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Keine Verwechslungsgefahr von Marken trotz Klassenidentität - DPMA, Beschluss vom 10.03.2009, Az.: 307 67 995.0/11

Leitsätzliches

Die Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken wird verneint. Nicht allein die Zuordnung zu den gleichen Klassen ist ausschlaggebend dafür, dass eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen vorliegt. Die Widerspruchsmarke ist für Waren eingetragen, die typischerweise in einem Computerfachgeschäft oder in Computerabteilungen von großen Warenhäusern erhältlich sind, die Dienstleistungen werden üblicherweise von Internetagenturen erbracht. Demgegenüber handelt es sich beim den Waren der jüngeren Marke um typische Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Beleuchtungsgeräten erhältlich sind oder erbracht werden. Es liegen völlig verschiedene Geschäftsbereiche vor.

Deutsches Patent- und Markenamt

BESCHLUSS

in Sachen

...

betreffend die eingetragene Marke 307 67 995.0 11

Spartakus

1. Der Widerspruch aus der Marke 305 28 533.5 wird zurückgewiesen.

2. Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

„elektrische oder elektronische Geräte zum Steuern von Beleuchtungsapparaten und -anlagen oder Einzelleuchten; Leuchten; Schutzvorrichtungen für Beleuchtungen; Beleuchtungslampen; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Dienstleistungen eines Lichtdesigners"

registrierten Wortmarke 307 67 995.0 / 11

Spartakus

ist aus der für die Waren und Dienstleistungen

„Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); Monitore (Computerprogramme); Interfaces (Schnittstellengeräte oder -programme für Computer); Spielprogramme für Computer; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Textverarbeitungsgeräte; Bildschirme (Computer); Computer; Computerperipheriegeräte; Drucker für Computer; Laptops (Computer), Aktualisieren von Internetseiten; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Beratung für Telekommunikationstechnik; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen: Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Computersystemdesign; elektronische Datensicherung; Datenverwaltung auf Servern: Design von Computersoftware; Design von Homepages und Webseiten; Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Dritte; EDV-Beratung; Erstellen von Webseiten; Hard- und Softwareberatung; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installieren von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software: Serveradministration; technische Beratung: Vergabe und Registrierung von Domainnames; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (Hosting); Vermietung von Speicherplatz im Internet; Vermietung von Webservern; Wartung von Internetzugängen (Software); Zur-Verfügung-Stellen von Speicherkapazitäten zur externen Nutzung (Webhousing); Zur-Verfügung-Stellen von Webspace (Webhosting); Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im Internet"

registrierten prioritätsälteren Wortmarke 305 28 533.5

spartakus

in zulässiger Weise ein gezielter Widerspruch gegen die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 erhoben worden.

Die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken wird verneint und der Widerspruch zurückgewiesen (§§ 43 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kann die Eintragung einer Marke gelöscht werden, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Dabei muss bei der Bewertung der Verwechslungsgefahr auch eine gewisse Wechselbeziehung berücksichtigt werden, die zwischen den vorgenannten Faktoren besteht, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO; BGH GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16)- Malteserkreuz).

Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen. ob eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt zu bejahen ist, weil die Waren oder Dienstleistungen Berührungspunkte aufweisen die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft. ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe zu einer Verwechslung führen können, weil die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 9 Rdn 44).

Während die angegriffene Marke u. a. für Waren „elektrische oder elektronische Geräte zum Steuern von Beleuchtungen" und „Dienstleistungen eines Industrie- und Lichtdesigners" Schutz besitzt, ist die Widerspruchsmarke in den Bereichen „Computer, Computerzubehör und Peripheriegeräte sowie Computersoftware" sowie damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen. wie sie Computerfachgeschäfte bzw. Internetagenturen erbringen, registriert.

Nach geltender Rechtsprechung ist die Ähnlichkeit miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte und Leistungen anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft. ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind und von gesteigerter Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen ist. Umgekehrt kann von Unähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen nur ausgegangen werden, wenn trotz Identität oder großer Ähnlichkeit der Marken und höchster Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr im Sinne einer Verwirrung über die Ursprungsidentität der Produkte und Leistungen wegen des Abstands von vornherein ausgeschlossen ist. Ob Waren oder Dienstleistungen ähnlich sind oder nicht, kann daher nur von der Verkehrsauffassung zu den betroffenen Waren oder Dienstleistungen selbst abhängen; d. h. Art und konkreter Schutzumfang der im Einzelfall zum Vergleich stehenden Marken können insoweit auf die Frage der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen keinen Einfluss haben Ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der Marken dürfen nur bei dem im Rahmen der Gesamtwürdigung der Verwechslungsgefahr anzustellenden Vergleich der Marken berücksichtigt werden, nicht aber ein zweites Mal beim Vergleich der Waren und Dienstleistungen. Sofern unter diesen Gesichtspunkten die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen verneint wird, besteht deshalb keine Veranlassung für eine Erörterung der konkreten Kennzeichnungskraft der Marken (vgl. (vgl. Kirschneck in Ströbeie/Hacker, MarkenG. 8. Auflage, § 9 Rdnr. 53 i. V. m. 44).

