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Zu den Voraussetzungen der ernsthaften Nutzung einer Marke "TRAVATAN" - EuG, Urteil vom 22. September 2005, AZ: T-130/03

Leitsätzliches

Um die ernsthafte Benutzung der eingetragenen Marke anzunehmen, reicht im Ergebnis der Nachweis, dass das pharmazeutisches Präparat im Rahmen der von seinen therapeutischen Indikationen umfassten Behandlung verwendet werden kann. Nicht erforderlich ist ein Nachweis, dass das Präparat tatsächlich von Patienten eingenommen wurde. Soll das angemeldete pharmazeutische Präparat (hier: TRAVATAN) nur für einen beschränkten Bereich des Warenverzeichnisses eingetragen werden, muss dies ausdrücklich und unbedingt beantragt werden.

T-130/03

 

 

 

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 
URTEIL (Dritte Kammer)

 

 

 

 

In der Rechtssache

 

 

A ... (Schweiz),

Klägerin,

 

gegen

 

 

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),

Beklagter,

 

 

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des

HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

 

B ... (Frankreich),  

 

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des HABM vom 30. Januar 2003 (Sache R 968/2001 3) in einem Widerspruchsverfahren zwischen A... Inc. und B... SA

erlässt

 

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Dritte Kammer)

 

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten ... sowie der Richterin ... und des Richters ...,

Kanzler: ..., Verwaltungsrätin,

 

aufgrund der am 17. April 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

 

aufgrund der am 17. Oktober 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

 

aufgrund der am 6. Oktober 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

 

auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2005

 

folgendes Urteil :

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

1 Die Alcon Inc. meldete am 11. Juni 1998 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

 

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen

 

TRAVATAN.

 

 

3 Die Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören zur Klasse 5 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung und entsprechen folgender Beschreibung: „Ophthalmisch-pharmazeutische Präparate“.

 

4 Diese Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 23/99 vom 22. März 1999 veröffentlicht.

 

5 Am 22. Juni 1999 erhob die B. gemäß Artikel 42 der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch gegen die Eintragung dieser Gemeinschaftsmarke. Der Widerspruch wurde mit dem Eintragungshindernis des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 begründet und war auf die ältere nationale Wortmarke

 

TRIVASTAN

 

gestützt, die am 27. Januar 1986 unter der Nummer 394980 in Italien eingetragen worden war.

 

6 Der Widerspruch richtete sich gegen alle in der Anmeldung genannten Waren. Er erstreckt sich auf alle von der älteren Marke erfassten Waren, d. h. „pharmazeutische, veterinärmedizinische und Sanitärprodukte; diätetische Erzeugnisse für Kinder oder Kranke; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren“ der Klasse 5.

 

7 Mit Schreiben vom 5. Mai 2000 beantragte die Klägerin, dass die Streithelferin gemäß Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 den Nachweis erbringe, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke für alle Waren, auf die sich der Widerspruch stützte, in dem Mitgliedstaat, in dem diese Marke geschützt sei, ernsthaft benutzt worden sei. Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 forderte die Widerspruchsabteilung die Streithelferin auf, diesen Nachweis innerhalb von zwei Monaten zu erbringen.

 

8 Am 28. Juli 2000 übermittelte die Streithelferin dem HABM Unterlagen, die die ernsthafte Benutzung der älteren Marke in Italien belegen sollten. Dazu gehörten u. a. Rechnungen, der Beipackzettel des Arzneimittels der Streithelferin, ein Auszug aus dem italienischen Verzeichnis L’Informatore Farmaceutico und ein Auszug aus dem Pharmaceutical Trade Mark Directory.

9 Mit Entscheidung vom 26. September 2001 entschied die Widerspruchsabteilung, dass die Benutzung der älteren Marke für ein bestimmtes Arzneimittel nachgewiesen worden sei, nämlich einen „peripheren Vasodilatator zur Behandlung peripherer und zerebraler vaskulärer Störungen und von vaskulären Störungen des Auges und des Ohrs“, und gab dem Widerspruch für alle beanspruchten Waren statt. Sie lehnte folglich die Eintragung der angemeldeten Marke mit der Begründung ab, dass in Italien Verwechslungsgefahr bestehe, die die Gefahr der gedanklichen Verbindung einschließe, da die Marken in bildlicher und klanglicher Hinsicht ähnlich seien und eine gewisse Warenähnlichkeit gegeben sei.

