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LG München I: "nominator.de"

Leitsätzliches

Die Produzenten der Fernsehserie "Big Brother" haben keinen Anspruch auf Unterlassung gegen den Inhaber der Domain "nominator.de". Zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte sich die Domain hat reservieren lassen, ist der Bezeichnung „Nominator“ kein überragender Ruf zugekommen. (Markenrecht)

LANDGERICHT MÜNCHEN I

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 4 HKO 20974/2000

Entscheidung vom 7. Dezember 2000

 

 

 

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

 

 

erlässt das Landgericht München I, 4. Kammer für Handelssachen, durch...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2000 folgendes

 

 

 

ENDURTEIL

 

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

 

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 7.000,00 abwenden, falls nicht zuvor der Antragsgegner Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

 

 

Tatbestand:

 

Die Parteien streiten um die Domain „nominator.de“.

 

Die Antragstellerin (nachfolgend Klägerin) ist Produzentin der Fernsehserie „Big Brother“. Es handelt sich hierbei um eine sog. Realitysoap, bei der eine Anzahl von Kandidaten in einem Container für eine bestimmte Zeit zusammen wohnen und keine Kontakte zur Außenwelt haben. Die Kandidaten, das Geschehen kann im Internet oder in Zusammenfassungen im Fernsehen beobachtete werden.

Am 16.09.2000 lief die 2. Staffel der Produktion an. Hieran nahm der Kandidat Christian ..., nachfolgend „Christian“, teil.

Die Klägerin beabsichtigt unter der Domain „nominator.de.“ eine Webseite für den Kandidaten Christian einzurichten.

Der Antragsgegner (nachfolgend Beklagter) ist Student in Berlin und hat im September 2000 die Domain „Nominator.de“ für sich registrieren lassen; am 20.09.2000 gelangte der Eintrag zur Veröffentlichung bei der DENIC e.G. Der Beklagte will unter diesem Titel ein Internetportal für die Nominierung verschiedenster Produkte und Formate aus dem Lifestylebereich erstellen.

 

Nach Kenntniserlangung der Inhaberschaft der Domain durch die Klägerin nahm diese, vertreten durch die ...GmbH mit dem Beklagten Kontakt auf. Mit Email vom 23.10.2000 teilte der Beklagte mit, dass er aus gut verständlichen Gründen kein Angebot machen wolle, vielmehr würde mitgeteilt werden, wieviel der ...GmbH die Domain wert sei.

 

Am 19.10.2000 hat die Klägerin die Wortmarke „Nominator“ zur Eintragung beim Deutschen Patentamt für sämtliche Klassen angemeldet.

Mit Titelschutzanzeige im Titelschutzanzeiger Nr. 489, Woche 43 aus 2000, erschienen am 24.10.2000, nahm der Beklagte Titelschutz für den Namen „Nominator“ in Anspruch. Mit Email und Schreiben vom 31.10.2000 hat die Klägerin den Beklagten erfolglos abgemahnt. Mit Schriftsatz vom 02.11.2000, eingegangen bei Gericht am 06.11.2000, hat die Klägerin Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Mit Beschluss vom 07.11.2000 hat die Kammer entschieden, dass über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mündlich zu verhandeln ist.

 

Die Klägerin behauptet, der Name „Nominator“ sei bereits vor Anlaufen der 2. Staffel der Fernsehserie am 16.09.2000 zu einer Bezeichnung für den Kandidaten „Christian“ geworden. Aus entsprechenden Zeitungsveröffentlichungen ergebe sich, dass der Begriff „Nominator“ ausschließlich in Verbindung mit der von der Klägerin produzierten Fernsehserie „Big Brother“ in Zusammenhang gebracht werde. „Nominator“ sei auch zu einem Künstlernamen für „Christian“ geworden. Dieser habe die Klägerin ermächtigt, Verletzungen seiner Persönlichkeitsrechte mit Wirkung für und gegen ihn im eigenen Namen geltend zu machen. „Nominator“ werde als namensmäßiger Hinweis auf den „Big Brother“ Kandidaten angesehen. Der Name, der als Bezeichnung für „Christian“ diene, sei erst durch „Big Brother“ möglich und geprägt worden. „Nominator“ sei zwangsläufig mit der Serie und dem Namen „Big Brother“ verbunden. Da die Klägerin Produzentin der Serie „Big Brother“ sei und die Rechte an dieser Serie innehalten würde, stellt die Zuordnung des Namens „Nominator“ zu „Big Brother“ zugleich eine Zuordnung zur Klägerin dar.

Die Klägerin ist der Ansicht, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergäbe sich aus §§ 1, 3 UWG. Der Beklagte behindere den Wettbewerb der Klägerin und beute den guten Ruf und die Wertschätzung der Klägerin aus. Er beschaffe sich einen Vorsprung durch Rechtsbruch. Weiter würden die Rechte des Namens „Nominator“ verletzt. Schließlich ergäbe sich der Anspruch aus § 242 BGB.

