Leitsätzliches
Im Einstweiligen Verfügungsverfahren untersagt das LG Frankfurt es, einen gewerbsmäßigen Versandhandel für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der Bayer-Gruppe über das Internet nach Deutschland anzubieten und durchzuführen wie mit dem Programm 0800DocMorris.com. Eine Vorlage an das EuGH wegen der Frage der Übereinstimmung einer nationalen Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht kommt im Einstweiligen Verfügungsverfahren nicht in Betracht.LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 3-12 O 50/01
Entscheidung vom 25. April 2001
Die Antragsgegner werden im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monate, bei der Antragsgegnerin zu 1.) zu vollziehen an ihrem gesetzlichen Vertreter, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,
einen gewerbsmäßigen Versandhandel für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der Bayer-Gruppe über das Internet nach Deutschland anzubieten und durchzuführen wie mit dem Programm 0800DocMorris.com.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen.
T a t b e s t a n d :
Die Antragstellerin vertreibt Arzneimittel.
Die Antragsgegnerin zu 1.) mit dem Sitz in ..., Niederlande, betreibt eine sogenannte "Internetapotheke". Als solche ist sie in den Niederlanden zugelassen.
Einer der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1.) ist der Antragsgegner zu 2.). Das parallele einstweilige Verfügungsverfahren gegen ihren weiteren Geschäftsführer, Herrn ... , ist bei der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main anhängig (2/6 O 758/00).
In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00 nahm die Antragstellerin die Apotheek van W... B. V., ... , Niederlande, auf Unterlassung in Anspruch. Durch Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.11.2000 wurde der Apotheek van W... B. V. untersagt,
einen gewerbsmäßigen Versandhandel für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medikamente über das Internet nach Deutschland anzubieten, zu bewerben und durchzuführen wie mit dem Programm www.0800DocMorris.com.
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14.11.2000 erkannte die Apotheek van W... B. V. den von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch an und erklärte, es werde keine Berufung eingelegt und es werde auch darauf verzichtet, einen Antrag gemäß § 926 ZPO zu stellen.
In dem parallelen Verfügungsverfahren Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 366/00 nahm der Deutsche Apothekerverband e. V. die Apotheek van W... B. V., Herr ... und die 0800 Doc Morris N. V. i. o., letztere als eine in Gründung befindliche Aktiengesellschaft niederländischen Rechts, auf Unterlassung in Anspruch. Durch Urteil vom 09.11.2000 wurde den Antragsgegnern des dortigen Eilverfahrens untersagt,
a)
apothekenpflichtige Arzneimittel über das Internet mittels eines aufgrund deutscher Sprache, einer deutschen Servicenummer und/oder auf deutsche Abnehmer ausgerichteten Werbe- und Erläuterungstexte auf deutsche Endverbraucher ausgerichteten Internetangebots in der Bundesrepublik Deutschland feilzubieten,
b)
apothekenpflichtige Arzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland im Wege eines gewerbsmäßigen Versandhandels in den Verkehr zu bringen, insbesondere im Wege des gewerbsmäßigen Versandhandels an Endverbraucher in der Bundesrepublik Deutschland abzugeben.
Die Antragsgegnerin zu 1.) des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens besteht seit dem 21.07.2000. Sie tritt als Versandapotheke im Internet auf unter der Adresse:
"ww.0800DocMorris.com"
Bei Aufruf dieser Adresse erscheint eine Homepage, die in der Kopfzeile folgende Menüzeile wiedergibt:
"Apotheke Gesundheitsforum Über uns Kontakt"
Wird der Link "Über uns" angeklickt, so erscheint als Beschreibung der Antragsgegnerin folgender Text:
"Hier ist die Apotheke 0800DocMorrisNV mit Ihrem Internetdienst 0800DocMorris.com
Sie benötigen Medikamente? Sie suchen Originalpräparate zu günstigen Preisen? Sie wollen kompetent und zuverlässig zu Gesundheitsthemen beraten werden? Dann sind Sie hier genau richtig!"
Geht man auf der Homepage zu den seitlichen Links "Medikamente bestellen" und erkundigt sich über den Link "Bestellinformationen" nach der Vorgehensweise, so erscheint u. a. der folgende Text:
"Wer ist 0800DocMorris
0800DocMorris ist eine ordentliche niederländische Apotheke in L..., nahe dem Städtchen K.... Das Gesundheitsministerium in den Niederlanden hat uns die Zulassung erteilt und überwacht unsere Qualität. Für unsere Arzneimittel gelten dieselben Qualitätskriterien und für unser Fachpersonal dieselben Ausbildungsvorschriften wie für jede andere Apotheke in den Niederlanden. Diese unterscheiden sich übrigens nicht wesentlich von den Bestimmungen in Deutschland. Deshalb gelten niederländische Apothekerdiplome auch in Deutschland und umgekehrt. Aber ein paar Dinge sind anders bei 0800DocMorris."
Im weiteren Internettext folgen dann die Untergliederungen mit Erläuterungstext "Der Name 0800DocMorris", "Die Kennung und das Paßwort", "Das Arzneimittelsortiment bei 0800DocMorris", "Die Bezahlung und Abrechnung bei 0800DocMorris", "Die Preise von 0800DocMorris", "Beratung und Kunden-Service bei 0800DocMorris" und "Die Bestellung und Zustellung bei 0800DocMorris".
Zur Ausführung der Bestellung muß der Besteller bei Aufruf der Adresse www.0800DocMorris.com entweder die Medikamente eingeben oder aus dem vorhanden Sortiment heraussuchen. Für die Versendung rezeptpflichtiger Arzneimittel ist die Einsendung eines Rezepts erforderlich.
Die entsprechenden Internetausdrucke befinden sich als Anlagen 1, 2 und 3 zur Antragsschrift bei den Akten; darauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Antragstellerin führt aus, das Landgericht Frankfurt am Main sei zur Entscheidung des einstweiligen Verfahrens zuständig. Gemäß § 5 Nr. 3 EuGVÜ sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main ergebe sich aus § 32 ZPO.
Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit sei gegeben. Von der jetzigen Antragsgegnerin zu 1.) habe die Antragstellerin nach erneuter Überprüfung des Internetauftritts am 13.11.2000 erfahren. Die ursprünglich den Versandhandel anbietende Apotheke (Apotheek van W..., Anmerkung der Kammer) sei offensichtlich kurzfristig durch die jetzige Antragsgegnerin zu 1.) ausgetauscht worden und zwar offensichtlich mit dem Ziel, den Internetversandhandel reibungslos weiterführen zu können.
Die Tätigkeit der Antragsgegner (Internetversandhandel) verstoße gegen § 1 UWG in Verbindung mit §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 AMG und §§ 3 a, 8 Abs. 2 und 10 HWG.
Die Tätigkeit der Antragsgegner als Versandhändler für Arzneimittel verstoße gegen § 43 Abs. 1 AMG. Hiernach dürften apothekenpflichtige Arzneimittel außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Die Formulierung der "Abgabe nur in einer Apotheke" bedeute, daß das Arzneimittel die Apotheke körperlich berühren und der Patient die Arzneimittel dort in der Apotheke in Empfang nehmen müsse. Ein Arzneimittelversand sei damit ausgeschlossen.
Bei den Patienten, die bei den Antragsgegnern bestellten, handele es sich auch nicht um pharmazeutische Unternehmer, Großhändler oder Apotheken, weshalb ebenfalls ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 AMG vorliege, weil die Antragsgegner zum Teil nicht zum Verkehr im Geltungsbereich des AMG zugelassene oder registrierte Medikamente an deutschen Kunden versendeten.
Soweit der deutsche Gesetzgeber eine Ausnahme vom Verbot des Versandhandels in § 73 AMG aufgenommen habe, sei diese Ausnahme nicht einschlägig. Gemäß § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG dürften Arzneimittel aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden, wenn dies ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung und in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge geschehe. Diese Gestattung richte sich an Privatpersonen, die gezielt in einer Apotheke im Ausland ein Arzneimittel bestellten. Dieses Arzneimittel dürfe dann auch an die Privatperson versandt werden. Eine Gestattung eines gewerblichen Versandhandels durch den Gesetzgeber bedeute das nicht.
