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Pflicht einer Landeslotteriegesellschaft zur Weiterleitung im Internet rechtswidrig generierter Lotto-Spielaufträge - Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30.7.2009, Az.: 3 U 53/09

Leitsätzliches

Eine Landeslotteriegesellschaft ist nicht verpflichtet, im Internet rechtswidrige und gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßende Spielaufträge anzunehmen. Diesbezüglich bestehende Vermittlungsverträge mit einem Dienstleister für Lotteriespiele im Internet können wegen Verstößen des Dienstleisters gegen den Glücksspielstaatsvertrag gekündigt werden.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 U 53/09

Entscheidung vom 30. Juli 2009

In dem Rechtsstreit

G. GmbH

- Antragstellerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte/r: 

g e g e n

L. GmbH

- Antragsgegnerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte/r: 

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

… … …

nach der am  23. Juli 2009 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 20.2.2009 (Geschäfts-Nr. 408 O 4/09) abgeändert, die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin verlangt im vorliegenden Eilverfahren die Offenhaltung einer elektronischen Schnittstelle zum EDV-System der Antragsgegnerin zur Weiterleitung von Spielaufträgen.

Die Antragstellerin ist eine zum Konzern der T. AG gehörende Servicegesellschaft, die bei den Landeslotteriegesellschaften elektronische Schnittstellen zur Einspeisung von Lottotipps und Tipps für andere Spielveranstaltungen wie Spiel 77, Super 6 und Glücksspirale hält. Die T. AG hat sich bis Ende des Jahres 2008 mit dem Geschäft befasst, im Internet Lottoscheine für die staatlich zugelassenen Lottoangebote entgegenzunehmen und über die Antragstellerin an die Lottogesellschaften weiterzuleiten, von denen sie eine Provision erhielt. Dieses Geschäft ist zum Jahreswechsel 2008/2009 auf die englische Konzerngesellschaft T. Ltd. übergegangen. Die Antragsgegnerin ist die zu 100 % von der Freien und Hansestadt Hamburg gehaltene Landeslotteriegesellschaft.

In dem zwischen der Antragsstellerin und der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, der „N., Staatliche Lotterie der Freien und Hansestadt Hamburg“ (NLTH), am 26.3.2002 geschlossenen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ über die elektronische Vermittlung von Spielaufträgen heißt es u.a.:

§ 12 Dauer und Beendigung des Vertrags
(...)
3. Aus wichtigem Grund kann der Vertrag von jeder Partei ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund zur Kündigung für das NLTH liegt insbesondere vor, wenn der Beauftragte oder seine Mitarbeiter
- gegen gesetzliche Vorschriften oder Bestimmungen dieses Vertrages verstoßen und die Fortsetzung des Vertrages für das NLTH nicht mehr zumutbar ist (…)
Die Kündigung ist binnen einer Frist von einem Monat nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund auszusprechen.

Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg stimmte im „Gesetz zur Neuregelung des Glücksspielwesens“ vom 14.12.2007 dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) zu, nach dessen § 4 die Veranstaltung oder Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet schlechthin (Abs. 4) und im Übrigen ohne Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde (Abs. 1) verboten ist.

Der T. AG wurde am 2.1.2008 von der Freien und Hansestadt Hamburg gemäß § 25 Abs. 6 GlüStV die als Anlage AST 7 vorliegende Erlaubnis erteilt, im Jahr 2008 Lotterieverträge der Lotterien Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6, Glücksspirale und der ARD-Fernsehlotterie im Internet zu vermitteln, dies u.a. mit der im Hinblick auf § 19 Abs. 3 GlüStV verfügten Auflage, nur dann ein Spiel zu vermitteln, wenn der Spielteilnehmer sich in Hamburg oder einem anderen Bundesland aufhält, in welchem der T. AG die Vermittlung im Internet gestattet wurde.

