteren Erörterung.

 

3. Damit sind die Kosten gemäß §§ 91 a, 91 ZPO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Ihrer Kostentragungspflicht steht auch nicht § 93 ZPO entgegen. Die Antragsgegnerin hat zur Beantragung der einstweiligen Verfügung Anlas gegeben, indem sie unter den vorliegenden Umständen sich bereit erklärt hat, die Domain in die USA zu übertragen. Einer vorherigen Abmahnung bedürfte es nicht, da zum einen die Gefahr bestand, dass die Antragsgegnerin die auch noch so kurz bemessene Frist gerade zur Vornahme der Übertragung nutzen und somit den Anspruch der Antragstellerin endgültig vereiteln würde und zum anderen die Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der nur schuldrechtlichen Wirkung nach § 137 BGB der Antragstellerin keinen ausreichenden Schutz geboten hätte.

 

(...)