Die Versandhandelstätigkeit der Antragsgegner verletzten weiterhin die §§ 8 Abs. 2, 3 a und 10 HWG. Mit ihrem Internetauftritt betreibe die Antragsgegnerin zu 1.) Werbung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31.03.1992 über die Werbung für Humanarzneimittel.
Gemäß § 8 Abs. 2 1. Alternative HWG sei es unzulässig, für den Bezug von zulassungspflichtigen Arzneimitteln im Wege der Einzeleinfuhr im Sinne des § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG zu werben. Hiergegen verstießen die Antragsgegner. Sie verstießen darüber hinaus auch gegen § 8 Abs. 1 HWG, da sie im Internet für den Versand auch von apothekenpflichtigen Arzneimitteln werben würden. Da die Antragsgegner weiterhin auch für den Bezug von in Deutschland nicht zugelassenen und auch für den Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bei Privatverbrauchern werben würden, verstießen sie mit dem Betrieb ihrer Internetapotheke zusätzlich gegen die Bestimmungen der §§ 3 a, 10 HWG.
Der Antragsgegner zu 2.) schulde die geltend gemachte Unterlassung als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1.). Unabhängig von seiner Funktion als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1.) hafte er als selbständiger Störer. Er beteilige sich wissentlich und willentlich an dem wettbewerblich unzulässigen Betrieb der Internetapotheke.
Die Antragstellerin beantragt, wie folgt zu erkennen:
Den Antragsgegnern wird, und zwar jedem für sich, im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,--, ersatzweise von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, für die Antragsgegnerin zu 1.) zu vollziehen an deren gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,
einen gewerbsmäßigen Versandhandel für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der Bayer-Gruppe über das Internet unter Einbeziehung von Deutschland anzubieten und durchzuführen wie mit dem Programm 0800DocMorris.com.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Antragsgegner beantragen weiter vorsorglich und hilfsweise,
die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung folgender Fragen vorzulegen:
I.
Ist eine Vorschrift, die es einer holländischen Apotheke verbietet, von deutschen Bürgern bei ihr bestellte Arzneimittel - rezeptpflichtige nur auf ärztliches Rezept im Original - an diese durch Boten oder per Post auszuliefern, mit Artikel 28 und 30 EGV vereinbar und ist diese Frage anders zu beantworten, wenn die holländische Apotheke sich zur Kommunikation des Internets und/oder unter anderem auch der deutschen Sprache bedient ?
II.
Ist eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 28 EGV in Form eines nationalen Werbeverbots zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen ausnahmsweise zulässig, wenn die Werbung sich ausschließlich auf solche Angaben bezieht, die zum Betrieb einer Internetapotheke unbedingt erforderlich sind?
Die Antragsgegner führen aus, der Unterlassungsantrag sei unzulässig, weil er unbestimmt sei. Die Antragstellerin erkläre nicht, wer die "Bayer-Gruppe" sein solle. Der Antrag ziele darauf ab, daß der Versandhandel "unter Einbeziehung von Deutschland" verboten werden solle. Es stelle sich damit die Frage, ob der Vesandhandel insgesamt verboten werden solle oder (nur) hinsichtlich Deutschland.
Es fehle an dem Verfügungsgrund der Dringlichkeit. Bekanntlich habe der Deutsche Apothekerverband e. V. in dem Verfahren Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 366/00 die Apotheek van W..., den Antragsgegner zu 2.) und die 0800DocMorris NV i. o. auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Antragstellerin habe nunmehr im November 2000 "nachgezogen", obwohl ihr sämtliche Erkenntnisse des Deutschen Apothekerverbandes bereits im Juni 2000 zur Verfügung gestanden hätten. Soweit die Antragstellerin als Anlage AS 6 zur Antragsschrift eine eidesstattliche Versicherung des Herrn H. P. vom 17.11.2000 vorlege, so sei nicht ersichtlich, weshalb es bei der Frage der Eilbedürftigkeit auf die Kenntnis des Syndikus der B. AG ankommen solle. Diese eidesstattliche Versicherung schließe nicht aus, daß bei der Antragstellerin schon zu einem früheren Zeitpunkt die vollständige Kenntnis erlangt worden sei. Die Antragstellerin habe bereits im Juni 2000 ausreichend Kenntnis hinsichtlich aller Beteiligten erworben. Daß die Antragsgegnerin am 08.06.2000 online gegangen sei, sei in der Presse umfänglich angekündigt worden. Dr. K. K. habe in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 22.07.2000 erklärt, bereits am 10.06.2000 Medikamente bestellt haben. Er verschweige, daß er sie auf der inkriminierten Website mit der Domain 0800DocMorris.com angeboten erhalten und dort auch bestellt habe. Daß Kenntnis hinsichtlich welcher Vorgänge auch immer bei der Antragstellerin erst im November 2000 entstanden sein sollten, habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragsgegner führen weiter aus, es fehle an einem Verfügungsanspruch. Die "Abnahme" der Apotheke in den Niederlanden erstrecke sich auch auf die Gestaltung des Internetauftritts.
Soweit die Antragstellerin ausführe, das Versandverbot gemäß § 43 Abs. 1 AMG treffe auch die Antragsgegnerin zu 1.), treffe das nicht zu. Der Europäische Gerichtshof habe bereits in seiner Entscheidung Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland (Urteil vom 08.04.1992, Rechtssache C-62/90) erläutert, daß jeder Eingriff in einem Fall wie diesem in den grenzüberschreitenden Warenverkehr eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 28 EGV darstelle. Käme man mithin zu dem Ergebnis, daß das Versandverbot des § 43 Abs. 1 AMG auf das Geschäft der Antragsgegnerin zu 1.) anzuwenden sei, so verstieße das gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Das hier anstehende Rechtsproblem sei kein Problem des Versands, sondern vielmehr ein Problem des Bezugs. Der Gesetzestext spreche nicht von "Versand", sondern vielmehr von "Verbringung" und dann in § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG von "aus einem Mitgliedsstaat ... bezogen werden". § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG sei durch den Bundesgesetzgeber unter Druck der Entscheidungen "Schumacher" (Rechtssache 215/87, Urteil vom 07.03.1989) und "Kommission" des Europäischen Gerichtshofs geschaffen worden. Geregelt werde die Berechtigung zur Verbringung ins Inland durch die ausländische Person an den inländischen Bezieher. Die Regelung sage nichts anderes, als daß dann die Verbringung in das Inland gestattet sein solle, wenn ein inländischer Bezieher eine seinem üblichen persönlichen Bedarf entsprechende Menge bestelle. Dem Begriff der Verbringung sei immanent, daß verschickt werde, weil anderenfalls eine ordnungsgemäße und sinnvolle Belieferung ausgeschlossen sei. Im Lichte der Entscheidungen "Schumacher" und "Kommission" bedeute diese Norm nichts anderes, als daß es dem einzelnen Bürger der Europäischen Union, also auch dem einzelnen Bürger der Bundesrepublik Deutschland, gestattet sei, jedwede Art von Arzneimitteln für seinen gewöhnlichen persönlichen Bedarf aus einem anderen Staat der Europäischen Gemeinschaft zu beziehen, solange diese dort zugelassen sind. Die Gegner der Internetapotheke nähmen es seit vielen Jahren unbeanstandet hin, daß in tausenden von Einzelfällen von hunderten von Apotheken - häufig genug entlang der Grenzen zwischen den verschiedenen Ländern der Mitgliedsstaaten - Arzneimittel verbracht würden. Sie sähen die Gesundheit gefährdet, wenn dieses zusätzlich oder an deren Stelle durch eine Apotheke, nämlich die Internetapotheke übernommen werde.
