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Markenwiderspruch "Hapimag" gegen Logo HFA Hapimag Ferienclub für Aktionäre - EUIPO, Entscheidung vom 13.9.2023 Az.: B 3 166 860

Leitsätzliches

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.
(nicht rechtskräftig)

WIDERSPRUCH Nr. B 3 166 860

Hapimag AG, Sumpfstrasse 18, 6312 Steinhausen, Schweiz (Widersprechende), vertreten durch Terhaag & Partner Rechtsanwälte, Grabenstraße 5, 40213 Düsseldorf, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Hapimag Ferienclub für Aktionäre e.V., Baslerstraße 18, 5330 Bad Zurzach, Schweiz (Anmelderin), vertreten durch [...] (zugelassener Vertreter).

Am 13.09.2023, trifft die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1. Dem Widerspruch Nr. B 3 166 860 wird für alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 18 575 143 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen (der Klassen 16, 35 und 41) der Unionsmarkenanmeldung Nr. 18 575 143 (Bildmarke:"

„) ein. Der Widerspruch beruht u.a. auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 11 412 616 (Wortmarke: „Hapimag”). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

 

BENUTZUNGSNACHWEIS UND BEKANNTHEIT

Laut der Widersprechenden verfügt die ältere Unionsmarkeneintragung Nr. 11 412 616 aufgrund ihrer umfassenden Benutzung in der Hotelbranche für die Vermietung von verschiedenen Urlaubsressorts über Bekanntheit. Diese Behauptung muss sorgfältig untersucht werden, da die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden muss. Tatsächlich ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken mit hoher Kennzeichnungskraft aufgrund ihrer Bekanntheit auf dem Markt einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 18).

Aus verfahrensökonomischen Gründen beurteilt die Widerspruchsabteilung die Bekanntheit zusammen mit dem Nachweis der Benutzung der älteren Marke.

Des Weiteren hat die Anmelderin von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der Marke, auf der der Widerspruch u.a. beruht, darunter der Unionsmarkeneintragung Nr. 11 412 616, verlangt. Aus verfahrensökonomischen Gründen wird die Widerspruchsabteilung den Benutzungsnachweis nur hinsichtlich letzterer Marke prüfen.

Gemäß Artikel 47 Absätze 2 und 3 UMV hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmeldetag oder ggf. dem Prioritätstag der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung wird der Widerspruch bei Fehlen eines solchen Nachweises zurückgewiesen.

Der Anmeldetag der angefochtenen Anmeldung ist der 12/10/2021. Die Widersprechende musste daher nachweisen, dass die Unionsmarke Nr. 11 412 616 in der Europäischen Union vom 12/10/2016 bis einschließlich zum 11/10/2021 ernsthaft benutzt wurde. Der Nachweis der Bekanntheit ist ebenfalls vor dem Datum des Anmeldetags der angefochtenen Marke zu erbringen.

Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht und ist zulässig, da die frühere Marke mehr als fünf Jahre vor dem vorstehend genannten maßgeblichen Datum eingetragen war, nämlich eingetragen am 29/04/2013.

Aus diesem Nachweis muss ferner die Benutzung der Marke in Verbindung mit den Dienstleistungen hervorgehen, auf deren Grundlage der Widerspruch u.a. eingelegt wurde, und zwar Folgende der Klasse 43:

Betrieb von Urlaubsresorts/Hotels, Betrieb von Feriencamps [Beherbergung], Zimmerreservierung [Hotels, Pensionen], Zimmervermittlung [Hotels, Pensionen], Vermietung von Ferienhäusern, Verpflegung von Gästen in Cafés und Restaurants. 

Gemäß Artikel 10 Absatz 3 DVUM muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.

Am 13/06/2022 setzte das Amt in Anwendung von Artikel 10 Absatz 2 DVUM der Widersprechenden eine Frist bis zum 18/08/2022, um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen. Diese Frist wurde bis zum 18/10/2022 verlängert (vgl. Schreiben des Amtes vom 05/08/2022). Die Widersprechende legte fristgerecht am 18/10/2022 zeitgleich innerhalb der Frist zur Substantiierung des Widerspruchs sowohl Benutzungsnachweise als auch Nachweise für eine Bekanntheit vor. Inhaltlich stimmen diese teilweise überein.

