×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Markenrecht
/
Urteile 2012
/
Die Form eines Schokoladenhasen mit rotem Band ist nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig (EuGH Urteil vom. 24.05.2011 - Az. C-98/11 P)

Leitsätzliches

Der EuGH hat bestätigt, dass diese Form keine Unterscheidungskraft hat. Das HABM in Alicante habe bei der damaligen Entscheidung keine Rechtsfehler begangen. Lindt & Sprüngli AG hatte 2004 versucht, den bekannten Schokohasen mit rotem Band als Gemeinschaftsmarke schützen zu lassen.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

24. Mai 2012

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Dreidimensionales Zeichen in Form eines Schokoladenhasen mit rotem Band“

 

In der Rechtssache C-98/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Februar 2011,

Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG mit Sitz in Kilchberg (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Lange,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

 

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.?C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, des Richters K. Schiemann (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jaraši?nas,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2012,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

 

Urteil

 

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG (im Folgenden: Lindt) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Dezember 2010, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli/HABM (Form eines Hasen aus Schokolade mit rotem Band) (T?336/08, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 11. Juni 2008 (Sache R 1332/2005?4) über ihre Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens in Form eines Schokoladenhasen mit rotem Band als Gemeinschaftsmarke abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Für den vorliegenden Rechtsstreit gelten die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1).

Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung findet deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b keine Anwendung, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 18. Mai 2004 meldete Lindt nach der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM eine Gemeinschaftsmarke an. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das nachstehend wiedergegebene dreidimensionale Zeichen, das die Form eines Hasen aus Schokolade mit rotem Band hat und nach der in der Anmeldung enthaltenen Beschreibung die Farben Rot, Gold und Braun aufweist:

Image not found

Die Marke wurde für „Schokolade, Schokoladewaren“ in Klasse 30 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

Mit Entscheidung vom 14. Oktober 2005 wies die Prüferin des HABM die Anmeldung als Gemeinschaftsmarke nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, dass das fragliche Zeichen keine Unterscheidungskraft besitze. Die angemeldete Marke habe auch nicht nach Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt, da sich die Nachweise ausschließlich auf Deutschland bezögen.

Am 10. November 2005 legte die Rechtsmittelführerin beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung seiner Prüferin ein.

Mit Entscheidung vom 11. Juni 2008 wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Ansicht, dass keines der Elemente der angemeldeten Marke, also die Form, die Goldfolie und das rote Band mit Glöckchen, einzeln oder zusammen betrachtet, der Marke Unterscheidungskraft für die betroffenen Waren verleihen könne. Hasen gehörten nämlich zum typischen Formenschatz von Schokoladewaren, vor allem um die Osterzeit. Somit fehle der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 in der gesamten Europäischen Union, da keine Gründe erkennbar seien, warum die Verbraucher in Deutschland und in Österreich die streitige Form anders wahrnehmen sollten als die Verbraucher in den anderen Mitgliedstaaten.

Außerdem ließen die von der Rechtsmittelführerin eingereichten Unterlagen, da sie sich ausschließlich auf Deutschland bezögen, nicht den Schluss zu, dass die angemeldete Marke nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft für die betreffenden Waren in der gesamten Union erlangt habe.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

Mit am 18. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift erhob Lindt Klage gegen die Entscheidung des HABM vom 11. Juni 2008 und machte zwei Klagegründe geltend, nämlich einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung.

Hinsichtlich des ersten Klagegrundes hat das Gericht nach der Feststellung, dass die angemeldete Marke aus drei Elementen bestehe, nämlich der Form eines sitzenden Hasen, der Goldfolie, in die der Schokoladenhase eingepackt sei, und dem roten Plisseeband, an dem ein Glöckchen befestigt sei, jedes einzelne dieser Elemente unter dem Blickwinkel seiner etwaigen Unterscheidungskraft geprüft, bevor es eine Gesamtbeurteilung der Marke vorgenommen hat.

