Leitsätzliches
Der Käufer trägt beim Erwerb eines Kfz, welches er nicht besichtigt hat, über eine Online Autobörse das Risiko, dass ein Unfallwagen noch weitere Schäden aufweist.AMTSGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Entscheidung vom 29. Janur 2009
Aktenzeichen: I-20 U 220/08
In dem Rechtsstreit
des ...
Kläger
Prozessbevollmächtigte: …
gegen
...
Beklagten
Prozessbevollmächtigte: …
hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom ... durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Kostenvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistungen können je durch Vorlage einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Durch Kaufvertrag vom 6.3.2008 (Bl. 18 GA) kaufte der Kläger, der Unfallfahrzeuge aufkauft, von dem Versicherungsnehmer der Beklagten, Herrn O, das im Vertrag näher bezeichnete Fahrzeug an, das bei einem Unfall am 31.8.2007 einen Totalschaden erlitten hatte.
Im Rahmen der Prüfung des Kaskoversicherungsschadens hatte die Beklagte zur Feststellung der Höhe des Fahrzeugschadens das Ingenieurbüro C mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragt. Zur Ermittlung des Restwertes bei Totalschaden hatte der für das Sachverständigenbüro tätige Sachverständige H den PKW in die Internet-Plattform "XXXOnline" eingestellt. Der Kläger hatte auf der Basis des Gutachtens des Sachverständigen für das Fahrzeug einen Preis von 2.660,00 € geboten, der im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer der Beklagten und der Beklagten den anzurechnenden Restwert bildete.
Der Versicherungsnehmer, Herr O, hatte daraufhin mit dem Kläger den bezeichneten Kaufvertrag abgeschlossen.
Als das Fahrzeug an den Kläger übergeben wurde, wies es ein starkes Motorgeräusch im Leerlauf auf, hatte einen losen Zahnriemen und einen Defekt des Beifahrer-Seitenairbags. Dies bestätigte der Sachverständige H nach nochmaliger Besichtigung des Fahrzeugs in seiner Stellungnahme vom 18.3.2008 (Bl. 5 f GA), in der er den realen Wert des Fahrzeugs bei Übergabe mit 2.200,00 € bezifferte.
Die Beklagte überwies daraufhin "der Einfachheit halber" 460,00 € an den Kläger.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 3 BGB) zustehe in Höhe der Eigenrechnung vom 10.4.2008 (Bl. 8 GA).
Er behauptet, dass die benannten drei Mängel bereits bei Erstbesichtigung des Sachverständigen am 20.2.2008 vorhanden gewesen seien, er bei Kenntnis das Fahrzeug in diesem Zustand nicht gekaut hätte und dann die in der benannten Rechnung aufgeführten Tätigkeiten nicht angefallen wären.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1. 1.190,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz gemäß § 247 I BGB hieraus seit dem 5.7.2008 sowie
2. weitere 130,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz gemäß § 247 I BGB hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung fehlt es bereits an ihrer Passivlegitimation.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Dem Kläger steht aus keinem Gesichtspunkt gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadenersatz im Zusammenhang mit dem zwischen dem Kläger und dem Versicherungsnehmer O der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag vom 6.3.2008 zu.
Vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien bestanden nicht.
Eine Haftung der Beklagten aus § 311 Abs. 3 BGB kommt ebenso wenig in Betracht.
Der Kläger hat nie mit der Beklagten persönlich Vertragsverhandlungen aufgenommen oder Handlungen vollzogen, die auf Anbahnung eines Rechtsgeschäftes mit der Beklagten abzielten.
Der Umstand, dass die Beklagte einen Sachverständigen beauftragte, der seinerseits das streitgegenständliche Fahrzeug in eine Autobörse im Internet einstellte, stellt auch keine von der Beklagten ausgehende Werbemaßnahme oder Ähnliches dar, die einen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers begründen würde. Abgesehen davon, dass nicht nachvollziehbar bleibt, ob die Beklagte überhaupt bei der Einstellung des Fahrzeugs im Internet benannt wurde und auf welche Weise hierin in besonderem Maße ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden wäre, ergibt sich jedenfalls für den gewerblich tätigen Autoaufkäufer wie den Kläger, dass ein eingestelltes Gutachten zum Unfallschaden keine vollständige Aussage zum Gesamtzustand des Fahrzeugs beinhaltet, vielmehr dezidiert nur der Unfallschaden als solcher begutachtet ist und der Zustand des Fahrzeugs im Übrigen möglicherweise über eine allgemeine Wiedergabe des Pflegezustandes beschrieben wird, nicht jedoch – für Gewerbetreibende erkennbar – alle weiteren Funktionen des Fahrzeugs durch den Sachverständigen überprüft werden. Danach kommt weder eine Haftung der Beklagten, noch des Sachverständigen in Betracht, wenn das Fahrzeug Mängel aufweist, die außerhalb des eigentlichen Unfallschadens liegen. So ist der Fall vorliegend einzuschätzen. Denn das streitgegenständliche Fahrzeug hatte im Rahmen eines Auffahrunfalls einen gravierenden Heckschaden erlitten. Die seitens des Klägers aufgelisteten Mängel stehen mit dem Unfallschaden in keinem erkennbaren Zusammenhang, waren für die Ermittlung des Reparaturkostenaufwandes nicht relevant. Die Ermittlung des Restwertes, die bei Totalschaden ebenfalls erfolgt, basiert unter Berücksichtigung des Pflegezustandes des Autos auf Kenntnissen des Sachverständigen von erzielbaren Restwerten, ggfs. (wie hier) unter Nutzung einer Abfrage im Internet.
Es stellt die typische Konstellation bei Aufkauf eines Unfallfahrzeugs dar, dass bei Einstellung des Fahrzeugs ins Internet und fehlender Besichtigungsmöglichkeit vor Abgabe des Zuschlags in der Autobörse für den Aufkäufer ein Risiko verbleibt – das sich im vorliegenden Fall offenbar verwirklicht hat. Dieses typischerweise gegebene Risiko kann der Kläger jedoch grundsätzlich nicht auf die Beklagte oder aber den Sachverständigen abwälzen, ebenso wenig auf den Käufer, wenn dessen Angaben im Kaufvertag wahrheitsgemäß sind. Ob der Aufkäufer das bekannte Risiko eingeht und ein bindendes Angebot unterbreitet, bleibt stets seiner Entscheidung überlassen.
Aus dem Umstand, dass die Beklagte – in wenig nachvollziehbarer Weise (um den Versicherungsnehmer O von "eventuellen kaufvertraglichen Minderungsansprüchen des Klägers freizustellen") – an den Kläger (statt an ihren Versicherungsnehmer) aufgrund der zweiten Begutachtung des Fahrzeugs 460,00 € auskehrte, kann nicht nachträglich die Situation einer Vertragsanbahnung oder der Inanspruchnahme von Vertrauen hergeleitet werden.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Der Ausspruch zu den prozessualen Nebenentscheidungen ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.190,00 €
(Unterschrift)