Die in Betracht zu ziehenden Beweismittel sind entsprechend insbesondere die Folgenden (und beziehen sich auf das Schreiben mit den vorgelegten Benutzungsnachweisen):

  • Anlagen 14-16: Geschäftsberichte der Widersprechenden für die Jahre 2019, 2020 und 2021. Da die Bezeichnung der Widersprechenden Hapimag AG bis auf den Zusatz auf die Rechtsform Aktiengesellschaft mit der zu beurteilenden Marke übereinstimmt, können die darin enthaltenen Angaben wesentlich berücksichtigt werden. Im Einzelnen: Es gab im Jahr 2019 eine Anzahl von 246.221 Reisebuchungen in den Hapimag-Resorts, im Jahr 2020 war es eine Anzahl von 207.975 Gästen, im Jahr 2021 eine Anzahl von 280.275 Gästen, im Jahr 2021 gab es 1,808 Mio. Übernachtungen in den Hapimag-Resorts. Aus Anlage 14 geht hervor, dass Hapimag im Jahr 2018 einen Umsatz von 167,9 Mio. Euro und im Jahr 2019 einen Umsatz von 163,6 Mio. Euro mit Reisebuchungen hatte. Aus Anlage 16 geht hervor, dass Hapimag im Jahr 2020 einen Umsatz von 112,6 Mio. Euro und im Jahr 2021 einen Umsatz von 130,9 Mio. Euro hatte. Aus dieser Anlage ergibt sich ferner, dass Hapimag im Jahr 2017 eine Anzahl von 57 Resorts (= Unterkünften) mit 5.330 Wohneinheiten, im Jahr 2018 58 Resorts mit 5.448 Wohneinheiten, im Jahr 2019 ebenfalls 58 Resorts mit 5.446 Wohneinheiten, im Jahr 2020 eine Anzahl von 57 Resorts mit 5.439 Wohneinheiten sowie im Jahr 2021 eine Anzahl von 56 Resorts mit 5.279 Wohneinheiten betrieben hat. Von diesen Resorts befinden sich 50 in der Europäischen Union, nämlich in: Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Tschechien, Ungarn und bis 2021 auch UK;
     
  • Anlage 27: Artikel aus der Presse, welche über einen Gästerekord bei Hapimag im Jahr 2019 berichten. Der Gästerekord wird auch in Anlage 14 (vgl. Seiten 3 u. 23) dargelegt. Daraus ergibt sich ebenfalls, dass es bereits im Jahr 2018 einen Gästerekord gab;
     
  • Anlage 28: Die Hapimag-Resorts wurden in den Jahren 2018 bis 2021 von unabhängigen Reisebewertungsportalen, nämlich Holiday-Check und TripAdvisor, ausgezeichnet. Es wurden 19 Hapimag-Resorts im Jahr 2022 mit „HolidayCheck SpecialAwards 2022“ ausgezeichnet. Zudem wurde Hapimag mit 12 „HolidayCheck Special Awards 2021“ und mit 18 „HolidayCheck Awards 2020” und 20 „HolidayCheck Awards 2019“ ausgezeichnet. Zudem wurde Hapimag mit 25 „TripAdvisor Certifications of Excellence“ im Jahr 2019 sowie mit 22 „TripAdvisor Certifications of Excellence“ im Jahr 2018 ausgezeichnet. Zudem bekam Hapimag im Jahr 2020 18mal den „Travellers Choice Award“ von TripAdvisor und im Jahr 2021 32-mal den „Travellers Review Awards 2021” von Booking.com;
     
  • Anlage 29: Ausgezeichnet wurden etwa das Hapimag-Resort Albufeira in Portugal (2. Platz, Beliebteste Resort Hotels in Portugal), das Hapimag-Resort Hamburg in Deutschland (1. Platz, Beliebteste Stadthotels in Deutschland), das Hapimag-Resort Binz in Deutschland (4. Platz, Beliebteste Strandhotels in Deutschland), das Hapimag-Resort Pentolina in Italien (7. Platz, Beliebteste Resort Hotels in Italien), das Hapimag-Resort Damnoni in Griechenland (Platz 8, Beliebteste Resort Hotels in Griechenland.

Zu den vorgelegten Unterlagen der Widersprechenden ist festzustellen, dass sie eine starke und in den Jahren kontinuierliche Benutzung der Marke auf dem relevanten Gebiet dokumentieren. Sie liegen im zu beurteilenden Zeitraum, richten sich an verschiedene Empfänger in unterschiedlichen Orten im zu beurteilenden Gebiet und weisen eine kontinuierliche Benutzung der Marke hinsichtlich des Betreibens verschiedener Urlaubsdomizile unter Nutzung der Marke u.a. in der EU auf.

