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Umsatzsteuerpflicht bei "privaten" eBay-Verkäufern - FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2010, Az.: 1 K 3016/08

Leitsätzliches

Die Verkaufsentgelte, die bei der Auflösung einer privaten Sammlung mittels der Auktionsplattform eBay anfallen, können umsatzsteuerpflichtig sein. Die Umsatzssteuer muss im Nachhinein entrichtet werden, wenn ein Ehepaar über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren ca. 7 Auktionen wöchentlich und insgesamt 1200 Transaktionen tätigt und je Verkaufsvorgang Erlöse zwischen € 70,00 und € 121,00 erzielt werden. Dem steht nicht entgegen, dass es an den für die Annahme einer Händlertätigkeit entscheidenden Einkäufen fehlt, wenn eigenständige und nicht in Beziehung zueinander stehende Sammlungen verkauft werden.

FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 1 K 3016/08

Entscheidung vom 22. September 2008

 

In der Finanzgerichtssache

...

gegen

...

wegen Umsatzsteuer

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg auf die mündliche Verhandlung vom ... durch die Richter ... für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
    
Streitig ist, ob die über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorgenommene Veräußerung einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen auf der Internet-Auktions-Plattform „ebay“ der Umsatzsteuer unterliegt.
   
Die Kläger sind in den Jahren 1939 und 1941 geboren und seit dem Jahre 1964 miteinander verheiratet. Der Kläger übte zuletzt den Beruf eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters aus, die Klägerin war Hausfrau. Zum 1. November 2001 eröffneten sich die Kläger auf der Internet-Plattform „ebay“ ein Nutzerkonto, das sie dazu berechtigte, künftig an Online-Auktionen verschiedenster Waren und Gegenstände sowohl als Verkäufer als auch als Käufer teilzunehmen. Für dieses Nutzerkonto wählten die Kläger den Nutzernamen (sog. Nicknamen) „xxx“, der sich aus den jeweils ersten beiden Buchstaben der Vornamen der Klägerin und des Klägers und den ersten beiden Buchstaben ihres gemeinsamen Nachnamens zusammensetzte. Das Nutzerkonto war durch ein von den Klägern gewähltes Passwort vor dem unbefugten Gebrauch durch Dritte geschützt.
   
In der Folgezeit veräußerten die Kläger über die Plattform „ebay“ unter dem gewählten Nicknamen eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen an jeweils unterschiedliche Käufer. Die zu verkaufenden Gegenstände hatten die Kläger bei der Erstellung des jeweiligen Auktionsangebots verschiedenen Produktgruppen zugeordnet, so vor allem den Gruppen „Barbie“, „Besteck“, „Briefmarken“, „Buch“, Computer“, „Erzgebirge“, „Goebel“, „Goldetui“, „Goldschmuck“, „Harley“, „Käthe Kruse“, „Kaweco“, „Konzert“, „Majolika“, „Märklin“, „Montblanc“, „Münze“, „Nerz“, „Parker“, „Pelikan“, „Porzellan“, Schildkröt“, „Schreiben“, „Schuco“, „Software“, „Steif“ (gemeint wohl: „Steiff“) und „Uhr“ sowie (jeweils nur einmal) den Kategorien „Bogner“, „Foto“, „Hut“, „Medaille“, „Minox“, „Rad“, „Sigikid“, „Teppich“ und „Waterman“. Daneben veräußerten die Kläger noch eine Vielzahl anderer Gegenstände, die sich keiner bestimmten Kategorie zuordnen ließen. Wegen der einzelnen Verkäufe und der daraus erzielten Erlöse wird auf die darüber angefertigte 19-seitige Aufstellung (Rechtsbehelfsakten des beklagten Finanzamts – des Beklagten –, unpaginiert, hinter Sektion „Ebay verk. liste“) verwiesen, die auf einer von dem Unternehmen „ebay“ erstellten Liste der getätigten Auktionsgeschäfte beruht. Insgesamt handelte es sich im Zeitraum zwischen November 2001 und Juni 2005 um über 1.200 einzelne Verkaufsvorgänge. Hieraus erzielten die Kläger Erlöse, die sich im Jahre 2001 (bei 16 Verkäufen) auf 2.617 DM, im Jahre 2002 (bei 356 Verkäufen) auf 24.963 EUR, im Jahre 2003 (bei 328 Verkäufen) auf 27.637 EUR, im Jahre 2004 (bei 226 Verkäufen) auf 20.946 EUR und im Jahre 2005 (bei 287 Verkäufen) auf 34.917 EUR beliefen. Die Erlöse vereinnahmten die Kläger jeweils über ein von beiden Klägern gemeinschaftlich gehaltenen Ehegattenkonto bei der ... bank.
   