 

10 Am 13. November 2001 erhob die Klägerin nach den Artikeln 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung.

 

11 Mit Entscheidung vom 30. Januar 2003 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Dritte Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie führte im Wesentlichen aus, dass zwischen den fraglichen Marken Verwechslungsgefahr bestehe, die die Gefahr der gedanklichen Verbindung einschließe, da die mit ihnen gekennzeichneten Waren einen hohen Ähnlichkeitsgrad aufwiesen und in bildlicher und klanglicher Hinsicht sehr ähnlich seien.

 

Anträge der Beteiligten

 

12 Die Klägerin beantragt,

 

– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

 

13 Das HABM beantragt,

 

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 

 

14 Die Streithelferin beantragt,

 

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 

 

Rechtliche Würdigung

 

15 Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin in ihrer Klageschrift im Wesentlichen zwei Gründe vor. Erstens rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94, da der von der Streithelferin beigebrachte Nachweis der ernsthaften Benutzung nicht belege, dass die ältere Marke tatsächlich für ophthalmische Präparate benutzt worden sei. Zweitens macht sie einen Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

 

16 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen weiteren Klagegrund vorgetragen, mit dem sie einen Verstoß gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 rügt, da die Voraussetzungen für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nicht erfüllt seien.

Zur Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Klagegrundes

 

17 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf das Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004 in der Rechtssache T 334/01 (MFE Marienfelde/HABM – Vétoquinol [HIPOVITON], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) verwiesen, um geltend zu machen, dass die Voraussetzungen für die ernsthafte Benutzung nicht erfüllt seien, insbesondere wegen des geringen Handelsvolumens der älteren Marke.

 

18 Das HABM und die Streithelferin halten das in der Sitzung vorgebrachte Angriffsmittel für unzulässig, da es erstmals vor dem Gericht vorgebracht worden sei.

 

19 Nach Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts können neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

 

20 Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift der Beschwerdekammer nicht zur Last gelegt hat, gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen zu haben, weil die Voraussetzungen für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nicht erfüllt seien, sondern nur, weil die von der Streithelferin vorgelegten Beweise für die ernsthafte Benutzung nicht belegten, dass die ältere Marke tatsächlich für ophthalmische Präparate benutzt worden sei.

 

21 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass neue rechtliche oder tatsächliche Gründe im Sinne des Artikels 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung bestehen.

 

22 Der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Klagegrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

23 Selbst wenn dieser Klagegrund aber als ein zum ersten in der Klageschrift vorgebrachten Klagegrund gehörendes Argument auszulegen wäre, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Klage auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer des HABM gerichtet ist (Urteile des Gerichts vom 6. März 2003 in der Rechtssache T 128/01, DaimlerChrysler/HABM [Kühlergrill], Slg. 2003, II 701, Randnr. 18, und vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache T 129/01, Alejandro/HABM – Anheuser-Busch [BUDMEN], Slg. 2003, II 2251, Randnr. 67). Daher darf die Kontrolle durch das Gericht nicht über den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits hinausgehen, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (Urteile des Gerichts vom vom 5. März 2003 in der Rechtssache T 194/01, Unilever/HABM [Ovoide Tabletten], Slg. 2003, II 383, Randnr. 16, und vom 22. Juni 2004 in der Rechtssache T 66/03, „Drie Mollen sinds 1818“/HABM – Nabeiro Silveira [Galáxia], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45).

