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KG / LG Berlin: "oil-of-elf.de"

Leitsätzliches

Das Unternehmen der Mineralölindustrie unterliegt im Rechtsstreit um die Domain oil-of-elf.de gegen Greenpeace. Es liegt keine Interessenverletzung (mehr) vor, wenn der Nutzer bei Aufruf der Domain sieht, dass die dort verbreiteten Informationen über den Namensinhaber nicht vom Namensinhaber stammen, sondern von Dritten.Im Berufungsverfahren entscheidet das Kammergericht, dass die zunächst ergangene Einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen wird. Das LG Berlin hatte zunächst die Verfügung erlassen. (Markenrecht)

KAMMERGERICHT BERLIN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 5 U 101/01

Entscheidung vom 23. Oktober 2001

 

 

 

In dem Rechtsstreit

 

(...)

 

Antragsgegner und Berufungskläger,

 

g e g e n

 

(...)

 

Antragstellerin und Berufungsbeklagte,

 

 

 

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase sowie die Richter am Kammergericht Crass und Dr. Pahl für Recht erkannt:

 

I. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 6. März 2001 – Az. 16 O 33/01 - geändert:

 

Die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2001 - Az. 16 O 33/01 - wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

 

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Mineralölindustrie, welches kürzlich aus den drei Unternehmen (...), (...) und (...) gebildet wurde. Ihre Produkte werden u.a. an Tankstellen mit der Bezeichnung "elf' vertrieben. Der Antragsgegner Ist eine international tätige Umweltschutzorganisation.

 

Der Antragsgegner unterhielt eine Domain www.oil-of-elf.de, von welcher die Antragstellerin am 10. Januar 2001 Kenntnis erlangte. Wer diese Domain aufrief, erhielt Zugriff auf Internet-Seiten der Antragsgegnerin (unter der Adressenangabe "www.greenpeace.de/..."), die sich kritisch mit der Ölförderung der Antragstellerin in Russland sowie deren Unternehmenspolitik auseinandersetzen.

 

Die Antragstellerin hält die Domain www.oil-of-elf.de für eine Verletzung der von Ihr beanspruchten Kennzeichenrechte und hat am 18. Januar 2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Antragsgegner bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, unter der Internet-Domain „www.oil-of-elf.de“ im Internat aufzutreten. Auf den Widerspruch des Antragsgegners hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung die einstweilige Verfügung bestätigt. Es liege jedenfalls anfänglich eine Verwechselungsgefahr und Zuordnungsverwirrung vor, deren Unterbindung die Antragstellerin nach § 12 BGB verlangen könne

 

Von einer weiteren Darstellung das Tatbestandes wird entsprechend § 543 Abs. 1, 1. Alt. ZPO a.F. abgesehen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

A. Die Berufung ist begründet. Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner kein Unterlassungsanspruch dahin zu, unter der Internet-Domain „www.oil-of-elf.de“ aufzutreten.

 

I. Firmenrechtliche Ansprüche aus § 16 MarkenG kommen nicht in Betracht.

 

Nach seinem Wortlaut und seinem Schutzzweck setzt § 16 MarkenG ein Handeln des Verletzers „Im geschäftlichen Verkehr" voraus (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rdn. 21). Ein solches Handeln fehlt bei einer Vereins- oder Verbandstätigkeit mit ausschließlich ideeller Zielsetzung (BGH, GRUR 1976, 379, 380 - KSB; Ingerl/Rohnke, a.a.O.; § 15 Rdn. 21 und § 14 Rdn. 36).

 

Der Antragsgegner hat hier mit seiner Information unter der in Rede stehenden Domain allein seine ideellen, auf den Umweltschutz gerichteten Ziele verfolgt. Begleitende auch geschäftliche Interessen - eigene oder geförderter Dritter - sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Soweit die kritische Information über die Antragstellerin deren Konkurrenten im Wettbewerb zugute kommen kann, wäre dies nur eine beiläufige Folge der ideellen Tätigkeit.

 

II. Auch eine Verletzung des Namensrechts der Antragstellerin nach § 12 BGB ist nicht gegeben.

 

1. Außerhalb des geschäftlichen Verkehr kommt allerdings ein ergänzender Schutz von Unternehmenskennzeichen durch § 12 BGB in Betracht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rdn. 21; Nach § 15 Rdn. 7 m.w.N.).