Die Kläger gaben bei Einstellung der Verkaufsangebote auf der Plattform „ebay“ jeweils an, es handele sich um einen Privatverkauf. Eine Gewährleistung für die verkauften Gegenstände übernahmen die Kläger gegenüber dem jeweiligen Käufer nicht. In der Folgezeit gaben die Kläger für die getätigten Geschäfte keine Umsatzsteuererklärung ab; den Erlös erklärten sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2005 nicht.
   
Am 21. Dezember 2004 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Vereins „... Verein“ mit einer Anregung des Vereins, der Beklagte möge im Zuge der steuerlichen Behandlung der Klägerin die Versteuerung der aus der Verkaufstätigkeit auf der Verkaufsplattform „ebay“ erzielten Einnahmen überprüfen. Hierzu führte der Verein aus, bei ihm habe sich die Klägerin mit der Behauptung gemeldet, es seien lediglich Waren aus Privatbesitz verkauft worden. Vor dem Hintergrund des Umfangs der Verkaufstätigkeit habe man daran erhebliche Zweifel.
   
Der Beklagte übergab die Anzeige des Vereins der bei der Oberfinanzdirektion (OFD) gebildeten EDV-Prüfgruppe, die sie im Januar 2005 an die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt (FA) X (Steuerfahndung) weiterleitete. Aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndung erließ der Beklagte erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre (2003 bis 2005), in denen er den Klägern steuerpflichtige Umsätze von 23.825 EUR (für das Jahr 2003), 18.057 EUR (für das Jahr 2004) und 30.101 EUR (für das Jahr 2005) zurechnete und die sich daraus ergebende Umsatzsteuer für 2003 auf 3.812 EUR, für 2004 auf 2.889,12 EUR und für 2005 auf 4.816,16 EUR festsetzte. Die Bescheide datieren vom 29. November 2007 und wurden am gleichen Tage zur Post gegeben.
   
Hiergegen legten die Kläger am 2. Januar 2008 Einspruch ein. Zur Begründung wiesen die Kläger darauf hin, dass sie leidenschaftliche Hobbysammler seien und sich über die Internetplattform „ebay“ von einem Teil ihrer Sammlungen getrennt hätten. Der überwiegende Teil der Sammlung bestehe aus Puppen und Teddybären und hier insbesondere der Marke „Steiff“. In geringerem Umfang seien gebrauchte Haushaltsgegenstände betroffen gewesen, die sie selbst nicht mehr benötigt hätten oder die durch Todesfälle in der Familie nicht mehr benötigt worden seien. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) habe bei einem Briefmarkensammler die Veräußerung seiner Sammlung in einem Wert von 386.000 DM als nichtunternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gewertet und diese Rechtsprechung später auf einen Münzsammler übertragen, der seine Sammlung im Wert von 190.000 DM veräußert habe. Aus diesem Grunde seien die angefochtenen Bescheide mangels Unternehmereigenschaft aufzuheben.
   
