Leitsätzliches
Eine AGB-Klausel eines kostenpflichtigen Internet-Portals, die für den Vertragspartner die Wirksamkeit einer Kündigung an die Schriftform knüpft und die elektronische Form ausschließt, ist unwirksam.LANDGERICHT München I
Im Namen des Volkes
Urteil
Entscheidung vom 30. Januar 2014
Az.: 12 O 18571/13
In dem Rechtsstreit...
Endurteil:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Leistungen über einen Telemediendienst (www.edates.de) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.April 1977, zu berufen:
“Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündigung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten.”
II. Die Beklage hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verwendung einer von dieser benutzten AGB-Klausel.
Der Kläger ist ein bundesweit tätiger Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 26 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es unter anderem gehört, Verstöße gegen das geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu verfolgen und Ansprüche auf Unterlassung gemäß §§ 1 und 2 Unterlassungsklagengesetz geltend zu machen.
Der Kläger ist in die gemäß § 4 Unterlassungsklagengesetz geführte Liste eingetragen. Die Beklagte betreibt einen Telemediendienst unter der Internetadresse www.edates.de, und zwar ein sogenanntes Online-Dating-Portal. Die Beklagte verwendet im Rahmen ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 7 Abs. 2 folgende Klausel:
“Die Kündung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündigung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten.”
In dem nicht streitgegenständlichen § 3 Abs. 3 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es: “Der Betreiber ist berechtigt, die Personalien des kostenpflichtigen Nutzers anhand geeigneter Dokumente zu prüfen. Der Nutzer sichert deshalb dem Betreiber zu, ihm auf Verlangen Kopien amtlicher Dokumente – insbesondere des Personalausweises – zu übermitteln.”
Die Beklagte bietet kostenfreie und kostenpflichtige Dienste an. Der Abschluss eines Vertrages über kostenpflichtige Dienste erfolgt durch Bestellung eines Produktes sowie die Angaben von Zahlungsdaten inclusive des Namens; der Kunde muss Name, Vorname, Adresse, Kontonummer und Bankleitzahl angeben (vgl. Blatt 39/40 d.A.).
Der Kläger forderte mit Schreiben vom 23.04.2013 die Beklagte auf (vgl. Anlage K3) die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel zu unterlassen. Die Beklagte hat die Abgabe einer Unterlassungserklärung für die streitgegenständliche Klausel abgelehnt.
Der Kläger trägt vor:
Die inkriminierte Klausel verstoße gegen § 309 Nr. 13 BGB und § 307 BGB. Für die Kündigungserklärung schreibe die Klausel die Schriftform vor, darüber hinaus würden jedoch weitere Formerfordernisse aufgestellt, nämlich die Mitteilung des Benutzernamens, der Kundennummer sowie der Transaktions- bzw. Vorgangsnummer. Nach dem Wortlaut der Regelung reiche es nicht aus, dass der Verbraucher seinen Namen mitteile und einen Benutzernamen. Damit werde die Kündigung an Formen gebunden, die über die reine Schriftform hinausgingen.
Es falle auf, dass die Kündigung bei kostenlosen Vertragsverhältnissen und kostenpflichtigen unterschiedlich ausgestaltet sei. Aber bereits das Erfordernis der Schriftform führe zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB. Aus dem Bedingungswerk ergebe sich, dass der Verbraucher die Erklärungen zum Vertragsabschluss ausschließlich über den Telemediendienst abgeben könne. Das gesamte Leistungspaket sei auf digitale Kommunikation ausgerichtet. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme in Schrift- oder Textform sei ansonsten nicht vorgesehen. Das Formerfordernis beziehe sich ausschließlich auf die Kündigungserklärung des Kunden .
Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen weise die Beklagte demgegenüber darauf hin, dass bei einer Inanspruchnahme des gesetzlichen Widerrufsrechtes die Übermittlung der Erklärung in Textform ausreiche. Ebenso sei die Möglichkeit einer Übermittlung einer Erklärung in Textform eingeräumt, wenn der Verbraucher nach kostenloser Inanspruchnahme von Leistungen verhindern wolle, dass sich der Vertrag als kostenpflichtiger fortsetze. Einzig die Kündigung werde den strengen Formerfordernissen des§ 126 BGB unterstellt. Hierfür sei ein billigenswertes Interesse der Beklagten nicht ersichtlich. Insbesondere überzeuge die Argumentation der Beklagten, die Schriftform diene dazu, die Identität des Erklärenden sicher zu stellen nicht. Es ginge der Beklagten allein um eine Erschwernis des Kündigungsrechtes.
