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Veranstaltung eines Hobby-Poker-Turniers trotz Rebuy kein unerlaubtes Glücksspiel - AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 27.08.2007, Az.: 33 Js 6775/07

Leitsätzliches

Der Angeklagte wurde in dem Verfahren vom Vorwurf des unerlaubten Glücksspiels freigesprochen. Er hatte ein Poker-Tunier mit einer Teilnahmegebühr von 15 € veranstaltet und sogar die Möglichkeit eines sogenannten Rebuy eingeräumt. Dies bedeutet, die Teilnehmer konnten sich mehrfach mit der erneuten Zahlung wieder im Turnier einkaufen. Die Teilnahmegebühr ist nach Einschätzung des Gerichts kein "Einsatz" im Sinne des § 284 Strafgesetzbuch.
(nicht rechtskräftig)

AMTSGERICHT FÜRSTENFELDBRUCK

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 33 Js 6775/07

Entscheidung vom 27. August 2007

 

In der Strafsache gegen

...

wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels
aufgrund der Hauptverhandlung vom 22.08.2007 und 27.08.2007 an der teilgenonmmen haben
Richter am Amtsgericht als Strafrichter,
StA ... als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle 

1, Der Angeklagte wird freigesprochen,
2. Die Kosten des Verfahrens sowie die eigenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zu Last,

Gründe

I.
Dem Angeklagten lag folgender Sachverhalt zur Last.

Am 01.02.07 gegen 10.00 Uhr führte der Angeklagte ... ein für jedermann zugängliches Poker- Pokalturnier durch, bei dem der Gewinn, wie beim Pokerspiel üblich, ganz oder weit überwiegend vom Zufall abhing. Der Angeklagte verlangte von den Teilnehmern eine Teilnahmegebühr in Höhe von 15 EUR. Als Gewinn konnten die erfolgreichen Spieler die Teilnahme an einem Finalwochenende in erreichen, bei dem es einen Pkw zu gewinnen gab. Der Angeklagte räumte den Teilnehmern des Turniers die Möglichkeit ein, sich durch die mehrfache Entrichtung des Teilnahmeentgelts auch nach ihrem Ausscheiden erneut in das Turnier einzukaufen und so ihre Gewinnchancen zu steigern. Damit habe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Entrichtung des Entgelts und dem Erwerb der Gewinnchance, wie der Angeklagte wusste, bestanden.

Der Angeklagte war auch nicht, wie er wusste, im Besitz einer behördlichen Erlaubnis für die Veranstaltung des Glücksspieles.

Der Angeklagte habe beabsichtigt, durch die Veranstaltung solcher Pokalturniere einen Gewinn zu erzielen, um daraus, zumindest teilweise, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Er habe sich daher wegen eines Vergehens der gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspieles gem. § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

II.
Der Angeklagte war freizusprechen.
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass es richtig sei, dass er ein Poker — Pokalturnier
veranstaltet habe. Dieses Pokalturnier habe er bei der Gemeinde angezeigt.
Aufgrund dieser Anzeige sei ihm am 29.01.07 durch die Gemeinde mitgeteilt worden, dass es sich bei der Veranstaltung des Pokalturniers um eine erlaubnisfreie Veranstaltung gem. § 5a Spielverordnung handele, wenn folgende Auflagen eingehalten werden:

• Teilnahmegebühr höchstens 15 EUR
• der Gewinn besteht in Waren
• Warenwert max. 60 EUR
• Mindestalter der Teilnehmer 18 Jahre.

Aufgrund der schriftlichen Anmeldung des Pokalturniers und der Mitteilung, dass die Gewinne in   ausgeschüttet werden, habe die Gemeinde keine Versagungsgründe feststellen können. Die öffentliche Veranstaltung könne daher unter den oben genannten Voraussetzungen durchgeführt werden.

Es sei dann so gewesen, dass am 01.02.07 die Veranstaltung durchgeführt wurde. Die Veranstaltung habe gegen 18.30 Uhr begonnen und hätte gegen 01.30 Uhr zu Ende sein sollen. Es sei über mehrere Turnierrunden gespielt worden. Der Gewinner einer jeden Turnierrunde habe aufsteigen können. Am Ende des Abends würde der Sieger festgestellt werden. Er, der Angeklagte, habe die Veranstaltung aufgrund einer Bitte einer Pokerschule in.. organisiert. Die Gewinne seien alle gesponsert worden. Soweit ein sogenanntes Eintrittsgeld in Höhe von 15 EUR verlangt worden sei, habe dies einzig dazu gedient, die Unkosten des Turniers, für die Lokalmiete, Personal etc., zu decken. Im vorliegenden Falle habe er Einnahmen in Höhe von 1.350 EUR brutto erzielt. Dem seien Unkosten in Höhe von 5.936 EUR gegenübergestanden. Am vorliegenden Abend sei es möglich gewesen, dass ein Teilnehmer, der in einer der ausgespielten Pokerrunden ausgeschieden war, sich erneut durch die Zahlung des Eintrittsgeldes in Höhe von 15 E in eine weitere Pokalrunde einkauft. Nachdem die Gemeinde Olching die weitere Veranstaltung aufgrund dieser Möglichkeit des Widereinkaufs in das Turnier am 02.02.07 untersagt habe, habe er die Veranstaltung, die 7 Tage hätte andauern sollen, abgebrochen.