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2008 als unbegründet zurück. Auch aus privater Neigung begründete Sammlertätigkeiten könnten in einem späteren Zeitpunkt zur Unternehmereigenschaft führen. Dies gelte unter anderem dann, wenn professionelle Vertriebswege benutzt würden, wie dies etwa beim Verwerten von Kontakten und Kenntnissen der betreffenden Branche, der Benutzung eines Ladenlokals, der Herausgabe von Preislisten und Katalogen, dem Auftreten nach außen als Händler und bei Werbung der Fall sei. Im Streitfall sei ein Händlerverhalten gegeben gewesen, das aufgrund der Vielzahl der Veräußerungen zu einer Umsatzsteuerpflicht führe. Die Kläger unterschieden sich letztlich nicht von anderen Unternehmern, die ihre Waren ebenfalls über „ebay“ zum Kauf anböten. Sie hätten jedes Sammlungsstück genau bezeichnen, gegebenenfalls ein digitales Bild fertigen, sich Gedanken über ein Mindestgebot machen und die Ware später versenden müssen. Da die „ebay“-Plattform genüge, um nach außen aufzutreten, seien die übrigen Kriterien wie Tätigung von Werbung und Vorhalten eines Ladenlokals im Streitfall von geringer Bedeutung. Der „ebay“-Kunde sei bereits durch Eingabe eines entsprechenden Suchbegriffs auf der Internet-Plattform in der Lage, sich einen Überblick über die von den Klägern angebotenen Artikel zu verschaffen. Angesichts der rund 1.200 in den Jahren 2002 bis 2005 getätigten Verkäufe liege keine private Veräußerungstätigkeit mehr vor.
   
Hiergegen richtet sich die am 30. Juni 2008 eingegangene Klage. Mit ihr machen die Kläger geltend, eine auf Güterumschläge gerichtete Absicht habe bei ihnen nicht vorgelegen. Sie hätten die in Streit stehenden Gegenstände gesammelt und sich schließlich davon getrennt. Unzutreffend sei, dass sie die Artikel gekauft hätten, um damit Gewinn in dem Sinne zu erzielen, dass der Verkaufspreis höher als der Ankaufspreis gewesen wäre. Es sei ihnen – den Klägern – im wesentlichen immer darum gegangen, ihrer eigenen Sammlerleidenschaft nachzukommen und ihre Sammlungen weiter zu vervollständigen bzw. umzuschichten. Daran, dass diese Gegenstände später wieder verkauft werden könnten oder müssten, hätten sie keinen Gedanken verschwendet. Es habe sich ausschließlich um Sammlergegenstände gehandelt, die sie – die Kläger – entweder selbst aufgrund ihrer Sammelleidenschaft auf Flohmärkten, Basaren oder Spielzeugbörsen erworben oder die sie von ihren jeweiligen Eltern geerbt hätten, die ihrerseits ebenfalls leidenschaftliche Sammler gewesen seien. Hinsichtlich der vom Beklagten angenommenen Händlereigenschaft komme es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Die Plattform „ebay“ stelle für den Verkauf von Privatvermögen eine moderne Alternative zu Flohmärkten oder herkömmlichen Versteigerungen unter Einschaltung kostspieliger Auktionshäuser dar. Dass er damit einen weit größeren Käuferkreis erreiche, mache den Veräußerer indessen noch nicht zum Händler, selbst wenn er dies in größerem Umfang tue. Entscheidend sei letztlich, dass ihre – der Kläger – Verkäufe nicht von langer Hand geplant gewesen seien, sie keine gezielten Einkäufe getätigt hätten und sie im Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs noch keine Veräußerungsabsicht gehabt hätten. Auch sei – so die Kläger – ihre Tätigkeit nicht auf Dauer angelegt gewesen, weil sie lediglich dazu gedient habe, sich von dem privat gesammelten Vermögen zu trennen. Es habe sich um eine innerhalb der Eigensphäre liegende Vermögensumschichtung gehandelt.
   
Die Kläger beantragen, die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 29. November 2007 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2008 ersatzlos aufzuheben.
   
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
   
Der Beklagte weist darauf hin, dass ein Händlerverhalten nicht erst dann vorliege, wenn Güter bereits in der Absicht erworben würden, sie später wieder zu veräußern. Die Händlereigenschaft könne vielmehr auch aufgrund einer hohen Anzahl an Veräußerungen begründet werden, wenn dafür eine Betriebsorganisation erforderlich werde, wie sie sonst nur bei Händlern üblich sei.
   