Die Antragsgegnerin hat mit an die Antragstellerin gerichtetem Schreiben vom 11.3.2009  den Geschäftsbesorgungsvertrag aus wichtigem Grund gekündigt, weil die Antragstellerin keinen Nachweis erbracht habe, dass sie im Rahmen ihrer Einspeisungspraxis die Vermeidung von Verstößen gegen den GlüStV sicherstelle. Dieser Kündigung waren verschiedene Schreiben der Antragsgegnerin vorausgegangen, in welchen sie die Antragstellerin u.a. aufforderte sicherzustellen, dass bestimmte Spielaufträge, deren Vermittlung über das Internet nach Auffassung der Antragsgegnerin gegen Bestimmungen des GlüStV verstießen, nicht mehr eingespielt würden.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags seien nicht gegeben, weil sie, die Antragstellerin, weder gegen Gesetze noch gegen Bestimmungen des Vertrags verstoße. § 4 Abs. 4 GlüStV widerspreche der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49, 50 EG-Vertrag und sei daher wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts unanwendbar, welcher die Antragsgegnerin als Beteiligungsunternehmen der öffentlichen Hand binde. Das Internetverbot schränke ungerechtfertigt die Dienstleistungsfreiheit ein, weil die Voraussetzungen, die der EuGH in der Gambelli-Entscheidung für staatliche Glücksspielmonopole verlangt habe, nicht erfüllt seien. Weder sei die Annahme einer „Lottosucht“ empirisch belegt noch sei das deutsche Monopol kohärent und systematisch ausgestaltet, weil Pferdesportwetten von Buchmachern weiterhin im Internet angeboten werden dürften. Jedenfalls sei ein außerordentliches Kündigungsrecht verwirkt, weil der GlüStV von der Freien und Hansestadt Hamburg bereits am 31.7.2007 unterzeichnet worden sei und die Antragsgegnerin bereits ab diesem Zeitpunkt das Internetverbot habe absehen und eine Kündigung aussprechen können. Die Klärung der hier relevanten europarechtlichen Fragen obliege den sachnäheren Verwaltungsgerichten; der gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutz gegen Rechtsverletzungen der öffentlichen Hand dürfe nicht durch eine zivilrechtliche Vorgehensweise ausgehebelt werden. Eine Vertragskündigung verstoße gegen § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 20 Abs. 1 GWB bzw. Art. 82 EG.

Die Antragstellerin hat beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die der Antragstellerin von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte elektronische Schnittstelle zur Weiterleitung von gewerblich vermittelten Spielaufträgen für die bundesweiten Spielveranstaltungen Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6 und Glücksspirale weiterhin zur Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, die Einspielung von Spielaufträgen durch die Antragstellerin über ihre, der Antragsgegnerin, Schnittstelle sei seit dem 1.1.2009 illegal, weil sämtliche denkbaren Fallkonstellationen der Einspeisung vom Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst würden. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin komme der Glücksspielart „Lotterie“ ein erhebliches Suchtpotential zu, zumal wenn über das Internet gespielt werde. Es handele sich bei der mit dem Internetverbot bezweckten Suchtprävention um ein Rechtsgut der Allgemeinheit von höchstem verfassungsrechtlichen Rang, welches geeignet sei, eine objektive Berufszulassungsregel nach Art. 12 GG zu rechtfertigen. Das Internetverbot verstoße auch nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV, weil es den vom EuGH in den Entscheidungen Schindler, Läärä, Gambelli, Zenatti und Placanica verlangten Erfordernissen entspreche. Ein Kartellrechtsverstoß liege nicht  vor.

