×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Internationales
/
EuGH: nicht lustig - Parodie und Urheberrecht - EuGH, Urteil vom 03.09.2014 - C - 201/13

Leitsätzliches

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass das Recht auf die Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms erschöpft ist, wenn der Inhaber des Urheberrechts, der dem möglicherweise auch gebührenfreien Herunterladen dieser Kopie aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt hat, gegen Zahlung eines Entgelts, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, auch ein Recht, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen, eingeräumt hat.

URTEIL DES EUROPÄISCHEN GERICHTSHOFES

(Große Kammer)

vom 3. September 2014 C - 201/13

 

 

 

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

3. September 2014(*)

"Vorabentscheidungsersuchen - Richtlinie 2001/29/EG - Urheberrecht und verwandte Schutzrechte - Vervielfältigungsrecht - Ausnahmen und Beschränkungen - Begriff ,Parodie? - Eigenständiger Begriff des Unionsrechts"

In der Rechtssache C-201/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Brussel (Belgien) mit Entscheidung vom 8. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 17. April 2013, in dem Verfahren

Johan Deckmyn,

Vrijheidsfonds VZW

gegen

[...]

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilesic, L. Bay Larsen, A. Borg Barthet und M. Safjan, der Richter A. Rosas, G. Arestis und D. Sváby, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7.

Januar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

-        von Herrn Deckmyn, vertreten durch B. Siffert, advocaat,

-        der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und C. Pochet

als Bevollmächtigte,

-        der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda, F. Wilman

und T. van Rijn als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Mai 2014 folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Deckmyn und der Vrijheidsfonds VZW (im Folgenden: Vrijheidsfonds), einer Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, auf der einen und verschiedenen Erben von Herrn Vandersteen, dem Autor der Comicreihe Suske en Wiske (in französischer Sprache Bob et Bobette), sowie den Inhabern der mit diesen Werken verbundenen Rechte (im Folgenden: Vandersteen u. a.) auf der anderen Seite über die Verteilung eines Kalenders durch Herrn Deckmyn, in dem eine Zeichnung (im Folgenden: im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung) abgebildet war, die einer Zeichnung auf dem Deckblatt eines Hefts aus der Reihe Suske en Wiske ähnelte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Der dritte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 lautet:

"Die vorgeschlagene Harmonisierung trägt zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts bei und steht im Zusammenhang mit der Beachtung der tragenden Grundsätze des Rechts, insbesondere des Eigentums einschließlich des geistigen Eigentums, der freien Meinungsäußerung und des Gemeinwohls."

Im 31. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es:

"Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. ."

Art. 5 ("Ausnahmen und Einschränkungen") der Richtlinie bestimmt in Abs. 3: "Die Mitgliedstaaten können in den folgenden Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 [,Vervielfältigungsrecht?] und 3 [,Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände?] vorgesehenen Rechte vorsehen:

...

k)      für die Nutzung zum Zwecke von Karikaturen, Parodien oder Pastiches;

..."

Belgisches Recht

Art. 22 § 1 des Gesetzes vom 30. Juni 1994 über das Urheberrecht und verwandte Rechte (Belgisch Staatsblad vom 27. Juli 1994, S. 19297) bestimmt:"Wenn ein Werk erlaubterweise veröffentlicht worden ist, kann sich der Urheber

...

unter Beachtung der anständigen Gepflogenheiten hergestellten Karikaturen, Parodien oder Pastiches nicht widersetzen.

..."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Herr Deckmyn ist Mitglied des Vlaamse Belang, während der Vrijheidsfonds ausweislich seiner Satzung unter Ausschluss jeder Gewinnerzielungsabsicht diese politische Partei finanziell und materiell unterstützen soll.

Auf dem Neujahrsempfang der Stadt Gent (Belgien) vom 9. Januar 2011 verteilte Herr Deckmyn Kalender für das Jahr 2011, auf denen er als verantwortlicher Herausgeber angegeben ist. Auf der Vorderseite dieser Kalender war die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung abgebildet.

Diese Zeichnung ähnelte einer Zeichnung auf dem Deckblatt des im Jahr 1961 von Herrn Vandersteen geschaffenen Comichefts Suske en Wiske mit dem Titel "De Wilde Weldoener" (Der wilde Wohltäter), dessen französische Fassung den Titel "La tombe hindoue" trägt. Die letztgenannte Zeichnung stellte eine der Hauptfiguren dieses Hefts dar, die mit einer weißen Tunika bekleidet Münzen Personen zuwirft, die versuchen, sie aufzusammeln. In der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zeichnung wurde diese Figur durch den Bürgermeister der Stadt Gent ersetzt, und die die Münzen aufsammelnden Personen wurden durch verschleierte und farbige Personen ersetzt.