Vor dem Berichterstatter des erkennenden Senats hat am 22. Juli 2010 ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden, wegen dessen Verlaufs auf die darüber angefertigte Niederschrift vom 9. August 2010 verwiesen wird. Zur Höhe der getätigten Umsätze haben die Kläger mit Schriftsatz vom 17. September 2010 – auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird – ergänzend vorgetragen.

Entscheidungsgründe
   
Die Klage ist nicht begründet.
   
Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat die streitbefangenen Umsätze zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen.
   
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt. Erläuternd bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, dass gewerblich i. S. des Umsatzsteuerrechts jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

2. Die Kläger haben sich in den Streitjahren gemeinsam nach diesen gesetzlichen Maßstäben als Unternehmer betätigt und die in Rede stehenden Umsätze gemeinschaftlich im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt.
   
Dass die Kläger selbständig und zur Erzielung von Einnahmen tätig wurden, ist nicht zweifelhaft. Gleichfalls nicht in Zweifel zu ziehen ist, dass die Kläger die streitigen Umsätze gemeinschaftlich ausgeführt haben, wie die Wahl des gemeinsamen Benutzerkontonamens bei „ebay“ und die Vereinnahmung der Verkaufserlöse auf einem gemeinschaftlich gehaltenen Ehegatten-Bankkonto erkennen lassen. Entgegen ihrer Auffassung kam ihrer Tätigkeit darüber hinaus auch die für die Eigenschaft als umsatzsteuerliche Unternehmer erforderliche Nachhaltigkeit zu.
   
a) Das Attribut „nachhaltig“ leitet sich von dem Verb „nachhalten“ ab, das sich mit „längere Zeit anhalten“ oder „bleiben“ umschreiben lässt.  „Nachhaltig“ bedeutet daher gemeinsprachlich, dass sich etwas auf längere Zeit stark auswirkt. Von dieser Bedeutung ist auch umsatzsteuerrechtlich auszugehen (BFH-Urteil vom 30. Juli 1986 – V R 41/76, BFHE 147, 279, BStBl II 1986, 874). Eine nachhaltige Tätigkeit muss daher auf Dauer berechnet sein, so dass es sich um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Erzielung von Entgelten handeln muss (BFH-Urteil vom 18. Juli 1991 – V R 86/87, BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776; im weitesten Sinne gewerbliche oder berufliche Tätigkeit).
   
Ob eine Betätigung hiernach als nachhaltig und damit als unternehmerisch einzuordnen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH anhand einer Reihe verschiedener Kriterien zu beurteilen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen Nachhaltigkeit sprechen (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776, vom 24. November 1992 – V R 8/89, BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379, vom 15. März 2002 – V B 137/01, BFH/NV 2002, 1503, vom 7. September 2006 – V R 6/05, BFHE 215, 331, BStBl II 2007, 148, vom 11. April 2008 – V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, und vom 4. September 2008 – V R 10/06, BFH/NV 2009, 230).Dabei sind alle erheblichen Umstände des Sachverhalts einzubeziehen. Von Bedeutung können in diesem Zusammenhang insbesondere die Zahl der Verkäufe und der verkauften Gegenstände, die Dauer der Verkaufstätigkeit, die Planmäßigkeit des Handelns und seine Anlage auf Wiederholung, die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Erlöse, die Beteiligung am Markt, die Werbung, die Benutzung und das Unterhalten eines Laden- oder Geschäftslokals, das Auftreten nach außen, die Verwertung anderweitig erworbener Kenntnisse und Kontakte und die Ausbildung des Steuerpflichtigen sein.Da es auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt, kann nicht bereits mit Rücksicht auf das Vorliegen eines dieser – im Übrigen nicht abschließenden – Merkmale die nachhaltige Betätigung eindeutig bejaht oder verneint werden; vielmehr müssen die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden.
   
