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LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 24. Juli 2002, 3 O 5970/01 - medbook.de

Leitsätzliches

Die Nutzung einer Internet-Domain kann ein Unternehmenkennzeichen iSv § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG begründen. Sofern es sich um einen unterscheidungskräftigen Begriff handelt, entsteht das Kennzeichen sofort mit Aufnahme der Nutzung der nach außen gerichteten geschäftlichen Tätigkeit. (Markenrecht)

LANDGERICHT NÜRNBERG-FÜRTH

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 O 5970/01

 

In dem Rechtsstreit

 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth, 3. Zivilkammer, erläßt durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ... , den Richter am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ...

 

 

in Sachen

 

 

... ... GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ...

 

- Klägerin -

 

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...

 

 

 

gegen

 

...

 

- Beklagter -

 

Prozeßbevollmächtigte: Withöft, Terhaag, Rossenhövel, Rechtsanwälte

Stresemannstr. 26

40210 Düsseldorf

 

 

wegen Löschung; MarkenR

 

 

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3.7.2002 folgendes

 

 

ENDURTEIL:

 

 

 

I. Die Klage wird abgewiesen.

 

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.650,-- EUR vorläufig

vollstreckbar.

 

 

 

 

Beschluß:

 

 

Der Streitwert wird auf 51.129,-- EUR (= 100.000,-- DM) festgesetzt.

 

 

T a t b e s t a n d :

 

 

 

Die Parteien streiten um das Zeichen “medbook“.

 

Die Klägerin führt bundesweit mehrere Einzelhandeisbetriebe, in denen sie Fachbücher verkauft. Sie ist im Internet unter der Domain-Adresse “http://www.lob.de“ präsent und bietet unter dieser Adresse Bücher und andere Waren an. Sie verwendet dabei für die einzelnen Marktsegmente spezifische Bezeichnungen. So bietet sie unter dem Zeichen “medbook“ Fachbücher im medizinischen Bereich an. Die Klägerin ist Inhaberin der am 22.12.1999 angemeldeten und am 19.9.2000 unter Nr. 39985372 in das in das Register des Deutschen‘ Patent- und Markenamtes

eingetragen Wortmarke. “medbook“

 

Der Beklagte vertreibt unter der Firma “... ...“ ebenfalls medizinische Fachbücher und nutzt seit Ende 1998 hierzu die Domain-Adresse “medbook.de“ die bei der DENIC e.G. seit 31.10.1998 für ihn reserviert ist. Die Internetseiten des Beklagten enthalten 13 in medizinische Fachbereiche unterteilte Rubriken, unter denen der Beklagte seine Bücher anbietet. Seit Ende 1998 druckt der Beklagte die von ihm genutzte Domain-Adresse auf seine Kataloge und Informationsschriften. Ebenso verweist er auf seinen Briefbögen und Visitenkarten auf die Internet-Adresse (vgl. Anlagen B2, B3 und B4).

 

Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Domain-Adresse des Beklagten ihre Ausschließlichkeitsrechte aus der Wortmarke Nr. 39985‘372 verletze. Bessere Rechte habe der Beklagte nicht. Insbesondere stelle der prioritätsältere Gebrauch der Zeichen durch den Beklagten nicht die Benutzung der Zeichen als Geschäftsbezeichnung dar.

 

 

die Klägerin beantragt:

 

Der Beklagte wird verurteilt, die zu seinen Gunsten bei der- DENIC e.G. reservierte Internet Domain (http://www.)medbook.de“ löschen zu lassen.

 

 

Der Beklagte beantragt,

 

 

die Klage abzuweisen.

 

 

Der Bek1agte ist der Auffassung, daß ihm ältere Rechte an der Bezeichnung “medbook“ zustünden. Die Adresse genieße zum einen als Werktitel i.S.d. § 5 Abs. 3 MarkenG Schutz. Zum anderen handele es sich um eine Geschäftsbezeichnung i.S.d. § 5 Abs.. 2 MarkenG. Schließlich stehe ihm seinerseits ein Unterlassungsanspruch gem. § 1 UWG zu. Die Klägerin ahme wettbewerbswidrig die von ihm gewählten Kennzeichen nach. Aus dem gleichen Gesichtspunkt ergebe sich auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1, 1004 BGB analog wegen Eingriffes in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

 

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Beweis ist nicht erhoben worden.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die zulässige Klage ist unbegründet.

 

A.

 

 

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das. Angegangene Gericht als Kennzeichenstreitgericht örtlich und sachlich zuständig gem. § 140 Abs. 2 MarkenG, 32 ZPO i.V.m. § 23 der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit im Bereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, (GZVJU). Nachdem der Beklagte unstreitig bundesweit tätig ist, zudem die Internetseite mit der in Rede stehenden Domain-Adresse bundesweit aufgerufen werden kann, wurde die von der Klägerin behauptete Verletzungshandlung auch im Bezirk des angegangenen Gerichtes begangen.