Diese Argumente träfen nicht zu. Bereits in seiner Entscheidung Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland habe der Europäische Gerichtshof diese Argumente zurückgewiesen und ausdrücklich erklärte, daß sowohl die Arzneimittelzulassungsverfahren, die Arzt- und Apothekerausbildung, der Betrieb einer Apotheke und der gleichen unionweit geregelt seien und aus diesem Grunde Gefahren für die Gesundheit nicht bestünden. Soweit der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung "Ortscheit" (Urteil vom 11.11.1994, Rechtssache C-320/93) erläutert habe, daß die systematische Umgehung nationalen Zulassungsrechts in Ansehung eines wirksamen Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen nicht gestattet werden dürfe, käme auch diese Argumentation heute nicht mehr zum Tragen. Der Schutzgedanke könne auf die Umgehung nationaler Zulassungsvorschriften nicht mehr erstreckt werden, weil hier bereits eine abgeschlossene und gravierende Änderung der Rechtslage herbeigeführt worden sei.
In § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG sei die Beschränkung enthalten "ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung". Entgegen der Auffassung der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main könnten die Begriffe "gewerbs- oder berufsmäßig" nicht losgelöst betrachtet werden von ihrem ausschließlichen Bezug zur "Vermittlung". Das Begriffspaar sei ausgerichtet auf den Begriff "Vermittlung". Die Einschaltung Dritter sei zulässig, wenn sie nicht berufs- oder gewerbsmäßig erfolge. Das bedeute, daß die Vermittlung des Bezugs von Arzneimitteln im Sinne § 73 Abs. 2 Ziffer 6 a AMG durch Ärzte, Rezeptsammelstellen, Krankenkassen oder dergleichen mehr den Bezug und damit auch die Verbringung unzulässig mache. Bei der Bedingung der Rechtsnorm gehe es um eine Beschränkung auf Seiten des Beziehers und nicht etwa auf Seiten der Apotheke. Das Landgericht Frankfurt am Main gehe nunmehr noch einen Schritt weiter in der Auslegung der einschränkenden Bedingung der Vorschrift, in dem auch der Begriff "Vermittlung" in der Weise verselbständigt werde, daß außerhalb jeder üblichen Definition des Begriffs der Vermittlung die Eigenvermittlung in Form von produktbezogenen Marketingaktivitäten als eine Vermittlung im Sinne des Gesetzes angenommen werde. Das widerspreche nicht nur dem Sprachempfinden, sondern stelle darüber hinaus eine so weite Auslegung der Norm dar, daß sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Erklärung im Rahmen des Gesamtnormwerkes stelle. Die Vorstellung, daß durch diese Erklärung der Versandhandel mit Arzneimittel habe unterbunden werden sollen, entbehre jedweder sachlichen und rechtlichen Grundlage.
Das Argument der "Gesundheit" sei nur vorgeschoben, weil ja gerade die Niederlande und auch das Vereinigte Königreich vormachten, daß in einem modernen Staat auch ein Versandhandel mit Arzneimitteln in einer Form geregelt werde, welche keine Befürchtungen hinsichtlich der Gesundheit der angesprochenen Verkehrskreise zu bestätigen geeignet seien. Der wirkliche Hintergrund für das in Deutschland bestehende Versandhandelsverbot liege dann auch mehr im wirtschaftlichen Bereich.
Die von den Antragsgegnern vertretene Ansicht werde auch vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 06.04.2000 (I ZR 294/97) bestätigt, wenn er einerseits auf dem in Deutschland geltenden Versandhandelsverbot des § 43 AMG bestehe, andererseits aber ausdrücklich erkläre, "daß ein Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht schon deshalb nicht gegeben sei, weil das ausgesprochene Verbot den Beklagten nicht daran hindere, weiter Impfstoffe an Ärzte im Vereinigten Königreich zu liefern". In diesem Fall habe ein deutscher Apotheker Impfstoffe sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in das europäische Ausland versandt. Gegen den Versand ins Ausland habe der Bundesgerichtshof nichts einzuwenden gehabt.
Zu den angeblichen Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz verweisen die Antragsgegner darauf, daß ihr Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet sei, einem Internetuser die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Bedarf an Medikamenten und Heilmitteln im Wege des Fernbezugs zu decken. Dafür sei "conditio sine qua non", daß eine Website unterhalten werde, welche aus einer Homepage bestehe, welche am besten als der "virtuelle Apothekenbetrieb" verstanden werde. Dort betriebene Werbung werde allgemein als solche Image-Werbung verstanden. Image-Werbung sei nicht Gegenstand des Heilmittelwerbegesetzes. Hier einzugreifen bedeute den Betrieb einer Internetapotheke und damit die Nutzung des Kommunikationsmittels Internet für den Arzneimittelhandel gegenüber dem Endverbraucher abschließend zu verbieten. Bei grenzüberschreitenden Geschäften innerhalb der Europäischen Union liege üblicherweise in einem solchen Fall ein Verstoß gegen Art. 28 EGV vor, bei Anwendung des nationalen bundesrepublikanischen Rechts wäre ein Verstoß gegen Art. 12 GG gegeben.
Für die Darstellung auf der Website der Antragsgegnerin gelte niederländisches Recht. Die Europäische Gemeinschaft habe die Entscheidung dahin getroffen, das Recht der Nationalstaaten, in welchen die Empfänger der über das Internet erlangten Information sitzen, in der Weise einzuschränken, daß der Sender nur diejenigen Normen zu erfüllen habe, welche in seinem Sitzstaat zur Anwendung gelangen. Die Europäische Union habe dadurch klargestellt, daß nationale Belange hinter der europaweiten Vereinheitlichung des "E-Commerce" zurückzutreten hätten.
Soweit das Landgericht Frankfurt am Main argumentiere, der Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG werde umgangen, wenn die Möglichkeit des Einzelbezugs im Rahmen des E-Commerce verbreitet werde, stünden dem zwei Argumente entgegen. Der in den Niederlanden zugelassenen und rechtmäßig handelnden Internetapotheke werde der Auftritt zumindest mit Richtung auf die Bundesrepublik Deutschland untersagt, so daß der Marktzugang abschließend unterbunden werde. Zum anderen sei es dem E-Commerce immanent, daß Absätze dort organisiert werden könnten, wo sie zu einem früheren Zeitpunkt nicht stattgefunden hätten. Das sei gerade vom europäischen Gesetzgeber so gewollt.
Die Angaben zu einzelnen Arzneimitteln seien unbedingte Voraussetzung für die Durchführung der geschäftliche Aktivitäten der Antragsgegner.
Die Antragsgegner führen weiter aus, ursprünglich hätte die Antragsgegnerin zu 1.) nur Arzneimittel in ihrem Sortiment gehabt, die in den Niederlanden zugelassen seien. Um auch deutsche Kunden mit ihnen bekannten Arzneimitteln zu versorgen und um eine Abrechnung mit deutschen Krankenkassen zu erleichtern, erwerbe die Antragsgegnerin zu 1.) nun auch von deutschen Großhändlern Arzneimittel, die in Deutschland zugelassen seien. Diese deutschen Medikamente würden ausschließlich an Patienten in Deutschland versandt. Bei der Antragsgegnerin zu 1.) seien Apotheker angestellt, die über eine deutsche Approbation verfügten, so daß in Bezug auf die nach Deutschland versandten Arzneimittel eine qualifizierte Beratung sichergestellt sei. Durch eine separate Buchführung werde gewährleistet, daß Verwechslungen zwischen Mitteln, die für den Versand nach Deutschland bestimmt seien und solchen, die auch in den Niederlanden und anderen EG-Mitgliedsstaaten vertrieben würden, ausgeschlossen seien.
Mit ihrem Hilfsantrag verfolgen die Antragsgegner das Ziel, die Sache unmittelbar dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Dafür bestünde auch die rechtliche Möglichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren. Art. 234 EGV gelte für alle gerichtliche Instanzen und alle gerichtlichen Verfahren.
Wegen aller Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen und Glaubhaftmachungsmittel Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist nach § 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben, ebenso die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main nach § 32 ZPO. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat das in ihrem Urteil vom 09.11.2000 (2/3 O 365/00) ausgeführt; die Kammer teilt diese Beurteilung. So ist denn auch die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main von den Parteien im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht weiter problematisiert worden.
Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit ist gegeben, auch unter Berücksichtigung der Eilverfahren Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00 und 2/3 O 366/00.
Zur Frage der Eilbedürftigkeit führt H. P., Syndikus der B. AG, in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 10.04.2001 aus, die B. AG betreue die Antragstellerin in deren rechtlichen Angelegenheiten. Er habe das Parallelverfahren der B. V. GmbH gegen die Apotheek van W... (Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00) betreut und sei deshalb auch für die "Einleitung der Abschlußerklärung" zuständig gewesen. Bei der erstmaligen neuerlichen Überprüfung des Internetauftritts am 13.11.2000 habe er dann festgestellt, daß nunmehr die jetzige Antragsgegnerin zu 1.) als Versandhandelsapotheke zuständig sei. Hiervon habe er die Antragstellerin umgehend in Kenntnis gesetzt, die dies zuvor nicht gewußt habe.
Angesichts des Umstands, daß der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung am 27.11.2000 bei Gericht einging, ist der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit gegeben. Es trifft zwar zu, daß Dr. K. K. , Geschäftsbereichsleiter des Bereichs Consumer Care bei der B. V. GmbH & Co. KG bereits am 10.06.2000 6 Medikamente online bestellte, die er auf der Website mit der Domain 0800DocMorris.com angeboten erhalten hatte, also über das Programm, das nunmehr auch Gegenstand des vorliegenden Unterlassungsbegehrens der Antragstellerin ist. Die Bestellung des Dr. K. K. über 0800DocMorris.com erfolgte jedoch bei der Apotheek van W..., der Antragsgegnerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00, und nicht bei der Antragsgegnerin zu 1.), die ausweislich des Handelsregisterauszugs und ausweislich der Auskunft der Creditreform vom 20.11.2000 (Anlage AS 3 a zur Antragsschrift) erst seit dem 21.07.2000 existiert. Da die Bestellung des Dr. K. über 0800DocMorris.com von der Apotheek van W... in der zweiten Junihälfte 2000 auch bedient wurde, hatte in der Folgezeit weder H. P. noch die Antragstellerin Veranlassung, nach der Existenz der Antragsgegnerin zu 1.) weiter zu recherchieren. Erst nach Erlaß der einstweiligen Verfügung vom 09.11.2000 (Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00) und im Hinblick auf die von der Apotheek van W... möglicherweise abzugebende Abschlußerklärung gab es einen Grund, nunmehr (erneut) den Internetauftritt unter 0800DocMorris zu überprüfen, was ausweislich der beiden eidesstattlichen Versicherungen des H. P. vom 17.11.2000 und vom 10.04.2001 am 13.11.2000 geschehen ist, mit dem (überraschenden) Ergebnis, daß nunmehr die jetzige Antragsgegnerin zu 1.) als Versandhandelsapotheke tätig ist, nicht mehr die Apotheek van W... , die Antragsgegnerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens 2/3 O 365/00. Diese Entwicklung war wahrscheinlich auch der Hintergrund dafür, daß die Apotheek van W... unter dem 14.11.2000 hinsichtlich der einstweiligen Verfügung vom 09.11.2000 die Abschlußerklärung abgeben ließ.
Unmittelbar nach Kenntnis dieser Umstände hat die Antragstellerin das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren eingeleitet. Zeitliche Versäumnisse, die den Vorwurf des Verbrauchs der Eilbedürftigkeit rechtfertigen könnten sind nicht erkennbar.
Der Unterlassungsantrag der Antragstellerin hat verschreibungspflichtig und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der "Bayer-Gruppe" zum Gegenstand. Dieser Antrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil sich über die Kennzeichnung der Fertigarzneimittel (§ 10 AMG) feststellen läßt, ob ein bestimmtes Arzneimittel zur Firmengruppe "Bayer" gehört.
Was die Frage der Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung anbetrifft (Art. 234 EGV), so hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main im Urteil vom 09.11.2000 (2/3 O 365/00) dieses Vorgehen im Hinblick auf die Verfahrensart (einstweiliges Verfügungsverfahren) abgelehnt. Auch die erkennende Kammer ist dieser Auffassung. Die Antragstellerin des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren hat ein Interesse an einer raschen, wenn auch nur vorläufigen Entscheidung; dem ist Rechnung zu tragen. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß in dem Verfahren Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 366/00 am 09.11.2000 gegen die 0800DocMorris NV i. o. ein gerichtliches Unterlassungsgebot ergangen sei, diese mithin die Internet-Versandhandelstätigkeit nicht ausüben dürfe und deshalb die Eilbedürftigkeit für eine Entscheidung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht in dem Maße gegeben sei, daß nicht eine Vorlage an den EuGH zu rechtfertigen wäre. Antragsteller des Verfahrens Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 366/00 ist der Deutsche Apotheker Verband e. V., allein dieser hat den Fortgang des dortigen Eilverfahrens und eines etwaigen Vollstreckungsverfahrens zu bestimmen und die Antragstellerin des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens hat hierauf keinen Einfluß. Antragstellerin des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens ist die B. V. GmbH, die einen selbständigen Unterlassungsanspruch verfolgt und ein berechtigtes Interesse daran hat, möglichst bald selbst eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen, wenn diese im summarischen Verfahren auch nur vorläufiger Natur sein kann.
Nur nebenbei erwähnt die Kammer, daß die Vorlagefragen, wie sie die Antragsgegner formuliert haben, so nicht übernommen werden könnten. Die Vorlagefrage Ziffer 1.) ist in dieser Fragestellung vom Europäischen Gerichtshof bereits beantwortet, und zwar aufgrund der Urteile des EuGH in der Rechtssache 215/87 Schumacher gegen Hauptzollamt Frankfurt am Main Ost und in der Rechtssache C 62/90 Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Die Formulierung der Vorlagefrage Ziffer 2.) ist zu unpräzise, weil nicht ersichtlich ist, welchen konkreten Angaben der Antragsgegnerin zu 1.) im Internet die Qualifikation "Werbung" zukommen soll und außerdem kaum abgrenzbar ist, welche Werbung zum Betrieb einer Internetapotheke unbedingt erforderlich ist. In dieser Fragestellung wird der EuGH eine Klärung der anstehenden Fragen kaum herbeiführen, zumal der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung nur über "die Auslegung" des EGV entscheidet, Art. 234 a EGV.
Die Ausformulierung entsprechender Fragen wird ggf. Gegenstand des Hauptklageverfahrens sein, wenn es dazu und zur Vorlage an den EuGH kommen sollte.
Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist auch begründet.
Gegenstand des Unterlassungsbegehrens der Antragstellerin sind das Anbieten und die Durchführung eines gewerbsmäßigen Versandhandels für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel über das Internet "unter Einbeziehung von Deutschland". Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat ergeben, daß die Antragstellerin diese Formulierung ("unter Einbeziehung von Deutschland") als Synonym für die Worte "nach Deutschland" auffaßt. Um Mißverständnissen vorzubeugen, hat die Kammer das ausgeurteilte Unterlassungsgebot entsprechend formuliert, wie es auch im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main 2/3 O 365/00 vom 09.11.2000 ausformuliert ist. Das ist eine Klarstellung und bedeutet nicht etwa eine Teilzurückweisung des Eilbegehrens der Antragstellerin.
Ausweislich der Antragsfassung geht es der Antragstellerin mithin um das Verbot des gewerbsmäßigen Versandhandels. Es geht nicht um den gelegentlichen Bezug eines in einer ausländischen mitgliedsstaatlichen Apotheke gekauften Medikaments per Versand, sondern um das Betreiben eines Versandhandels mit Arzneimittel mit dem Ziel, gerade durch den Versand von Medikamenten erhebliche Umsätze zu erzielen.