Im Hinblick auf die vorrangige Bedeutung der betrieblichen Herkunftsfunktion kommt der regelmäßigen betrieblichen Herkunft der Waren/Dienstleistungen nach wie vor das stärkste Gewicht zu, weil dadurch am ehesten der Gedanke an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich und damit die Ursprungsidentität nahegelegt wird. Dabei kommt es darauf an, ob der Verkehr erwarten kann, dass die Vergleichswaren und -dienstleistungen unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt bzw. erbracht werden. Dabei muss eine gewisse allgemeine Branchenübung vorliegen, da nur eine solche die Verkehrsauffassung beeinflussen kann. Es kann zwar nicht nur der gemeinsame Vertrieb in eigenständigen Spezialgeschäften als Indiz für die Warenähnlichkeit bewertet werden, sondern auch das Angebot in räumlich und funktional eng begrenzten Spezialabteilungen von Großkaufhäusern ist bei der der Betrachtung der gleichen Vertriebs- und Erbringungsstätten zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist im zu beurteilenden Fall nicht allein die Zuordnung zu den gleichen Klassen ausschlaggebend dafür, dass eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen vorliegt. Die Widerspruchsmarke ist für Waren eingetragen, die typischerweise in einem Computerfachgeschäft oder in Computerabteilungen von großen Warenhäusern erhältlich sind, die Dienstleistungen werden üblicherweise von Internetagenturen erbracht. Demgegenüber handelt es sich beim den Waren der jüngeren Marke um typische Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Beleuchtungsgeräten erhältlich sind oder erbracht werden. Es liegen völlig verschiedene Geschäftsbereiche vor. Dafür spricht auch, dass gemäß der „Entscheidungssammlung Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Auflage" zwischen den Vergleichswaren „elektrische/elektronische Steuer- und Regelgeräte" und „Fernsehgeräte, Videogeräte“ keine Ähnlichkeit festgestellt worden ist (S. 300 I. Sp.) und die von der Inhaberin der jüngeren Marke zitierte Entscheidung HABM R 140/06-2 - CITAOS/SITEOS.

Die von der Widersprechenden eingebrachten Ausführungen, dass beim heutigen Stand der Technologie die elektrischen oder elektronischen Waren fast ausschließlich miteinander in Verbindung gebracht würden, greifen nicht durch.

Zwar stehen auch getrennte Herstellungs- bzw. Erbringungsstätten der Annahme einer Ähnlichkeit nicht zwingend entgegen, wenn ein dahingehender funktioneller Zusammenhang bzw. ein entsprechendes Austauschverhältnis vorliegt. Jedoch reicht der Umstand. dass sich Waren/Dienstleistungen in irgendeiner Hinsicht ergänzen könnten, zur Feststellung der Ähnlichkeit nicht aus. Vielmehr ist eine gegenseitige Ergänzung in dem Sinne notwendig. dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener Ursprungsstätten zumindest nahegelegt wird. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben und scheint eher konstruiert: zu unterschiedlich sind die Waren. Auch die Dienstleistungen unterscheiden sich deutlich. selbst wenn in der heutigen Zeit fast alle Designerdienstleistungen am Computer erarbeitet werden.

Die einzelnen Faktoren der Verwechslungsgefahr sind für sich gesehen voneinander unabhängig Aber im Hinblick auf die Wechselwirkungstherorie kann ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden. So kann z. B. bei identischen Marken und erhöhtem Schutzumfang der älteren Marke trotz einer nur entfernten Warenähnlichkeit die Verwechslungsgefahr festgestellt werden, umgekehrt reicht bei Warenidentität bereits eine geringe Markenähnlichkeit zur Annahme einer Verwechslungsgefahr aus. Die Bejahung einer Markenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der Waren und/oder Dienstleistungen führt nicht zwangsläufig zur Bejahung der Verwechslungsgefahr (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 9 Rdn 29).

Sofern auf Grund der Eigenart von Waren und Dienstleistungen ein funktioneller Zusammenhang bzw. ein entsprechendes Austauschverhältnis für miteinander konkurrierende oder einander er¬gänzende Produkte und Leistungen zugemessen wird, wodurch der Gedanke an einen gemeinsa¬men betrieblichen Verantwortungsbereich nahe gelegt wird, stehen auch unterschiedliche Materi-albeschaffenheit und getrennte Herstellungs- bzw. Erbringungsstätten der Annahme einer Ähnlich¬keit nicht entgegen. Es kann auch dann eine Ähnlichkeit bejaht werden, wenn davon auszugehen ist, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen nicht dieselbe betriebliche Herkunft auf¬weisen (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 9 Rdn 69).

Insgesamt ist festzustellen, dass die Vergleichswaren und -dienstleistungen noch so verschieden sind, dass der Verbraucher nicht annehmen wird, dass die Waren und Dienstleistungen aus dem gleichen Unternehmen stammen und eine Verwechslungsgefahr daher ausgeschlossen ist.

Im vorliegenden Fall kann daher - auch bei identischen Markennamen - nicht von einer Verwechselbarkeit ausgegangen werden, denn, wie oben festgestellt, kommt es auf einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereichs an. Hier jedoch wird der Verkehr nicht erwarten, dass die beiderseitigen Waren unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt werden.

Nach alledem ist eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 MarkenG zu verneinen und der Widerspruch zurückzuweisen.

Abschließend wird festgestellt, dass zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen kein Anlass bestand (565 Abs. 1 MarkenG).