 

B.

 

 

I. Daß die Klägerin als Inhaberin der eingetragenen Wortmarke “medbook“ grundsätzlich Ausschließlichkeitsrechte nach den §~ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 MarkenG geltend machen kann, bedarf keiner weiteren Erörterung und wird von dem Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Der Gebrauch einer Domain-Adresse mit dem prägenden Bestandteil “medbook“ durch den Beklagten stellt jedoch die Benutzung dieser Zeichen als Unternehrnenskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 2 MarkenG dar. Da der Beklagte die Benutzung bereits im Herbst 1998 aufgenommen, die Klägerin die Eintragung der Zeichen als Wortmarke aber erst im Dezember 1999 beantragt hat, gebührt dem Beklagten der Vorrang, § 6 MarkenG Der geltend gemachte Beseitigungsanspruch steht der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu

 

 

1. Das von dem Beklagten im Rahmen einer Domain-Adresse gebrauchte Zeichen “medbook“ ist geschütztes Unternehmenskennzeichen i.S.d. § 5.Abs. 2 MarkenG.

 

Voraussetzung für .den Erwerb des Rechtes an Unternehmenskennzeichen ist die Unterscheidungskraft der benutzten Zeichen. Daran fehlt es bei Angaben, die vom Verkehr nicht als individuelle Herkunftshinweise aufgefaßt werden.

 

a) In diesem Zusammenhang ist mit Blick auf Domain-Adressen die Auffassung vertreten worden, die reine Adreß- und Registrierungsfunktion von Domain-Adressen verbiete es generell, ihnen kennzeichnenden Charakter beizumessen, den auch Telefon- Postfach- oder Hausnummern nicht hätten (vgl. Ubber in WRP 1997, 497 ff. und Omsels in GRUR 1997, 328 ff.) . Dieser Auffassung vermag die Kammer nicht zu folgen. Zwar ist richtig, dass es Zweck von Domain-Adressen ist, den über das Internet erreichbaren Computer zu identifizieren, auf dem eine bestimmte Homepage abgelegt ist. Durch Eingabe der Adresse nach einem standardisierten Adressierungs-Schema (“http://www. - . . “) oder durch Eingabe von schlagwortartigen Adressbestandteilen in Netbrowser oder Suchmaschinen kann der Nutzer die gewünschte Homepage aufrufen. Dabei folgt die Adresse - wie jedes Computerprogramm - einem numerischen Prinzip. Um jedoch die Identifizierung nicht nur durch eine Ziffernfolge sondern auch durch von Menschen leichter fasslichen und merkbaren Zeichen zu ermöglichen, sind die Adressen zudem weltweit in dem Sogenannten “Domain-System“, einer logischen, hierarchisch aufgebauten Namensstruktur, geordnet. In Deutschland ist die oberste Hierarchie (Top-Level-Domain) mit dem Länderkürzel “.de“ gekennzeichnet. Unter dieser Ebene jedoch können die einzelnen Nutzer mit frei gewählten Domain-Namen auftreten (vgl. zu den Einzelheiten Bettinger, GRUR int. 1997, 403 ff.).

 

Es liegt auf der Hand, daß es für einen Nutzer, der seine Waren oder Dienstleistungen im Internet anbieten oder auf sein Unternehmen hinweisen möchte, daher von besonderer Bedeutung ist, über eine einprägsame Bezeichnung unter der vorgegebenen Top-Level-Domain zu verfügen. Daraus wird auch deutlich, daß Funktion der Domain-Adresse über die Registrierungsfunktion hinaus auch sein kann, je nach ihrer Zusammensetzung, den Inhalt der Homepage zu beschreiben oder den Inhaber der Homepage zu kennzeichnen. So ist auch das Verkehrsverständnis. Anders als bei Telefonnummern oder Postanschriften ist der Verkehr mittlerweile gewöhnt, Unternehmen auch nach ihrer Domain-Adresse zu unterscheiden. Wenn sich also die von dem Nutzer gewählten Zeichen nicht lediglich in beschreibenden Angaben erschöpfen und wenn ..Zeichen gebraucht werden, die geeignet sind, auf ein Unternehmen hinzuweisen, stellt die Wiedergabe der Domain-Adresse kennzeichnungsmäßigen Gebrauch der Zeichen im herkömmlichen Sinne dar (vgl. auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, -RZ 65 zu § 14). Daraus folgt nicht nur, daß in der bloßen Wiedergabe einer Domain-Adresse eine Markenverletzung liegen kann (vgl. LG Düsseldorf in GRUR 1998, 159 ff.; OLG München, Urteil vom 2 .4 . 1998, Az. 6 U 4798/97; OLG Hamm, Urteil vom 13.1.1998, Az. 4 U 135/97), sondern auch, daß die Verwendung einer Domain-Adresse Namens- oder Kennzeichnungsrechte begründen kann.