Bei einer Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei ihrem Leistungsangebot die digitale Kommunikation anbiete und fördere. Für den angesprochenen Personenkreis sei es naheliegend, sämtliche wesentlichen Erklärungen, die mit der Vertragsdurchführung und dessen Beendigung verbunden sind, mittels elektronischen Medien zu veranlassen. Sofern die Beklagte eine besondere Absicherung für erforderlich halte, bleibe es ihr unbenommen, die schriftliche Bestätigung einer elektronisch erfolgten Kündigung zu erbitten. Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Kündigung sei dann der elektronische Zugang ausreichend. Auch eine gesonderte ldentitätsprüfung sei im Rahmen einer Kündigungsbestätigung denkbar.
Im Übrigen weise die Klausel ein Transparenzdefizit auf, da zum einen Schriftform vorgeschrieben sei, also die handschriftliche Unterschrift und die Übersendung einer entsprechenden Urkunde, andererseits aber die Übersendung eines Faxes, einer Kopie, ausreiche. Soweit die Beklagte die entsprechende Teilregelung zwischenzeitlich gestrichen habe, ändere dies nichts an der Wiederholungsgefahr bezüglich der ursprünglichen, missverständlichen Klausel.
Der Vortrag der Beklagten zu der Gestaltung von Geschäftsbedingungen der Mitanbieter sei unerheblich und werde im Übrigen bestritten. Für die inhaltliche Ausgestaltung der Kündigung sei allein auf den Erklärungsinhalt abzustellen. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen, wozu die Beklagte zur Identifizierung des Erklärenden all die geforderten zusätzlichen Angaben, insbesondere die Angabe einer Transaktions- bzw. Vorgangsnummer bedürfe. Die von der Beklagten angeführte Missbrauchsgefahr sei nicht plausibel. lntransparent und unklar sei auch das Verhältnis zwischen der durch die Schriftform geforderten eigenhändigen Unterschrift und andererseits dem Umstand, dass der Benutzername bei der Kündigung anzugeben sei.
Aus § 309 Nr. 13 BGB könne entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gefolgert werden, dass grundsätzlich das Erfordernis der Schriftform zulässig sei. Vielmehr komme es auf den jeweiligen Kontext der Verwendung der Klausel an.
Der Kläger beantragt:
Unterlassungsanspruch
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Leistungen über einen Telemedienst (www.edates.de) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.April 1977, zu berufen:
Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündigung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Sie führt im Wesentlichen aus:
Die für die Kündigungserklärung vorgeschriebene Übermittlung spezifischer Daten stelle kein Formerfordernis dar, sondern sei zwingender inhaltlicher Bestandteil einer Kündigungserklärung. Die Daten seien zur eindeutigen Identifikation des Mitgliedes, das die Kündigung ausspreche, und zur Verhinderung von Missbrauch zwingend erforderlich. Es werde daher keine strengere Form als die Schriftform vereinbart. Die Vereinbarung der Schriftform für die Kündigungserklärung stelle auch keine unangemessene Benachteiligung dar.
Die Klausel sei auch nicht widersprüchlich, weil neben der vereinbarten Schriftform auch die Kündigung per Fax ermöglicht werde, insoweit würden lediglich die Möglichkeiten des Verbrauchers erweitert werden. Beim Online-Dating gehe es vorwiegend um eine anonyme Kommunikation mit anderen Personen, es gehe nicht um eine klassische Partner- oder Ehevermittlung. Dementsprechend wollten die Kunden aus diversen Gründen in der Regel anonym bleiben.
Im Rahmen der Registrierung müsse jeder Verbraucher den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zustimmen und diese in den Vertrag miteinbeziehen. Dies gelte auch bei einer kostenfreien Registrierung (vgl. Anlage 81). Schon im Rahmen der kostenfreien Registrierung weise die Beklagten mittels § 7 Abs. 2 der AGB darauf hin, dass für die Kündigung einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft Schriftform für die Kündigungserklärung vereinbart sei.
Ein Vertrag über die Nutzung kostenpflichtiger Dienste der Beklagten, komme gemäß § 3 Abs. 2 der AGB mit Bestellung durch den Verbraucher zustande, wobei der Verbraucher ein Produkt auswählen müsse, die Vertragsbedingungen für kostenpflichtige Dienste akzeptieren müsse und im Weiteren seine Konto- oder Kreditkartendaten sowie den Namen eingeben und absenden müsse (vgl. Anlage B2 und 83).
