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LG München I - "gointershop.de"

Leitsätzliches

Aus der Wort-/Bildmarke „intershop“ kann im Einstweiligen Verfügungsverfahren kein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Domain gointershop.de durchgesetzt werden, wenn die Domain nicht im geschäftlichen Verkehr genutzt wird. In diesem Fall sahen es die Richter als glaubhaft gemacht an, dass Domain ausschließlich zu Ausbildungszwecken als Adresse für ein Ausbildungsprojekt registriert und daher nicht im geschäftlichen Verkehr genutzt wurde.

LANDGERICHT MÜNCHEN I

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 HK O 2064/01

 

In dem Rechtsstreit

 

3 HK O 2064/01 verkündet am 9.11.2001

 

 

U R T E I L

 

 

 

In dem Rechtsstreit

 

... GmbH, vertr. durch die Geschäftsführer ... und ...

 

-Verfügungsklägerin-

 

Prozessbevollmächtigte:

...

 

gegen

 

...

-Verfügungsbeklagter –

 

Prozessbevollmächtigte:

...

 

wegen Unterlassung

 

erlässt das Landgericht München I, 3. Kammer für Handelssachen, durch Vorsitzende Richterin am Landgericht ..., Handelsrichter ...und Handelsrichter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2001 folgendes

 

 

 

E n d u r t e i l:

 

 

I. Die einstweilige Verfügung vom 01.02.2001 wird aufgehoben.

 

II. Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

III. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

IV. Das Urteil ist in Ziff. III vorläufig vollstreckbar.

 

Die Verfügungsbeklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheit von DM 5.000,00 ab-wenden, wenn nicht die Verfügungsklägerin vorab Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

 

 

 

T a t b e s t a n d :

 

 

Die Verfügungsklägerin hat für den Namensbestandteil Intershop die Bildwortmarke mit Priorität 12.07.1995 für folgende Waren - Dienstleistungen: Vermittlung von Angeboten und Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen mittels Internet, Werbung, Telekommunikation, ferner die Wortmarke Intershop für Tonträger aller Art, soweit in Klasse 9 enthalten, Videos, Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere von Off-Air-Veranstaltungen, von Veranstaltungen im Fernsehen und von kulturellen Veranstaltungen im Internet (Anlagen Ast 2 und Ast 9).

 

Sie betreibt unter der Domainbezeichnung „intershop.de“ einen Waren- und Dienst-leistungsvertrieb über Internet.

 

Die Marke der Klägerin ist bekannt.

 

Der Beklagte besuchte die Weiterbildungsmaßnahme „Marketing im Internet“ der Deutschen Angestelltenakademie (DAA) in Berlin. Er ließ am 05./06.01.2001 die Domain „www.gointershop.de“ für sich reservieren.

 

Die Klägerin erwirkte hiergegen eine einstweilige Verfügung vom 01.02.2001 (zugestellt am 09.02.2001), gegen welche die Beklagte Widerspruch einlegen ließ.

 

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor:

 

Der Beklagte habe durch die Registrierung der Domain die Bezeichnung „gointershop“ kennzeichenmäßig benutzt. Dies ergebe sich zum einen aus dem Logo, zum anderen aus dem Menüpunkt 3.12. des Exposès, welcher auf eine kommerzielle Zielrichtung hinweise, die auch durch die beabsichtigte Ausbaufähigkeit zum Portal und dem Vermerk Referenz (Seite 7 in AG 1) bestätigt werde. Eine Domainreservierung sei grundsätzlich gebührenpflichtig.

 

Der Beklagte sei im selben Geschäftssegment tätig oder wolle es werden. Die in Betracht kommenden Waren seien identisch.

 

Die Klägerin bestreitet, dass die Domain nur zu Ausbildungszwecken registriert worden sei. Auch wenn man dies unterstelle, liege gleichwohl Handeln im geschäftlichen Verkehr vor, weil diesem alle Maßnahmen gleichgestellt werden müssten, die den Anschein eines

geschäftsmäßigen Auftretens erweckten. Dies sei auch bei einer Domainreservierung der Fall.

Die Domain sei mit der Marke der Klägerin verwechslungsfähig. Die Vorsilbe „go“ sei rein beschreibend und außerdem kennzeichnungsschwach. Der Rechtsverkehr erwarte unter dem Begriff „gointershop“ eine Website der Klägerin vorzufinden oder ordne etwaige Inhalte der Klägerin zu. Darauf, dass die Website noch nicht erstellt, sei, komme es nicht an.

 

Des weiteren beruft sich die Klägerin auf eine Verletzung ihres Namensrechts.