Auch wenn die übrigen vorgelegten Unterlagen der Widersprechenden keine Rechnungen oder Umsätze enthalten, die auf die einzelnen Ressorts aufgeteilt sind, erscheint es in Anbetracht der zahlreichen oder überwiegenden Auszeichnungen in der Europäischen Union (s.o.) plausibel, dass zumindest ein wesentlicher Teil der Umsätze auch dort erbracht worden ist. 

Die in den einzelnen Geschäftsjahren jeweils ausgewiesenen Umsätze in dreistelliger Millionenhöhe reichen vorliegend aus, um neben dem Nachweis der Benutzung auch eine Bekanntheit der älteren Marke in der Europäischen Union (einschließlich Deutschland) zu belegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass neben den Umsätzen auch die Kundenmeinungen, die u. a. zu Auszeichnungen führen, die Wahrnehmung auf das Publikum dokumentieren. Die Widersprechende erzielt daher nicht nur Umsätze in nicht unerheblicher Höhe, sondern stellt einen beliebten Anbieter dar, um einen Urlaub zu verbringen. Damit ist eine gewisse Bekanntheit der älteren Marke gegeben.

Soweit die Anmelderin vorträgt, die Widersprechende unterhält in nur 11 von 27 EU-Ländern Ressorts mit der Bezeichnung „HAPIMAG“ (Deutschland 13; Italien 7; Österreich 7; Frankreich 5; Spanien 5, Griechenland 3; je weiteres Land nur 1), ist festzustellen, dass es sich bei insgesamt über 40 Ressorts um eine nicht unerhebliche Anzahl handelt. Dass die Widersprechende ihre Tätigkeit dabei schwerpunktmäßig mehr auf West- und Südeuropa konzentriert, ist eine unternehmerische Entscheidung, die nicht zu ihren Ungunsten ausgelegt werden kann. Dabei reicht bekanntlich der Nachweis der Bekanntheit in einem relevanten Teil der EU aus.

Im Übrigen muss die Widersprechende nicht zwangsläufig Angaben etwa zu Marktanteilen vorlegen. Vielmehr muss das Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden. Vorliegend hat die Widersprechende insbesondere eine nachhaltige und nicht unerhebliche Aktivität auf dem zu beurteilenden Markt dargelegt, was sich unmittelbar aus den Umsätzen, aus den unterschiedlichen Auszeichnungen ergibt, die teilweise auch auf der Grundlage von Kundenmeinungen zustande kamen. Im Übrigen hat die Widerspruchsabteilung diese fehlende Angabe bereits dahingehend berücksichtigt, dass lediglich eine gewisse Bekanntheit festgestellt wurde, die als einschränkend zu verstehen ist.

Dass andere Anbieter über eine längere Unternehmensgeschichte verfügen und ggf. mehr Übernachtungen zu verzeichnen haben, spricht nicht automatisch gegen eine Bekanntheit der zu beurteilenden Marke. Die Widersprechende ist möglicherweise nicht Marktführerin, sondern neben anderen ein Anbieter mit einem zudem besonderen Konzept, nämlich, dass man quasi Teilhaber am Unternehmen sein muss, um das Angebot in Anspruch nehmen zu können. Dadurch ist der Verbraucherkreis von vornherein eingeschränkt, so dass daraus folgend geringere Unternehmenszahlen zu erwarten sind. Die Widersprechende ist offensichtlich nur an solchen Kunden interessiert, die auch in das Unternehmen investieren. Wie bereits zuvor dargelegt, führen mehr Marktanteile, Übernachtungen und Umsätze anderer Anbieter nicht automatisch zu einer fehlenden Bekanntheit der zu beurteilenden Marke.

Insgesamt konnte aus den zuvor dargelegten Gründen sowohl der Nachweis der Benutzung der älteren Marke als auch der Nachweis über eine gewisse Bekanntheit zumindest für folgende Dienstleistungen der Klasse 43 in der Europäischen Union erbracht werden:

Betrieb von Urlaubsresorts/Hotels, Betrieb von Feriencamps [Beherbergung], Zimmerreservierung [Hotels, Pensionen], Zimmervermittlung [Hotels, Pensionen], Vermietung von Ferienhäusern.