 

24 Im vorliegenden Fall hat die Widerspruchsabteilung festgestellt, dass die Voraussetzungen für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke erfüllt seien. Aus den Akten ergibt sich, dass die Klägerin im Verfahren vor dem HABM weder vor der Widerspruchsabteilung noch vor der Beschwerdekammer bestritten hat, dass die von der Streithelferin vorgelegten Beweise die ernsthafte Benutzung der älteren Marke für eine bestimmte Ware belegten. Vor der Widerspruchsabteilung hat die Klägerin nämlich sogar erklärt, dass sie die zum Nachweis der Benutzung der Marke TRIVASTAN in Italien vorgelegten Unterlagen zur Kenntnis genommen habe und diesen Punkt nicht in Frage stellen werde. Sie hat allerdings geltend gemacht, dass aus den von der Streithelferin vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, dass die fragliche, von der älteren Marke erfasste Ware als ophthalmisches Präparat verwendet worden sei, sondern nur, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden könnte.

 

25 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen ist. Nur die vor dem HABM vorgebrachten Gründe, wie sie oben in Randnummer 15 ausgeführt sind, sind daher in der Sache zu prüfen.

 

Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 gerügt wird

Vorbringen der Beteiligten

 

26 Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beweise für die Benutzung der älteren Marke belegten, dass diese in Italien tatsächlich für ophthalmische Präparate benutzt werde. Aus den von der Streithelferin vorgelegten Unterlagen gehe jedoch lediglich hervor, dass das Präparat im Rahmen einer ophthalmischen Behandlung verwendet werden könne.

 

27 Das HABM trägt vor, die Streithelferin sei nach Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 nicht verpflichtet gewesen, die spezifische Benutzung ihrer Marke zur Kennzeichnung der Waren, die Gegenstand der Anmeldung gewesen seien, nachzuweisen. Die Benutzung einer Marke als Handelsmarke bedeute, dass das Zeichen benutzt worden sei, um insbesondere die Funktion einer Verknüpfung zwischen den von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen und der Person oder der Firma, die für deren Vermarktung zuständig ist, zu erfüllen, d. h. als Ursprungshinweis. Die Klägerin bestreite nicht, dass die vorgelegten Unterlagen die Benutzung der älteren Marke als Handelsmarke zur Kennzeichnung eines Erzeugnisses belegten, das im Rahmen einer ophthalmischen Behandlung verwendet werden könne.

 

28 Die Streithelferin führt aus, dass sie Beweise dafür vorgelegt habe, dass die ophthalmische Behandlung zu den therapeutischen Indikationen der von der älteren Marke erfassten Ware gehöre, die von den italienischen Gesundheitsbehörden genehmigt worden seien, und dass das Arzneimittel mehrere Jahre lang verkauft worden sei (nämlich von 1995 bis 1999). Man könne nicht den Nachweis verlangen, dass das Arzneimittel tatsächlich von Patienten mit Durchblutungsstörungen des Auges eingenommen worden sei.

Würdigung durch das Gericht

 

29 Zunächst ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, auch wenn sie nicht ausdrücklich auf Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 verweist, so zu verstehen ist, dass sie einen Klagegrund geltend macht, mit dem sie einen Verstoß gegen diese Bestimmung rügt. Da sie nämlich im Wesentlichen vorträgt, dass die von der Streithelferin vorgelegten Beweise nicht belegten, dass diese die Marke für ophthalmische Präparate benutzt habe, bedeutet dieses Vorbringen, dass zuerst zu prüfen ist, ob gegen diese Bestimmung verstoßen wurde, und erst danach, ob die Waren im Rahmen des Artikels Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 unzutreffend verglichen worden sind.

 

30 Vor dem HABM ist nicht bestritten worden, dass die ältere Marke zur Kennzeichnung eines Arzneimittels benutzt worden ist. Aus den Akten sowie insbesondere aus dem Beipackzettel zum Arzneimittel der Streithelferin und einem Auszug aus dem italienischen L’Informatore Farmaceutico ergibt sich nämlich, dass die Marke TRIVASTAN einen peripheren Vasodilatator kennzeichnet, der in der Neurologie, der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, der Augenheilkunde, der Angiologie und der Geriatrie verwendet wird, und dass er zur Behandlung „peripherer und zerebraler vaskulärer Störungen und von vaskulären Störungen des Auges und des Ohrs“ indiziert ist.