In der Ansicht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung und deren öffentliche Wiedergabe ihre jeweiligen Urheberrechte verletzten, erhoben Vandersteen u. a. Klage gegen Herrn Deckmyn und den Vrijheidsfonds vor der Rechtbank van Eerste Aanleg te Brussel (erstinstanzliches Gericht Brüssel), die die Letztgenannten unter Androhung eines Zwangsgelds dazu verurteilte, die Verwendung dieser Zeichnung in jedweder Form zu unterlassen.Vor dem vorlegenden Gericht, das mit einem Rechtsmittel gegen die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung befasst wurde, machten Herr Deckmyn und der Vrijheidsfonds insbesondere geltend, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung sei eine politische Karikatur, die eine zulässige Parodie im Sinne von Art. 22 § 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 30. Juni 1994 über das Urheberrecht und verwandte Rechte sei.

Vandersteen u. a. treten dieser Auslegung entgegen, da ihrer Auffassung nach eine Parodie bestimmten Voraussetzungen genügen muss, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien, nämlich einen kritischen Verwendungszweck erfüllen, selbst von Ursprünglichkeit zeugen, eine humoristische Zielsetzung haben, die Absicht verfolgen, sich über das ursprüngliche Werk lustig zu machen und nicht mehr Formelemente des ursprünglichen Werks übernehmen, als für die Herstellung der Parodie unbedingt erforderlich sind. In diesem Zusammenhang werfen sie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zeichnung auch vor, eine diskriminierende Aussage zu vermitteln, da in ihr die im ursprünglichen Werk vorkommenden und die geworfenen Münzen aufsammelnden Figuren durch verschleierte und farbige Personen ersetzt worden seien.

Unter diesen Umständen hat der Hof van beroep te Brussel beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der Begriff "Parodie" ein autonomer unionsrechtlicher Begriff?

2.      Falls ja, muss dieser Begriff dann folgende Voraussetzungen erfüllen

oder folgende Merkmale aufweisen:

-        Vorhandensein eines eigenen ursprünglichen Charakters (Originalität),

-        und zwar so, dass die Parodie vernünftigerweise nicht dem Urheber des

ursprünglichen Werks zugeschrieben werden kann,

-        beabsichtigte Belustigung oder Verspottung, unabhängig davon, ob sich

die dabei gegebenenfalls geäußerte Kritik gegen das ursprüngliche Werk oder

eine andere Sache oder Person richtet,

-        Angabe des parodierten Werkes?

3.      Muss ein Werk weitere Voraussetzungen oder Merkmale erfüllen, um als

Parodie angesehen werden zu können?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs folgt aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Kontexts der Vorschrift und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss (Urteil Padawan, C-467/08, EU:C:2010:620, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach dieser Rechtsprechung ist der Begriff "Parodie", der in einer Bestimmung einer Richtlinie enthalten ist, die keinen Verweis auf die nationalen Rechte enthält, als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen und im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Padawan, EU:C:2010:620, Rn. 33).

Dieser Auslegung steht auch nicht entgegen, dass die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 genannte Ausnahme fakultativer Natur ist. Eine Auslegung, wonach es den Mitgliedstaaten, die diese Ausnahme eingeführt haben, freistünde, deren Parameter inkohärent, nicht harmonisiert und möglicherweise von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variierend auszugestalten, liefe nämlich dem Ziel dieser Richtlinie zuwider (vgl. in diesem Sinne Urteile Padawan, EU:C:2010:620, Rn. 36, und ACI Adam u. a., C-435/12, EU:C:2014:254, Rn. 49).

Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff "Parodie" ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts ist.

Zur zweiten und zur dritten Frage

Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, wie die in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 vorgesehene Ausnahme der Parodie zu verstehen ist. Insbesondere möchte es wissen, ob der Begriff der Parodie davon abhängt, dass bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die es in seiner zweiten Frage aufzählt.

Da der Begriff der Parodie in der Richtlinie 2001/29 nicht definiert ist, ist die Bedeutung und Tragweite dieses Begriffs nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird und welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der er gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Diakité, C-285/12, EU:C:2014:39, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

In Bezug auf den Sinn des Begriffs "Parodie" nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch steht - wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat - fest, dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestehen, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen.

Weder aus dem Sinn des Begriffs "Parodie" nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch noch - wie die belgische Regierung und die Europäische Kommission zu Recht vortragen - aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 geht hervor, dass dieser Begriff von den vom vorlegenden Gericht in seiner zweiten Frage genannten Voraussetzungen abhängt, dass nämlich die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden kann, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft oder dass sie das parodierte Werk angibt.