In Bezug auf die Form eines sitzenden oder kauernden Hasen hat das Gericht die insoweit getroffenen Feststellungen der Vierten Beschwerdekammer des HABM bestätigt und ist in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Form als eine typische Form von Schokoladenhasen angesehen werden könne und ihr somit die Unterscheidungskraft fehle.

Was die goldene Verpackungsfolie betrifft, ist das Gericht in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gekommen, dass der von der Rechtsmittelführerin vermarktete Schokoladenhase nicht der einzige in einer Goldfolie verpackte sei, und es hat in Randnr. 39 jenes Urteils darauf hingewiesen, dass für den Nachweis von Unterscheidungskraft eine etwaige Originalität nicht ausreiche.

Zu dem zu einer Schleife gebundenen roten Plisseeband mit Glöckchen hat das Gericht in Randnr. 44 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Akte nichts zu entnehmen sei, was es erlaubte, die Beurteilung der Vierten Beschwerdekammer des HABM oder die der Prüferin des HABM in Frage zu stellen, die festgestellt habe, dass es üblich sei, Schokoladentiere oder ihre Verpackung mit Schleifen, Bändern und Glocken zu versehen, und Glöckchen und Schleifen somit bei Schokoladentieren gängig seien.

Hinsichtlich der Gesamtbeurteilung der angemeldeten Marke hat das Gericht in Randnr. 48 des angefochtenen Urteils befunden, dass die Merkmale, die die Kombination aus der Form, den Farben und dem Plisseeband mit Glöckchen aufweise, von denen der Grundformen, die für die Verpackung von Schokolade und Schokoladewaren sowie konkret von Schokoladenhasen häufig verwendet würden, nicht hinreichend weit entfernt seien. Sie seien damit nicht geeignet, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweise auf die betriebliche Herkunft im Gedächtnis behalten zu werden. Die Verpackung in Form eines sitzenden, goldfarbenen Hasen, der ein rotes Plisseeband mit Glöckchen trage, unterscheide sich nämlich nicht wesentlich von den handelsüblichen Verpackungen der fraglichen Erzeugnisse, die somit als eine typische Verpackungsform dieser Waren naheliegend seien.

In Randnr. 49 des angefochtenen Urteils hat das Gericht der Vierten Beschwerdekammer des HABM darin zugestimmt, dass auch die zeichnerischen Elemente, insbesondere die Augen, die Schnurrbarthaare und die Pfoten nicht die Schutzfähigkeit des in Rede stehenden Zeichens begründen könnten. Es handele sich nämlich um gängige Elemente, die normalerweise jede Form eines Schokoladenhasen aufweise, und sie seien nicht mit solchem künstlerischen Niveau gestaltet, dass der Verbraucher sie als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren wahrnehmen könnte.

In Randnr. 51 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass es der Rechtsmittelführerin nicht gelungen sei, die Richtigkeit der allgemein bekannten oder vom HABM festgestellten Tatsachen in Frage zu stellen und darzutun, dass der angemeldeten Marke von Haus aus Unterscheidungskraft zukomme.

Es ist daraufhin in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vierte Beschwerdekammer des HABM zu Recht angenommen habe, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 besitze. Infolgedessen hat es den ersten Klagegrund zurückgewiesen.

Hinsichtlich des zweiten Klagegrundes hat das Gericht in Randnr. 67 des angefochtenen Urteils das Argument der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen, dass der Schokoladenosterhase außerhalb Deutschlands weitgehend unbekannt sei und daher in den übrigen Mitgliedstaaten von Haus aus Unterscheidungskraft besitze. Es sei allgemein bekannt, dass Schokoladenhasen, die vor allem um die Osterzeit verkauft würden, außerhalb Deutschlands nicht unbekannt seien.

Das Gericht hat daher in Randnr. 68 des angefochtenen Urteils befunden, dass mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte zu vermuten sei, dass der Eindruck, den die aus einem dreidimensionalen Zeichen bestehende angemeldete Marke beim Verbraucher erwecke, in der gesamten Union der gleiche sei und ihr somit im gesamten Unionsgebiet die Unterscheidungskraft fehle.