Die Internet-Versandhandelstätigkeit der Antragsgegnerin zu 1.) mit verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verstößt gegen §§ 1 UWG, 43 Abs. 1 AMG. Nach § 43 Abs. 1 AMG dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Die von der Antragsgegnerin zu 1.) entfaltete gewerbliche Tätigkeit per Internet ist der Sache nach "Versandhandel" mit verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf gewerblicher Basis. Sie ist inlandsbezogen, auf den Endverbrauch in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet und ist daher der Beurteilung nach der nationalen Vorschrift des § 43 AMG zugänglich.
An dem Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG, wie es streitgegenständlich ist, ändert die Bestimmung des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG nichts. Danach dürfen Arzneimittel ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden, wenn sie im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen. Das Landgericht Berlin ist im Urteil vom 07.11.2000 (103.O.192/00) zu dem Ergebnis gelangt, daß für die Versandhandelstätigkeit der streitgegenständlichen Art der Erlaubsnistatbestand des § 73 Abs. 1 Nr. 6 a AMG gegeben sei. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main kommt im Urteil vom 09.11.2000 (2/3 O 365/00) zu dem Ergebnis, daß die Gestattung des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG nicht vorliege; es verdiene die Auslegung den Vorzug, den gewerblichen Versandhandel von der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG auszunehmen.
Im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Internet-Versandhandelstätigkeit mißt die erkennende Kammer der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG keine besondere und keine streitentscheidende Bedeutung bei. Berücksichtigt man, wie es zur Aufnahme dieser Bestimmung in den Erlaubniskatalog des § 73 Abs. 2 AMG gekommen ist, so handelt es sich erkennbar um eine Ausnahmevorschrift. Adressat dieses Erlaubnistatbestands des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG ist der private Verwender, der von sich aus insoweit aktiv tätig wird, als er - verschreibungspflichtige oder nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel - über eine ausländische Apotheke in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum bestellt und/oder erwirbt, und zwar in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge, wobei das betreffende Arzneimittel im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden darf. Diese Bestimmung (§ 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG) ist durch die 8. AMG-Novelle in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden, und zwar als notwendige gesetzgeberische Schlußfolgerungen aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache 215/87 (Schumacher gegen Hauptzollamt Frankfurt am Main Ost) und Rechtssache C-62/90 (Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland). In der Rechtssache "Schumacher" hat der EuGH ausgeführt, eine nationale Regelung, die es einer Privatperson untersage, im Einfuhrmitgliedsstaat zugelassene und ohne ärztliches Rezept erhältliche Arzneimittel, die in einem anderen Mitgliedsstaat in einer Apotheke gekauft worden sind, für ihren persönlichen Bedarf einzuführen, beschränke den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr. In der Rechtssache "Kommission" heißt es, ein Mitgliedsstaat verstoße gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 30 ff. EWG-Vertrag, wenn er einer Privatperson die Einfuhr von Arzneimitteln, die im Einfuhrmitgliedsstaat verschreibungspflichtig sind und die in einem anderen Mitgliedsstaat durch einen Arzt verschrieben und in einer Apotheke gekauft worden sind, selbst in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge untersagt.
Auf diesem Hintergrund geht es also im Rahmen des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG - in Fortsetzung der damals schon vorhandenen Ausnahmetatbestände des § 73 Abs. 2 AMG - um Fälle des Einzelbezugs, bei denen jeweils im Einzelfall der Bezieher von sich aus initiativ wird, so wie das in den beiden Rechtssachen "Schumacher" und "Kommission" der Fall gewesen ist. Adressat des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG ist mithin nicht die Apotheke, sondern vorrangig der einzelne "Konsument".
Daneben betrifft § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG einen weiteren Adressatenkreis, nämlich die gewerbs- oder berufsmäßigen Vermittler. Diese (z. B. Rezeptsammelstellen) sollen im Zusammenhang mit dem Einzelbezug durch den Verbraucher nicht gewerbs- oder berufsmäßig tätig werden dürfen und sie dürfen vom Verbrauchsadressaten nicht eingeschaltet werden, was konsequent ist; denn sonst ginge der Ausnahmecharakter des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG verloren. Das Wort "Bezug" knüpft mithin an den Verbraucher an, nicht an die Apotheke (Antragsgegnerin zu 1.) in dem Sinne, daß diese nunmehr - in Abkehr von § 43 Abs. 1 AMG - zum gewerbsmäßigen Versandhandel berechtigt sein soll. Der Bezug durch den Verbraucher im Einzelfalls hat natürlich einen Reflex im Sinne des Versendens "durch die Apotheke", aber nur bei konkreter, individueller Bestellung (Bezug durch den Verbraucher). Mit anderen Worten: § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG ist für den gewerbsmäßigen Versandhandel, um den es im Streitfall geht, nach der Beurteilung der Kammer nicht einschlägig. Von diesem Verständnis her erübrigt sich die Diskussion darüber, ob "gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung" die Einschaltung eines Dritten bedarf (vgl. hierzu Landgericht Berlin a. a. O.). Soweit Rehmann in seiner Kommentierung zum Arzneimittelgesetz (Rdnr. 10 zu § 73 AMG) feststellt, mit § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG werde ein gewerblicher Versandhandel nicht erlaubt, dies habe der Gesetzgeber durch die mit der 8. AMG-Novelle vorgenommene Ergänzung "ohne erwerbsmäßige oder berufsmäßige Vermittlung" klargestellt, so ist diese angebliche Klarstellung aus der Sicht der Kammer nicht recht verständlich. Was den gewerblichen Versandhandel anbetrifft, hatte der Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG keinen Grund zur Klarstellung; denn der gewerbliche Versandhandel wird von § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG nicht berührt.
Es bleibt insoweit bei dem beschriebenen Inlandsverbot des § 43 Abs. 1 AMG.
Überdies liegt auch ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 AMG vor. Danach dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes grundsätzlich nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und der Empfänger in dem Fall des Verbringens aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt ist oder eine Apotheke betreibt. Die Antragsgegner machen geltend, die Antragsgegnerin zu 1.) erwerbe nunmehr auch von deutschen Großhändlern Arzneimittel, die in Deutschland zugelassen seien, um auch deutsche Kunden mit ihnen bekannten Arzneimittel zu versorgen und um eine Rechnung mit deutschen Krankenkassen zu erleichtern (eidesstattliche Versicherung des R. D. vom 20.04.2001). Unklar ist, ob das bedeutet, daß nunmehr alle Medikamente, die die Antragsgegnerin zu 1.) aufgrund ihrer Internet-Versandhandelstätigkeit an inländische Abnehmer versendet, auch in Deutschland zugelassen sind. Sollte das zumindest teilweise nicht der Fall sein, läge insoweit schon deshalb ein Verstoß gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 AMG vor. Das wäre sogar dann zu bejahen, wenn sämtliche von der Antragsgegnerin zu 1.) in das Inland verbrachten oder zu verbringenden Arzneimittel im Inland zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt wären; denn der Erlaubnistatbestand des § 73 Abs. 1 Nr. 1 AMG kann schon deshalb - selbst bei im Inland zugelassenen Arzneimitteln - nicht eingreifen, weil die Empfänger keine pharmazeutischen Unternehmer, keine Großhändler oder Tierärzte sind und keine Apotheke betreiben.
Die inländischen Verbotstatbestände der §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind gemeinschaftsrechtskonform.
Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedsstaaten verboten, Art. 28 EGV. Jede Handelsregelung der Mitgliedsstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, ist als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen (Urteil des EuGH vom 11.07.1974, Rechtssache 8/74 "Dassonville"). Diese weitgehende Definition des EuGH hat in seinem Urteil vom 24.11.1993 (Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 "Keck" und "Mithouard") eine Einschränkung erfahren. Der EuGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, entgegen der bisherigen Rechtsprechung sei die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedsstaaten nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten im Sinne des Urteils Dassonville unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedsstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. Seien - so der EuGH - diese Voraussetzungen nämlich erfüllt, so sei die Anwendung derartiger Regelungen auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedsstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bestimmungen entsprächen, nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren und stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tue; diese Regelungen fielen daher nicht in den Anwendungsbereich von Art. 30 EWG-Vertrag (jetzt Art. 28 EGV, Anmerkung der Kammer).