Der Zeuge  hat mitgeteilt, dass er nach einer entsprechenden Mitteilung durch die Gemeinde Olching sich in die Gaststätte begeben habe. Er habe beobachten können, dass es entgegen der Auflage der Gemeinde den Spielern möglich gewesen sei, sich nach einem Ausscheiden erneut durch die Zahlung von 15 EUR in die erste Tischrunde einzukaufen. Am Abend seien etwa 35 Leute anwesend gewesen, welche sich teilweise mehrfach eingekauft hätten. Aufgrund der zeitlichen Gestaltung und des zeitlichen Ablaufs des Turniers habe die Möglichkeit bestanden, sich bis zu 6 Mal in das Spiel mit der Zahlung von jeweils 15 EUR einzukaufen.

Der Angeklagte hat sich nicht gem. § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB ist ein Spielen um Gewinn und Verlust, d.h. ein zumeist einfach strukturiertes Handeln, das seiner generellen Bestimmung nach, nicht notwendig im Einzelfall, auf die Erzielung eines geldwerten Gewinnes ausgerichtet ist, wobei die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Spielbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen oder vom Grad der Aufmerksamkeit des einzelnen Spielers bestimmt ist sondern vom Zufall, wobei es auf die Fähigkeiten und Erwartungen eines Durchschnittsspielers ankommt (vgl. Tröndle-Fischer, Randziffer 3 zu § 284 StGB). Die Annahme eines Glücksspieles im Sinne des § 284 StGB scheitert jedoch wenn davon auszugehen ist, dass es am Begriff „Einsatz" fehlt (vgl. BGHSt 34, 375). Was im Einzelnen unter Einsatz zu verstehen ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Darunter fallen jede Leistung, die erbracht wird, in der Hoffnung, im Falle des Gewinnen eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten und in der Befürchtung, dass sie im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt (vgl. BGHSt 34, 176). Ein solcher Einsatz soll nach der Rechtsprechung des BGH nicht vorliegen wenn „nur an den Verkäufer ein in jedem Fall verlorener Betrag gezahlt" wird, oder mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt, also etwa dem für den Eintritt in eine Spielbank aufgewendeten Betrag gleichzusetzen ist" Weiter führt der BGH aus, dass kein Einsatz im Sinne des § 284 StGB vorliegt, wenn „die Aussicht auf Gewinn von seiner eigenen Zahlung unabhängig". Ein Einsatz im Sinne des § 284 StGB soll nicht vorliegen wenn „die Gewinnhoffnung nicht darin besteht, bei günstigem Ausgang des Spieles seinen Einsatz — möglicherweise vermehrt um die Einsätze anderer Mitspieler — zurück zu erhalten", sondern die Zahlung verloren ist.

Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat sich zwar mit der Frage, ob eine Kettenbriefaktion ein Glücksspiel ist, befasst, ist aber, weil sie allgemeine Ausführungen zur Frage des Begriffes des unbeschriebenen Tatbestandsmerkmals „Einsatz" enthält auch für den vorliegende Fall entscheidungserheblich.

Im verfahrensgegenständlichen Fall ist festzustellen, dass es sich bei der Zahlung von 15 EUR nicht um eine Zahlung an die Mitspieler handelt in der Hoffnung, diesen Betrag, vermehrt durch die Leistungen der anderen Mitspieler, zu erhalten. Diese gezahlten 15 EUR als Eintrittsgeld sind tatsächlich verloren, gleichgültig ob der Spieler gewinnt oder verliert.

Nachdem die Gewinne ausschließlich gesponsert werden ist nicht davon auszugehen, dass jedenfalls ein Teil der eigenen Zahlung in den später ausgeschütteten Gewinn zurückfließt. Andernfalls müsste von einem Einsatz im Sinne des § 284 StGB ausgegangen werden, weil dann jedenfalls ein Teil des Einsatzes ggf. über den durch die Zahlungen der Mitspieler (mit)finanzierten Gewinn an den gewinnenden Mitspieler ggf. auch an den Einzahler selbst, zurückfließt und somit nicht verloren wäre.
Soweit in der Rechtsprechung darauf abgestellt wird, ob Zahlungen als bloßes „Eintrittsgeld, Turniergeld, Startgeld etc." anzusehen ist und dann von keinem Einsatz im Sinne des § 284 StGB auszugehen ist, ist dieser Begriff viel zu unbestimmt und kann nicht als Kriterium herangezogen werden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 08.05.05, Az. M 22 S 07.90, welche den Schluss zulässt, dass jeglicher Spieleinsatz, gleichgültig ob als Einsatz, Startgeld etc. bezeichnet, als Einsatz im Sinne des § 284 StGB anzusehen ist, kann nicht überzeugen, weil sich diese Entscheidung nicht mit der Rechtsprechung des BGH auseinandersetzt.

Auch die Ansicht Staatsanwaltschaft München II ein unerlaubtes Glückspiel würde deshalb vorliegen, weil durch die Möglichkeit des Widereinkaufes in das Pokerturnier die Gewinnchance erhöht wird kann dies nicht überzeugen. Auch die wiederholte Zahlung erfüllt nicht das Tatbestandsmerkmal des Einsatzes im Sinne des § 284 StGB, wenn, wie im vorliegenden Fall, die oben dargestellten Voraussetzungen für einen »Einsatz" nicht erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 467 StPO.

(Unterschrift)