Ein signifikanter Anteil der Mitglieder mache bei der Registrierung falsche Angaben, häufig würden Pseudonyme verwendet. Vor diesem Hintergrund sei ihm Rahmen einer Kündigungserklärung neben der Angabe des Namens die Angabe von spezifischen weiteren Daten (wie Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer) zwingend erforderlich um die Kündigungserklärung eindeutig und zweifelsfrei einem Mitglied zuordnen zu können und Missbrauch zu verhindern. Insbesondere reiche die Angabe von Namen und Benutzernamen für die eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung der Kündigungserklärung in vielen Fällen gerade nicht aus. So sei der Benutzername eines Mitgliedes für andere Mitglieder des Online-Dating-Portals uneingeschränkt einsehbar. Deshalb müsse die Kündigungserkl.rung auch Daten enthalten, die ausschließlich dem jeweiligen Mitglied und der Beklagten bekannt seien (z.B. Kundennummer. Transaktions- bzw. Vorgangsnummer).
Dies werde auch dadurch dokumentiert, dass derartige Daten von einer Vielzahl von Wettbewerbern der Branche ebenfalls gefordert würden.
Die Beklagte habe die Möglichkeit der Kündigung per Fax in der Zwischenzeit gestrichen, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung in diesem Zusammenhang sei sie aber nicht bereit, da nach ihrer Auffassung dieser Teil der Klausel ebenfalls nicht gegen § 307 BGB verstoße.
Bestritten werde, dass die Beklagte mit der Vereinbarung der Schriftform für die Kündigung einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft die Absicht verfolge, die Kündigung von Verbrauchern zurückzuweisen. Die für eine Kündigungserklärung vereinbarte Übermittlung von spezifischen Daten stelle kein Formerfordernis dar, sondern sei inhaltlicher Bestandteil der Kündigungserklärung. In der Klausel werde daher keine strengere Form als die Schriftform verlangt. Die Klausel werde vom Wortlaut des § 309 Nr. 13 BGB nicht erfasst.
Die Vereinbarung der Schriftform für eine Kündigungserkl.rung stelle sich für den Nutzer nicht als unangemessene Benachteiligung dar. Dies ergebe sich schon aus der in § 309 Nr. 13 BGB enthaltenen Wertentscheidung des Gesetzgebers, aus der folge, dass für die Kündigung die Schriftform vereinbart werden könne. Im Übrigen fehle es an einer einseitigen Vertragsgestaltung, durch die der Verwender, nämlich die Beklagte, missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versuche. Die Schriftform habe eine Klarstellung- und Beweisfunktion und damit den Zweck, die Identität des Ausstellers erkennbar zu machen, die Echtheit der Urkunde zu gewährleisten und dem Empfänger die Prüfung zu ermöglichen, wer die Erklärung abgegeben habe. Hieran habe die Beklagte ein berechtigtes Interesse.
Im Übrigen erleichtere die Vereinbarung der Schriftform für den Kündigenden die Nachweisbarkeit der Kündigung. Zudem weise die Beklagte auf die Schriftform für die Kündigung bereits bei Abschluss des Vertrages hin.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 12.12.2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage erwies sich in vollem Umfang als begründet. Die Beklagte ist verpflichtet die Verwendung der inkriminierten Klausel zu unterlassen. Denn die Klausel ist sowohl gemäß § 309 Nr. 13 BGB als auch gemäß § 307 BGB unwirksam.
1. Der Kläger ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG in Verbindung mit § 4 UKlaG klagebefugt und anspruchsberechtigt. Die Beklagte ist gemäß § 1 UKlaG zur Unterlassung der Verwendung der unwirksamen AGB-Klausel verpflichtet.
2. Die inkrimierte Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 13 BGB und ist deshalb unwirksam.
a) Gemäß § 309 Nr. 13 BGB ist eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber anzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Diese Regelungen sollen verhindern, dass dem Vertragspartner des Verwenders durch übersteigerte Formerfordernisse Rechtsnachteile entstehen können. So darf der Verwender nicht die Benutzung seiner Formulare zur Wirksamkeitsvoraussetzung für die ihm gegenüber abzugebende Erklärung machen (vgl. Palandt/Bürgerliches Gesetzbuch 73. Auflage Rn. 112 zu § 309 BGB mit weiterem Nachweis).
b) Nach der inkriminierten Klausel bedarf die Kündigung zur Wirksamkeit der Schriftform. Weiterhin heißt es, dass die Kündigung Benutzername, Kundennummer, Transaktions bzw. Vorgangsnummer enthalten muss. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei diesen zusätzlichen Anforderungen nicht um den Inhalt der Kündigung betreffende Regelungen, sondern jedenfalls auch um ein besonderes Formerfordernis. Indem vorgeschrieben wird, dass die Kündigung bestimmte Elemente enthalten muss, werden zugleich formale Wirksamkeitsvoraussetzungen aufgestellt.
