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Zulässigkeit von Domain-Grabbing - OLG Dresden, Urteil vom 07.03.06, Az.: 14 U 2293/05

Leitsätzliches

Die Nutzung einer Domain im geschäftlichen Verkehr ist dann anzunehmen, wenn der Domaininhaber sie zum Verkauf anbietet. Bei der Registrierung einer Umlaut-Domain mit einem generischen Begriff stehen dem Inhaber einer gleichlautenden Domain allerdings keine Unterlassungsansprüche zu.

OBERLANDESGERICHT DRESDEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 14 U 2293/05

Entscheidung vom 7. März 2006

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

wegen Unterlassung u.a.

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2006 durch ...

für Recht erkannt:

 

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig – 5 O 2142/05 – vom 24.11.05 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweiligen zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Unterlassung der Verwendung einer Internet-Domain und auf diese gegenüber der DENIC zu verzichten. Weiterhin verlangt sie von dem Beklagten die Kosten vorgerichtlicher Abmahnung.

Wegen des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils des Landgerichts Leipzig vom 24.11.2005, Az: 5 O 2142/05, verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Begriff „Kettenzüge“ genieße für die Klägerin keinen kennzeichenrechtlichen Schutz. Eine Namensfunktion kommt ihr ebenfalls nicht zu. Weiterhin lägen die Voraussetzungen für ein sogenanntes „Domaingrabbing“ als gezielte Behinderung im Sinne der §§ 8, 4 Nr. 10, 3 UW nicht vor. Ansprüche aus §§ 1004, 826 BGB und 1004, 823 BGB seien auch nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgte die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie beantragt:

 

1. Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 24.11.2005, Az.: 5 O 2142/05, wird aufgehoben.

2. der Beklagte wir bei Meidung von Ordnungsgeld in vom Gericht festzusetzenden Höhe – ersatzweise für den Fall der Nicht-Beibringbarkeit bei Meidung von Ordnungshaft in vom Gericht festzusetzender Dauer – verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Internet-Domain „www.kettenzüge.de“ in Bezug auf elektrisch betriebe Hubgeräte zu verwenden oder von Dritten verwenden zu lassen, insbesondere mit dieser Handel zu treiben oder unter dieser ein eigenständiges Internet-Angebot zum Thema „Kettenzüge“ zu präsentieren bzw. präsentieren zu lassen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, durch Erklärung gegenüber der DENIC auf die Domain „www.kettenzüge.de“ zu verzichten.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 857,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.04.2005 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragte,

 

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2006 verwiesen.

II.

1. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die treffenden Gründe des angefochtenen Urteils wird zunächst verwiesen.

(a) Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Internet-Domain „www.kettenzüge.de“ in Bezug auf elektrisch betriebene Hubgeräte zu verwenden und von Dritten verwenden zu lassen, insbesondere mit dieser Handel zu betreiben oder unter dieser ein eigenständiges Internet-Angebot zu Thema „Kettenzüge“ zu präsentieren bzw. präsentieren zu lassen, besteht nicht.

(aa) Ein den Ansprüchen aus dem UWG und dem Namensrecht nach § 12 BGB vorgehender Anspruch aus § 15 Abs. 4 i.V.m. § 5 und § 14 Abs. 5 i.V.m. §§ 3, 4 MarkenG besteht nicht /vgl. zum Vorrang die Nachweise bei Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 4 UWG Rn. 1077 sowie BGH GRUR 2005, 430). Der Begriff „Kettenzüge“ ist weder im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG eine Unternehmenskennzeichen der Klägerin noch eine Marke im Sinne des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 2 MarkenG.

