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Zur Unterscheidungskraft und Verwechslungsgefahr von schwach kennzeichnungskräftigen (Wort-Bild)Marken „doctor bike" gegen „Bicycle Doctor" - LG Düsseldorf, Urteil vom 07.09.2011 , Az: 2a O 122/11

Leitsätzliches

1. Zur Verwechslungsgefahr lediglich bei schwaches kennzeichnungskräftigen Marken. 2. Es besteht trotz Branchenidentität keine Verwechslungsgefahr zwischen den streitgegenständlichen Kennzeichen „doctor bike“ und „Bicycle Doc-tor“ 3. Bei schwach kennzeichnungskräftigen Wort-/Bildmarken ist die konkrete grafische Ausgestaltung der jeweiligen Marke und hier insbesondere auch die konkret gewählte Schriftart sowie die Verwendung von Klein- und Großbuchstaben ausschlaggebend.

LANDGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 2a O 122/11

Entscheidung vom 07. September 2011

 

In dem Rechtsstreit

...

Klägers,

gegen

gegen

1. ….,
2 …..,
3. …..

Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Terhaag und Partner, RA Michael Terhaag, LL.M., Graf-Adolf-Straße 70, 40210 Düsseldorf,

hat die 2 a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.06.2011 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht …, die Richterin am Landgericht … und die Richterin …

für Recht erkannt:

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand:

Der Kläger betreibt unter dem Zeichen „doctor bike" seit 1990 in München verschiedene Fahrradgeschäfte mit einem angeschlossenen mobilen Fahrradreparatur-Service.

Er ist Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28.2.1991 angemeldeten und am 25.8 .1992 eingetragenen Wort-/Bildmarke „doctor bike" (Az. 1185590), die in den Klassen 12, 25, 28, 37, 39 und 41, insbesondere Zubehör für Zweiradfahrzeuge, Wartung, Reparatur und Montage von Fahrzeugen sowie Vermietung von Fahrzeugen und deren Zubehör Schutz genießt. Wegen der Ausgestaltung der Marke wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1. betreibt unter dem Zeichen „Bicycle Doctor" eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder in Düsseldorf, in der Fahrräder sowie die jeweiligen Ersatzteile und Zubehör auch vermietet und verkauft werden. Ihre Dienstleistungen bewirbt sie über die Internetseite www.bicycle-doctor.de. Wegen des von ihr verwendeten Logos wird auf BI. 2 d.A. Bezug genommen. Die Beklagten zu 2. und zu 3. sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1.

Nachdem der Kläger auf die Homepage der Beklagten aufmerksam geworden ist, mahnte er die Beklagten mit Schreiben vom 1.3.2011 wegen der Verletzung seiner Wort-/Bildmarke „doctor bike" ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf Anlage K 10 verwiesen. Dies wiesen die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 11.3.2011 (Anlage K 11) zurück.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Nutzung des Zeichens ,Bicycle Doctor" sowie des entsprechenden Logos durch die Beklagten seine Wort-/Bildmarke ''doctor bike" verletze. Denn es liege sowohl eine hochgradige Zeichenähnlichkeit als auch eine Waren- bzw. Dienstleistungsidentität vor.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1. zu vollziehen an den Beklagten zu 2. und 3. - zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter dem Zeichen „Bicycledoctor", insbesondere auch in den Formen „bicycledoctor.de" und/oder

Reparatur, Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Vermietung und/oder Verkauf von Fahrrädern, deren Ersatzteilen und/oder Zubehör anzubieten und/oder zu erbringen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung hierfür zu benutzen;

2. die Beklagten zu verurteilen, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Handlungen gem. Ziffer 1. entstanden ist oder künftig entsteht;

3. die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über den Umfang der Handlungen gem. Ziffer 1. zu erteilen, insbesondere durch Angabe sämtlicher Verwendungsfälle und ihres Zeitpunktes sowie der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei der Beklagte zum Nachweis dieser Angaben Belege, insbesondere Rechnungen, Angebote oder andere zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben geeignete Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen in Kopie vorzulegen hat;

4. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.379,80 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu bezahlen.


Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dem Zeichen „doctor bike" fehle für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen jegliche Kennzeichnungskraft. Die Wort-/Bildmarke des Klägers genieße daher lediglich im Hinblick auf die graphische Gestaltung des Zeichens, nicht jedoch in Bezug auf den Begriff „bike doctor" Schutz. Die graphische Ausgestaltung der sich gegenüber stehenden Logos weiche jedoch deutlich voneinander ab, sodass eine Verletzung der Klagemarke nicht vorliege.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens wird im Übrigen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Zeichens „Bicycle Doctor" sowie des korrespondierenden Logos gern. § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zu.