 

2. Die Geschäftsbezeichnung der Antragstellerin ist auch hinreichend unterscheidungskräftig (für einen Mineralölhandel „Elf“ - im Deutschen eine Zahl, die keinen sachlichgegenständlichen Bezug erkennen lässt und recht einprägsam ist) und prioritätsjünger als der Domain-Gebrauch das Antragsgegners.

 

3. Der Antragsgegner mag auch den Namen der Antragstellerin "gebraucht" haben.

 

a) Als Namensgebrauch im Sinne des § 12 BGB ist nicht jede Form der Verwendung eines fremden Namens anzusehen, sondern nur solche Namensanmaßungen, die geeignet sind, eine namensmäßige Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (BGH, GRUR 1996, 422, 423 - J. C. Winter; 1993, 151, 153 – Universitätsemblem; Ingerl/Rohnke, a.a.0., Nach § 13 Rdn. 14, Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 12 Rdn. 20). Bei bloßen Namensnennungen, also der Verwandlung des richtigen fremden Namens für den richtigen Namensträger scheidet ein Schutz durch § 12 BGB mangels ldentitäts- oder Zuordnungsverwirrung aus (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rdn. 17).

 

b) Die hier vorliegende Domain kann sich für den angesprochenen Informationsinteressenten schon als eine namensmäßige Bezeichnung des Domain-Inhabers darstellen.

 

Dies folgt allerdings nicht schon allein aus der Funktion eines Domain-Namens. Die Domain wird zwar häufig nach dem Namen bzw. Unternehmenskennzeichen des Inhabers ausgewählt, so dass dann ein namensmäßiger Gebrauch vorliegt (vgl. Senat, NJW 1997, 3321 - concert-concept). Zwingend ist dies aber nicht. Nicht selten werden - insbesondere bei weniger bekannten Unternehmenskennzeichen - Gattungsbegriffe als Domain-Namen eingesetzt, die den Unternehmensgegenstand beschreiben, um in der Sache interessierte Kunden über die Suchmaschinen für die Homepage zu interessieren.

 

Die Wendung „oil-of-elf" hat zwar einen deutlichen Bezug zu einem Unternehmensgegenstand, wenn sie auf das Öl bezogen ist, indem dieser Begriff an den Anfang der Wendung gesetzt wird. Herkömmlich folgt die Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes dem eigentlichen Namenskern. Zwingend ist auch dies aber nicht. Prägend bleibt in der Wendung der Begriff "elf" und damit eine Unternehmenskennzeichnung. Auch wenn dem Internet-Nutzer Gattungsbegriffe als Domain-Namen geläufig sind und er sorgfältiger auf Unterschiede in der Schreibweise der Domain achtet als bei herkömmlichen Zeichen (Senat, GRUR-RR 2001, 180, 181 - CHECK IN), liegt doch bei der Wendung - übersetzt - „Öl von Elf“ die Annahme einer bloßen Gattungsbezeichnung eher fern, zumal die Gedankenstriche eher auf einen Namen hindeuten.

 

Domain-Namen können zwar auch als sachlich gestaltete Titel bzw. „Überschriften³ In Betracht kommen. inwieweit der Internet-Nutzer auch daran schon gewöhnt ist, kann hier dahingestellt bleiben. Ohne den Text der Internet-Seiten ist die Wendung nicht hinreichend deutlich als bloße Überschrift erkennbar. Überschriften enthalten in aller Regel schon eine kurze, knappe Aussage über den Gegenstand des Artikels (etwa „Öl von Elf bedroht die Umwelt“). Fehlt dies aber - wie hier - und bleibt allein die Unternehmenskennzeichnung prägend, dann liegt für den Internet-Nutzer die Annahme einer namensmäßigen Bezeichnung nicht fern, auch wenn erste Zweifel aufgeworfen sind.

 

c) Eine Verwechselungsgefahr mag hier ebenfalls bestehen.

