×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Markenrecht
/
Urteile vor 2002
/
LG München I: "sat-shop.com"

Autor

Portraitbild
Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Dem Domain-Namen-Bestandteil "com" kommt als im Internet gängige Abkürzung bei Wirtschaftsunternehmen keine eigenständige Bedeutung zu. Ein Unternehmen, das unter "SAT-SHOP" firmiert, kann deshalb aus marken- und wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten Unterlassung vom Domain-Inhaber verlangen.

 

LANDGERICHT MÜNCHEN I

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 17 HK O 3447/97

Entscheidung vom 3. März 1997

 

 

... unter Aufhebung der einstweiligen Verfugung vom 24.02.1997 wird Antrag der Antragsstellerin zurückgewiesenweisen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsstellerin auferlegt.

 

Tatbestand:

Beide Parteien sind geschäftlich als Vertreiber von Telekommnunikationsanlagen, insbesondere Satellitenanlagen tätig und stehen in einer Wettbewerbssituation.  

Die Antragsstellerin trägt vor, der Antragsgegner habe sich das Firmenschlagwort der Antragsstellerin "Sat-Shop" als Domain-Namen im Internet registrieren lassen. Unter dieser Bezeichnung werde im Internet der Antragsgegner erreicht. Durch die Benutzung des Domain-Namens "Sat-Shop" verletze der Antragsgegner die prioritätsälteren Kennzeichnungsrechte der Antragsstellerin. Die Benutzung des Domain-Namens "Sat-Shop" verstoße auch unter den Gesichtspunkten der unlauteren Behinderung und der Irreführung von Kunden der Antragsstellerin gegen § 1, 3 UWG. Der Antragsgegner habe es darauf abgesehen, diejenigen Kunden der Antragsstellerin auf sich umzuleiten, die den Domain-Namen "Sat-Shop" in der Erwartung in das Internet eingeben, hierdurch die Antragsstellerin zu erreichen. Überdies werde ein nicht unerheblicher Teil der Kunden der Antragsstellerin irregeführt, weil diese nach dem Aufrufen der Homepage mit "Sat-Shop" nicht erkennten, daß sie "bei ...gelandet" seien.        

Gemäß Antrag der Antragsstellerin hat das Landgericht München I gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung am 24.02.1997 durch einstweilige Verfügung entschieden:

I. Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von DM 5,-- bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, im geschäftlichen Verkehr den Domain-Namen "satshop.com" sowie die Bezeichnung "Sat-Shop" im Zusammenhang mit Herstellung und Vertrieb von Satellitenanlagen zu benutzen, insbesondere im Internet.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

III. Der Streitwert des Verfügungsverfahrens wird auf DM 150.000,-- festgesetzt.  

 

Der Antragsgegner hat gegen die einstweilige Verfügung vom 24.02.1997 Widerspruch erhoben und beantragt,

 

unter Aufhebung der einstweiligen Verfugung vom 24.02.1997 den Antrag der Antragsstellerin zurückzuweisen.           

Der Antragsgegner trägt im wesentlichen vor, er sei nicht passivlegitimiert, da nicht er, sondern die Firma GmbH den Domain-Namen "Sat-Shop" genutzt habe. Der Domain-Name "Sat-Shop" sei bereits im Januar 1997 auf die Firma GmbH Prag übertragen worden. Die von der Antragsstellerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestünden nicht, da es sich bei der Bezeichnung "Sat-Shop" nicht um eine unterscheidungskräftige Bezeichnung handle. Das Wort "Sat" als beschreibende Angabe für Satellitenanlagen und -zubehör gehöre inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Als Bestandteil von Domain-Namen lasse sich "Sat" bereits mehr als eine Million mal nachweisen. Auch das Wort "Shop" werde als eine beschreibende Angabe verstanden, die gleichfalls der deutschen Umgangssprache angehöre. Die Verbindung von "Sat" und "Shop" führe zu keiner Firmenbezeichnung mit hinreichender Unterscheidungskraft. Die Bezeichnung "Sat-Shop" habe für die Antragsstellerin auch keine Verkehrsgeltung erlangt.       

 

Die Antragsstellerin beantragt,

 

die einstweilige Verfügung vom 24.02.1997 zu bestätigen.   

Hinsichtlich des Parteivorbringens im einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.    

 

Entscheidungsgründe:

Der Antragsstellerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Dies führt zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 24.02.1997 und zur Zurückweisung des Antrags.            

Die Begründetheit der Unterlassungsanspruche entfällt nicht bereits aufgrund des Vorbringens des Antragsgegners, er sei nicht passivlegitimiert. Dies ergibt sich zunächst daraus, daß es unstreitig der Antragsgegner war, der den Domain-Namen "Sat-Shop" registrieren ließ. Auch wenn man das Vorbringen des Antragsgegners, er habe den Domain-Namen nach der Registrierung auf die Fa. GmbH Prag übertragen, als richtig unterstellt, führt dies nicht dazu, daß die Passivlegitimation des Antraggegners nunmehr entfällt. Die Antragsstellerin hat nämlich durch eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts Dr. vom 07.04.1997 glaubhaft gemacht, daß im Internet über den Domain-Namen "Sat-Shop" der Antragsgegner nach wie vor zu erreichen ist.