 

Die Begründung des Beklagten, dass er die Domain aus Unterrichtsgründen habe reservieren lassen, sei nachträglich konstruiert und vorgeschoben. Der Beklagte habe keine Notwendigkeit für die Verwendung der klägerischen Bezeichnung dargelegt. Gointershop sei eine Wortneuschöpfung, die nichts mit den DDR Intershops zu tun habe.

 

 

 

Die Klägerin beantragt daher,

 

die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

 

 

Der Beklagte beantragt,

 

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

 

 

Er macht geltend, dass er nicht am geschäftlichen Verkehr teilgenommen habe. Er habe im Zuge der Ausbildung für ein Projekt „Ostalgie – DDR - Geschichte“ eine Präsentation im Internet erstellen wollen. Er habe zunächst die DDR-Geschichte insbesondere die Versorgung der Bevölkerung darstellen wollen und sich dazu die Domain gointershop kostenlos reservieren lassen. Er habe für die Beurteilung durch den Lehrgangsleiter ein Exposè gefertigt (AG 1) und den historischen Ursprung des Wortes aus der DDR darstellen wollen. Waren oder Dienstleistungen habe er zu keiner Zeit anbieten wollen. Die Silbe „go“ sei ein Hinweis auf Bewegung sowie den Westen gewesen, „inter“ sei für international und interaktiv Internet gestanden, „Shop“ für Laden bzw. Galerie. Die farbige und graphische Grundlage für das Logo habe die DDR-Flagge sein sollen.

 

Er habe sich aber nach 2 Monaten für ein anderes Projekt entschieden und das obige auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollen.

 

Zu Beginn der Ausbildung sei er weder mit der Nutzung des Internets vertraut gewesen noch habe er Unterricht zum Thema Marken- und Domainrecht gehabt.

 

Es liege somit keine kennzeichenmäßige Benutzung im geschäftlichen Verkehr vor. Außerdem sei der Begriff Intershop freihaltebedürftig. Schließlich fehle es an der Dringlichkeit, weil eine – nicht beabsichtigte – kommerzielle Nutzung, z.B. durch Weiterverkauf durch den Dispute - Eintrag der Klägerin verhindert worden sei.

 

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

Die einstweilige Verfügung war aufzuheben, weil der Beklagte ausreichend glaubhaft gemacht hat, das die Reservierung der beanstandeten Domain nicht für den Zweck der Teilnahme am geschäftlichen Verkehr erfolgte.

 

1. Die Kammer hält daran fest, dass die Reservierung einer Domain die Vermutung einer Verletzung einer gleich- oder ähnlichlautenden Marke eines Mitbewerbers begründet, sofern die Umstände für eine kennzeichenmäßige Benutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr sprechen.

Hierfür ergeben sich aus dem eigenen Vortrag des Beklagten schon deshalb Anhaltspunkte, weil er nach eigenen Angaben das Projekt, für das er die Domain reservieren ließ, zunächst nicht mehr verfolgte, sondern ausdrücklich später wieder aufgreifen wollte. Es lag nahe, dass dies in Form kommerzieller Verwertung geschehen sollte, zumal das Ausbildungsziel Marketing im Internet war, und der Beklagten sich ab Juni 2001 selbständig machen wollte. Auch dass er an der Reservierung festhielt, nachdem er - spätestens durch die Abmahnung - Kenntnis von einer möglichen Markenrechtsverletzung erlangt hatte, begründet einen gewissen Verdacht, dass eine spätere geschäftliche Verwendung ins Auge gefasst war.

 

2. Der Beklagte hat aber die gegebenen Vermutungen durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung seines Ausbildungsleiters Rodewald entkräftet, der bestätigte, dass die Domain zu Ausbildungszwecken reserviert wurde und er außerdem dem Beklagten die Fähigkeit absprach, kommerzielle Fähigkeiten im Internet zu entfalten (AG 3 nach Bl. 75). Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt dafür, das die eidesstattliche Versicherung unrichtig war. Durch sie wird auch die Vermutung entkräftet, dass der Beklagten sich später branchenah zur Klägerin betätigen wolle.

 

Die Kammer kann der Auffassung der Klägerin, dass auch der Anschein des geschäftlichen Handelns bereits ein solches darstellt, nicht folgen. Dadurch wird der Schutzzweck des Markenrechts überschritten.

Da somit für das einstweilige Verfügungsverfahren nicht ausreichend sicher angenommen werden kann, dass der Beklagten in geschäftlichen Verkehr handeln wollte, kann dahingestellt bleiben, ob konkrete Verwechslungsgefahr bestand.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a ZPO:

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 6 ZPO.

 

 

... Vors. Richterin am Landgericht

... Handelsrichter

... Handelsrichter