 

aa) Auch wenn das Unternehmenskennzeichen der Antragstellerin und die Domain des Antragsgegners in ihrem prägenden Teil übereinstimmen, so achtet der Internet-Nutzer doch - wie erörtert - sorgfältiger auf Unterschiede in der Schreibweise, denn er weiß um die beschränkte Zahl der möglichen Domainbezeichnungen, die sich bei weiterer Ausbreitung das Internets immer stärker annähern (Senat, a.a.O., CHECK IN). Auch die tastenmäßige Eingabe und die häufigen Fehlermeldungen schon bei geringen Abweichungen zwingen ihn zu erhöhter Aufmerksamkeit. Zwischen „Elf Oil“ und „Oil of Elf" besteht somit zwar ein gewisser Abstand. Es bleibt dennoch eine nicht geringe Zeichenähnlichkeit.

 

bb) „Elf“ ist im Mineralölbereich durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Weitergehendes – etwa eine Steigerung kraft Verkehrsdurchsetzung - macht auch die Antragstellerin nicht geltend.

 

cc) Es fehlt zwar eine hinreichende „Branchennähe“ zwischen den Angeboten der Parteien. Die Antragstellerin vertreibt Mineralöle, der Antragsgegner gibt ideelle Informationen im Umweltbereich. Für die Beurteilung der Verwechselungsgefahr im Sinne des § 15 MarkenG ist im Fall einer Internet-Domain das auf den Webseiten zur Verfügung gestellte Dienstleistungsangebot maßgeblich (Senat, a.a.O., CHECK IN; OLG München, MMR 2000, 277). Auch die Verwechselungsgefahr im Sinne des § 12 BGB ist grundsätzlich von einer Branchennähe abhängig (BGH, NJW 1993, 460; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 12 Rdn. 30).

 

Der Gesichtspunkt einer Branchennähe kann aber in dem hier vorliegenden Bereich einer Namensführung außerhalb des Geschäftsverkehrs keine allein entscheidende Bedeutung haben. Denn - abstrakt betrachtet - kann auch ein kommerzielles Unternehmen sich mit ideellen Informationen zum Umweltschutz an die Öffentlichkeit wenden. Dies gilt insbesondere für Mineralölfirmen, die mit einem Engagement im Umweltbereich zunehmend Kritikern entgegentreten wollen. Eine Domain, unter der Umweltinformationen verbreitet werden, kann daher - losgelöst vom jeweiligen konkreten Inhalt - an sich ebenso der Antragstellerin zugeordnet worden.

 

Insoweit mag daher trotz des nicht ganz unbedeutsamen Abstandes in der Ähnlichkeit der Bezeichnung schon eine Verwechselungsgefahr bestehen.

 

4. Es fehlt aber an einer hinreichenden Interessenverletzung der Antragstellerin.

 

a) Das verletzte Interesse Im Sinne des § 12 BGB muss nicht vermögensrechtlicher Natur sein, sondern kann grundsätzlich auch ein persönliches, ideelles Interesse oder ein Affektionsinteresse sein (BGH, GRUR l970, 481, 482 - Weserklause). Bei einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung wird in der Regel auch eine Interessenverletzung zu bejahen sein (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rdn. 19). Für juristische Personen und Unternehmenskennzeichen, die keinen Namen einer natürlichen Person enthalten, gilt der weite Interessenbegriff nur eingeschränkt. Ihnen kommt Namensschutz nur im Rahmen ihres Funktionsbereichs zu; der Schutz ist also auf geschäftliche Interessen beschränkt (BGH, GRUR 1991 157, 158 - Johanniter-Bier; 1976, 379, 381 - KSB; weitergehend Ingerl/Rohnke a.a.O., Nach § 15 Rdn. 20). Ideelle Belange können von Bedeutung sein, wenn sie sich in geschäftlichen Interessen niederschlagen (BGH, a.a.O., KSB).

 

b) Auch die Antragstellerin macht hier eine Verwechselungsgefahr nur „auf den ersten Blick“ geltend, denn auf den zweiten Blick sei erkennbar, dass der Nutzer auf eine Webseite des Antragsgegners geleitet worden sei.

 

aa) Suchen Nutzer Informationen über bzw. von der Antragstellerin, so könnten sie diese über die Eingabe von Domain-Namen suchen. Die Antragstellerin schließt aber aus, dass Nutzer von dieser "ineffizienten und unsinnigen" Suchmethode in nennenswertem Umfang Gebrauch machen.