(b)   Nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG sind Unternehmenskennzeichen Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Die Klägerin versteht nach ihrem eigenen Vortrag unter dem Begriff „Kettenzüge“ die Funktionsweise elektronisch gesteuerte Gerätschaften zu Auf-, Ab- und Seitwärtsbewegungen von Schau- und Bühnenelementen jeder Art, von Scheinwerfern, Lautsprechern, Dekorationen bis hin zum sprichwörtlichen „eisernen Vorhang“. Damit bringt die Klägerin selbst zum Ausdruck, dass der Begriff „Kettenzüge“ lediglich beschreibend, aber für Unternehmen nicht kennzeichnend sein kann.

(c)    Aus den vorgenannten Gründen fehlt es auch im Sinne des § 3 Abs. 1 MarkenG an der Eignung dieses Begriffes, Waren und Dienstleistungen der Klägerin von denjenigen anderer Unternehmer zu unterscheiden.

Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Begriff „Kettenzüge“ durch seine Benutzung im geschäftlichen Verkehr innerhalb der beteiligten Verkehrskreise Verkehrsgeltung erworben hätte und damit als Marke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG anzusehen wäre.

bb) Die Klägerin hat auch keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3,4 Nr. 10 UWG. Der Beklagte ist kein Mitbewerber. Mitbewerber ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest mittelbar um diesen Abnehmer bemühen.

Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift selbst vorgetragen, dass der Beklagte nicht innerhalb der Branche der Veranstaltungs- und Bühnentechnik tätig ist.

Die frühere Rechtsprechung des BGH, nach der der (vermeintliche) Kennzeichenverletzter zum (vermeintlichen) Kennzeichenverletzer insoweit im Wettbewerb um die wirtschaftliche Verwertung eines Kennzeichens steht, als er durch den Gebrauch der fremden Kennzeichnung deren wirtschaftlich verwertbaren Ruf für sich ausnutzte, ist überholt, weil das Markengesetz diese Fälle abschließend regelt (vgl. BGH WRP 1998, 1181; Köhler, in : Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, § 2 UWG Rn. 62).

cc) Ein Unterlassungsanspruch wegen Namensrechtsverletzung (§§ 1004, 12 BGB) liegt ebenfalls nicht vor, weil der Begriff „Kettenzüge“ kein Bestandteil des Firmennamens der Klägerin ist.

dd) Ein Unterlassungsanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Nach diesen Vorschriften ist der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb geschützt gegen eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs als solchen (BGHZ 86, 152). Der Eingriff muss unmittelbar betriebsbezogen sein, d.h. sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit und nicht nur gegen vom Betrieb ohne weiteres ablösbare Rechte der Rechtsgüter richten (vgl. BGH NJW 2003, 1040; 2004, 356; BGH NJW-RR 2005, 673). Mittelbare Beeinträchtigungen des Betriebs durch Ereignisse, die außerhalb des Betriebes durch Ereignisse, die außerhalb des Betriebs einzutreten drohen und die mit der Wesenseigentümlichkeit des Betriebs nicht in Beziehung stehen, genügen daher nicht (vgl. BGH BB 1983, 464). Zu einer solchen mittelbaren Beeinträchtigung zählt etwa die Nichteintragung des Betriebs in einen Branchentelefonbuch (OLG Düsseldorf VersR 1997, 589). Dem entspricht die hier vorliegende Nichtverfügbarkeit der dem Beklagten gehörenden Top-level-Domain www.kettenzüge.de. Dieses steht auch weder der Klägerin zur Verfügung, solange der Beklagte sie nicht an einen Mitbewerber verkauft. Es fehlt  daher die Betriebsbezogenheit des Eingriffs.

b) Aus den vorgenannten Gründen besteht auch kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, durch Erklärung gegenüber der DENIC auf die Domain www.kettenzüge.de“ zu verzichten.

c) Aus den gleichen Gründen besteht auch kein Anspruch der Klägerin ein Aufwendungsersatzsatzanspruch, wie er in Ziffer 4. der Berufungsbegründung formuliert worden ist, gegenüber dem Beklagten nicht zu.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 798 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision war nicht zugelassen, weil keiner der in § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO genannte Gründe vorliegt.

Unterschriften