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze betätigt sich nachhaltig, wer – wie die Kläger – die Internet-Auktionsplattform „ebay“ dazu nutzt, um auf längere Dauer und mit erheblicher Intensität eine Vielzahl von Gegenständen mit Liebhaberwert weiterveräußern zu können.
   
aa) Im Streitfall war die Tätigkeit der Kläger von Beginn an auf unbestimmte Zeit, auf eine hohe Zahl von einzelnen Verkaufsfällen und auf die Erzielung erheblich über die Grenze einer Betätigung als Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG) hinausgehender Erlöse angelegt. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Kläger ihre Verkäufertätigkeit auf der Plattform „ebay“ im Sommer des Jahres 2005 offenkundig nur unter dem Eindruck des seit einigen Monaten schwebenden Besteuerungsverfahrens wieder eingestellt haben. Die bis zu diesem Zeitpunkt getätigten Auktionsverkäufe beliefen sich im Jahresdurchschnitt auf zwischen viereinhalb (im Jahre 2004) und elf (im Jahre 2005) Geschäftsvorfälle je Woche und im Durchschnitt der gesamten in Rede stehenden dreieinhalb Jahre bei über 1.200 Verkäufen auf etwa sieben Transaktionen wöchentlich. Zugleich stiegen die Erlöse je Verkaufsvorgang von durchschnittlich 70 EUR im Jahre 2002 über 84 EUR und 92 EUR in den Jahren 2003 und 2004 auf zuletzt 121 EUR im Jahre 2005 an.
   
bb) Nach Auffassung des erkennenden Senats ist eine derart intensive und langfristig angelegte Verkaufstätigkeit auf der Plattform „ebay“ als nachhaltig zu beurteilen.
   
Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass der Verkäufer – wie auch im Streitfall die Kläger – sich für jeden einzelnen zur Internet-Versteigerung anstehenden Gegenstand Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung, zu seiner Platzierung in der einschlägigen Produktgruppe und über ein Mindestgebot machen und zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses für den Gegenstand in aller Regel mindestens ein digitales Bild anfertigen muss. Außerdem muss der Verkäufer den Auktionsablauf auf „ebay“ in regelmäßigen Abständen überwachen, um rechtzeitig auf Nachfragen von Kaufinteressenten reagieren zu können, sofern diese die auf der Auktionsseite eingestellten Wareninformationen als nicht ausreichend erachten. Nach Beendigung der jeweiligen Auktion muss der Verkäufer zudem den Zahlungseingang überwachen, um die Ware anschließend zügig verpacken und versenden zu können. Sowohl die Überwachung des Aktionsablaufs als auch des Zahlungseingangs muss der Verkäufer ernst nehmen, da er – wie allgemein bekannt ist – nach Beendigung des Geschäfts vom Käufer bewertet wird und die Bereitschaft, auf Rückfragen zum Produkt zu antworten, wie auch die Schnelligkeit des Warenversands Kriterien sind, die in diese Bewertung einfließen, und da diese Käuferbewertung auf der Plattform „ebay“ veröffentlicht und von künftigen Käufern bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigt wird.
   
Daraus erhellt, dass eine Betätigung bei „ebay“ eines nicht unerheblichen Organisationsaufwands der eigenen Arbeitsabläufe bedarf, sobald die Anzahl der einzelnen Verkaufsauktionen – wie im Streitfall – die Schwelle bloß gelegentlichen Handelns überschreitet. Im Falle der Kläger kam hinzu, dass die Verpackung und der Versand der verkauften Produkte in aller Regel mit einem weit überdurchschnittlichen Aufwand verbunden war, weil es sich zum größten Teil um zugleich zerbrechliche und wertvolle Gegenstände (Puppen, Porzellan, Modellbauteile, Füllfederhalter und Münzen) handelte. Die zeitliche Inanspruchnahme der Kläger aus dieser Tätigkeit dürfte – nach einer vorsichtigen Schätzung des Senats – jedenfalls im Durchschnitt bei mindestens einer Stunde täglich gelegen haben. Bei diesen Umständen ist – auch unter Berücksichtigung der erheblichen und deutlich über den Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG liegenden Erlöse aus der Verkaufstätigkeit – von einer Nachhaltigkeit der Betätigung auszugehen.
   