 

bb) Bei der Suche über Suchmaschinen wurde die hier in Rede stehende Domain des Antragsgegners aufgeführt.

 

Der Nutzer, der Informationen über die Antragstellerin (von wem auch immer) sucht, wird nicht enttäuscht, wenn er die Domain des Antragstellers aufsucht.

 

Aber auch Nutzer, die Informationen von der Antragstellerin suchen, werden allenfalls für den Bruchteil von Sekunden getäuscht. Denn in den von der Antragstellerin vorgetragenen Fundmeldungen der Suchmaschinen wird die Domain des Antragsgegners sogleich näher erläutert („Die oil-of-Elf Seiten von Greenpeace Deutschland geben Ihnen ..."; „Briefwechsel mit Elf-Vorstand (...) www.greenpeace.de ... Der Ölkonzern (...) ist mitverantwortlich für die Ölpest ... "). Schon bei einem kurzen Überfliegen der Suchergebnisse wird dem Nutzer deutlich, dass er unter der Domain des Antragsgegners Informationen von diesem über die Antragstellerin erhält. Die Verwechselungsgefahr aus der Namensführung kann insoweit nur zu einem kurzzeitigen "Blickfang" führen, nicht aber zu einem irregeführten Aufruf der Webseite. Selbst wenn kleinere Suchmaschinen bei der Auflistung des Suchergebnisses keine weitergehenden Informationen geben sollten, so bleibt allein für diesen Fall eine weitergehende Zuordnungsverwirrung. Wird aber die Domain aufgerufen, kommt eine Irreführung über den Informationsgeber nach ihrem Inhalt noch weniger In Betracht. Selbst die Antragstellerin gesteht zu, dass der Inhalt der Webseite insoweit eindeutig ist.

 

Eine vorübergehende Unklarheit in der Zuordnung einer Domain bis zum Aufruf der Internet-Seite begründet grundsätzlich noch keine hinreichende Interessenbeeinträchtigung, soweit es sich nicht um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung handelt (Senat, a.a.O., Seite 181 - CHECK IN). Letzteres hat die Antragstellerin hier nicht vorgetragen. Der verständige Internet-Nutzer ist sich der nur groben Vorauswahl der Suchmaschinen bewusst. Er wird deshalb in der Regel auch nicht sogleich entmutigt eine weitere Suche nach der Homepage der Antragstellerin aufgeben, wenn er nach dem Suchergebnis zuerst die Homepage des Antragsgegners aufgerufen hat. Dass die Antragstellerin mit einer Homepage unter ihrem Unternehmenskennzeichen völlig aus den Suchergebnissen der gängigen Suchmaschinen herausfallen könnte (etwa weil der Antragsgegner Nachahmer gefunden hätte), ist derzeit weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

c) Die Antragstellerin räumt auch ein, dass die Webseiten des Antragsgegners - etwa durch das Setzen von Meta-Tags - bei der Eingabe Ihres Unternehmensschlagwortes von Suchmaschinen als Treffer genannt werden können. Die Verbindung zwischen dem Gebrauch ihres Unternehmensschlagwortes durch den Nutzer hin zur Informationsseite des Antragsgegners kann und will sie nicht unterbrechen.

 

Der somit allein maßgebliche kurzzeitige Blickfang bei der Auswertung das Ergebnisses der Suchmaschinen beeinträchtigt nicht hinreichend geschäftliche Interessen der Antragstellerin.

 

5. Im Übrigen gebraucht der Antragsgegner den Namen der Antragstellerin nicht "unbefugt".

 

a) Unbefugt ist der Gebrauch, wenn ein eigenes Benutzungsrecht nicht gegeben ist (BGH, GRUR 1996, 422, 423 - J. C. Winter). Die Namensverwendung kann auch durch die Meinungs- und Pressefreiheit gerechtfertigt sein, und zwar je nach den Umständen auch in blickfangartiger Wiedergabe (BGH, GRUR 1979, 564, 565 - Metall-Zeitung; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rdn. 18).