Das Landgericht Berlin gelangt im Urteil vom 07.11.2000 zu dem Ergebnis, daß das streitige Versandverbot den grenzüberschreitenden Handel mit Arzneimittel nach Deutschland für Apotheken in anderen Mitgliedsstaaten nahezu unmöglich mache, weshalb eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 28 EGV vorliege. Die durch den EuGH in seinem Urteil Keck und Mithouard vorgenommene Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 28 EGV für nationale Vorschriften, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beträfen, sei hier nicht einschlägig.
Auch die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat im Urteil vom 09.11.2000 (2/3 O 365/00) Bedenken erkennen lassen, in dem Versandhandel lediglich eine Verkaufs- bzw. Vertriebsmodalität zu sehen, der nicht dem Art. 28 EGV unterliege.
Insoweit teilt die Kammer die Beurteilung des Landgerichts Berlin und die Bedenken der 3. Zivilkammer des Landgerichts. Nationale Bestimmungen im Sinne der Entscheidung Keck und Mithouard sind solche, die bei grundsätzlich freiem Marktzugang für Mitgliedsstaatsunternehmen bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, wie z. B. den Weiterverkauf zum Verlustpreis (so im Fall Keck und Mithouard) oder das Verkaufsverbot zu bestimmten Ladenschlußzeiten. Solche Regelungen betreffen nicht den Marktzugang als solchen, sondern sie treffen bei grundsätzlich vorhandenem freiem Marktzugang alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben.
Davon unterscheidet sich das Versandhandelsverbot der §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 AMG graduell von seiner Gewichtung her. Mit Recht gehen das Landgericht Berlin und die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main davon aus, daß das Versandhandelsverbot sich für die Antragsgegnerin zu 1.) als eine Maßnahme darstellt, die den Zugang zum inländischen Markt als solchen betrifft. Ihr würde der Zugang zum Inlandsmarkt mit Arzneimitteln nahezu unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert. Augenscheinlich wird das dadurch, daß die Antragsgegnerin zu 1.), um auf dem deutschen Markt mit Arzneimitteln auftreten zu können, eine Apotheke in Deutschland eröffnen müßten.
Das Verbot des Art. 28 EGV findet daher auf das streitige Versandhandelsverbot grundsätzlich Anwendung; die Entscheidung des EuGH "Keck und Mithouard" steht dem jedenfalls nicht entgegen. Das Versandhandelsverbot ist jedoch nach Art. 30 EGV gerechtfertigt.
Nach Art. 30 AGV stehen die Bestimmungen der Art. 28 und 29 EGV Einfuhrverboten oder
-beschränkungen nicht entgegen, die zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten darstellen.
In der Beurteilung der Voraussetzungen des Art. 30 EGV sieht die Kammer den Kern der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens. Das Versandhandelsverbot für Arzneimittel hat der nationale Gesetzgeber aus Gründen der Arzneimittelsicherheit statuiert, ferner, um bei der Abgabe die Information und Beratung des Kunden grundsätzlich zu gewährleisten (vgl. Sander, Arzneimittelrecht, Erläuterung 6 zu § 43 AMG, mit Hinweis auf Amtliche Begründung zu § 17 Apothekenbetriebsordnung, Bundestags-Drucksache 498/86 vom 29.10.1986). Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung betont, daß unter den in Art. 36 EWG-Vertrag (jetzt Art. 30 EGV, Anmerkung der Kammer) geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den ersten Rang einnehmen und daß es Sache der Mitgliedsstaaten ist, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie deren Schutz gewährleisten wollen, insbesondere wie streng die durchzuführenden Kontrollen ausfallen sollen (vgl. Urteil vom 08.04.1992 in der Rechtssache Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland). Soweit der EuGH in der letztgenannten Entscheidung und auch im Urteil vom 07.03.1989 "Schumacher" nationale Regelungen als nicht gemeinschaftsrechtskonform angesehen hat, weil sie nicht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt wären, so ist die Bedeutung dieser Entscheidungen auf das zugrundeliegende Geschehen zu reduzieren. Es ging in beiden Entscheidungen um den Einzelerwerb durch den Verbraucher unter Einbeziehung einer Apotheke eines Mitgliedsstaates; diesen Erwerbstatbestand sah der Europäische Gerichtshof dem Fall des Einzelerwerbs in einer Inlandsapotheke unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit als gleichwertig an. Vorliegend geht es nicht um den Fall des Einzelerwerbs durch den Verbraucher, sondern um die generelle Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln und damit um eine Problemstellung, die von ihrer Gewichtung her anders gelagert ist und bei der der nationale Gesetzgeber sich aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und aus Gründen der Gewährleistung der Information und Beratung des Kunden für ein Versandhandelsverbot entschieden hat, und zwar in Kenntnis der sich abzeichnenden europarechtlichen Problematik.
Das Landgericht Berlin hat im Urteil vom 07.11.2000 das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 30 EGV verneint und ausgeführt, der Schutz der Gesundheit könne bei dem Versand von Arzneimitteln aus Apotheken im europäischen Ausland ebensogut gewährleistet werden wie bei dem Verkauf innerhalb der Räumlichkeiten einer deutschen Apotheke.
Die Antragsgegner haben beachtliche Gründe dafür vorgetragen und glaubhaft gemacht, daß das Versandhandelsverbot für Arzneimittel zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen nicht erforderlich sei. Die individuelle Beratung werde dadurch gesichert, daß der Patient unter Paßwortschutz registriert werde; es werde darauf geachtet, daß nur die für den persönlichen Bedarf üblichen Mengen bezogen würden; um ein verschreibungspflichtiges Medikament zu erhalten, müsse der Patient ein entsprechendes ärztliches Rezept einschicken; dies Identität zwischen Rezeptinhaber und Kunden werde überprüft, Medikamente würden an den Rezeptadressaten direkt versandt; Arzneimittelpackungen würden mit dem Namen und der Adresse des Patienten beschriftet; bei jedem Versand werde auf den Arzneimittelinhalt und die Gefährlichkeit unkontrollierter Arzneimitteleinnahme ausdrücklich hingewiesen; der Empfänger müsse die Entgegennahme der Sendung durch seine Unterschrift bestätigen; er werde darauf hingewiesen, daß die Arzneimittel im Kühlschrank aufzubewahren seien; die Beratung erfolge durch approbierte Apotheker, eine Ärztin und pharmazeutisch-technische Assistenten; die Patienten würden regelmäßig aufgefordert, ihre persönlichen Gesundheitsprobleme mit ihrem Arzt zu klären (eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners zu 2.) vom 27.11.2000).
Demgegenüber gelangte die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main im Urteil vom 09.11.2000 zu dem Ergebnis, daß beim Versand von Arzneimittel aus Apotheken der Schutz der menschlichen Gesundheit nicht ebenso gut gewährleistet werden könne wie bei der Übergabe des Arzneimittels in den Apothekenbetriebsräumen. Die 3. Zivilkammer verweist auf Defizite bei der persönlichen Beratung, auf Bedenken wegen Medikamentenmißbrauchs, auf Bedenken hinsichtlich der Durchführung der notwendigen Kontrollen betreffend die Haltbarkeit, Lagerungsfähigkeit und sonstige Qualitätsmerkmale der Arzneimittel sowie auf den Umstand, daß beim Versand von Medikamenten aus dem EU-Ausland teilweise in Deutschland nicht zugelassene Medikamente eingeführt werden könnten. Letztlich verweist die 3. Zivilkammer auf den von einem Mitarbeiter durchgeführten Testkauf (vgl. eidesstattliche Versicherung des Dr. K. K. vom 22.07.2000, Anmerkung der Kammer), bei dem von 7 bestellten Arzneimitteln nur zwei wie bestellt angeliefert worden seien, während die übrigen Arzneimittel durch andere Präparate ersetzt worden seien, was zeige, welche auch für die Gesundheit der Kunden gefährliche Praktiken beim Internet-Versandhandel mit Arzneimitteln auftreten könnten.