 

BEKANNTHEIT – ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Demnach sind die in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten Eintragungshindernisse nur unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

  • Die Zeichen müssen entweder identisch oder ähnlich sein.
  • Die Marke der Widersprechenden muss bekannt sein. Die Bekanntheit muss zudem vor der Anmeldung der angefochtenen Marke bestanden haben; sie muss in dem betreffenden Gebiet und im Zusammenhang mit den Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, aufgrund derer der Widerspruch eingelegt wurde.
  • Gefahr einer Rechtsverletzung: Die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

Die vorgenannten Anforderungen sind kumulativ; ist daher eine der Anforderungen nicht erfüllt, so führt dies zur Zurückweisung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV (16/12/2010, T 345/08 & T 357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41). Allerdings ist zu beachten, dass die Einhaltung aller vorgenannten Voraussetzungen unter Umständen nicht ausreicht. So kann der Widerspruch auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Anmelderin einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke vorträgt.

Im vorliegenden Fall wurde von der Anmelderin kein rechtfertigender Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke geltend gemacht. In Ermangelung anderweitiger Angaben ist daher davon auszugehen, dass kein rechtfertigender Grund besteht.

a)            Bekanntheit der älteren Marke

Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel für die Bekanntheit der älteren Marke wurden bereits weiter oben geprüft. Es wird auf die entsprechenden Feststellungen verwiesen, die nach Artikel 8 Absatz 5 UMV gleichfalls gültig sind.

b)           Die Zeichen

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, […] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C 251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).“

Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C 514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage geben sind.

Der Bestandteil „FERIENCLUB“ der angefochtenen Marke hat eine Bedeutung in der deutschen Sprache, nämlich „größere, eine Einheit darstellende Anlage (3) mit klubähnlichem Charakter, in der jemandem, der hier seinen Urlaub verbringt, vor allem Animation (1) geboten wird“, vgl. www.duden.de/rechtschreibung/Ferienklub, abgerufen am 06/09/2023. Er ist für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 nicht kennzechungskräftig, weil darüber in den Printmedien und mit Hilfe der Dienstleistungen der Klasse 41 berichtet werden kann bw. es werden Informationen dazu gegeben. Für die Dienstleistungen der Klasse 35 ist das Wort zumindest kennzeichnunsschwach, weil es Lobbyarbeit zum Gegenstand des Geschäftsbetriebs haben kann etwa zur Schaffung von Voraussetzungen, die eine Investition darin interessant und wirtschaftlich lohnenswert machen. Weiter werden üblicherweise ebenfalls verschiedene Werbemittel für den Ferienclub als Marketingmaterial ausgegeben. Büroarbeiten sind als verwaltungsmäßige Voraussetzungen für einen solchen Ferienclub erforderlich und notwendig. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Deutsch spricht, wofür insbesondere (die meisen Ressorts der Widersprechenden liegen in Deutschland) auch Bekanntheit nachgewiesen wurde.

Die ältere Marke ist eine in allen Schreibweisen geschützte Wortmarke.

Die angefochtene Marke ist eine Bildmarke. Deren grafische Ausgestaltungselemente bestehen aus der stilsierten Darstellung des Teils einer gelben/orangefarbenen Sonne im Hintergrund mit einem blauen Baum darin im Vordergrund. Dieser steht insbesondee auf einem nach rechts bogenförmig verlängerten Boden, auf dem im Weiteren in einer Senke drei ebenfalls blaue Häuser stehen. Über der sich darüber befindenden Buchstabenfolge in weißer Farbe „HFA“ sind zwei fliegende Vögel stilisiert ebenfalls blau abgebildet. Rechts daneben stehen die Wörter „HAPIMAG“ und „FERIENCLUB“ in demselben Farbton wie die Sonne. Darunter steht – deutlich kleiner – „seit 1976“. Da die Grafik in ihrer Gesamtheit nicht einfach gehalten ist, ist sie kennzeichnungskräftig.

Ein unerhebliches Element bezieht sich auf ein Element, das aufgrund seiner Größe und/oder Position auf den ersten Blick nicht auffällt oder Teil eines komplexen Zeichens ist. In der angefochtenen Marke ist die Wortfolge „FÜR AKTIONÄRE“ kaum wahrnehmbar. Da diese dem relevanten Publikum wahrscheinlich entgehen wird, wird sie nicht berücksichtigt.

Die Bestandteile    „HAPIMAG“    und    „HFA“    sind bedeutungslos und damit kennzeichnungskräftig.