cc) Der Senat verkennt nicht, dass das Auftreten der Kläger insofern nicht dem klassischen Bild eines Händlers entspricht, als die Kläger – jedenfalls nach ihrem eigenen, nicht widerleglichen Vorbringen – sämtliche der verkauften Gegenstände ursprünglich nicht in der (sei es auch nur bedingten) Absicht des späteren Wiederverkaufs (und damit des Durchhandelns) erworben hatten. Denn wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379 deutlich gemacht hat, lässt sich die Nachhaltigkeit nicht entscheidend deshalb verneinen, weil es „an den für die Annahme einer Händlertätigkeit entscheidenden Einkäufen“ gefehlt habe. Bei einer Würdigung aller Umstände kommt demgegenüber auch zum Tragen, dass die Auktionsplattform „ebay“ den Klägern die Möglichkeit eröffnete, mit einem Minimum an Werbeaufwand (Anfertigung der Produktbeschreibung und einer digitalen Fotografie und deren Hochladen als Datei in das Internet) einen nahezu unbegrenzten Kreis potentieller Geschäftspartner anzusprechen. Zudem haben die Kläger ihre Verkaufstätigkeit im Wesentlichen auf solche Produktkategorien beschränkt, in denen sie – bedingt durch ihre langjährige Sammlertätigkeit – über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügten und für die sie daher den Verkaufserfolg auf dem durch „ebay“ eröffneten Markt weit überdurchschnittlich gut vorab einschätzen konnten. Jedenfalls insoweit haben sich die Kläger daher durchaus „wie ein Händler“, jedenfalls aber „wie ein gewerblicher Unternehmer“ am Markt verhalten.
   
c) Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich aus der (aus dem Jahre 1987 stammenden) Rechtsprechung des (für die Umsatzsteuer nicht mehr zuständigen) X. Senats des BFH zum Fehlen der Unternehmereigenschaft im Zusammenhang mit der Auflösung von privaten Briefmarken- und Münzsammlungen nichts anderes.
   
aa) Zwar hat der BFH mit Urteilen vom 29. Juni 1987 – X R 23/82 (BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744) und vom 16. Juli 1987 – X R 48/82 (BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752) entschieden, dass sowohl der Briefmarkensammler als auch der Münzsammler nur dann als Unternehmer anzusehen ist, wenn er sich „wie ein Händler“ verhält und dass der Sammlerin Rahmen einer aus privaten Neigungen begründeten und fortgeführten Sammlung nicht dadurch einem Händler vergleichbar wird, dass er Einzelstücke in der Art des Wegtauschens veräußert und Teile der Sammlung umschichtet oder die Sammlung teilweise oder vollständig veräußert.Dazu hat der BFH ausgeführt, dass das Veräußern in Form des Wegtauschens der Sammlung in einem oder auch in mehreren gleichartigen Handlungen als deren letzter Akt zu der privaten Sammeltätigkeit gehört und keine Umsatzbesteuerung auslöst. Dies hat der BFH damit begründet, dass eine solche Veräußerung den Abschluss der aus privaten Neigungen aufgebauten Sammlung bildet und nicht mit der Tätigkeit eines (Briefmarken-) Händlers vergleichbar ist, weil der Händler die Veräußerung von langer Hand plant und eine Veräußerungsabsicht regelmäßig schon im Zeitpunkt des Erwerbs der (Sammlungs-) Gegenstände haben wird. Demnach kann – worauf sich die Kläger berufen – eine später gefasste Veräußerungsabsicht die Unternehmereigenschaft (nur dann) begründen, sofern sie eine Phase händlergemäßen Verhaltens einleitet und etwa mit Werbemaßnahmen, gezielten Einkäufen und ähnlichem verbunden ist, nicht aber schon dann, wenn eine solche Absicht zugleich durch Veräußerung in die Tat umgesetzt wird.
   