 

31 Wenn eine der therapeutischen Indikationen eines Arzneimittels die Behandlung von Durchblutungsstörungen des Auges ist und nachgewiesen ist, dass es mehrere Jahre lang verkauft wurde, was nicht bestritten worden ist, so konnte es für die Behandlung dieser Störungen verwendet werden. Unter diesen Umständen wäre es überflüssig und auch schwierig, den Nachweis zu fordern, dass dieses Arzneimittel von Patienten, die unter Durchblutungsstörungen des Auges leiden, tatsächlich eingenommen worden ist.

 

32 Folglich hat die Beschwerdekammer nicht gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, als sie feststellte, dass die von der Streithelferin vorgelegten Beweise die ernsthafte Benutzung der älteren Marke für einen „peripheren Vasodilatator zur Behandlung peripherer und zerebraler vaskulärer Störungen und von vaskulären Störungen des Auges und des Ohrs“ belegten.

 

33 Der erste Klagegrund der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

 

Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht wird

Vorbringen der Beteiligten

 

34 Die Klägerin trägt vor, die fraglichen Waren ähnelten einander nicht genug, um die Schlussfolgerung des HABM zu rechtfertigen; vielmehr seien die einander gegenüberstehenden Marken wegen ihrer bildlichen und klanglichen Unterschiede nicht ähnlich, und es bestehe daher keine Gefahr der Verwechslung oder der gedanklichen Verbindung der Marken.

 

35 Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren habe das HABM die Form der Waren nicht zutreffend berücksichtigt. Das Erzeugnis der Streithelferin sei nämlich eine Tablette, die oral eingenommen werde, während das Erzeugnis der Klägerin Augentropfen seien.

 

36 Da diese Erzeugnisse apotheken- und rezeptpflichtig seien, erwerbe der Verbraucher ein Produkt, das ein Arzt bereits für ihn ausgewählt und bestimmt habe. Die Marke TRAVATAN werde für ein ophthalmisches Präparat benutzt, das zur Glaukombehandlung diene, so dass die geeignete Behandlung von einem Augenarzt verordnet werde, während das Arzneimittel TRIVASTAN von einem Facharzt für Gefäßkrankheiten verordnet werde. Die beiden Erzeugnisse würden also von Fachärzten verordnet, und die entsprechenden Rezepte würden von Apothekern ausgefüllt und ausgegeben. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass ein Apotheker die Form der Erzeugnisse oder ihre Indikationen verwechsle (d. h. Augentropfen zur Glaukombehandlung im Gegensatz zu einem gefäßerweiternden Mittel in Pillenform, das allgemein zur Behandlung von Gefäßkrankheiten verwendet werde). Das Erzeugnis der Streithelferin scheine ein Präparat zur allgemeinen Behandlung von Gefäßkrankheiten zu sein.

 

37 Darüber hinaus habe die Klägerin die Beschreibung ihres Erzeugnisses ausdrücklich auf „ophthalmisch-pharmazeutische Präparate zur Glaukombehandlung“ beschränkt und damit die Ähnlichkeit der Waren weiter verringert. Die Beschwerdekammer habe diesen Gesichtspunkt nicht zutreffend gewürdigt.

 

38 Was die Ähnlichkeit der Zeichen betrifft, trägt die Klägerin zur bildlichen Ähnlichkeit vor, dass nach dem Gesamteindruck die Ähnlichkeiten nicht ausreichten, um die Zeichen ähnlich zu machen. Anders als die Beschwerdekammer festgestellt habe, stellten die ersten beiden Buchstaben – „t“ und „r“ – der beiden Wörter nicht den beherrschenden Teil des Präfixes der Marken dar, da das Präfix „tr“ ohne den Vokal, mit dem es verbunden sei, bedeutungslos sei und erst dieser Vokal dem Verbraucher die Aussprache der Silbe ermögliche. Zu vergleichen seien daher die einzelnen Silben in ihrer Gesamtheit, d. h. das Präfix „tra“ und das Präfix „tri“.

 

39 Zur klanglichen Ähnlichkeit trägt die Klägerin vor, dass die Unterschiede ausreichten, um die Marken zu unterscheiden, zumal diese Unterschiede zu den bildlichen Unterschieden hinzukämen. Es bestehe nämlich ein deutlicher Unterschied in der Aussprache von „tri“ und „tra“ im Italienischen. Außerdem verleihe die Hinzufügung des Konsonanten „s“ TRIVASTAN eine ausgeprägte klangliche Eigenart.