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 20.2.2009, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, die von der Antragstellerin beantragte einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht ergänzend geltend: Am 25.2.2009 habe das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration im Hinblick auf die im vorliegenden Verfahren ergangene Entscheidung des Landgerichts im Rahmen einer Anhörung nach § 28 VwVfG zur Stellungnahme aufgefordert, weil durch die Weiterführung der Schnittstelle die unerlaubte Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet zu befürchten und deshalb eine Untersagung der Annahme und Einspielung der von den Firmen T. AG und ihren Tochterunternehmen mit in Niedersachsen befindlichen Spielteilnehmern generierten Spielaufträge beabsichtigt sei. Da die Antragstellerin abgelehnt habe, zukünftig die ordnungsgemäße Einspielung von Spielaufträgen sicherzustellen, habe sie, die Antragsgegnerin, sich zur Kündigung entschlossen. Diese Kündigung sei rechtzeitig erfolgt. Die Fortsetzung des Geschäftsbesorgungsvertrags, die zur Einspielung illegaler Glücksspielaufträge führte, sei ihr, der Antragsgegnerin, nicht zumutbar.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20.2.2009 abzuändern und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung vom 7.1.2009 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht ergänzend geltend: Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung sei mangels Kündigungsgrundes unwirksam, jedenfalls aber verfristet. Unterstellte Gesetzesverstöße der T. AG bzw. der T. Ltd. könnten ihr, der Antragstellerin, nicht zugerechnet werden. Die Kündigung sei auch nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen Monatsfrist erfolgt. Allenfalls diejenigen Dauerspieltipps, die die T. AG in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2008 von Spielteilnehmern vermittelt habe, die sich weder in Hamburg, Hessen oder Berlin noch im Ausland aufgehalten hätten, seien unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV vermittelt worden. Die Antragsgegnerin habe Lottotipps, welche ihrer Auffassung nach gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV makelbehaftet gewesen seien, wissentlich über ein Jahr lang entgegengenommen, obwohl ihr allein wegen des enorm hohen Spielumsatzes, den sie, die Antragstellerin, an die Antragsgegnerin weitergeleitet habe, klar gewesen sei, dass für den größten Teil der 2008 vermittelten Spieltipps keine erforderliche Ausnahmegenehmigung vorgelegen habe. Der Antragsgegnerin seien die etwaigen Verstöße seit über einem Jahr bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte vertragliche Anspruch auf Bereitstellung der elektronischen Schnittstelle nicht zu. Hierbei kann dahinstehen, ob der Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist (dazu nachfolgend 1.). Denn der Vertrag ist jedenfalls durch die Kündigung der Antragsgegnerin wirksam beendet worden (dazu nachfolgend 2.). Das Kartellrecht steht der Vertragsbeendigung nicht entgegen (dazu nachfolgend 3.).

1. Die Wirksamkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags unterliegt im Hinblick auf § 134 BGB ernsthaften Bedenken.

Der Umstand, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV bereits bestand, steht allein der Annahme der Nichtigkeit nicht entgegen. Denn anerkanntermaßen ist auch bei einem nachträglichen Verbot stets zu prüfen, ob die Verbotsnorm ihrem Sinn und Zweck nach auch ex nunc die Nichtigkeit zuvor begründeter Dauerschuldverhältnisse herbeiführen soll (BGH Urt. v. 18.2.2003, Az. KVR 24/01, juris-Rz. 22 – Verbundnetz II; Palandt/Heinrichs, § 134 Rz. 12a).

Es spricht nach Auffassung des Senats zunächst vieles dafür, dass nicht nur der zwischen dem Spielinteressenten und dem Vermittler geschlossene Vermittlungsvertrag, sondern auch der über das Internet vermittelte Glücksspielvertrag zwischen Spieler und Lotteriegesellschaft mit der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB von § 4 Abs. 4 GlüStV verboten werden soll. Denn hierbei dürfte es sich gerade um diejenigen Rechtsgeschäfte handeln, gegen deren Vornahme sich das gesetzliche Verbot richtet (vgl. BGH, Urteil v. 8.6.1983, Az. VIII ZR 77/82, juris-Rz 18). Soweit es um außerhalb des Internet veranstaltete Glücksspiele geht, bezüglich derer über das Internet die Teilnahme („Scheinabgabe“) vermittelt wird, richtet sich das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV zwar nicht gegen den Inhalt des abzuschließenden Spielvertrags, sondern regelt lediglich eine Modalität der Vertragsanbahnung. Der Schutzzweck des Internetverbots, die mit diesem Vertriebsweg in besonderem Maße verbundenen Suchtgefahren wegen der Anonymität und des Fehlens jeder sozialer Kontrolle auszuschalten (vgl. Gesetzesbegründung, Drucksache der Hmb.  Bürgerschaft Nr. 18/7229 v. 23.10.2007, S. 17f.), spricht allerdings für eine weite Auslegung des Verbotsbereichs. Denn nur durch die Annahme der Nichtigkeit des auf dem verbotenen Vermittlungsweg abgeschlossenen Spielvertrags wird dieser Schutzzweck wirksam, indem der Spieler etwa vor den finanziellen Folgen eines Spielvertrags geschützt wird. Es erscheint zweifelhaft, ob die vom Gesetzgeber allein aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zugunsten zweier fast ausschließlich im Internetgeschäft tätigen gewerblicher Spielvermittler getroffene Übergangsregelung in § 25 Abs. 6 GlüStV (vgl. Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2008, § 25 GlüStV Rz. 39), als Nachweis dafür angesehen werden kann, dass – wie das Landgericht gemeint hat – der Gesetzgeber nicht das Ziel gehabt habe, im Internet vermittelte Glücksspielverträge auf jeden Fall zu verhindern.