Nicht kennzeichnungskräftig ist „SEIT 1976“ der angefochtdenn Marke als verständlicher Hinweis auf die Dauer einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Gleichzeitig ist der Bestandteil aufgrund seiner geringen Größe im Vergleich zu den übrigen Bestandteilen des Zeichens lediglich von untergeordneter Bedeutung.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T?312/03, Selenium-Ace / SELENIUM SPEZIAL A-C-E (fig.), EU:T:2005:289, § 37).

In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Zeichen durch die zusätzliche Grafik der angefochtenen Marke. Wie bereits dargelegt, können die nicht kennzeichnungskräftigen bzw. zumindest kennzeichnungsschwachen Bestandteile der angefochtenen Marke „SEIT 1976“ und „FERIENCLUB“ nicht wesentlich berücksichtigt werden. Die ältere Marke ist vollständig in der angefochtenen Marke enthalten, wenn auch leicht abweichend dargestellt. Damit sind die Marken schriftbildlich durchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht werden grafische Ausgestaltungselemente nicht ausgesprochen. Die Bestandteile „SEIT 1976“ und „FERIENCLUB“ können aufgrund ihrer zumindest bestehenden Kennzeichnungsschwäche nicht wesentlich berücksichtigt werden. Da der Verkehr dazu neigt, Zeichen so kurz wie möglich zu benennen, erscheint eine Aussprache etwa im Sinne von „HFA HAPIMAG“ eher unwahrscheinlich, vielmehr wird sich der Verbraucher an dem Wort „HAPIMAG“ orientieren, da die Reihenfolge nicht geläufiger

Buchstabenfolgen weniger in Erinnerung bleibt. „HAPIMAG“ ist übereinstimmend in beiden Marken enthalten. Der klangliche Ähnlichkeitsgrad ist daher mindestens überdurchschnittlich.

In begrifflicher Hinsicht wird auf die o. g. Ausführungen in Bezug auf die Bedeutungen der Marken bzw. ihrer Bestandteile verwiesen. Da die Bestandteile „HFA“ und „HAPIMAG“ bedeutungslos sind, ergeben sich insoweit keine Auswirkungen in Bezug auf das Ergebnis des Zeichenvergleichs. Die angefochtene Marke weicht in Bezug auf ihre zusätzlichen Bedeutungen „FERIENCLUB“ und „SEIT 1976“ von der älteren Marke ab. Sie können jedoch als zumindest kennzeichnungsschwach nicht wesentlich berücksichtigt werden. Zu berücksichtigen sind jedoch ferner die zusätzlichen Abbildungen in der angefochtenen Marke wie Sonne, Häuser und Vögel, die keine Entsprechung in der älteren Marke haben. Damit sind die Marken begrifflich nicht ähnlich.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung des Vorliegens einer Verletzungsgefahr fortgesetzt.

c)            Die gedankliche Verbindung zwischen den Marken

Wie vorstehend gezeigt, genießt die ältere Marke zumindest eine gewisse Bekanntheit, und die Zeichen sind schriftbildlich durchschnittlich und klanglich mindestens überdurchschnittlich ähnlich. Dies kann von der Beurteilung in begrifflicher Hinsicht „nicht ähnlich“ nicht wesentlich kompensiert werden. Um festzustellen, ob die Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, muss der Nachweis erbracht werden, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in Anbetracht aller einschlägigen Faktoren eine gedankliche Verbindung (oder Verknüpfung) zwischen den Marken herstellt. Die Notwendigkeit einer solchen „Verbindung“ zwischen den gegenüberstehenden Marken ist in Artikel 8 Absatz 5 UMV nicht ausdrücklich erwähnt, wurde jedoch in mehreren Urteilen bestätigt (23/10/2003, C 408/01, Adidas, EU:C:2003:582, § 29, 31; 27/11/2008, C 252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 66). Es handelt es sich nicht um eine zusätzliche Voraussetzung, sondern ist lediglich Ausdruck der Notwendigkeit, festzustellen, ob die Verbindung, die das Publikum zwischen den Marken herstellen könnte, so beschaffen ist, dass es nach Prüfung aller für den jeweiligen Fall relevanten Faktoren wahrscheinlich zu einer Beeinträchtigung oder unlauteren Ausnutzung kommen wird.

Mögliche relevante Faktoren für die Untersuchung einer „Verbindung“ sind unter anderem (27/11/2008, C 252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 42):

  • der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen;
  • die Art der Waren und Dienstleistungen, einschließlich des Grades der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zwischen diesen Waren und Dienstleistungen, sowie die betreffenden Verkehrskreise;
  • das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke;
  • der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft;
  • das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum.