In Randnr. 69 des angefochtenen Urteils hat es ausgeführt, dass die fragliche Marke daher in der gesamten Union infolge Benutzung Unterscheidungskraft erlangt haben müsse, um nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 zur Eintragung zugelassen werden zu können.

In Randnr. 70 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass aber selbst bei der Annahme, dass die Rechtsmittelführerin eine in den drei von ihr genannten Mitgliedstaaten, also Deutschland, Österreich und dem Vereinigten Königreich, infolge Benutzung erworbene Unterscheidungskraft des in Rede stehenden Zeichens nachweise, die von ihr eingereichten Beweisunterlagen nicht zum Beweis dafür geeignet seien, dass dieses Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der fraglichen Marke in allen Mitgliedstaaten Unterscheidungskraft erlangt habe.

Vor diesem Hintergrund hat das Gericht in Randnr. 71 des angefochtenen Urteils entschieden, dass nicht geprüft werden müsse, ob die Unterlagen tatsächlich bewiesen, dass in den drei von der Rechtsmittelführerin angeführten Mitgliedstaaten eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens gegeben sei, da dies nicht für den Nachweis ausreiche, dass das Zeichen Unterscheidungskraft durch Benutzung in der gesamten Union erlangt habe.

Folglich hat das Gericht auch den zweiten Klagegrund zurückgewiesen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Lindt, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Lindt die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Lindt stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Rechtsmittelführerin rügt, das Gericht habe dem fraglichen dreidimensionalen Zeichen die Unterscheidungskraft abgesprochen und seine Beurteilung auf die vom HABM vorgenommene Würdigung gestützt, bei der es sich in Wirklichkeit um unbestimmte Mutmaßungen handele.

In Randnr. 29 des angefochtenen Urteils habe das Gericht zu Unrecht ausgeführt:

„Was als Erstes die Form eines sitzenden oder kauernden Hasen betrifft, stellte die Beschwerdekammer fest, dass Hasen, wie der Akte des HABM zu entnehmen sei, zum typischen Formenschatz von Schokolade und Schokoladewaren, vor allem um die Osterzeit, gehörten, was zwischen den Parteien unstreitig sei. Die Beschwerdekammer traf ihre Feststellung nicht nur in Bezug auf Deutschland und Österreich, sondern auch in Bezug auf andere Mitgliedstaaten der Union.“

Diese Feststellung des HABM sei eine reine Mutmaßung, die von der Rechtsmittelführerin mit ihrem beim HABM eingereichten Schriftsatz vom 6. Juni 2007 ausdrücklich bestritten worden sei. Das HABM und das Gericht hätten sich damit auseinandersetzen müssen, um ihre Prüfung ordnungsgemäß im Einklang mit der Verordnung Nr. 40/94 durchzuführen.

Das Gericht sei auch in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verwendung von Goldfolie für Schokoladenosterhasen marktüblich sei. Es seien nur drei weitere in Goldfolie gewickelte Fabrikate festgestellt worden. Zwei dieser Produkte seien aber nur auf dem Markt, weil die Rechtsmittelführerin den Firmen dies gestattet habe. Eine derart geringe Anzahl von Produkten könne nicht dazu führen, dass das fragliche Merkmal als marktüblich angesehen werde. Die rechtliche Beurteilung sei daher insoweit fehlerhaft.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs weise eine Marke, die erheblich von der Branchenüblichkeit abweiche, die notwendige Unterscheidungskraft auf (Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C?456/01 P und C?457/01 P, Slg. 2004, I?5089). Das Gericht habe fälschlicherweise angenommen, dass die angemeldete Marke der Norm bzw. der Branchenüblichkeit entspreche. Zu diesem Ergebnis sei es aufgrund der falschen Annahme gelangt, dass es keine Rolle spiele, dass die genannten Hasen nur aufgrund von Vereinbarungen mit der Rechtsmittelführerin auf dem Markt seien. Die rechtliche Beurteilung des Gerichts, wonach eine übliche Form vorliege, gründe auf dem Vorhandensein von drei weiteren ähnlich gekennzeichneten Produkten. Diese Würdigung sei rechtlich falsch.