Der zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag dient – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – dem Betrieb einer „virtuellen Annahmestelle“ durch die Antragstellerin zum Zwecke der Weiterleitung im Internet generierter Spielaufträge. Dieser Vertrag hat – obwohl der Antragstellerin in § 1 des Vertrags ausdrücklich die „Vermittlung von Spielverträgen im Namen und für Rechnung der Freien und Hansestadt Hamburg als Handelsvertreter im Nebenberuf“ übertragen wird – nicht die Vermittlung von Spielverträgen im Internet in dem Sinne zum Gegenstand, dass die Antragstellerin selbst im Internet werbend aufträte; ihr ist – im Gegenteil – nach § 4 Ziff. 1 des Vertrags eine solche eigene Vermittlungstätigkeit (sogar) untersagt. Die von der Antragstellerin vertraglich zugesagte Tätigkeit beschränkt sich vielmehr auf die Weiterleitung solcher Spielaufträge, die ein Dritter – seinerzeit die T. AG – im Internet vermittelt hat. Dass sich die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle der vorliegenden Art nicht in der Übermittlung von im Internet vermittelten Spielangeboten erschöpfen muss, sondern gleichermaßen dazu dienen kann, außerhalb des Internet generierte Spielaufträge einzuspeisen, hat vorliegend angesichts des klaren und von den Parteien im Sinne einer „Internet-Annahmestelle“ praktizierten Vertragsinhalts außer Betracht zu bleiben. Vertragsgegenstand ist also ein der durch Dritte erbrachten Internet-Vermittlungstätigkeit vorgelagertes Vorbereitungs- oder Hilfsgeschäft, in dessen Rahmen einerseits die Antragstellerin die Übernahme einer technischen Weiterleitungsfunktion und andererseits die Antragsgegnerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin eine Provisionszahlung und die Bereitstellung einer elektronischen Schnittstelle versprochen haben. Jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit der Antragstellerin selbst als Vermittlung im Sinne des § 4 Abs. 1 GlüStV anzusehen wäre, unterfiele sie – mangels einer der Antragstellerin erteilten Erlaubnis – dem in dieser Vorschrift geregelten präventiven Verbot und der hierauf gerichtete Geschäftsbesorgungsvertrag dem Verdikt der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB. Aber selbst dann, wenn man die Tätigkeit der Antragstellerin lediglich als untergeordneten, nicht erlaubnispflichtigen Hilfsdienst einstufte (zur Erlaubnispflicht von unterstützenden Tätigkeiten vgl. Postel, a.a.O., § 4 Rz. 36), liegt die – für die Anwendung des § 134 BGB sprechende – Annahme nahe, dass der mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag verfolgte einzige Vertragszweck in der Offenhaltung eines nunmehr nach § 4 Abs. 4 GlüStV ausnahmslos verbotenen Vertriebskanals besteht (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 4.5.2009, Az. 13 U 42/09, juris- Rz. 9; LG Hannover, Urteil v. 28.1.2009, Az. 21 O 105/08, Umdruck S. 6f.).

Angesichts der jedenfalls wirksamen außerordentlichen Vertragskündigung durch die Antragsgegnerin (dazu sogleich) können diese Bedenken hier jedoch dahinstehen.

2. Die von der Antragsgegnerin am 13.3.2009 erklärte außerordentliche Kündigung hat den zwischen den Parteien bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag beendet. Es bestand ein wichtiger Grund zur Kündigung (nachfolgend a]), die auch fristgerecht erklärt wurde (nachfolgend b]). Das Recht zur Kündigung hat die Antragsgegnerin nicht verwirkt (nachfolgend c]).

a) Die Antragsgegnerin verfügte über einen wichtigen Grund zur Kündigung gemäß § 12 Ziff. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags. Denn die Antragstellerin hat sich pflichtwidrig geweigert (aa]), eine den Erfordernissen des  grundgesetz- und gemeinschaftsrechtskonformen GlüStV (bb] und cc]) genügende Einspeisungspraxis zuzusichern; die Vertragsfortsetzung ist der Antragsgegnerin unzumutbar (dd]).

aa) Die Weigerung der Antragstellerin, die Einhaltung bestimmter Erfordernisse des GlüStV bei der Einspeisung von Spielaufträgen sicherzustellen, ist unberechtigt ([1]) und erlangt ein für die außerordentliche Kündigung hinreichendes Gewicht ([2]).