Diese Liste ist nicht erschöpfend und je nach den besonderen Umständen können auch andere Kriterien zum Tragen kommen. Auch kann das Bestehen einer „Verbindung“ auf der Grundlage von nur einigen dieser Kriterien festgestellt werden.

Wie bereits zuvor festgestellt, konnte für folgende Dienstleistungen in Klasse 43 eine Bekanntheit nachgewiesen werden:

Betrieb von Urlaubsresorts/Hotels, Betrieb von Feriencamps [Beherbergung], Zimmerreservierung [Hotels, Pensionen], Zimmervermittlung [Hotels, Pensionen], Vermietung von Ferienhäusern.

Die angefochtenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 sind die Folgenden:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse. 
Klasse 35: Wirtschaftliche Lobbyarbeit; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich Druckereierzeugnisse und Werbeartikel, nämlich Bekleidungsstücke, Gepäck, Taschen, Gurte für Reisegepäck, Tassen, USB-Sticks; Büroarbeiten. 
Klasse 41: Berichterstattung; Verfassen von Texten.

Die Dienstleistungen der älteren Marke beziehen sich im Wesentlichen auf die Überlassung von Unterkünften für den Urlaub. Die angefochtenen Waren sind Printerzeugnisse, Berichterstattung darüber in Klasse 41 sowie wirtschaftliche Lobbyarbeit, der Handel mit verschiedenen Werbemitteln und Büroarbeiten, also in Bezug auf Letzteres Tätigkeiten im Bereich der Verwaltung. Es ist gerade bei Reiseveranstaltern typisch, Kataloge/Printmaterialien/Reiseberichte zu erstellen und Kunden/Reisenden Interessierten zur Verfügung zu stellen.

Auch wenn die angefochtenen Waren und Dienstleistungen entgegen der Auffassung der Widersprechenden unähnlich zu den Dienstleistungen der älteren Marke sind, bestehen gleichwohl gewisse Berührungspunkte zwischen ihnen. Die angefochtenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 können über die Überlassung von Unterkünften für den Urlaub berichten, Informationen dazu geben oder als auch Werbemittel verwendet werden. Sie haben daher zumindest einen Bezug zueinander, wobei die angefochtenen Waren und Dienstleistungen als zusätzliches Informationsmaterial zu den Dienstleistungen der älteren Marke dienen können. Die angesprochenen Verbraucher könnten ebenfalls auf den Gedanken kommen, dass die Widersprechende ihren Tätigkeitsbereich lediglich erweitert hat.

Die weitere wirtschaftliche Lobbyarbeit kann erforderlich sein, um für das Angebot der Dienstleistungen der älteren Marke die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, diese erst möglich zu machen und damit ein möglichst erfolgreiches Geschäftsmodell zu schaffen. So können durch ein nachhaltige Lobbyarbeit möglicherweise Bauprojekte forciert oder gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden, die eine Investition in diese Art von Leistungen lohnenswert machen.

Um die Marke besser in der Öffentlichkeit zu präsentieren und ihr damit zu mehr Bekanntheit zu verschaffen, werden zu deren Bekanntmachung auch verschiedene Werbemittel eingesetzt wie die hier im Rahmen der angefochtenen Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen zu beurteilenden Bekleidungsstücke, Gepäck, Taschen, Gurte für Reisegepäck, Tassen, USB-Sticks. Dabei handelt es sich um übliche Merchandising-Artikel.

Büroarbeiten schaffen zudem die erforderlichen verwaltungsmäßigen Voraussetzungen zur Sicherstellung bzw. Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Widersprechenden im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit, bei denen administrative Tätigkeiten unumgänglich sind. So gilt dies beispielsweise für die Vermittlung von Ferienunterkünften, Buchungs-/Reservierungsbestätigungen, Übermittlung von Dokumenten, Geschäftsbedingungen, Postversand (auch für Gäste), Drucken für Gäste, Telefonvermittlung für Gäste.