 

b) Die von dem Beklagten gewählten Zeichen “http: //www.medbook.de“ erschöpft sich nicht lediglich in beschreibenden Angaben, die vom Verkehr nicht als individuelle Herkunftshinweise aufgefaßt werden. Dabei ist allein maßgeblich der Zeichenbestandteil “medbook“. Der Bestandteil „http://www.“ ist für den Verkehr ohne weiteres als Teil des standardisierten Adressierungsschemas, nämlich des Übertragungsprotokolles, der Bestandteil “.de“ als Kennzeichnung der Top-Level-Domajn erkennbar. Als prägend wird alleine der Bestandteil “medbook“ empfunden. Er setzt sich zusammen aus den englischen Worten “medicine“ und “book“. Ob wohl die Worte auch in Deutschland geläufig sind, der Gebrauch also nicht verfremdend ist, ist die Kammer der Auffassung, daß die Kombination der Worte - gerade noch – hin reichend eigentümlich ist, daß der Verkehr das Zeichen als Herkunftshinweis auffassen wird. Eine Ansicht, - die auch die Klägerin vertritt, hat sie doch die Zeichen – für den Handel mit Büchern - schützen lassen.

 

2. Das Recht an einer unterscheidungskräftigen Unternehmenskennzeichnung entsteht mit ihrer Benutzung im Inland, § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG. Insoweit - genügt jede Art der nach außen gerichteten geschäftlichen Tätigkeit sofern sie auf dauernde wirtschaftliche Betätigung schließen läßt (Ingerl/Rohnke, MarkenG, RZ 32 ff. zu‘ § 5 m.w.N.) und sofern die Zeichen tatsächlich als Kennzeichnung für ein Unternehmen gebraucht werden. Lediglich interne Vorbereitungshandlungen reichen nicht aus. Unstreitig hat der Beklagte ab Herbst 1998 die Zeichen als Domain-Adresse für seine Homepage, auf der er die von ihm vertriebene Fachliteratur angeboten hat, gebraucht. Von der Klägerin unwidersprochen hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung weiter vorgebracht, er habe sich zu diesem Vorgehen veranlaßt gesehen, weil sein Familienname “...“ vom Verkehr nur schwer aufgefaßt und schlecht gemerkt worden sei. Dementsprechend habe er neben seiner Firma weitere Zeichen als Kennzeichnung seines Unternehmens nutzen wollen. Der Beklagte hat darüber hinaus seit dieser Zeit die in Rede stehenden Zeichen als Bestandteil der Domain-Adresse auf Visitenkarten, Werbematerial und seinen Briefbögen - grafisch hervorgehoben - aufgedruckt. Seit dieser Zeit ist der Beklagte unter den Zeichen aufgetreten. Dies reicht hin, um eine –Benutzung i.S.d. § 5 MarkenG anzunehmen. Daß der Beklagte die Zeichen firmenmäßig gebraucht hätte, ist nicht erforderlich.

 

3. Mit Nutzungsaufnahme im Herbst 1998 ist das Recht des Beklagten an dem Unternehmenskennzeichen “medbook“ entstanden. Dieser Zeitpunkt ist auch für den Zeitrang des Rechtes maßgeblich, § 6 Abs. 3 MarkenG. Unstreitig hat die Klägerin die Wortmarke Nr. 39985372 erst im Dezember 1999 angemeldet, damit Priorität erst zu diesem Zeitpunkt erworben, § 6 Abs. 2 MarkenG. Somit hat der Beklagte prioritätsältere Rechte. Den älteren Zeitrang kann er gem. § 6 Abs. 1 MarkenG der Klägerin entgegenhalten.

 

II. Andere Rechte als die aus einer eingetragenen Marke kann die Klägerin nicht geltend machen. Namensrechte an dem Zeichen “medbook“ stehen ihr nicht zu. Sie führt die Firma “... ... GmbH“. Dazu, dass sie Rechte an dem Zeichen als Unternehmenskennzeichen hätte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ebensowenig wie sie dazu etwas vorgetragen hat, daß der Beklagte wettbewerbswidrig handele, wenn er das in Rede stehende Zeichen als Domain-Adresse gebraucht.

 

 

C.

 

Die Nebenentscheidungen folgen aus den § 91, 709 ZPO.

 

... Vorsitzende Richterin am Landgericht

... Richter am Landgericht

... Richter am Landgericht

 

Verkündet am 24.7.2002

 

D.

... Urkundsbeamt. der Geschäftsste11e