(1) Die Antragsgegnerin hat mit ihren der Kündigung vorangegangenen, an die Antragstellerin gerichteten schriftlichen Aufforderungen vor dem Hintergrund der Bestimmungen der § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV zu Recht bestimmte Vorkehrungen hinsichtlich der Einspeisung von Spielaufträgen verlangt.

(a) Zu Recht hat die Antragsgegnerin verlangt, keine Einspielung ab dem 1.1.09 über das Internet vermittelter Spielaufträge mehr vorzunehmen. Einspeisungen von ab dem 1.1.2009 im Internet generierter Spielaufträge sind gesetzeswidrig, weil die Antragstellerin mit der Einspeisung von Spielaufträgen, welche nach diesem Datum unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV im Internet vermittelt worden sind, an dem Gesetzesverstoß der Internet-Vermittler teilnähme, sie also wissentlich die verbotswidrige Vermittlung durch Hilfeleistung unterstützte.

(b) Zu Recht hat die Antragsgegnerin weiter verlangt, dass die Antragstellerin keine Spielaufträge einspeist, die von im Zeitpunkt der Beauftragung nicht in Hamburg sich aufhaltenden Spielern stammen.

Vor Inkrafttreten des neuen GlüStV galt für die gewerbliche Spielvermittlung, dass Spielaufträge – von einzelnen landesrechtlichen Ausnahmen abgesehen – bundesweit akquiriert und an jegliche Landeslotteriegesellschaft vermittelt werden durften (Schmitt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2008, § 19 GlüStV Rz. 38). Nunmehr entfaltet auch die Erlaubnis zur Spielvermittlung nur Legalisierungswirkung auf dem Hoheitsgebiet desjenigen Bundeslandes, welches die Erlaubnis erteilt hat (Schmitt, a.a.O.). Auch der Regelung in § 7 Abs. 2 HmbGlüStVAG, nach welcher sich die Vermittlungserlaubnis auch auf die Vermittlung an außerhalb Hamburgs veranstaltete, jedoch in eine Rechtsverordnung nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 HmbGlüStVAG aufgenommene Glücksspiele erstreckt, liegt das Verständnis zugrunde, dass Erlaubnisse stets nur „für das Gebiet des jeweiligen Landes oder einen Teil dieses Gebietes erteilt“ werden (Gesetzesbegründung, Drs. der Hmb. Bürgerschaft Nr. 18/7229 v. 23.10.2007, S. 30 unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 4 S. 1 GlüStV; Schmitt, a.a.O., Rz. 39).

Mithin legalisiert eine Hamburger Vermittlungserlaubnis lediglich die Vermittlung von Aufträgen solcher Spieler, die sich im Zeitpunkt der Beauftragung in Hamburg aufhielten.

(c) Zu Recht hat die Antragsgegnerin schließlich von der Antragstellerin Vorkehrungen verlangt, die sicherstellen, dass keine Spielaufträge eingespeist werden, welche von gewerblichen Vermittlern generiert worden sind, die in Hamburg keine Vermittlungserlaubnis haben. Denn andernfalls nähme die Antragstellerin an dem von den Vermittlern begangenen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV teil, weil sie wissentlich die verbotswidrige Vermittlung durch Hilfeleistung unterstützte. Nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele ohne die Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde verboten. Weder die T. AG, deren Ausnahmegenehmigung nach § 25 Abs. 6 HmbGlüStVAG mit dem 31.12.2008 abgelaufen ist, noch die T. Ltd. verfügen gegenwärtig über eine Vermittlungserlaubnis der zuständigen Innenbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg.