bb) Der erkennende Senat ist zunächst der Auffassung, dass der im Streitfall zu beurteilende Sachverhalt mit demjenigen der genannten BFH-Entscheidungen nicht vergleichbar ist. Letztere waren dadurch geprägt, dass jeweils eine einzelne Sammlung konkret bestimmter Gegenstände (mehrere Teile einer Deutschland-Generalsammlung an Briefmarken bzw. eine Münzsammlung von 457 Exemplaren) mit Hilfe eines Auktionators über mehrere Jahre hinweg versteigert wurde. Damit waren die verkauften Objekte der Sache nach beschränkt und gegenständlich eng begrenzt. Demgegenüber haben die Kläger ihre Verkaufstätigkeit im Rahmen einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Produktgruppen entfaltet, innerhalb derer sie – nach ihren nicht widerleglichen Angaben – jeweils eigenständige und untereinander nicht in Beziehung stehende Sammlungen aufgebaut hatten. Nicht vergleichbar ist ferner der erhebliche persönliche Einsatz der Kläger im Zusammenhang mit der Veräußerungstätigkeit (vgl. vorstehend unter 2. b. bb), setzt man ihm die nur geringfügige Betätigung der Steuerpflichtigen in den vom BFH entschiedenen Fällen entgegen, die sich in der Übergabe der jeweiligen Sammlung an den Auktionator erschöpfte.
   
cc) Daneben sieht sich der erkennende Senat auch deshalb daran gehindert, den Streitfall in gleicher Weise wie vom BFH durch dessen Urteile in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744, und in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 entschieden zu beurteilen, weil die Unternehmereigenschaft nach der Rechtsprechung des BFH nicht allein ausschlaggebend unter Hinweis darauf verneint werden kann, dass es „an den für die Annahme einer Händlertätigkeit entscheidenden Einkäufen“ gefehlt habe (BFH-Urteil in BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379; vgl. vorstehend unter 2.. b. cc.). Sollten daher die Ausführungen in den Urteilen in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744, und in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752, ein Sammler von Liebhaberstücken sei nur dann umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer, wenn er sich bei Aufbau der Sammlung „wie ein Händler“ verhalte, dahin zu verstehen sein, dass eine nachhaltige Betätigung – ungeachtet ihres Umfangs und ihrer Intensität – bereits dann ausscheidet, wenn die veräußerten Waren nicht in (wenigstens bedingter) Wiederverkaufsabsicht erworben wurden, so könnte der Senat dem nicht folgen.
   
3. Der Beklagte hat die in Rede stehenden Umsätze auch der Höhe nach zutreffend der Umsatzbesteuerung unterworfen.
   
Der mit Schriftsatz vom 17. September 2010 erhobene Einwand der Kläger, es sei jedenfalls für das Streitjahr 2005 nur ein geringerer Umsatz als Bemessungsgrundlage in Ansatz zu bringen, greift nicht durch. Ein Vermerk, „dass in 2005 ebay-Verkäufe in Höhe von 19.874,00 EUR festgestellt wurden, deren steuerliche Zurechnung bzw. Erfassung bei anderen Personen erfolgt ist“, findet sich – anders als von den Klägern angeführt – weder auf Seite 1 des Abschlussberichts der Steuerfahndung vom 13. Juli 2009 (Bl. 58 ff. der Gerichtsakte) noch an anderer Stelle innerhalb dieses Berichts. Soweit sich die Bemerkung der Kläger auf das Schreiben der Steuerfahndung an den seinerzeit von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwalt vom 2. Oktober 2007 (Einkommensteuerakten des Beklagten, sog. „Fehlakte“, unpaginiert, vor Sektion „2001“, dort erste Seite, letzter Absatz) beziehen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass es sich den dortigen Angaben der Steuerfahndung zufolge um „zusätzliche ebay-Verkäufe“ in der von den Klägern genannten Höhe gehandelt hat, deren „steuerliche Zurechnung bzw. Erfassung“ – wie die Steuerfahndung dort ausdrücklich festgehalten hat – „bei anderen Personen erfolgt“ ist. Dafür, dass der Beklagte die genannten Umsätze unzutreffend daneben auch noch bei den Klägern erfasst hätte, geben die Ausführungen der Steuerfahndung nichts her.
   
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
   
5. Die Revision war zuzulassen, weil von grundsätzlicher Bedeutung ist, inwieweit an den Maßstäben der BFH-Urteile in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744, und in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 auch für Verkäufe unter Nutzung der Internet-Auktionsplattform „ebay“ festgehalten werden kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

(Unterschriften)