Im hier vorliegenden Verbandsprozess gilt der Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. BGH NJW RR 2012, 1333). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ergibt die Auslegung, dass der Kunde ohne Weiteres die Regelung so verstehen kann bzw. dass sich die Beklagte ihm gegenüber auf eine Auslegung berufen kann, die bedeutet, dass bei Fehlen eines in der Klausel vorgeschriebenen Elementes (z.B. Benutzername oder Kundennummer oder Transaktions- bzw. Vorgangsnummer) die Kündigung schon deshalb nicht wirksam ist. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass einerseits ausdrücklich die Schriftform vorgesehen ist in der Klausel und andererseits zugleich im selben Absatz bestimmt ist, dass die Kündigung bestimmte formale Kriterien – nämlich der Angabe bestimmer Elemente – enthalten muss.
Durch die Verwendung des Verbums “enthalten muss” wird suggeriert, dass ohne diese Bestandteile die Kündigung nicht wirksam ist. Damit wird aber der Erklärung zugleich eine bestimmte Form – ähnlich wie bei einem Formular - vorgeschrieben. Die Einwendung der Beklagten, dass diese Angaben nur den Inhalt der Kündigung betreffen würden, trifft nicht zu. Denn der Inhalt der Kündigungserklärung selbst bezieht sich nur darauf, dass der Erklärungswille des Vertragspartners hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Bereits aufgrund dieser Umstände ist die Klausel wegen Verstoßes gegen§ 309 Nr. 13 BGB unwirksam, ohne dass es auf die weiteren zur Rechtfertigung der Klausel von der Beklagten herangezogenen Gründe ankommt. Die Unwirksamkeit erstreckt sich dabei auf die gesamte Klausel, da deren einzelnen Bestandteile inhaltlich zusammenhängen und einheitlich die Voraussetzungen der wirksamen Kündigungserklärung regeln sollen.
3. Die inkriminierte Klausel benachteiligt den Vertragspartner der Beklagten darüber hinaus entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen und ist deshalb auch gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam.
a) Unstreitig wird der Vertragsabschluss und die gesamte Vertragsabwicklung zwischen der Beklagten und ihren Kunden über das Portal der Beklagten per Internet in Textform ohne Erklärung in Schriftform durchgeführt und abgewickelt. Allein für die Kündigungserklärung hat die Beklagte das Schriftformerfordernis vorgesehen. Das gesamte Vertragsverhältnis ist also durch digitale Kommunikation geprägt. Dies ergibt sich auch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten.
b) § 307 BGB bezweckt den Schutz des Vertragspartners des Verwenders. Für die Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist zunächst von den Vorschriften des dispositiven Rechtes, wie sie ohne die Klausel gelten würden, auszugehen. Unangemessen ist eine Benachteiligung dann, wenn der Verwender einseitig seine Vertragsgestaltungsmacht missbraucht und eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Dabei sind die Art des konkreten Vertrages, die typischen Interessen der Parteien und die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise in die Bewertung miteinzubeziehen. Dabei ist auch auf bestimmte Geschäftstypen abzustellen.
c) Unter Berücksichtigung dieser Umstände ergibt sich, dass die hier vorgesehene Schriftformklausel die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligen. Ohne die Klausel wäre eine Kündigungserklärung in Textform oder auch mündlich möglich. Durch das Formerfordernis insbesondere in Kopplung mit den weiteren Angaben, die notwendiger Bestandteil der Kündigung nach der Klausel sein müssen, wird die Abgabe der Kündigungserklärung erschwert. Insbesondere wird auch der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung beeinflusst, da eine Abgabe der Kündigung per digitaler Kommunikation schneller zugeht als eine schriftliche Kündigung per Brief.
Zu berücksichtigen ist weiterhin der Charakter der Vertragsgestaltung, der in allen anderen Teilen von der Schriftform absieht. Insbesondere der Vertragsschluss als solcher unterliegt nicht der Schriftform. Bei dieser Sachlage erscheint es zunächst als angemessen für die Beendigungsmöglichkeit die selben Formen zuzulassen, die auch für die Begründung des Vertrages und innerhalb seiner Durchführung zugelassen sind. Dies entspräche auch den Interessen des Kunden, der mit der Beklagten in der Regel über die digitale Kommunikation in Kontakt steht und auch deren Leistungen so abruft.