Unter Berücksichtigung und Abwägung aller einschlägigen Faktoren des vorliegenden Falles kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die jeweiligen Verbraucher bei Begegnung mit der angefochtenen Marke wahrscheinlich eine Verknüpfung mit dem älteren Zeichen, d. h. eine gedankliche „Verbindung“ zwischen den Zeichen herstellen werden. Obschon eine Verbindung zwischen den Zeichen eine notwendige Voraussetzung für die weitere Prüfung darstellt, ob eine Beeinträchtigung oder unlautere Ausnutzung wahrscheinlich ist, berechtigt das Vorhandensein einer solchen Verbindung noch nicht zu der Feststellung, dass möglicherweise eine Form der Schädigung im Sinne von Artikel 8 Absatz 5 UMV vorliegt (26/09/2012, T 301/09, Citigate, EU:T:2012:473, § 96).

d)           Gefahr einer Rechtsverletzung

Die Benutzung der angefochtenen Marke fällt unter die Bestimmungen von Artikel 8 Absatz 5 UMV, wenn zumindest einer der folgenden Sachverhalte zutrifft:

  • durch die Benutzung wird die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausgenutzt;
  • durch die Benutzung wird die Wertschätzung der älteren Marke beeinträchtigt;
  • durch die Benutzung wird die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt.

Zwar wird in Widerspruchsverfahren die Frage der Möglichkeit einer Beeinträchtigung und unlauteren Ausnutzung unter Umständen behandelt, doch reicht diese reine Möglichkeit für die Anwendbarkeit von Artikel 8 Absatz 5 UMV nicht aus. Die Inhaberin der älteren Marke ist nicht verpflichtet, eine tatsächliche und gegenwärtige Beeinträchtigung ihrer Marke nachzuweisen; sie muss „Gesichtspunkte anführen, aus denen dem ersten Anschein nach auf die nicht nur hypothetische Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung geschlossen werden kann“ (06/07/2012, T 60/10, Royal Shakespeare, EU:T:2012:348, § 53).

Die Widersprechende muss daher nachweisen, dass die Beeinträchtigung oder unlautere Ausnutzung in dem Sinne wahrscheinlich ist, dass sie bei gewöhnlichem Lauf der Dinge vorhersehbar ist. Hierzu ist von der Widersprechenden der Nachweis zu erbringen oder zumindest eine schlüssige Argumentation vorzubringen, wobei sie zeigt, worin die Beeinträchtigung oder unlautere Ausnutzung bestehen würde und wie es dazu kommen würde, was zu der Prima-facie-Schlussfolgerung führen könnte, dass ein solches Ereignis bei gewöhnlichem Lauf der Dinge tatsächlich wahrscheinlich ist.

Im vorliegenden Fall macht die Widersprechende geltend, die Anmelderin könnte die Bekanntheit der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen, da aufgrund der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der fraglichen Waren und Dienstleistungen die angegriffene Marke einfacher zu vermarkten sein wird. Die angefochtene Marke lehne sich daher zu sehr an die ältere Marke an. Durch die Verwendung der bekannten Marke „HAPIMAG“ in ihrem eigenen Zeichen begebe sich die Anmelderin in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke „HAPIMAG“, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, ohne eine finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen tätigen zu müssen. Eine solche Sogwirkung und ein sog. Imagetransfer liege aufgrund der hochgradigen Ähnlichkeit der Marken mit dem identischen Wortbestandteil „HAPIMAG“ auf der Hand. Somit profitiere die Marke der Anmelderin bewusst von dem guten Ruf und der Anziehungskraft der Marke „HAPIMAG“, ohne selbst hierfür Anstrengungen oder Kosten übernommen zu haben. Die Verbraucher könnten die beiden Zeichen nicht mehr unmittelbar unterscheiden, was zu einer Schwächung der Unterscheidungskraft der älteren Marke führen würde.

Mit anderen Worten macht die Widersprechende geltend, die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen und sich nachteilig auf die Wertschätzung oder Unterscheidungskraft der älteren Marke auswirken.

 

Unlautere Ausnutzung (Rufausbeutung)

Unter den Begriff der unlauteren Ausnutzung im Sinne von Artikel 8 Absatz 5 UMV sind alle Fälle zu fassen, in denen eine berühmte Marke eindeutig parasitär ausgebeutet wird oder versucht wird, Vorteil aus ihrem guten Ruf zu ziehen. Es handelt sich somit – anders gesagt – um die Gefahr, dass das Bild der bekannten Marke oder die durch sie vermittelten Merkmale auf die mit der angefochtenen Marke gekennzeichneten Waren übertragen werden, sodass deren Vermarktung durch diese gedankliche Verbindung mit der bekannten älteren Marke erleichtert wird (06/07/2012, T 60/10, Royal Shakespeare, EU:T:2012:348, § 48; 22/03/2007, T 215/03, Vips, EU:T:2007:93, § 40).