 

40 Was die Frage der begrifflichen Ähnlichkeit betreffe, so seien die Marken unterschiedlich. Das Präfix „tri“ der älteren Marke bedeute „triple“ oder „dreifach“, und die Silbe „vas“ nehme auf „vaskulär“ Bezug. Die Bedeutung der älteren Marke TRIVASTAN sei daher von Fachleuten wie Ärzten und Apothekern leicht zu erfassen, da sie bedeute, dass das Erzeugnis dreifache Wirkung habe und bei Gefäßkrankheiten verwendet werde. Das Suffix „tan“ habe keine Bedeutung, sei nicht unterscheidungskräftig und komme zwar in beiden Marken, aber auch in vielen anderen Marken von Waren der Klasse 5 vor. Die angemeldete Marke TRAVATAN habe keine Bedeutung, da es sich um ein erfundenes Wort handele, auch wenn die ersten vier Buchstaben vom Wort „Travoprost“ abgeleitet seien, dem internationalen Freinamen des Erzeugnisses der Klägerin.

 

41 Selbst wenn daher von einer gewissen bildlichen oder klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen auszugehen wäre, dürfe deren Wirkung nicht übertrieben werden, insbesondere angesichts der unterschiedlichen Formen der beiden Erzeugnisse und des Gesundheitsfürsorgeumfelds, in dem sie abgegeben würden.

 

42 Die ältere Marke besitze außerdem keine originäre Unterscheidungskraft, und für ihren Ruf oder ihre Bekanntheit sei kein Beweis erbracht worden. Wenn eine Marke nämlich keine besondere Verkehrsgeltung habe und aus einem Bild bestehe, das wenig verfremdende Phantasie aufweise, reiche die bloße Ähnlichkeit der Marken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C 251/95, SABEL, Slg. 1997, I 6191, Randnr. 25).

 

43 Darüber hinaus habe die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln der Klägerin für das Erzeugnis der Marke TRAVATAN eine Genehmigung für das Inverkehrbringen im Gesamtgebiet der Europäischen Union erteilt.

 

44 Das HABM und die Streithelferin schließen sich den Feststellungen der Beschwerdekammer an.

Würdigung durch das Gericht

 

45 Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 40/94 sind ältere Marken u. a. Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

 

46 Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

 

47 Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend zu beurteilen, und zwar entsprechend der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum sowie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen Zeichenähnlichkeit und Produktähnlichkeit (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T 162/01, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], Slg. 2003, II 2821, Randnrn. 31 bis 33 und die zitierte Rechtsprechung).

 

48 Im vorliegenden Fall ist die ältere Marke TRIVASTAN in Italien eingetragen, das damit das für die Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 maßgebliche Gebiet darstellt.

 

49 Die in Rede stehenden Erzeugnisse sind Arzneimittel, die vom Arzt verordnet werden müssen, bevor sie über Apotheken an die Endverbraucher abgegeben werden. Das maßgebliche Publikum besteht daher nicht nur aus Endverbrauchern, sondern auch aus Fachleuten, nämlich den Ärzten, die das Arzneimittel verordnen, und den Apothekern, die das verordnete Arzneimittel abgeben.

 

50 Im Licht dieser Erwägungen sind zum einen die betreffenden Waren und zum anderen die einander gegenüberstehenden Zeichen miteinander zu vergleichen.