Die Kammer verzichtet darauf, die Erwägungen der 3. Zivilkammer im einzelnen wiederzugeben. Sie sind den Parteien bekannt. Die Argumente sind auch auf dem Hintergrund der gegenteiligen Beurteilung durch das Landgericht Berlin und der Ausführungen des Antragsgegners zu 2.) in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 27.11.2000 überzeugend und aktuell; sie rechtfertigen das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne des Art. 30 EGV. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dem nationalen Gesetzgeber bei der Statuierung von Kriterien zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen ein breiter Beurteilungsspielraum zusteht. Dies ergibt sich zum einen aus dem Umstand, daß nach der Rechtsprechung des EuGH - wie ausgeführt - unter den in Art. 30 EGV geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den ersten Rang einnehmen und daß es Sache der Mitgliedsstaaten ist, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie deren Schutz gewährleisten wollen, zum anderen auch daraus, daß die Harmonisierung der nationalen Regelung auf dem Gebiet der Herstellung und der Vermarktung von Arzneispezialitäten noch nicht vollständig erreicht ist. Wenn auch hinsichtlich der nationalen Zulassungen der letztgenannte Gesichtspunkt angesichts des zentralisierten Zulassungsverfahrens oder angesichts des Wegs der gegenseitigen Anerkennung nicht mehr vollständig zum Tragen kommt (anders im Zeitpunkt der Entscheidung des EuGH vom 11.11.1994 in der Rechtssache C-320/93 "Eurim Pharm gegen Ortscheit"), so fehlt es - soweit ersichtlich - an der Harmonisierung der Rezeptpflichtigkeit von Medikamenten, an der Harmonisierung der Kennzeichnung der Fertigarzneimittel (§§ 10, 11 AMG) und eben an der Frage der Harmonisierung der Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln.
Eine nationale Regelung oder Praxis fällt nicht unter die Ausnahmebestimmung des Art. 30 EGV, wenn die Gesundheit und das Leben von Menschen ebenso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 08.04.1992, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland). Es ist nicht ersichtlich, wie unter den derzeit gegebenen rechtlichen Voraussetzungen der Schutz der öffentlichen Gesundheit auf weniger einschneidende Weise als durch das Verbot eines gewerblichen Versandhandels erreicht werden kann. Für den E-Commerce mit Arzneimitteln durch Versandapotheken bedarf es Regelungen über personelle und technische Mindestvoraussetzungen, über Beipackzettel hinsichtlich eines Qualitätsmanagements sowie betreffend Aufsichtsbehörde und Kompetenzen dieser (vgl. Eichler, Arzneimittel im Internet, Urteilsanmerkung zu Landgericht Frankfurt am Main 2/3 O 365/00 und 2/3 O 366/00, Artikel aus K + R Heft 3/2001, Seite 144). An all dem fehlt es zum derzeitigen Zeitpunkt, was um so mehr für den Ausnahmetatbestand des Art. 30 EGV spricht.
Letztlich hat die Kammer in ihrer Abwägung auch zu berücksichtigen, daß sie im Rahmen des summarischen einstweiligen Verfügungsverfahrens zu entscheiden hat. Trotz der erkennbaren und nunmehr aufgekommenen gemeinschaftsrechtlichen Problematik hat der nationale Gesetzgeber bisher keinen Grund gesehen, an dem Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG "zu rütteln". Nur dann, wenn die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken so greifbar wären, daß das nationale Versandhandelsverbot nahezu unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu rechtfertigen wäre, wäre es im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens geboten, es für die Antragsgegnerin zu 1.) als nicht vorhanden zu betrachten. Von einem solchen offensichtlichen Fehlen der Gemeinschaftsrechtskonformität ist im Streitfall nicht auszugehen.
Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt führt zu keiner anderen Beurteilung.
Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie statuiert das Herkunftslandprinzip. Nach Art. 3 Abs. 2 dürfen die Mitgliedsstaaten den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedsstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen. Der koordinierte Bereich umfaßt keine Anforderungen wie "Anforderungen betreffend die Lieferung von Waren" (Art. 2 h ii zweiter Spiegelstrich der Richtlinie E-Commerce). Im Streitfall geht es aber gerade um die Lieferung von Waren, mithin um eine Tätigkeit, die elektronisch nicht ausgeübt werden kann. Insoweit findet die E-Commerce-Richtlinie keine Anwendung.
Im übrigen heißt es in der Erwägung Nr. 21 zu dieser Richtlinie, der koordinierte Bereich betreffe keine rechtlichen Anforderungen der Mitgliedsstaaten bezüglich der Lieferung oder Beförderung von Waren, einschließlich der Lieferung von Humanarzneimitteln... Umgesetzt wurde diese Erwägung in dem erwähnten Art. 2 h ii zweiter Spiegelstrich.
Mit ihrem Internetauftritt als Versandhandelsapotheke verstößt die Antragsgegnerin zu 1.) zudem gegen die §§ 10 und 8 Heilmittelwerbegesetz (im folgenden HWG). Nach § 10 Abs. 1 HWG darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Im Teilumfange der verschreibungspflichtigen Arzneimittel verstößt die Antragsgegnerin zu 1.) gegen diese Bestimmung. Nach § 8 Abs. 2 ist ferner die Werbung unzulässig, bestimmte Arzneimittel im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG zu beziehen. Die Kammer hat ausgeführt, daß sie den Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin zu 1.) nicht der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG zuordnet, mit der Folge, daß ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 HWG im Streitfall nicht zur Diskussion steht. Es gilt jedoch § 8 Abs. 1 Satz 1 HWG, wonach eine Werbung unzulässig ist, die darauf hinwirkt, Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, im Wege des Versandes zu beziehen. Mit ihrem Internetauftritt verstößt die Antragsgegnerin zu 1.) gegen dieses umfassende Werbeverbot bezüglich des Versandhandels mit Arzneimitteln.
Ob überdies ein Verstoß gegen § 3 a HWG vorliegt, ist unklar un kann im Streitfall dahinstehen. Nach dieser Bestimmung ist eine Werbung für Arzneimittel unzulässig, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Im Hinblick auf die bereits erwähnte eidesstattliche Versicherung des R. D. vom 20.04.2001 ist nicht auszuschließen, daß (nunmehr) sämtliche von der Antragsgegnerin zu 1.) in das Inland zu verbringenden Arzneimittel in Deutschland zugelassen sind oder als zugelassen gelten oder daß dies zumindest in erheblichem Umfange der Fall ist. Sofern es sich um im Inland zugelassene Arzneimittel handelt, muß ein Verstoß gegen § 3 a HWG ausscheiden. Sollten in einem gewissen Umfange allerdings noch immer in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel von der Antragsgegnerin zu 1.) in das Inland verbracht werden, läge insoweit ein Verstoß gegen § 3 a HWG vor. Letztlich kommt es darauf nicht entscheidend an, weil jedenfalls die Werbeverbote der §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 HWG eingreifen.
Als "Werbung für Arzneimittel" gelten alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern; sie umfaßt insbesondere die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel (Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31.03.1992 über die Werbung für Humanarzneimittel). Betroffen ist nur die produktbezogene Arzneimittelwerbung, nicht die unternehmensbezogene Imagewerbung (BGH WRP 1995, 310 - Pharma-Hörfunkwerbung-).
Das Landgericht Berlin neigt im Urteil vom 07.11.2000 offenbar dazu, dem Internetauftritt der Antragsgegnerin zu 1.) die Qualifikation als Werbung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie nicht beizumessen. Anders die Beurteilung durch die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, die zu dem Ergebnis gelangt, es liege Werbung im Sinne der Richtlinie vor, dies im Hinblick darauf, daß die Apotheke auf dem Bestellformular ihrer Internetseiten Arzneimittel nach Indikationsgruppen unterteile und mit Preisangaben und Produktbeschreibungen anbiete.