Die Widersprechende macht geltend, die Benutzung der angefochtenen Marke für die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wurde, würde den Ruf der älteren Marke in unlauterer Weise beeinträchtigen. Es wird wie folgt argumentiert:

  • Die Ähnlichkeit der Zeichen ermöglicht es, dass das Bild und die Erwartungen in Bezug auf die älteren Marke leicht auf die angegriffene Marke übertragen werden;
  • Die Verbraucher könnten die beiden Zeichen nicht mehr unmittelbar unterscheiden, was zu einer Schwächung der Unterscheidungskraft der älteren Marke führen würde.

Im vorliegenden Fall sind die sich gegenüberstehenden Zeichen schriftbildlich durchschnittlich und klanglich mindestens überdurchschnittlich ähnlich. Dies kann von der Beurteilung in begrifflicher Hinsicht „nicht ähnlich“ nicht wesentlich kompensiert werden. Die Widerspruchsabteilung ist der Auffassung, dass die Ähnlichkeit der Marken in einer Situation, in der eine Verbindung zwischen der angefochtenen Marke und der älteren bekannten Marke besteht, eine Assoziation für das maßgebliche Publikum hervorrufen würde. Eine neue sehr vergleichbare Marke bei Verwendung der streitigen Waren und Dienstleistungen würde in unzulässiger Weise vom Ruf der Widersprechenden und von den bisherigen Aufwendungen der Widersprechenden in ihre Marke profitieren. Dies würde gleichzeitig den Erfolg der Waren und Dienstleistungen der Anmelderin in einem unverhältnismäßig hohen Maß fördern. Somit würden ihr die bisher getätigten Aufwendungen der Widersprechenden für ihre Marke unzulässig ohne wesentlich eigene Aufwendungen zugutekommen, ohne auch nur eigene nachhaltige finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Sie nutzt dabei den bereits erworbenen Ruf der älteren Marke für ihre eigenen Belange aus.

Auf der Grundlage des Vorstehenden gelangt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die angefochtene Marke die Bekanntheit der älteren Marke aufgrund ihrer Ähnlichkeit und der Beziehung zu den fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrscheinlich in unlauterer Weise ausnutzen wird. Da für die Erfüllung der Bedingungen dieser Rechtsgrundlage keine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen erforderlich ist, reichen die o. g. Berührungspunkte zwischen den Waren und Dienstleistungen aus, um eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen. Dabei ist die Zeichenähnlichkeit genauso zu berücksichtigen wie die festgestellte Bekanntheit der älteren Marke. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Anmelderin durch die Benutzung der angefochtenen Marke in unfairer Weise vom Ansehen und der gleichbleibenden Verkaufskraft der älteren Marke profitiert. Die Anmelderin könnte in unlauterer Weise ausnutzen, dass das Publikum die ältere Marke gut kennt, um eine eigene Marke einzuführen, ohne dass ein großes Risiko oder die Kosten für die Einführung einer völlig unbekannten Marke auf dem Markt entstehen. Die Widersprechende hat in die Entwicklung und den Aufbau der Bekanntheit ihrer älteren Marke investiert. Die Marke steht im Zusammenhang mit einem Unternehmen, das über langjährige Erfahrungen auf dem Markt verfügt. Die Widersprechende hat nachgewiesen, dass die Marke in einem wesentlichen Teil der Europäischen Union (einschließlich Deutschland) zumindest einem relevanten Teil der Öffentlichkeit bekannt ist. Die Benutzung der angefochtenen Marke durch die Anmelderin würde daher Aufbau und Bemühungen der Widersprechenden in ihre Marke und den Ruf der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen, ohne selbst wesentliche Investitionen tätigen zu müssen.

Aufgrund dessen gelangt die Widerspruchsabteilung zu der Schlussfolgerung, dass die angefochtene Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt.

e)           Schlussfolgerung

In Anbetracht aller oben getroffenen Feststellungen ist der Widerspruch nach Artikel 8 Absatz 5 UMV begründet. Aufgrund dessen ist die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen zurückzuweisen.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte liegen für den deutsch-sprachigen Teil des Publikums die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage vor. Es ist ausreichend, dass dies nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Fall ist.

Da die ältere Unionsmarke „Hapimag“ für sämtliche Waren und Dienstleistungen, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Zurückweisung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (16/09/2004, T 342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268). Da dem Widerspruch nach Artikel 8 Absatz 5 UMV uneingeschränkt stattgegeben wird, ist eine Prüfung der Verwechslungsgefahr, auf die der Widerspruch ebenfalls gestützt wird, nicht erforderlich.

KOSTEN

Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei sind, tragen sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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