 

c) Der Antragsgegner hat hier (durch die Anlage Bf 3) glaubhaft gemacht, dass er mit seiner Domain-Angabe im erheblichen Umfang bei der Suche durch Suchmaschinen gegenüber bloßen Suchangaben auf den Seiten begünstigt wird, er also eine weit größere Öffentlichkeit erreichen kann. Denn die Angaben in einer Domain würden von den Suchmaschinen überwiegend gegenüber bloßen Angaben auf den Seiten bevorzugt, also eher und in der Auflistung früher genannt,

 

Eine besondere inhaltliche Gestaltung einer Verlautbarung zur Erzielung einer größeren Öffentlichkeit steht unter dem Schutz des Art. 5 GG. Dieses Interesse des Antragsgegners überwiegt - jedenfalls zur Zeit - die allenfalls marginal berührten geschäftlichen Interessen der Antragstellerin (Art. 14 GG) deutlich.

 

B. Die Nebenentscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 ZPO.

 

 

 

Hasse Crass Dr. Pahl

LANDGERICHT BERLIN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 16 O 33/01

Entscheidung vom 6. März 2001

 

 

 

Tatbestand

 

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der ..., welches kürzlich aus den drei Unternehmen ..., ... und ... gebildet wurde. Ihre Produkte werden u. a. an Tankstellen mit der Bezeichnung ... vertrieben. Der Antragsgegner ist eine international tätige Umweltschutzorganisation.

 

Der Antragsgegner unterhielt eine Domain ..., von welcher die Antragstellerin am 10. Januar 2001 Kenntnis erlangte. Wer diese Domain aufrief, wurde auf Internet-Seiten der Antragsgegnerin unter ... umgeleitet, die sich kritisch mit der Ölförderung der Antragstellerin in Russland sowie deren Unternehmenspolitik auseinandersetzen.

 

Die Antragstellerin hält die Domain ... für eine Verletzung der von ihr beanspruchten Kennzeichenrechte und hat am 18. Januar 2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Antragsgegner bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, unter der Internet-Domain "..." im Internet aufzutreten. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Antragsgegners, dem die einstweilige Verfügung am 26. Januar 2001 zugestellt worden ist.

 

Die Antragstellerin trägt vor:

Die Angabe ... werde nach der Verkehrsauffassung dahin verstanden, dass es sich um Internet-Seiten handele, die sich mit den Mineralölprodukten der Antragstellerin befassten, und nicht um Internet-Seiten einer Umweltschutzorganisation. Der Benutzer könne erst nach näherem Hinsehen erkennen, dass er nicht wie erwartet, auf Internet-Seiten der Antragstellerin gelangt sei. Hierin sei eine Irreführung des Verkehrs zu sehen, welche eine Verletzung des Namensrechts der Antragstellerin bewirke. Die Internet-Domain besitze ganz überwiegend Namensfunktion, weshalb es allein der Antragstellerin vorbehalten sei, eine Domain wie die streitgegenständliche zu benutzen.

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2001 zu bestätigen.

 

Der Antragsgegner beantragt,

 

die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2001 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

 

Der Antragsgegner stellt eine unbefugte Namensführung nach § 12 BGB in Abrede. Die Domain "..." sei im vorliegenden Fall - ähnlich wie eine Schlagzeile in der Presse - als Titelzahl dort eingesetzt worden. Weder über die Verantwortlichen noch über den Betreiber werde hier in die Irre geführt. Jeder Internet-Besucher könne auf den zweiten Blick erkennen, dass er sich auf den Internet-Seiten des Antragsgegners befinde, was auch dadurch deutlich werde, dass die Domain ... in Umweltverzeichnissen wie ... geführt werde. Es sei schon technisch für den Benutzer nicht möglich, den Antragsgegner beim Aufsuchen der Domain zu übersehen.

 

Der Antragsgegner bestreitet, dass sich die Domain den Namen der Antragstellerin zu eigen mache. Es handele sich um eine Schlagzeile, in der, von den Kommunikationsrechten des Artikel 5 Grundgesetz geschützt, der Name der Antragstellerin nur als Gegenstand einer Aussage genannt werde. Der Name der Antragstellerin sei als Stichwort für kritische Auseinandersetzungen anzusehen. Auch erfolge durch den ironischen Anklang an ... eine Distanzierung.

 

Die Domain "..." solle der Kommunikation dienen, um den Diskurs über die Unternehmenspolitik und die Ölförderung der Antragstellerin in Russland zu fördern. Gleichzeitig solle unter dem Stichwort ... Information vermittelt, eine Aufklärung erzielt und so eine Lösung über die Medien erzielt werden.