 

Die Klägerin hat mit dieser Begründung beantragt,

 

dem Beklagten strafbewehrt zu untersagen:

 

I. Im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Domain „nominator.de“ zu reservieren, zu konnektieren oder konnektiert zu halten.

 

II. Die Domain „nominator.de“ an andere zu veräußern oder an Dritte zu übertragen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

 

Der Beklagte behauptet, den Antrag auf Registrierung der streitgegenständlichen Domain habe er bereits am 15./16.09.2000 gestellt. Er habe auch keinerlei Verkaufsabsichten gehabt, sondern ein eigenes Projekt geplant, welches er auch zum 31.10.2000 fertigt gestellt hätte. Der Kandidat „Christian“ wäre im Internet bereits unter der Domain www.DerNominator.de vertreten. „Der Nominator“ wäre auch der zutreffende Spitzname des Kandidaten „Christian“, wobei eine namensmäßige Verwendung dieses Pseudonyms am 16.09.2000 noch nicht vorlag. Die Durchsetzung des Spitznamens sei auch nicht schon bei Einzug in den Container, sondern erst im Laufe der nächsten Wochen erfolgt. Die Titelschutzanzeige sei durch Einstellung ins Internet bereits am 19.10.2000 veröffentlicht worden. Der Beklagte meint, die Registrierung der Domain „Nominator.de sei nicht wettbewerbswidrig und verletze nicht die Rechte der Klägerin. Der Name „Nominator“ würde allenfalls der Person „Christian“ zustehen, die Klägerin könne mangels Übertragbarkeit des Namensrechts hieraus keine Rechte für sich ableiten. Die Klägerin wäre nicht aktivlegitimiert im Sinne des § 13 II Nr. 2 UWG, da ein gemeinsamer Markt nicht vorhanden sei. Jedenfalls wäre für die gerichtliche Geltendmachung der verfahrensgegenständlichen Ansprüche nicht aktivlegitimiert, da diese nicht im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft geltend gemacht werden könnten.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da die Klägerin entsprechende Rechte weder im eigenen Namen noch für Christian..... in gewillkürter Prozeßstandschaft erfolgreich geltend machen kann.

 

1. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine eigenen Rechte aus Wettbewerbsrecht zu. Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt in jedem Verhalten, da es äußerlich geeignet ist, den Bezug oder Absatz einer Person zum Nachteil einer anderen Person zu fördern. Hierbei muss ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehen. Ein solches liegt vor, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselbeziehung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. Für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses ist danach die Gleichheit des Kundenkreises wesentlich, gleichviel, wodurch der Kaufentschluss im Einzelfall hervorgerufen wird. Unter dem Aspekt der Rufausbeutung ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis schon dann zu bejahen, wenn die –unterschiedlichen Brachen angehörenden- Parteien bei der wirtschaftlichen Verwertung einer Kennzeichnung auch nur in der Weise in Wettbewerb treten, dass der Verletzer durch den Gebrauch der fremden Kennzeichnung deren wirtschaftlich verwertbaren besonderen Ruf für sich auszunetzen versucht. Doch muss in solchen Fällen der Kennzeichnung ein so überragender Ruf zukommen, dass ihr Inhaber diesen Ruf auch außerhalb seines eigentlichen wahren Bereichs nutzen könnte, wofür es entscheidend auf die Art der unter der Kennzeichnung vertriebenen Waren, auf deren Qualität und Ansehen, auf einen damit etwa verbundenen Prestigewert und vor allem auf das Verhältnis der Waren zu den Waren ankommt, für die der Ruf der Kennzeichnung genutzt werden soll. Hinsichtlich dieser möglichen Rufausbeutung konnte die Klägerin nicht den Nachweis bzw. die erforderliche Glaubhaftmachung erbringen, dass zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte sich die Domain „Nominator.de“ reservieren hat lassen, die Bezeichnung „Nominator“ bereits ein überragender Ruf zugekommen wäre. Hierbei spielt es nach Überzeugung der Kammer keine entscheidende Rolle, ob die Registrierung bzw. Anmeldung der Domain am 20.09.2000 oder am 15./16.09.2000 erfolgte, da die Klägerin nicht glaubhaft machen konnte, dass die Bezeichnung „Nominator“ am 20.09.2000 bereits einen herausragenden Ruf genoss. Auch aus den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen und vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, das der Begriff „Nominator“ am 20.09.2000 zwangsläufig und mit weiter Verkehrsgeltung mit der Person Christian... in Verbindung gebracht wurde. Gleiches gilt auch unter dem Gesichtspunkt der Behinderung und Verwässerung, da hinsichtlich des hier entscheidenden Zeitpunktes eine überragende Bedeutung der streitgegenständlichen Bezeichnung jedenfalls noch nicht vorlag. Im übrigen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass Christian... unter der Domain www.DerNominator.de einen Internetauftritt hat und hierzu auch schlüssig vorgetragen hat, dass der Spitzname des Kandidaten Christian.... zutreffend „Der Nominator“ lautet, was im übrigen durch die von der Klägerin als Anlage K 6 vorgelegt Ablichtung eines CD Covers belegt wird, auf der sich ebenfalls auf Christian... als „Der Nominator“ befindet.