Diese Auslegung wird durch den Regelungszusammenhang des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 nicht in Frage gestellt, der eine Ausnahme zu den in den Art. 2 und 3 der Richtlinie vorgesehenen Rechten enthält und daher eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil ACI Adam u. a., EU:C:2014:254, Rn. 23).

Die Auslegung des Begriffs der Parodie muss es nämlich erlauben, die praktische Wirksamkeit der so umrissenen Ausnahme zu wahren und ihre Zielsetzung zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil Football Association Premier League u. a., C-403/08 und C-429/08, EU:C:2011:631, Rn. 163).

Der Umstand, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 eine Ausnahme darstellt, führt daher nicht zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung durch Voraussetzungen wie die in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannten, die weder aus dem Sinn des Begriffs "Parodie" nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch noch aus dem Wortlaut dieser Bestimmung hervorgehen.

Hinsichtlich des Zieles von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 ist auf die mit dieser Richtlinie allgemein verfolgten Ziele hinzuweisen, zu denen - wie aus ihrem dritten Erwägungsgrund hervorgeht - die Harmonisierung gehört, die zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts beiträgt und im Zusammenhang mit der Beachtung der tragenden Grundsätze des Rechts steht, insbesondere des Eigentums einschließlich des geistigen Eigentums, der freien Meinungsäußerung und des Gemeinwohls. Die Parodie stellt unstreitig ein geeignetes Mittel zur Äußerung einer Meinung dar.

Außerdem soll - wie sich aus dem 31. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 ergibt - mit den in Art. 5 der Richtlinie enthaltenen Ausnahmen von den in ihren Art. 2 und 3 vorgesehenen Rechten ein "angemessener Ausgleich" von Rechten und Interessen insbesondere zwischen den Urhebern und den Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Padawan, EU:C:2010:620, Rn. 43, und Painer, C-145/10, EU:C:2011:798, Rn. 132).

Folglich muss bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 in einem konkreten Fall ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien im Sinne dieses Art. 5 Abs. 3 Buchst. k beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden.

Um zu prüfen, ob in einem konkreten Fall bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 dieser angemessene Ausgleich gewahrt wird, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits ist daher darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht von Vandersteen u. a. die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung aufgrund dessen, dass darin die Figuren, die im ursprünglichen Werk die ausgestreuten Münzen aufsammelten, durch verschleierte und farbige Personen ersetzt worden seien, eine diskriminierende Aussage vermittele, die bewirke, dass das geschützte Werk mit einer solchen Aussage in Verbindung gebracht werde.

Sollte dies tatsächlich der Fall sein, was das vorlegende Gericht zu beurteilen hat, ist auf die Bedeutung des Verbots der Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe oder der ethnischen Herkunft hinzuweisen, wie es durch die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22) konkretisiert und insbesondere in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestätigt worden ist.

Unter diesen Umständen haben Inhaber der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Rechte wie Vandersteen u. a. jedoch grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, dass das geschützte Werk nicht mit einer solchen Aussage in Verbindung gebracht wird.

Folglich ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 - sofern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende

Zeichnung die in Rn. 20 des vorliegenden Urteils genannten wesentlichen Merkmale aufweist - der angemessene Ausgleich gewahrt wird, auf den in Rn. 27 dieses Urteils hingewiesen wird.

Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestehen, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff "Parodie" im Sinne dieser Bestimmung hängt nicht von den Voraussetzungen ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden kann, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft oder dass sie das parodierte Werk angibt.

Des Weiteren muss bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 in einem konkreten Fall ein angemessener Ausgleich zwischen zum einen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien im Sinne dieses Art. 5 Abs. 3 Buchst. k beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 - sofern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung die genannten wesentlichen Merkmale der Parodie aufweist - dieser angemessene Ausgleich gewahrt wird.

Kosten

 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff "Parodie" ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts ist.

2.      Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestehen, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff "Parodie" im Sinne dieser Bestimmung hängt nicht von den Voraussetzungen ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden kann, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft oder dass sie das parodierte Werk angibt.

Des Weiteren muss bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 in einem konkreten Fall ein angemessener Ausgleich zwischen zum einen den Interessen und Rechten der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Personen auf der einen und der freien Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Parodien im Sinne dieses Art. 5 Abs. 3 Buchst. k beruft, auf der anderen Seite gewahrt werden.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob bei der Anwendung der Ausnahme für Parodien im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29 - sofern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zeichnung die genannten wesentlichen Merkmale der Parodie aufweist - dieser angemessene Ausgleich gewahrt wird.

Unterschriften