Die Beklagte hat allerdings vorgetragen, aus ihrer Sicht sei die von ihr vorgesehene Formschranke erforderlich, um einen Missbrauch auszuschalten, weil in ihrer Branche häufig Kunden unter Pseudonym auftreten würden. Diese Begründung überzeugt nicht und kann die vereinbarten Formerfordernisse nicht rechtfertigen.
Zunächst erscheint der Vortrag der Beklagten schon widersprüchlich. Sie hat unter Bezugnahme auf die Screenshots der Eingabemasken selbst vorgetragen, dass im Bereich der kostenpflichtigen Leistungen der Vertragskunde sich mit Name und Bankverbindung bzw. Kreditkarte anmelden muss. Aus dem Vortrag und den Anlagen ergibt sich weiterhin, dass jeder Kunde einen Account hat und über ein Passwort verfügt. Bei dieser Sachlage ist schon nicht hinreichend erkennbar, inwieweit Identitätsprobleme auftreten können. Wenn die Beklagte es zulässt, dass der Account begründet wird unter Verwendung eines Namens und einer Kreditkarte, so ist nicht ersichtlich, warum nicht unter der Angabe desselben Accounts und derselben Informationen auch eine Kündigung erklärt werden können soll. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar dargetan von der Beklagten, dass diese Daten, die der Kunde gegenüber der Beklagten angibt, gegenüber anderen Mitnutzern zugänglich wären. Soweit die Beklagte auf einem Benutzernamen abhebt, ist dieser offensichtlich nicht identisch mit dem Kundennamen bzw. dem Kontoinhabernamen oder dem Kreditkarteninhabernamen.
Darüber hinaus hat die Beklagte in keiner Weise konkret und ausreichend vorgetragen, inwieweit tatsächlich “Missbrauchs”- Fälle vorliegen könnten. Es nicht nachvollziehbar, wer ein Interesse daran haben sollte, Verträge eines anderen Kunden zu kündigen, zumal offensichtlich ein jederzeitiger Neuabschluss möglich ist.
Schließlich sehen die von der Beklagten verwendeten AGB vor, dass diese bei Identitätsproblemen einen Nachweis der Identität verlangen kann. Aber auch ohne eine entsprechende AGB-Regelung liegt es auf der Hand, dass die Beklagte bei Identitätszweifeln eine Nachfrage tätigen kann und vom Kunden entsprechende Bestätigungen verlangen kann. Bei dieser Sachlage verfangen die Argumente der Beklagten dafür, dass sie die Schriftform für die Kündigung verlangt und darüber hinaus noch zusätzliche Formerfordernisse für die Kündigung aufstellt, nicht. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass die Erfordernisse für die Kündigung eine gewisse Hemmschwelle für den Kunden darstellen sollen. Dies stellt sich jedoch nicht als ein legitimes Interesse der Beklagten dar, das in Anbetracht der sonstigen Gegebenheiten das besondere Formerfordernis rechtfertigen könnte.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus § 309 Nr. 13 BGB eine gesetzliche Wertung dahin ergebe, dass grundsätzlich für eine Kündigung die Schriftform vorgesehen werden kann, folgt dem die Kammer nicht. Es ist zwar richtig, dass sich aus § 309 Nr. 13 BGB die Wertung des Gesetzgebers entnehmen lässt, dass ein Schriftformerfordernis grundsätzlich für die Abgabe von Erklärungen zulässig ist. Dies ändert aber nichts daran, dass auf den jeweiligen Vertrag, dessen Typus und dessen sonstige Gestaltung abzustellen ist. Im vorliegenden Fall ist damit entscheidend, dass es sich um einen Vertrag handelt, der online geschlossen und durchgeführt wird und bei dem der Kunde generell davon ausgehen kann, Erklärungen digital in Textform abgeben zu können. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass zwar das Interesse der Beklagten offensichtlich ist, dass sie eine Kündigungserklärung eindeutig zuordnen kann, dass es aber hierfür eine Vielzahl anderer Möglichkeiten gibt, insbesondere dass die Beklagte nachträglich abklären kann, ob die Kündigung tatsächlich von dem jeweiligen Vertragspartner stammt. Darüber hinaus ist das Umfeld zu berücksichtigen, aus dem sich ergibt, dass die Beklagte für die normale Vertragsleistung offensichtlich auch die digitale Kommunikation im Sinne eines Accounts und eines Passwortes aus Zuordnungsmerkmal ausreichen lässt.
Eine Gesamtabwägung ergibt daher, dass das hier vorgesehene Schriftformerfordernis insbesondere in der Kopplung mit den weiteren Formbestandteilen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellt und die Klausel deshalb unwirksam ist.
4. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Klausel auch wegen lntransparenz unwirksam ist.
Der Klage war in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.