 

2. Auch namensrechtliche bzw. markenrechtliche Ansprüche stehen der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu. Grundsätzlich unterfallen auch Berufs- und Künstlernamen, hier vorliegend, auch der Spitzname („Der Nominator“), unter den Schutz des § 12 BGB. Der Schutz entsteht durch die Annahme und den Gebrauch einer hinreichend unterscheidungskräftigen Bezeichnung. Eine besondere Verkehrsgeltung ist zwar wohl nicht erforderlich, kann aber für die Frage von Bedeutung sein, ob ein Unterlassungsanspruch hierauf gestützt werden kann. Hierbei reicht das schutzwürdige Interesse entsprechend weiter, als das Pseudonym Verkehrsgeltung erlangt hat (Palandt, § 12, Rdnr. 8,28). Damit ist auch im Zusammenhang mit namensrechtlichen Ansprüchen entscheidend, ab wann der Spitzname des Christian... Verkehrsgeltung erlangt hat; abzustellen ist auch hier auf den 20.09.2000 als dem Tag, an welchem die Registrierung der streitgegenständlichen Domain spätestens erfolgte. Hinsichtlich der Priorität der Rechte des Beklagten ist zunächst festzustellen, das ein Domain- Name grundsätzlich sowohl ein nach § 12 BGB geschütztes namensartiges Kennzeichen, als auch ein Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 MarkenG sein kann.

 

Markenrechtlicher Kennzeichnungsschutz setzt jedoch voraus, dass das verwendete Zeichen entweder originäre Kennzeichnungskraft hat oder Verkehrsgeltung erlangt hat. Eine Verkehrsgeltung kam der Bezeichnung „Nominator“ am 20.09.2000 –wie die Kammer bereits dargelegt hat- noch nicht zu. Soweit die Klägerin mehrere Zeitungsberichte vom 18.09.2000 (K 5) vorgelegt hat, kann hieraus eine Verkehrsgeltung als Bezeichnung für Christian... noch nicht abgeleitet werden, da die Begriffe nominieren und Nominator hier überwiegend beschreibend für eine bestimmt Form des „Spielablaufes“ verwendet werden und nicht zwangsläufig in Zusammenhang mit der Person Christian... verwendet wurden. Der Bezeichnung „Nominator“ kann jedoch eine originäre Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. Ausreichend für die Bejahung ursprünglicher Kennzeichnungskraft ist, dass keine glattbeschreibende Angabe vorliegt. Dies ist für den Begriff „Nominator“ der Fall.

 

Damit kommt es für Entstehung des Kennzeichenschutzes nicht auf den Eintritt der Verkehrsgeltung an. Hinsichtlich der Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr genügt für eine Benutzungsaufnahme jede Art der nach außen gerichteten Tätigkeit, sofern diese auf eine dauernde wirtschaftliche Betätigung schließen lässt. Nicht ausreichend sind zwar rein interne Vorbereitungshandlungen, aber die Schaltung eines Telefonanschlusses, die Eintragung im Handelsregister und sonstige Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung werden nach herrschender Ansicht als ausreichend angesehen.

 

Unter Heranziehung dieser Kriterien ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Beklagte mit der von ihm beabsichtigten Internetdienstleistung am 20.09.2000 die Benutzung aufgenommen hat.

 

Der Beklagte erlangte somit Kennzeichenschutz für die Domain „Nominator.de“ aus § 12 BGB mit Ingebrauchnahme am 20.09.2000, da diese erkennbar aus einem Namen besteht und sie der Verkehr zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres als Bezeichnung des über die Internet-Adresse erreichbaren Unternehmens versteht (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14, Rnr. 65). Unstreitig weißt der Domainname die erforderliche Unterscheidungskraft auf; eine Verkehrsgeltung wie bei Geschäftsabzeichen (§ 5 II 2 MarkenG) ist nicht erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte prioritätsältere Namens- und Kennzeichnungsrechte, so dass der Klägerin insoweit keine besseren Rechte zustehen.

 

3. Nach dem somit weder der Klägerin noch Christian... bessere Rechte als dem Beklagten zustehen, kam es streitentscheidend auf die Frage gewillkürten Prozeßstandschaft nicht mehr an. Diesbezüglich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eine als Anlage zu Protokoll genommene Erklärung übergeben, die mit unleserlicher Unterschrift von Christian... unterschrieben sein soll. Der Beklagte hat diesbezüglich mit Nichtwissen bestritten, dass diese Erklärung tatsächlich von dem Kandidaten „Christian“ stammt; den erforderlichen Nachweis hierfür konnte die Klägerin auch nicht durch Einvernahme der Zeugin..... führen, die nicht bekunden konnte, dass der Kandidat „Christian“ tatsächlich der Unterzeichner der vorgelegten Erklärung ist. Insoweit hätten auch die Voraussetzungen der gewillkürten Prozeßstandschaft nicht vorgelegen.

 

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

 

(Unterschriften)