– Zum Vergleich der Waren

 

51 Vorab ist auf die Beschränkung der Liste der beanspruchten Waren auf „ophthalmisch-pharmazeutische Präparate zur Glaukombehandlung“ einzugehen, die die Klägerin ihrem Vortrag zufolge vorgenommen hat. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass bei der Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sämtliche Waren einbeziehen muss, die in der Markenanmeldung bezeichnet sind. Eine Einschränkung des in einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung enthaltenen Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen kann nur berücksichtigt werden, wenn sie nach besonderen Modalitäten vorgenommen wird; dazu bedarf es eines Antrags auf Änderung der Anmeldung nach Artikel 44 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 13 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) (Urteil Ovoide Tabletten, Randnr. 13, und Urteil des Gerichts vom 25. November 2003 in der Rechtssache T 286/02, Oriental Kitchen/HABM – Mou Dybfrost [KIAP MOU], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 30). Außerdem muss die Beschränkung des Warenverzeichnisses einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung ausdrücklich und unbedingt erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T 219/00, Ellos/HABM [ELLOS], Slg. 2002, II 753, Randnrn. 61 und 62, und vom 10. November 2004 in der Rechtssache T 396/02, Storck/HABM [Form eines Bonbons], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20).

 

52 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift vom 28. Januar 2002 ausgeführt:

 

„Um die Arbeit der [Beschwerdekammer] zu erleichtern, bestätigen die Anmelder ihre Bereitschaft, die Bezeichnung der Waren, die Gegenstand der Anmeldung Nr. 847590 sind, auf ‚ophthalmisch-pharmazeutische Präparate zur Glaukombehandlung‘ zu beschränken.“

 

53 Es ist festzustellen, dass die Modalitäten der Beschränkung durch die Formulierung „bestätigen ... ihre Bereitschaft“ nicht erfüllt sind, da die Klägerin damit keinen Antrag auf Änderung der Anmeldung nach den genannten Bestimmungen gestellt hat.

 

54 Unter diesen Umständen kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, sie habe die angebliche Beschränkung der Waren in der Gemeinschaftsmarkenanmeldung nicht berücksichtigt.

 

55 Die zu vergleichenden Waren sind folglich „ophthalmisch-pharmazeutische Präparate“ und „peripherer Vasodilatator zur Behandlung peripherer und zerebraler vaskulärer Störungen und von vaskulären Störungen des Auges und des Ohrs“.

 

56 Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1998 in der Rechtssache C 39/97, Canon, Slg. 1998, I 5507, Randnr. 23).

 

57 Im vorliegenden Fall sind die Waren, wie das HABM zutreffend vorträgt, gleichartig (Arzneimittel), decken sich in Zweck bzw. Bestimmung (Behandlung von Erkrankungen des Auges, ob vaskulären Ursprungs oder nicht), richten sich an die gleichen Verbraucher (Fachleute, einschließlich Ärzte und Apotheker, und die tatsächlichen Endverbraucher, d. h. die Patienten mit Augenleiden), werden über die gleichen Wege vertrieben (in der Regel über Apotheken) und ergänzen sich potenziell. Es steht daher außer Zweifel, dass sie von den gleichen Wirtschaftsteilnehmern hergestellt oder vermarktet werden können.

 

58 Zurückzuweisen ist das Argument der Klägerin, die Waren seien einander nicht ähnlich, da das Erzeugnis der Streithelferin eine oral einzunehmende Tablette sei, während ihr eigenes Erzeugnis als Augentropfen aufgemacht sei. Denn dieser unterschiedlichen Darreichungsform des Arzneimittels kann im vorliegenden Fall keine größere Bedeutung zukommen als der Gleichartigkeit der beiden Erzeugnisse und dem ihnen gemeinsamen Verwendungszweck.

 

59 Das Vorbringen der Klägerin, ihr Arzneimittel werde von einem Augenarzt, das Arzneimittel der Streithelferin hingegen von einem Spezialisten für Gefäßkrankheiten verordnet, ist nicht stichhaltig. Da das Arzneimittel der Streithelferin zur Behandlung von Durchblutungsstörungen des Auges verwendet werden kann, ist nicht auszuschließen, dass der Patient, der an dieser Art von Beschwerden leidet, von einem Augenarzt und nicht einem Spezialisten für Gefäßkrankheiten behandelt wird.

 

60 Da das von der älteren Marke erfasste Erzeugnis zur Behandlung von Durchblutungsstörungen des Auges verwendet werden kann, auch wenn es, wie die Klägerin geltend macht, für die allgemeine Behandlung von Gefäßkrankheiten bestimmt ist, ist es ein ophthalmisch-pharmazeutisches Präparat, weil es sich in beiden Fällen um die Behandlung von Augenkrankheiten handelt.