Die Kammer bejaht das Vorliegen einer Werbung im Sinne der genannten Richtlinie. Zwar erfüllt allein die Preisangabe für ein Arzneimittel noch nicht das Kriterium einer "Werbung" (Beschluß des OLG Frankfurt am Main vom 05.12.1994, WRP 1995, 229 - Biklin -). Andererseits geht es nicht nur um bloße Online-Bestellformulare der Antragsgegnerin zu 1.). Die Unterteilung nach Indikationsgruppen und die Produktbeschreibung zu jedem Arzneimittel schaffen Anreize mit dem Ziel, den Verkauf und den Verbrauch von Arzneimittel zu fördern. Das sind aber die Kriterien, die "Werbung" im Sinne des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie über die Werbung für Humanarzneimittel ausmachen. Mithin ist der Internetauftritt der Antragsgegnerin zu 1.) über die unternehmensbezogene Imagewerbung hinaus als "Werbung für Arzneimittel" anzusehen.
Auch insoweit stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit der Werbeverbote der §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 HWG mit dem Gemeinschaftsrecht.
Kommt man - mit der Kammer - zu dem Ergebnis , daß - trotz der Entscheidung des EuGH "Keck und Mithouard" - Art. 28 EGV einschlägig ist, so ist auch hier zu beurteilen, ob die Werbeverbote vom Ausnahmetatbestand des Art. 30 EGV erfaßt werden. Die Kammer bejaht das; insoweit gelten die Ausführungen der Kammer zu den Voraussetzungen des Art. 30 EGV im Zusammenhang mit dem Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG.
Nur nebenbei weist die Kammer darauf hin, daß sich für ihre Auffassung unterstützend aus dem Urteil des EuGH vom 11.11.1994 in der Rechtssache C-320/93 (Eurim Pharm gegen Ortscheit) nur schwerlich etwas herleiten läßt. Zwar hat der EuGH in dieser Entscheidung das Werbeverbot des § 8 Abs. 2 HWG auch mit Blick auf das Gemeinschaftsrecht als zulässig erachtet, im wesentlichen jedoch (auch) mit der Begründung, daß das Werbeverbot des § 8 Abs. 2 HWG Ausnahmefälle erfasse. Im Streitfall geht es nicht um das Werbeverbot für Ausnahmefälle, auch nicht für den des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a HWG, sondern um das grundsätzliche (umfassende) Werbeverbot der §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 HWG.
Diese Werbeverbote, die - wie ausgeführt - nach Art. 30 EGV zulässig sind, stehen auch mit der E-Commerce-Richtlinie in Einklang. Zwar heißt es in Art. 2 h i zweiter Spiegelstrich, der koordinierte Bereich betreffe vom Dienst der Anbieter zu erfüllende Anforderungen in Bezug auf "... Qualität oder Inhalt des Dienstes einschließlich der auf Werbung (Unterstreichung durch die Kammer) und Verträge anwendbare Anforderungen ...". Demnach würde die Werbung in den koordinierten Bereich fallen, mit der Konsequenz des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, wonach Mitgliedsstaaten den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nicht aus Gründen einschränken dürfen, die in den koordinierten Bereich fallen.
In Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie heißt es jedoch, sie ergänze das auf die Dienste der Informationsgesellschaft anwendbare Gemeinschaftsrecht und lasse dabei das Schutzniveau insbesondere für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, wie es sich aus Gemeinschaftsrechtsakten und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu deren Umsetzung ergebe, unberührt, soweit die Freiheit, Dienste der Informationsgesellschaft anzubieten, dadurch nicht eingeschränkt wird. Wird bereits in dieser Bestimmung die Unberührtheit des Schutzniveaus insbesondere für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz angesprochen, so wird das in Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie vertieft. Danach können die Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von § 3 Abs. 2 der Richtlinie abweichen, wenn die Maßnahmen zum "Schutz der öffentlichen Gesundheit" erforderlich sind (Art. 3 Abs. 4 a i zweiter Spiegelstrich). Diese Voraussetzung ist gegeben. Die Kammer hat ausgeführt, daß das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist. Diese Überlegungen gelten auch für das parallele Werbeverbot; denn dieses dient dazu, dem Versandhandelsverbot zur Effektivität zu verhelfen. Auf diesem Hintergrund liegt auch die Voraussetzung des Art. 3 Abs. 4 a ii der Richtlinie vor. Die Werbung betrifft einen Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i (Schutz der öffentlichen Gesundheit) genannten Schutzziele beeinträchtigt. Die Werbeverbote stehen auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Schutzzielen (Art. 3 Abs. 4 a iii der Richtlinie); denn das Schutzziel (Schutz der öffentlichen Gesundheit) läßt sich ohne das Werbeverbot nicht effektiv ausgestalten.
Die Werbeverbote sind auch im Hinblick auf die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz unbedenklich. Art. 14 statuiert Mindestklauseln. Die Mitgliedsstaaten können in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemeinheit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel (Unterstreichung durch die Kammer), in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrags verbieten. Wenn danach schon der Vertrieb - hier in Form des Versandhandels - verboten werden kann, muß das - erst recht - für die streitigen Werbeverbote gelten. Der EG-Vertrag wird dabei beachtet; die Kammer verweist auf ihre Ausführungen zu Art. 30 EGV.
Die in Bezug genommenen Artikel des EG-Vertrags, Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und Richtlinien zeigen, daß mit der wiederholten und konsequenten Befassung mit dem Kriterium des "Schutzes der Gesundheit" diesem Gesichtspunkt aus Gemeinschaftssicht ein hoher Stellenwert beigemessen wird und daß demzufolge der nationale Gesetzgeber bei der Durchsetzung und Ausgestaltung dessen, was er zum Schutz der Verbraucher für erforderlich hält, einen breiten Spielraum hat. In Bezug auf Arzneimittel hat der nationale Gesetzgeber durch das Versandhandelsverbot und das entsprechende Werbeverbot in zulässiger Weise hierv
Sollte man der Betrachtung der Kammer zu dem Kriterium "Gesundheitsschutz" nicht folgen, so ist die Kammer der Auffassung, daß die Betrachtung jedenfalls hinsichtlich der "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel" eingreifen müßte. In diesem Teilumfange des Unterlassungsbegehrens (Selbstmedikation) fehlt es mangels Rezeptpflichtigkeit an der Vorberatung und Vorkontrolle durch einen Arzt, so daß bei aufkommenden Fragen wegen der Wirkstoffe, Verträglichkeit, Kompatibilität mit anderen Medikamenten sowie Dosis und Dauer der Aufnahme dem Beratungsgespräch mit dem Apotheker/der Apothekerin besondere Bedeutung zukommt; dann aufkommende Fragen lassen sich im persönlichen Beratungsgespräch eher klären als per E-Mail.
Die Verletzung des Versandverbots und des Werbeverbots durch die Antragsgegnerin zu 1.), mithin werthaltiger Normen, ist regelmäßig, ohne daß es der Feststellung weiterer Unlauterkeitsumstände bedarf, als Verstoß gegen § 1 UWG zu werten (vgl. BGHZ 140, 134, 138 - Hormonpräparate -).
Der Antragsgegner zu 2.) hat als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1.) den maßgebenden Einfluß auf die Willensbildung der Antragsgegnerin zu 1.), weshalb er insoweit Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist. Er beteiligt sich wissentlich und willentlich an dem wettbewerblich unzulässigen Betrieb der Internet-Versandapotheke. Da sich seine Inanspruchnahme aus der Tätigkeit der Antragsgegnerin zu 1.) herleitet und von dieser abhängig ist und in Bezug auf die Antragsgegnerin zu 1.) - wie ausgeführt - der Verfügungsgrund der Dringlichkeit gegeben ist, ist diese Voraussetzung auch in Bezug auf den Antragsgegner zu 2.) zu bejahen. Daran ändert nichts der Gesichtspunkt, daß gegen den Antragsgegner zu 2.) in dem einstweiligen Verfügungsverfahren Landgericht Frankfurt am main 2/3 O 366/00 schon ein gerichtliches Unterlassungsgebot ergangen ist. Antragstellerin des dortigen Verfahrens ist der Deutsche Apotheker Verband e. V., nicht die Antragstellerin des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens.
Da die Antragsgegner unterliegen, haben sie die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO
(Unterschriften)