(2) Der Schwerpunkt des von der Antragsgegnerin zum Gegenstand der Kündigung erhobenen Vorwurfs liegt im Unterlassen der mehrfach eingeforderten Vorkehrungen. Dieses fortwährende Unterlassen stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar, weil die Antragstellerin eine vertragliche Handlungspflicht zur Wahrung einer gesetzeskonformen Vertragspraxis traf und sie auf entsprechende, angesichts der erfolgten Verstöße berechtigte und sich in der Dringlichkeit steigernde Ansinnen der Antragsgegnerin beharrlich untätig blieb. Denn im Hinblick auf den in § 12 Ziff. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags geregelten Kündigungsgrund gesetzeswidrigen Verhaltens ist zu konstatieren, dass nach dem Vertragsinhalt einer Gesetzesverletzung das Gewicht eines außerordentlichen Kündigungsgrundes zukommen sollte. Die beharrliche Weigerung, anlässlich zweier rechtswidriger Vorkommnisse dem vertragsfreundlich agierenden Vertragspartner eine zukünftig gesetzeskonforme Vertragspraxis zu gewährleisten, erlangt als Gesamtverhalten ein dem vorgenannten Kündigungsgrund entsprechendes Gewicht.

bb) Der Senat teilt nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens die von der Antragstellerin gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG, gehegten Bedenken nicht, sondern legt die vom BVerfG (Beschluss v. 14.10.2008, Az. 1 BvR 928/08) gefundene Einschätzung zugrunde, dass die vorgenannten Vorschriften zwar in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen, jedoch als objektive Berufswahlbeschränkungen durch die mit diesen Regelungen verfolgten überragend wichtigen Gemeinwohlziele – Schutz insbesondere von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität – verhältnismäßig, nämlich zur Zielerreichung geeignet, erforderlich und nicht übermäßig belastend sind. Soweit die Antragstellerin die vom Gesetzgeber vorgenommene Einschätzung der Gefahrenlage dahingehend in Abrede stellt, dass vom Lottospiel ein nennenswertes Suchtpotential nicht ausgehe, ist sie darauf zu verweisen, dass dem Gesetzgeber bei der Vornahme einer derartigen Prognose ein verfassungsrechtlicher Beurteilungsspielraum zukommt, der erst dann überschritten ist, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgegeben können (vgl. BVerfG, a.a.O., juris-Rz. 30). Dass solches vorliegend der Fall wäre, ist mit dem BVerfG zu verneinen.

cc) Der Senat ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens ferner der Auffassung, dass § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere mit Art. 43, 49 EG vereinbar sind.

Dies gilt zunächst für die Festschreibung des staatlichen Glücksspielmonopols in § 4 Abs. 1 GlüStV in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und 2 GlüStV. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Unterbindung der Vermittlung von Glücksspielen in andere Mitgliedsstaaten dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn ein Staatsmonopol dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist (EuGH, Urteil v. 6.11.2003, Rs. C-243/01 – Gambelli; Urteil v. 6.3.2007, Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 – Placanica u.a.). Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs durch ein staatliches Wettmonopol seien nur dann mit Art. 43 und 49 EG vereinbar, wenn es im Interesse des Verbraucherschutzes und der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen die Gelegenheiten zum Spiel wirklich vermindere und die Tätigkeiten in diesem Bereich systematisch und kohärent begrenzt (EUGH „Placanica“, Tz. 46, 53). Hierbei rechtfertigten die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen bei der Festlegung der Erfordernisse zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (EuGH „Placanica“ Tz. 47). Es stehe den Mitgliedsstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegenebenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, jedoch müssten die erfolgenden Beschränkungen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen, also zur Verwirklichung der geltend gemachten Ziele geeignet und erforderlich sowie nicht diskriminierend sein (EuGH „Placanica, Tz. 48f.). Der Senat hält die bereits im Rahmen der deutschen Grundrechtsprüfung genannten Argumente für auf die gemeinschaftsrechtliche Prüfungsebene übertragbar, weil sich die gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Rechtmäßigkeit eines staatlichen Wettmonopols entsprechen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006, Az. 1 BvR 1054/01, juris Rz. 144), und kommt demgemäß zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt insbesondere auch für die von der Antragstellerin vermisste Kohärenz der Regelungen des GlüStV. Es ist nicht – insbesondere auch nicht im Hinblick auf die von der Antragstellerin angeführte Beispiele der Pferderennen – ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch aus gemeinschaftsrechtlicher Perspektive seinen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Gestaltung des für unterschiedliche Spielformen jeweils für nötig erachteten Schutzniveaus überschritten hätte (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss v. 27.2.2009, Az. 4 Bs 235/08, S. 12; Beschluss v. 25.03.2008, Az. 4 Bs 5/08, juris-Rz. 26).

Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV hält der Senat ebenfalls für gemeinschaftsrechtskonform. Die besonderen Gefahren, die mit der Glücksspielveranstaltung und -vermittlung im Internet verbunden sind – jederzeitiger Zugang ohne räumliche Schranken, Anonymität und Isolierung des Spielers, fehlende Identitätskontrolle und daraus resultierender mangelhafter Jugendschutz – werden auch auf europäischer Ebene gesehen und als zur Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit geeignet anerkannt (s. Schlussanträge des Generalanwalts Bot v. 14.10.2008 in der Rs. C-42/07, Rz. 268 ff., 276). Dass der deutsche Gesetzgeber in Ausübung des ihm – wie ausgeführt – auch gemeinschaftsrechtlich zustehenden Ermessens die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet nicht lediglich (wie im Falle der portugiesischen Regelung für Sportwetten, s. EuGH, Rs. C-42/07) in das staatliche Glücksspielmonopol einbezogen, sondern diese Vertriebsformen sogar insgesamt – also auch für staatliche Anbieter – verboten hat, gewährleistet in nicht diskriminierender Weise das insoweit denkbar höchste Maß an Schutz.

dd) Der Antragsgegnerin ist die Fortsetzung des Vertrags angesichts der Weigerung der Antragstellerin unzumutbar, den Erfordernissen des GlüStV bei der zukünftigen Einspeisungspraxis Rechnung zu tragen. Denn sie kann angesichts ihr zumindest von der niedersächsischen Behörde drohender aufsichtsrechtlicher Maßnahmen sowie der Bußgeldbewehrung eines Verstoßes gegen die hier betroffenen Verbotsvorschriften nicht dulden, dass die Antragstellerin ihr rechtswidrig generierte Spielaufträge zuleitet. Angesichts des Umstands, dass die Einhaltung gesetzlicher, also auch ordnungsrechtlicher Bestimmungen durch die Aufnahme eines hierauf bezogenen außerordentlichen Kündigungsgrundes Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages wurde, verfängt in diesem Zusammenhang der Einwand der Antragstellerin nicht, die Berufung auf diesen Kündigungsgrund schneide ihr verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz ab. Das aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes ist nicht berührt.

b) Die Antragsgegnerin hat die außerordentliche Kündigung am 11.3.2009 und damit innerhalb der in § 12 Ziff. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags vorgesehenen Monatsfrist ab Kenntnis vom wichtigen Grund ausgesprochen.

Gegenstand der Kündigung ist nicht, wie vorstehend unter a)aa) dargelegt, eine einzelne Handlung, sondern die fortwährende pflichtwidrige Untätigkeit bezüglich der Gewährleistung einer gesetzeskonformen Einspielpraxis. Gründet die außerordentliche Kündigung auf einem fortdauernden Zustand, wirken also wichtige Gründe im Sinne eines Dauertatbestands fort, so ist die Ausschlussfrist für eine außerordentliche Kündigung des Dauerschuldverhältnisses noch gewahrt, wenn der Dauerzustand auch innerhalb der Frist noch angehalten hat (BGH NZA 2005, 1415, 1416; BAG NZA 2004, 1216; Brandburg. OLG, Urt. v. 16.8.2006, Az. 3 U 30/05, juris-Rz. 26; siehe auch Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 4, 5. Aufl. 2009, § 626 Rz. 307). Um einen solchen Fall handelt es sich etwa, wenn der potentielle Kündigungsgegner fortlaufend neue Gründe setzt, die für die Kündigung maßgeblich sind, wenn z.B. ein GmbH-Geschäftsführer über einen längeren Zeitraum die Insolvenz verschleppt (BGH a.a.O.), ein Arbeitnehmer dauernd vom Arbeitsplatz fernbleibt (BAG a.a.O.) oder ein Pachtvertrag gekündigt wird, weil der Pächter durch eine vertragswidrige bauliche Veränderung einen pflichtwidrigen Dauerzustand geschaffen hat (Brandenburg. OLG, a.a.O.). Um einen solchen Fall handelt es sich auch vorliegend, weil die Antragstellerin seit der ersten Aufforderung durch die Antragsgegnerin kontinuierlich die Erfüllung der ihr vertraglich obliegenden Pflicht verletzt hat, die Einspeisung ausschließlich rechtmäßig generierter Spielaufträge zu gewährleisten, mithin seither und auch noch im Zeitpunkt der Kündigung ein pflichtwidriger Zustand angedauert hat.

c) Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin darauf, die Antragsgegnerin habe das Recht zur außerordentlichen Kündigung verwirkt, weil angesichts des Inkrafttretens des GlüStV am 1.1.2008 bereits längere Zeit die Gelegenheit bestanden habe, sie, die Antragstellerin, zu einer der neuen Rechtslage entsprechenden Einspeisungspraxis anzuhalten und ggf. den Vertrag zu kündigen.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (siehe nur BGHZ 43, 292; NJW 2006, 219; Palandt/Heinrichs, § 242 Rz. 87).

Die Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles sprechen gegen ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Antragstellerin. Insoweit kann dahinstehen, ob – wie die Antragstellerin geltend macht – der Antragsgegnerin die rechtswidrige Vermittlungspraxis der T. AG im Jahr 2008 angesichts des erheblichen, im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegenen Volumens nicht habe verborgen bleiben können; jedenfalls im Ausgangspunkt ist allerdings der Antragsgegnerin erhebliches Vertrauen dahingehend zuzubilligen, dass die Antragstellerin und die ihr verbundene T. AG sich rechtstreu verhalten und insbesondere die in der der T. AG für das Jahr 2008 erteilten Ausnahmegenehmigung enthaltenen Auflagen eingehalten würden. Denn ein erheblicher Teil der von der Antragstellerin im Jahr 2008 in das System der Antragsgegnerin eingespielten Spielaufträge ist – wie die Antragstellerin der Sache nach einräumt – von der T. AG unter Verstoß gegen die ihr erteilte Ausnahmegenehmigung und somit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV im Internet vermittelt worden. Fällt aber der Antragstellerin die Teilnahme an Rechtsverstößen des ihr verbundenen Unternehmens zur Last, so vermochte sie unter dem Verwirkungsaspekt rechtlich geschütztes Vertrauen darauf, dass die Antragsgegnerin auch zukünftig über nicht zur Disposition der Vertragsparteien stehende Gesetzesverstöße hinwegsehen und den Vertrag fortsetzen werde, nicht zu begründen.

Dass die Antragsgegnerin nicht bereits die ihr bekanntgewordenen Fälle rechtswidriger Einspeisung von Anfang des Jahres 2009 zum Gegenstand einer außerordentlichen Kündigung erhoben hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Antragstellerin durfte nicht darauf vertrauen, der Vertrag werde ungeachtet etwaiger Rechtsverstöße fortgesetzt. Die Antragsgegnerin hat vielmehr hinreichend deutlich gemacht, am Vertrag (nur) festhalten zu wollen, sofern die Antragstellerin eine rechtmäßige Einspeisungspraxis gewährleiste.

3. Die Antragsgegnerin ist nicht gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, § 20 Abs. 1 GWB bzw. Art. 82 EG zur Bereitstellung der elektronischen Schnittstelle verpflichtet. Zwar ist sie auf dem Markt der Lotterieveranstalter ein marktbeherrschendes Unternehmen. Jedoch beeinträchtigt sie nicht die Wettbewerbsmöglichkeiten der Antragstellerin in kartellrechtswidriger Weise. Soweit der Antragstellerin die Einspeisung im Internet unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV generierter Spielaufträge ordnungsrechtlich verwehrt ist (dazu s.o.), kann auf die Bereitstellung der Schnittstelle auch unter dem kartellrechtlichen Aspekt einer Diskriminierung oder Zugangsverweigerung kein Anspruch bestehen. Ob bestimmte Arten der Einspeisung von Spielaufträgen – etwa von der T. AG im Jahr 2008 rechtmäßig vermittelter Dauerspielaufträge – dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht unterfallen, kann hier offenbleiben. Denn angesichts der Weigerung der Antragstellerin, eine ggf. gesetzeskonforme Einspeisungspraxis zu gewährleisten (s.o.), ist die Aufrechterhaltung der Schnittstelle der Antragsgegnerin nicht im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 4 2. Halbsatz GWB zumutbar, weil sie sich durch Gewährung des Zugangs der nicht hinnehmbaren Gefahr aussetzte, in rechtswidriger Weise vermittelte Spielaufträge anzunehmen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

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