 

61 Die Beschwerdekammer hat daher fehlerfrei festgestellt, dass ein hoher Ähnlichkeitsgrad zwischen den fraglichen Waren bestehe.

– Zum Vergleich der in Rede stehenden Zeichen

 

62 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nach Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2003 in der Rechtssache T 292/01, Phillips Van Heusen/HABM – Pash Textilvertrieb und Einzelhandel [BASS], Slg. 2003, II 4335, Randnr. 47 und die zitierte Rechtsprechung).

 

63 Die zu vergleichenden Zeichen sind:

– TRAVATAN: die angemeldete Marke;

– TRIVASTAN: die ältere Marke.

 

64 Die Klägerin macht geltend, dass die zwischen diesen Zeichen bestehenden Ähnlichkeiten nicht ausreichten, um deren bildliche Identität festzustellen, und dass die Beschwerdekammer zu Unrecht die ersten beiden Buchstaben der Zeichen als beherrschendes Element des Präfixes der beiden Marken abgetrennt habe, anstatt die erste Silbe als Ganzes zu betrachten.

 

65 Dem Vorbringen der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdekammer hat zutreffend festgestellt, dass die beiden Zeichen in bildlicher Hinsicht beinahe gleich lang sind und sieben gemeinsame Buchstaben „t“, „r“, „v“, „a“, „t“, „a“ und „n“ in der gleichen Reihenfolge aufweisen. Sie hat weiter richtig ausgeführt, dass sie mit denselben Buchstaben „t“ und „r“ beginnen und mit „tan“ enden. Der Umstand, dass die ersten beiden Buchstaben nicht die ganze erste Silbe bilden, ist vorliegend beim bildlichen Vergleich nicht von Bedeutung. Es ist daher davon auszugehen, dass durch diese bildlichen Übereinstimmungen der Gesamteindruck hervorgerufen wird, dass sich die Zeichen ähneln.

 

Die Beschwerdekammer hat somit zu Recht festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den betreffenden Zeichen – der unterschiedliche dritte Buchstabe der Zeichen (die Vokale „i“ und „a“) und ein zusätzlicher Buchstabe bei der älteren Marke (der Konsonant „s“) – diesen Eindruck nicht ausräumen könnten, da diese Bestandteile bildlich kaum auffielen.

 

66 Die Beschwerdekammer hat demnach fehlerfrei festgestellt, dass sich die Zeichen in bildlicher Hinsicht ähnelten.

 

67 Zur klanglichen Ähnlichkeit trägt die Klägerin vor, die Beschwerdekammer habe die klangliche Wirkung der unterschiedlichen Merkmale der Marken, die sie als unbedeutend eingestuft habe, nicht ausreichend berücksichtigt. Die Unterschiede zwischen den Zeichen reichten jedoch aus, um sie klanglich zu unterscheiden, da sie bei Sprechern der italienischen Sprache zu einer deutlich unterschiedlichen Aussprache führten.

 

68 Insoweit hat die Beschwerdekammer ausgeführt, da sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit biete, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, er sich vielmehr auf das unvollkommene Bild verlassen müsse, das er von ihnen im Gedächtnis behalten habe, riefen die einander gegenüberstehenden Zeichen angesichts des sehr ähnlichen Klangbildes ihrer ersten beiden Silben und des identischen Klangbildes ihrer letzten Silben beim Durchschnittsverbraucher einen ähnlichen klanglichen Gesamteindruck hervor.

 

69 Mit der Streithelferin ist festzustellen, dass die beiden Zeichen aus Wörtern bestehen, die dieselbe klangliche Länge haben, denselben Anlaut („tr“), denselben Schlusslaut (die Silbe „tan“), beinahe identische Mittellaute („va“/„vas“) und die gleiche Kadenz; die Phoneme sind in ihrer Mehrheit identisch und erscheinen in derselben Reihenfolge. Eine so erhebliche Zahl an gemeinsamen Elementen schließt aus, dass der italienische Verbraucher die kleinen Unterschiede zwischen diesen Zeichen deutlich wahrnehmen kann, so dass es bei ihm zu einer gewissen Verwirrung kommen kann.