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die ihren Verfahrensbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist, §§ 936, 925 ZPO. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen dringenden Unterlassungsanspruch gemäß § 12 BGB. Die Kammer verbleibt bei ihrer Auffassung, dass hier eine Namensrechtsverletzung im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift vorliegt.

 

Mit der Unterhaltung der Domain "..." hat der Antragsgegner unbefugt als prägenden Bestandteil den der Antragstellerin zustehenden Namensbestandteil ... gebraucht und dadurch deren schutzwürdiges Interesse verletzt. Denn nach der Ansicht eines beachtlichen Teils des Verkehrs lässt die Verwendung der streitgegenständlichen Domain auf eine Beziehung zu dem Mineralölunternehmen der Antragstellerin schließen. Hierfür genügt es, wenn nur einzelne Namensteile gebraucht werden, sofern es sich hierbei um besonders prägende handelt. Die Antragstellerin lässt unter der Bezeichnung "..." ihre Produkte auf Tankstellen vertreiben. Auch wenn die korrekte Bezeichnung des Unternehmens seit der Fusion ... lautet, so ist doch zu beachten, dass der Verkehr vor allem bei längeren Namen zu Abkürzungen neigt und "..." einen prägenden Bestandteil des Namens darstellt und das Unternehmen auch weiterhin als "..." im geschäftlichen Verkehr auftritt und bekannt ist. Der unbefugte Gebrauch folgt aus dem Vorliegen der Verwechslungsgefahr und der Zuordnungsverwirrung bei Verwendung des Namens ... als Internet-Domain.

 

Bei einer Internet-Domain handelt es sich regelmäßig um ein namensähnliches Kennzeichen, dem eine Namensfunktion zukommt. Wer das Internet zur Darstellung eigener Inhalte nutzen möchte, tritt in der Regel unter einer Domain mit dem eigenen Namen auf. Auch verbindet der durchschnittliche Anwender regelmäßig die Bezeichnung der Domain gedanklich mit dem Namen des gesuchten Anbieters. Führt nun die Domain "..." nicht zu Internet-Seiten der Antragstellerin, so unterliegt der Benutzer einer zumindest anfänglichen Zuordnungsverwirrung, deren Unterbindung die Antragstellerin verlangen kann.

 

Der Antragsgegner trägt hiergegen vor, jeder Internet-Besucher könne auf den zweiten Blick erkennen, sich auf den Internet-Seiten des Antragsgegners zu befinden, was auch dadurch deutlich werde, dass die Domain ... in Umweltverzeichnissen wie ... ausgeführt werde. Hierdurch wird aber gerade nicht die anfängliche Verwechslungsgefahr beseitigt, gegen die sich die Antragstellerin ebenso zu Recht wehrt, wie gegen den Umstand, dass eine Irreführung über den Betreiber jedenfalls beim Aufsuchen der Domain zunächst gegeben ist.

 

Auch eine Abwägung des Interesses des Antragsgegners mit dem der Antragstellerin ergibt, dass das schutzwürdige Interesse der Antragstellerin überwiegt. Ohne Zweifel hat zwar der Antragsgegner das Recht, sich im Rahmen der Kommunikationsrechte des Artikel 5 Grundgesetz über das Medium Internet mit der Unternehmenspolitik und den Umweltstandards der Antragstellerin kritisch auseinanderzusetzen und hierbei selbstredend auch den Namen ... anzuführen. Des Weiteren ist es ihm unbenommen, die Öffentlichkeit zu informieren und aufzuklären sowie seine Standpunkte darzulegen. Der Schutz durch Artikel 5 Grundgesetz reicht allerdings nur so weit, wie nicht die Rechte anderer beeinträchtigt werden (siehe Absatz 2 der genannten Vorschrift). Zu solchen Rechten anderer gehört u.a. das Namensrecht. Hierdurch wird dem Antragsgegner auch nicht untersagt, eine bestimmte Meinung zu äußern, und auch die Pressefreiheit ist hier nicht tangiert. Denn nach Auffassung der Kammer trifft es nicht zu, dass die Internet-Domain mit der Überschrift eines Zeitungsartikels vergleichbar wäre. Wenn überhaupt insoweit ein Vergleich gezogen werden kann, so ist es eher so, dass die Domain dem Titel eines Presseorgans (und nicht eines Presseartikels) vergleichbar wäre. Dass aber Pressetitel auf die Kennzeichenrechte Dritter Rücksicht zu nehmen haben und dass dem auch nicht die Pressefreiheit entgegensteht, bedarf aus Sicht der Kammer keiner weiteren Vertiefung, zumal auch die hier in Rede stehenden Kennzeichnungsrechte grundrechtsrelevante Positionen (Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Artikel 1, Absatz 1, Artikel 2, Absatz 1 Grundgesetz, und Eigentum, Artikel 14 Grundgesetz) darstellen.