Dass die angemeldete Marke Unterscheidungskraft besitze, werde im Übrigen auch dadurch belegt, dass sie in 15 Mitgliedstaaten als Marke eingetragen worden sei.

Das HABM tritt dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin entgegen und stellt seinen Ausführungen voran, dass Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt seien. Das vorliegende Rechtsmittel wurzele aber hauptsächlich in einem tatsächlichen Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das bereits in den Vorinstanzen sorgfältig geprüft und ausgiebig diskutiert worden sei: Es gehe um die Üblichkeit von Hasenformen und Goldfolie bei Schokoladewaren.

Die Rechtsmittelführerin strebe mit dem Vorwurf, das Gericht habe Befunde der Vorinstanzen kritiklos übernommen, in Wirklichkeit eine Neubewertung der Tatsachen an, und das betreffende Vorbringen sei als unzulässig zurückzuweisen. Ob die auf dem Markt vorhandenen Hasenformen ähnlich seien oder aus Sicht des angesprochenen Verbrauchers ein solcher Abstand zwischen der Form des in Rede stehenden Hasen und sonstigen Hasenformen bestehe, dass Ersterer Unterscheidungskraft zukomme, sei eine Frage der Beurteilung der Verbraucherwahrnehmung und damit eine Frage der Sachverhaltsbeurteilung.

Die Frage, wie der Verbraucher die Verpackung der in Rede stehenden Schokoladewaren in Goldfolie wahrnehme, sei ebenfalls eine Frage der Sachverhaltsbeurteilung, die – vorbehaltlich einer etwaigen Entstellung – der erneuten Überprüfung im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zugänglich sei. Das entsprechende Vorbringen sei somit gleichfalls als unzulässig zurückzuweisen.

Eine Sachverhaltsentstellung durch das Gericht sei jedenfalls nicht gegeben.

Was genauer den ersten Rechtsmittelgrund angehe, so besitze nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweiche und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllen könne, Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (Urteile vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C?173/04 P, Slg. 2006, I?551, Randnr. 31, und vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C?24/05 P, Slg. 2006, I?5677, Randnr. 26).

Das Gericht habe der angemeldeten Marke in Anwendung dieser Rechtsprechung zutreffend die Unterscheidungskraft abgesprochen. Es habe sich nicht auf die Befunde der Vorinstanzen verlassen, sondern das Vorbringen der Rechtsmittelführerin und die verschiedenen Dokumente, die Teil der Akte des Verfahrens vor der Vierten Beschwerdekammer des HABM gewesen seien, sorgfältig geprüft.

 

Würdigung durch den Gerichtshof

Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieser Bestimmung zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. u. a. Urteile Henkel/HABM, Randnr. 35, vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C?25/05 P, Slg. 2006, I?5719, Randnr. 25, und vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM, C?238/06 P, Slg. 2007, I?9375, Randnr. 79).

Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, besitzt auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (Urteil Deutsche SiSi?Werke/HABM, Randnr. 31).

Hier ergibt sich aus den Randnrn. 12 bis 14 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht bei seiner Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke die in der einschlägigen Rechtsprechung bestimmten Kriterien zutreffend festgestellt und befolgt hat.

Es hat nämlich nach dem Hinweis auf die wesentlichen Besonderheiten bei der Feststellung der Unterscheidungskraft einer aus der Form der Ware bestehenden dreidimensionalen Marke jedes der drei Elemente der angemeldeten Marke, also die Form eines sitzenden Hasen, die Goldfolie, in die der Schokoladenhase eingepackt ist, und das rote Plisseeband, an dem ein Glöckchen befestigt ist, eingehend analysiert, und ist daraufhin in den Randnrn. 34, 38 und 44 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass keines dieser Elemente Unterscheidungskraft habe.

Zum gleichen Ergebnis ist das Gericht hinsichtlich des von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindrucks gelangt, als es in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils die entsprechende Feststellung der Vierten Beschwerdekammer des HABM bestätigt hat.