 

70 Die Beschwerdekammer hat folglich fehlerfrei festgestellt, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen klanglich ähnelten.

 

71 Was den Vergleich der Zeichen in begrifflicher Hinsicht angeht, so macht die Klägerin geltend, dass sich die Zeichen in dieser Hinsicht unterschieden, da die angemeldete Marke TRAVATAN keine Bedeutung habe, während die erste Silbe der älteren Marke TRIVASTAN „dreifach“ bedeute und ihre zweite Silbe „vas“ auf das Adjektiv „vaskulär“ anspiele. Die einzige den beiden Zeichen gemeinsame Silbe habe keine besondere Bedeutung und sei für Waren der Klasse 5 nicht unterscheidungskräftig.

 

72 Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass die Wörter „trivastan“ und „travatan“ für den italienischen Verbraucher keine Bedeutung hätten.

 

73 Der Beurteilung der Beschwerdekammer kann nur gefolgt werden. Es erscheint nämlich wenig wahrscheinlich, dass die ältere Marke TRIVASTAN für das maßgebende Publikum, selbst wenn auch Fachleute dazugehören, bedeutet, dass das Erzeugnis eine dreifache Wirkung hat und für Gefäßkrankheiten verwendet wird. Selbst wenn das Publikum „tri“ als einen Hinweis auf „triple“ verstünde, liegt es nicht auf der Hand, auf welches „triple“ dieser Hinweis sich bezieht. Darüber hinaus gibt es im Italienischen, wie das HABM ausgeführt hat, Wörter, die mit „tri“ beginnen, in denen dieses „tri“ aber nicht die Bedeutung von „triple“ hat (z. B. „tributario“ [steuerlich] oder „tribolare“ [quälen]).

 

74 Die Wörter „travatan“ und „trivastan“ haben somit für den italienischen Verbraucher keine besondere Bedeutung, und daher besteht zwischen den in Rede stehenden Zeichen keine begriffliche Ähnlichkeit.

 

75 Es ist folglich festzuhalten, dass eine erhebliche bildliche Ähnlichkeit und eine klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, aber keine begriffliche Ähnlichkeit dieser Zeichen besteht.

 

76 Aufgrund der erheblichen Ähnlichkeit der Waren sowie der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen besteht die Gefahr der Verwechslung der Zeichen.

 

77 Zum Vorbringen der Klägerin, die ältere Marke sei nicht bekannt, ist zu bemerken, dass die Streithelferin sich zu keinem Zeitpunkt auf die Bekanntheit ihrer Marke berufen hat.

 

78 Zur Stützung ihres Vorbringens, die ältere Marke besitze keine originäre Unterscheidungskraft, trägt die Klägerin nichts vor. Außerdem hat die Beschwerdekammer ihre Erwägungen zur Verwechslungsgefahr nicht auf die hohe Kennzeichnungskraft der älteren Marke gestützt. Denn die Unterscheidungskraft der älteren Marke ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar zu berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteil Canon, Randnr. 24), sie ist aber dabei nur einer von mehreren Faktoren.

 

Es kann also, insbesondere bei Ähnlichkeit der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, auch bei einer nur wenig unterscheidungskräftigen älteren Marke Verwechslungsgefahr bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. März 2005 in der Rechtssache T 112/03, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 61).

 

79 Das Vorbringen der Klägerin, die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln habe ihr eine Genehmigung für das Inverkehrbringen ihres Erzeugnisses unter der Marke TRAVATAN erteilt, ist unzulässig, weil es die Klägerin vor dem HABM weder vorgetragen noch belegt hat. Darüber hinaus ist es im vorliegenden Fall unerheblich, da diese Genehmigung mit der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 40/94 nichts zu tun hat.

 

80 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Waren und Zeichen hinreichend groß ist, um davon ausgehen zu können, dass das Publikum glauben könnte, dass diese Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

 

81 Somit ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 

 

Kosten

 

82 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. September 2005

(Unterschriften)