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG steht der Antragsstellerin nicht zu.

Die Bezeichnung "Sat-Shop" ist als geschäftliche Bezeichnung für einen Geschäftsbetrieb, der sich mit dem Vertrieb von Telekommunikationsanlagen aller Art, insbesondere Satellitenanlagen befaßt, nicht unterscheidungskräftig.            

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft orientiert sich die Kammer im wesentlichen am Urteil des Bundesgerichtshofs zur Firmenbezeichnung Video-Rent (BGH NJW 1987, 438).

Die Wörter "Sat" und "Shop" sind für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig. Das Wort "Sat" hat als beschreibende Abkurzung im Bereich der Satellitentechnik und Telekommunikation Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden. Auch das Wort "Shop" wird allgemein als beschreibende Angabe in der deutschen Umgangssprache verstanden.           

Auch die Wortverbindung "Sat-Shop" besitzt keine hinreichende Unterscheidungskraft für einen Geschäftsbetrieb, der sich mit dem Vertrieb von Telekommunikationsanlagen aller Art, insbesondere Satellitenanlagen befaßt. Eine ausreichende Unterscheidungskraft wäre nur anzunehmen, wenn es sich um eine eigenartige, phantasievolle Zusammensetzung dieser beiden Begriffe handelte, die der Verkehr als individuellen Herkunftshinweis auffassen wurde. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden; vielmehr ergibt auch die Wortzusammenfügung nur ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts. Die beiden Wörter werden nämlich nur entsprechend ihrem ursprünglichen, rein beschreibenden Wortsinnverwendet. Die Verwendung der Wortverbindung "Sat-Shop" liegt für Unternehmen, die sich als Vertreiber von Telekommunikationsanlagen und Satellitentechnik betätigen, auch nahe, da das mit solchen Unternehmen gewöhnlich in Kontakt tretende Publikum an die Verwendung von Wörtern aus der englischen Sprache gewohnt ist.          

Die Antragsstellerin kann auch Unterlassung unter dem Gesichtspunkt nicht beanspruchen, daß die Bezeichnung "Sat-Shop" für sie Verkehrsgeltung erlangt habe. Hierzu fehlt es an einem substantiierten Sachvortrag und an jeglicher Glaubhaftmachung. Auch wenn man den Sachvortrag der Antragsstellerin, die Bezeichnung "Sat-Shop" werde in einem von ihr betriebenen Franchise-Netz benutzt, als richtig unterstellte, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, daß sich die entsprechende Geschäftsbezeichnung in den beteiligten Verkehrskreisen für die Antragsstellerin durchgesetzt habe. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, daß der Antragsgegner glaubhaft gemacht hat, die Bezeichnung "Sat" lasse sich als Bestandteil von Domain-Namen bereits mehr als 1 Million mal nachweisen.  

Der von der Antragsstellerin verfolgte Unterlassungsanspruch kann auch nicht durch analoge Anwendung des Eintragungsverbots des § 8 MarkenG Erfolg haben.           

§ 8 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 MarkenG schließt nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Marken von der Eintragung aus. Die Interessenlagen, die dieser Vorschrift einerseits und der Eintragung und Benutzung eines Domain-Namens im Internet andererseits zugrundeliegen, weisen gewisse Parallelen auf. Das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG soll verhindern, daß sich einzelne kraft des mit einer Eintragung verbundenen Verbietungsrechts eine rechtliche Monopolstellung fur freihaltebedürftige Begriffe verschaffen. Eine gewisse Monopolstellung tatsächlicher Art gewinnt auch derjenige, der eine in § 8 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 MarkenG genannten Bezeichnungen als Domain-Namen im Internet wählt; denn dies hat zur Folge, daß dieselbe Bezeichnung von Dritten nicht mehr als Domain-Name benutzt werden kann (vgl. OLG Frankfurt a. Main, BB 1997, 545/546).     

Dies allein vermag aber eine analoge Anwendung von § 8 Abs. 2 Ziffer l und 2 MarkenG auf den vorliegenden Fall nicht zu rechtfertigen. Die jeweils zugrundeliegenden Sachverhalte sind trotz der genannten Parallelen deshalb nicht völlig vergleichbar, weil eine eingetragene Marke dem Markeninhaber einen Unterlassungsanspruch auf gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen gewährt (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Demgegenüber steht ein registrierter Domain-Name lediglich einer identischen Verwendung durch einen anderen entgegen, so daß schon durch geringfügige Abwandlungen oder Zusätze die tatsächliche Sperrwirkung überwunden werden kann. Vor allem spricht aber gegen eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG der Umstand, daß die vom MarkenG vorgesehenen Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die materiellen Schutzvoraussetzungen - die Verweigerung der Eintragung bzw. die Löschung durch die Patentbehörde ein staatliches Prüfungs- und Überwachungsinstrumentarium voraussetzen, das fur Online-Adressen zumindest nach der derzeitigen Rechtslage nicht zur Verfügung steht (OLG Frankfurt a. Main, a. a. 0.).         