Nach seiner Analyse ist das Gericht deshalb in Randnr. 51 des angefochtenen Urteils zu der Auffassung gelangt, dass es der Rechtsmittelführerin weder gelungen sei, die Richtigkeit der allgemein bekannten oder vom HABM festgestellten Tatsachen in Frage zu stellen noch darzutun, dass der angemeldeten Marke von Haus aus Unterscheidungskraft zukomme.

Dieser Feststellung ging eine Prüfung des Vorbringens sowohl der Rechtsmittelführerin als auch des HABM durch das Gericht voraus, so dass ihm entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin nicht vorgeworfen werden kann, es habe sich schlicht auf Mutmaßungen und die Behauptungen des HABM gestützt. Im Gegenteil hat sich das Gericht vor der Schlussfolgerung, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft besitze, gestützt auf die aus ständiger Rechtsprechung hervorgegangenen Kriterien sowohl mit den Branchengepflogenheiten als auch mit der Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher auseinandergesetzt.

Die Rechtsmittelführerin beanstandet auch, das Gericht habe die Form des Schokoladenosterhasen und die goldene Verpackung für gängige und branchenübliche Markterscheinungen gehalten.

Dieses Vorbringen zielt in Wirklichkeit darauf ab, dass der Gerichtshof die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Sachverhalts durch seine eigene ersetzt. Indem die Rechtsmittelführerin eine erneute Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke anstrebt, stellt sie, ohne insoweit eine Entstellung geltend zu machen, die Richtigkeit der vom Gericht getroffenen Feststellungen in Frage, die die Würdigung von Tatsachen betreffen und einer Prüfung durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nicht zugänglich sind.

Was die Annahme der Rechtsmittelführerin angeht, dass die Eintragungen als Marke in 15 Mitgliedstaaten für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Sinne der Verordnung Nr. 40/94 sprächen, so hat das Gericht im Einklang mit einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs in Randnr. 55 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden, dass die in den Mitgliedstaaten bereits vorgenommenen Eintragungen nur ein Umstand seien, der im Zusammenhang mit der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke berücksichtigt werden könne, da die angemeldete Marke auf der Grundlage der einschlägigen Unionsregelung beurteilt werden müsse, und dass sich folglich das HABM weder die von den zuständigen nationalen Behörden gestellten Anforderungen und vorgenommenen Beurteilungen zu eigen machen, noch die in Rede stehende Marke auf der Grundlage solcher Überlegungen als Gemeinschaftsmarke eintragen müsse (vgl. in diesem Sinne Urteil Develey/HABM, Randnrn. 72 und 73).

Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Rechtsmittelführerin beanstandet, das Gericht habe in Randnr. 70 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in Rede stehende Marke, damit sie aufgrund ihrer etwaigen Benutzung zur Eintragung zugelassen werden könne, in allen Mitgliedstaaten durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt haben müsse. Dies sei aus zwei Gründen falsch.

Erstens habe das Gericht verkannt, dass die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Marke durch Benutzung nur in den Mitgliedstaaten erlangt werden müsse, in denen diese Marke keine originäre Unterscheidungskraft besitze. Die angemeldete Marke besitze aber in 15 Mitgliedstaaten originäre Unterscheidungskraft. Dort wäre somit nicht zu fordern, dass die in Rede stehende Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt habe. Das Gericht hätte somit zu der Feststellung gelangen müssen, dass diese Marke in überwiegenden Teilen der Union originäre Unterscheidungskraft besitze oder Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt habe. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der fraglichen Marke habe die Union aus 25 Mitgliedstaaten mit insgesamt 465,7 Mio. Einwohnern bestanden. Sie habe somit originäre oder durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft bei insgesamt 351,3 Mio. Einwohnern gehabt, was 75,4 % der Bevölkerung der Union in ihrer damaligen Zusammensetzung ausgemacht habe.