Danach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei kommt es im wesentlichen auf drei Faktoren an, nämlich die Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, die Zeichenähnlichkeit sowie die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese Faktoren dergestalt in Wechselwirkung zueinander stehen, dass ein hochgradiges Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grade der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 14 Rn. 430; BGH GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2007, 700 – Limoncello).

Übertragen auf den hier zu beurteilenden Rechtsstreit führen diese Grundsätze dazu, eine Verwechslungsgefahr zwischen der Wort-/Bildmarke „doctor bike" des Klägers und dem von den Beklagten benutzten Zeichen „Bicycle Doctor" zu verneinen.

1.

Die klägerische Wort-/Bildmarke „doctor bike" verfügt für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen über eine lediglich geringe Kennzeichnungskraft.

Das Zeichen „doctor bike" wird von den angesprochenen Verkehrskreisen als rein beschreibende Angabe der von dem Kläger hierunter erbrachten Dienstleistungen, nämlich der Reparatur von Fahrrädern, verstanden. Zwar wird das Zeichen „doctor" - sofern es in Alleinstellung verwendet wird - im Rahmen des allgemeinen Sprachgebrauchs zunächst in aller Regel mit medizinischen Dienstleistungen eines Arztes in Verbindung gebracht. Sofern dieser Begriff - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit dem Begriff „bike" verwendet wird, ist für die angesprochenen Verkehrskreise jedoch unmittelbar klar, dass hier Fahrräder „behandelt bzw. geheilt, mithin im übertragenen Sinn repariert werden.

Der Bildbestandteil der Marke ist ebenfalls nur gering kennzeichnungskräftig. Er bezieht seine Kennzeichnungskraft lediglich aus der besonderen Schreibweise des Zeichens „doctor bike", insbesondere den spitz zulaufenden Buchstaben „k" im Rahmen des Wortes „bike".

Die Angaben des Klägers zum Umfang der Zeichenverwendung reichen auch nicht aus, um eine Steigerung der Kennzeichnungskraft aufgrund Bekanntheit anzunehmen. Zwar hat der Kläger dargelegt, das Zeichen bereits seit 1991 für den Verkauf und die Reparatur von Fahrrädern zu nutzen. Der Umstand, dass der Kläger inzwischen drei stationäre Geschäftslokale unter diesem Zeichen in München betreibt, in diesen Geschäftslokalen die als Anlagenkonvolut K 6 überreichten mit der Klagemarke versehenen Werbemittel wie Leihräder-Anhänger, Aufkleber und Auftragsformulare verwendet und über seine Tätigkeit in der Zeitung SAZbike im November 2004 berichtet wurde (Anlage K 3) reicht indes nicht aus, um von einer Bekanntheit der Klagemarke auszugehen.

2.

Unter diesen Umständen sind sich die Zeichen nicht so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre.

Die sich gegenüber stehenden Zeichen „doctor bike" und „Bicycle Doctor" sind zwar in begrifflicher Hinsicht identisch. Da beide Zeichen - wie vorstehend ausgeführt - für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen jedoch glatt beschreibend sind, kommt es hierauf nicht maßgeblich an. Unter Außerachtlassung des Bedeutungsgehalts der Zeichen weisen diese in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht einen ausreichenden Zeichenabstand auf.

Zunächst wird im Rahmen des von den Beklagten verwendeten Logos das Zeichen „Bicycle" vorangestellt und damit die Reihenfolge der Elemente vertauscht. Hierdurch und durch die zusätzliche Verwendung der dreisilbigen englischen Langform „Bicycle" statt der in der Klagemarke enthaltenen Abkürzung „bike" weist das Zeichen im Ergebnis einen anderen, nämlich einen deutlich längeren Gesamteindruck auf.

Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die jeweilige graphische Ausgestaltung der Zeichen. Während die graphische Ausgestaltung der Klagemarke aufgrund der gewählten Schriftart und der verwendeten Kleinbuchstaben einen eher engen und gedrungenen Eindruck vermittelt, wirkt das von den Beklagten verwendete Zeichen durch die geschwungene Schriftart und den Umstand, dass der jeweilige Anfangsbuchstabe beider Begriffe in Großbuchstaben geschrieben wird, eher weitläufig.

Angesichts der geringen Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind die sich gegenüberstehenden Zeichen trotz der Dienstleistungsidentität nicht ausreichend ähnlich, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

II.

Mangels Vorliegen einer Markenverletzung sind auch die weiteren von dem Kläger geltend gemachten Folgeansprüche unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die A-läufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.1 ZPO.

Streitwert: 60.000,00 €

(Unterschriften)