Ein Unterlassungsanspruch steht der Antragsstellerin auch nicht auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage zu.    

Der Antragsgegner verstößt nicht gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG. Die Bezeichnung "Sat-Shop" wird von den beteiligten Verkehrskreisen als Firmenbezeichnung für einen Geschäftsbetrieb verstanden, der sich mit dem Vertrieb von Telekommunikationsanlagen, insbesondere Satellitenanlagen befaßt. Diesen Vorstellungen der beteiligten Verkehrskreise entspricht der Geschäftsbetrieb des Antragsgegners. Mangels hinreichender Unterscheidungskraft der Bezeichnung "Sat-Shop" wird diese Bezeichnung von den beteiligten Verkehrskreisen nicht als individueller Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Antragsstellerin aufgefaßt. Da die Wortzusammenfügung "Sat-Shop" nur ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts ist, kann ein verständiger Nutzer des Internet nicht ohne weiteres erwarten, über den Domain-Namen "Sat-Shop" die Fa. SAT-SHOP GmbH zu erreichen.  

Die Kammer verkennt nicht, daß die Verwendung das Domain-Namens "Sat-Shop" durch den Antragsgegner zur Folge haben kann, daß potentielle Kunden der Antragsstellerin, die unter dieser Internetadresse die als SAT-SHOP GmbH firmierende Antragsstellerin zu erreichen versuchen, zu dem Antragsgegner geführt werden. Die bloße Möglichkeit solcher Mißverständnisse führt jedoch noch nicht dazu, daß der Antragsgegner durch die Eintragung und Verwendung des Domain-Namens "Sat-Shop" gegen § 3 UWG verstößt. Der Antragsgegner hat nämlich seinerseits ein schützenswertes Interesse daran, mit der sprachüblichen Wortzusammenfügung "Sat-Shop" zu werben, da diese Bezeichnung in Fachkreisen als freie Sachbezeichnung aufgefaßt wird und geeignet ist, das auf dem Gebiet der Satellitentechnik und Telekommunikation an die Verwendung englischer Wörter gewöhnte Publikum in kurzer und prägnanter Weise an das Geschäft des Antragsgegners heranzuführen. Da der Domain-Name "Sat-Shop" keine objektiv falschen Angaben enthalt und die geschäftliche Bezeichnung "Sat-Shop" für die Antragsstellerin keine Verkehrsgeltung erlangt hat, liegt unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen auch des Antragsgegners ein Verstoß gegen § 3 UWG nicht vor.

Die Kammer sieht in dem Verhalten des Antragsgegners auch keinen Verstoß gegen § 1 UWG.

Wie oben bereits näher ausgeführt, kommt der Wortzusammenfügung "Sat-Shop" aus der Firmenbezeichnung der Antragsstellerin keine hinreichende Unterscheidungskraft zu; vielmehr handelt es sich nur um ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts. Ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb kann dem Antragsgegner nicht angelastet werden, wenn er sich als Domain-Namen im Internet eines solchen sprachüblichen Worts beschreibenden Inhalts bedient, für das die Antragsstellerin keine Verkehrsgeltung beanspruchen kann. Es mag zutreffen, daß sich der Antragsgegner durch die Registrierung und den Gebrauch des Domain-Namens "Sat-Shop" im Internet einen Marktvorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft. Dieser Marktvorteil ist jedoch nicht ungerechtfertigt, weil er nicht durch einen Verstoß gegen geltendes Recht erreicht wird.   

Schließlich kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 12 BGB gestützt werden.         

§ 12 BGB schützt grundsätzlich auch den Namen juristischer Personen des Handelsrechts, also auch die Firma der Antragsstellerin. Der Schutz des § 12 BGB umfaßt auch schlagwortartige Abkürzungen eines fremden Namens.            

Die Bezeichnung "Sat-Shop" kann als eine solche schlagwortartige Abkürzung der Firma "SAT-SHOP GmbH" der Antragsstellerin angesehen werden. Den Schutz des § 12 BGB für diese aus ihrer Firma abgeleitete Abkürzung kann die Antragsstellerin jedoch nur dann beanspruchen, wenn es sich um einen unterscheidungskräftigen wesentlichen Teil ihrer Firma handelt. Das ist bei der Bezeichnung "Sat-Shop" nicht der Fall.    

Wie oben näher ausgeführt, wird die Bezeichnung "Sat-Shop" als sprachübliche Beschreibung eines Geschäftsgegenstands verstanden. Die beteiligten Verkehrskreise verbinden mit dem Begriff "Sat-Shop" nicht den Geschäftsbetrieb der Antragsstellerin, sondern nur den Geschäftsgegenstand des Vertriebs von Satellitenanlagen und Telekommunikationsanlagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.         

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Ziffer 6, 711 ZPO.