 

Die mögliche Distanzierung durch den ironischen Anklang an "..." vermag an alledem ebenfalls nichts zu ändern. Zum einen ist zu bezweifeln, ob diese Anspielung überhaupt von jedermann erkannt wird. Zum anderen liegt eine kritische Auseinandersetzung mit besagtem Kosmetikartikel nicht vor.

 

Festzuhalten bleibt, dass nach Auffassung der Kammer die Untersagungsverfügung nicht in verfassungsrelevanter Weise in die durch Artikel 5 Grundgesetz geschützten Grundrechte des Antragsgegners eingreift. Denn der Antragsgegner darf - was nochmals zu betonen ist - sämtliche Inhalte weiterhin im Internet als Informations- und Aufklärungsmaterial verwenden. Diese werden vom Verbotsinhalt nicht umfasst. Der Antragsgegner muss nur eine andere Domain auswählen, die nicht das durch § 12 BGB geschützte Namensrecht der Antragstellerin verletzt.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da einstweilige Verfügungen und ihre Bestätigungen bereits aus sich heraus kraft Natur der Sache sofort vollstreckbar sind, ohne dass dies gesondert ausgesprochen werden müsste.

LANDGERICHT BERLIN

 

BESCHLUSS

 

Aktenzeichen: 16 O 33/01

Entscheidung vom 18. Januar 2001

 

 

 

In Sachen

 

(...)

 

 

 

wird im Wege der einstweiligen Verfügung - wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung - angeordnet (§§ 12, 1004 BGB; 935 ff, 91, 890 ZPO):

 

1. Dem Antragsteller wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihrem Vorstand, untersagt,

unter der Internet-Domain "www.oil-of-elf.de" im Internet aufzutreten.

 

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu zahlen.

 

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

 

 

 

Gründe

 

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner unter der im Beschlusstenor aufgeführten Internet-Domain Nachrichten über die Antragstellerin verbreitet. Die Benutzung der besagten Internet-Domain verletzt das Namensrecht der Antragstellerin gemäß § 12 BGB, weil die Internet-Domain oil-of-elf mit der Firma der Antragstellerin verwechselungsfähig ist; denn prägend in der Firma der Antragstellerin ist der Begriff elf, weil sie unter diesem Firmenschlagwort im geschäftlichen Verkehr auftritt. Der Internet-Nutzer kann daher bei Aufruf der streitgegenständlichen Domain zunächst zu der Auffassung gelangen, es handele sich um die Domain der Antragstellerin. Zwar wird der Internet-Nutzer bei näherer Befassung des unter der streitgegenständlichen Domain veröffentlichten Inhalts zu der Auffassung gelangen, dass der Inhalt nicht von der Antragstellerin sondern von dem Antragsgegner stammt. Dies beseitigt jedoch nicht die zuvor beim Aufruf der Domain eingetretene Verwechslungsgefahr. Auch die Tatsache, dass es sich bei der von dem Antragsgegner reservierten. Internet-Domain um eine scherzhafte Abwandlung der Firma der Antragstellerin handelt, beseitigt die Verwechselungsgefahr nicht, weil diese nicht von vornherein von allen Internet-Nutzern als solche erkannt wird.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer hat die Internet-Domain Namensfunktion, weil im allgemeinen der Domain-Inhaber unter seinem Namen oder seiner Firma auch im Internet auftritt.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die von‑ dem Antrag abweichende Formulierung des Beschlusstenors beruht auf § 938 ZPO und hat keine teilweise Zurückweisung des Antrags zum Gegenstand.

 

[Unterschriften]