Zweitens bestimme Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94, dass die Gemeinschaftsmarke einheitlich sei und einheitliche Wirkung für die gesamte Union habe. Bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit und konkret der Unterscheidungskraft einer Marke sei somit die Union als ein gemeinsamer einheitlicher Markt zu sehen. Es sei falsch, auf die einzelnen nationalen Märkte abzustellen. Bei der Frage der Verkehrsdurchsetzung einer Marke müsse man auf die Gesamtbevölkerung ohne Unterscheidung nach nationalen Märkten abstellen. Wenn also eine Marke bei einem überwiegenden Teil der Gesamtbevölkerung der Union Unterscheidungskraft erlangt habe, müsse dies auch für ihren Schutz im gesamten europäischen Markt ausreichen.

Das HABM wendet sich gegen das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, da aus den genannten Zahlen, deren Herkunft im Unklaren bleibe, in keiner Weise abgeleitet werden könne, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe.

Nach Ansicht des HABM hat das Gericht in den Randnrn. 64 ff. des angefochtenen Urteils die Rechtsprechung in zutreffender Weise angewandt, nach der zum einen der durch die Benutzung erfolgte Erwerb von Unterscheidungskraft durch eine Marke nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 erfordere, dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufgrund der fraglichen Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkenne, und zum anderen, was die territoriale Reichweite der Erlangung von Unterscheidungskraft betreffe, eine Marke nach der genannten Bestimmung nur dann eingetragen werden könne, wenn nachgewiesen werde, dass sie durch ihre Benutzung in dem Teil der Union Unterscheidungskraft erlangt habe, in dem sie keine originäre Unterscheidungskraft besessen habe.

Das Gericht sei sodann vor diesem Hintergrund zu der Schlussfolgerung gelangt, dass nicht geprüft werden müsse, ob die von der Rechtsmittelführerin eingereichten Unterlagen tatsächlich bewiesen, dass die angemeldete Marke eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft in den drei von der Rechtsmittelführerin angeführten Mitgliedstaaten besitze, da dies jedenfalls nicht für den Nachweis ausreichen könne, dass diese Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung in der gesamten Union erlangt habe.

Das HABM regt deshalb an, den zweiten Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

Nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 steht das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung der Eintragung einer Marke nicht entgegen, wenn diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Marke nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 nur zur Eintragung zugelassen werden kann, wenn der Nachweis erbracht ist, dass sie durch ihre Benutzung Unterscheidungskraft in dem Teil der Union erworben hat, in dem sie keine originäre Unterscheidungskraft besaß (vgl. Urteil vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C?25/05, Randnr. 83).

In Anwendung dieser Rechtsprechung ist das Gericht in Randnr. 69 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke in der gesamten Union Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt haben müsse. Dem haftet kein Rechtsfehler an, da, wie sich aus einer Zusammenschau der Randnrn. 51 und 68 des angefochtenen Urteils ergibt, die Klägerin nicht dartun konnte, dass dieser Marke von Haus aus Unterscheidungskraft zukommt, und diese Feststellung für das gesamte Unionsgebiet galt. Deshalb kann dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin samt den von ihr dafür vorgelegten statistischen Daten nicht gefolgt werden, wonach die angemeldete Marke in 15 Mitgliedstaaten originäre Unterscheidungskraft habe und daher in diesen Staaten nicht zu fordern wäre, dass sie infolge Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.

Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass aufgrund der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt habe, nicht auf die einzelnen nationalen Märkte abzustellen sei, ist festzustellen, dass zwar nach der oben in Randnr. 60 angeführten Rechtsprechung der infolge Benutzung erfolgte Erwerb von Unterscheidungskraft durch eine Marke für den Teil der Union nachgewiesen werden muss, in dem die Marke keine originäre Unterscheidungskraft besaß, es aber zu weit ginge, zu verlangen, dass der Nachweis eines solchen Erwerbs für jeden Mitgliedstaat einzeln erbracht werden muss.

Was den vorliegenden Fall angeht, hat das Gericht jedoch keinen Rechtsfehler begangen, da die Rechtsmittelführerin jedenfalls keinen quantitativ hinreichenden Nachweis erbracht hat, dass die angemeldete Marke im gesamten Unionsgebiet Unterscheidungskraft infolge Benutzung erlangt hätte.

Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Demnach ist das vorliegende Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG trägt die Kosten.

 

Unterschriften