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Strafbarkeit der Veröffentlichung persönlicher Daten im Internet - LG Marburg, Beschluss vom 22.10.2007, Az.: 4 Qs 54/07

Leitsätzliches

Das Einscannen, Digitalisieren und Abspeichern von Daten eines Dritten aus dem Auszug des Bundeszentralregisters auf dem Festspeicher eines Servers ist, nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes als bearbeiten und zum Empfang der Daten durch Dritte im Internet bereithalten, strafbar.

LANDGERICHT MARGBURG

BESCHLUSS

Entscheidung vom 22. Oktober 2007

Aktenzeichen: 4 Qs 54/07

 

In dem Ermittlungsverfahren

gegen ...

wohnhaft: … Deutscher, ledig,

- Verteidiger: Rechtsanwalt -

wegen: Verdachts des Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz

hat die 4. Strafkammer des Landgerichts Marburg/Lahn auf die Beschwerde des Angeklagten vom 27.02.2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kirchhain vom 19.02.2007, soweit durch diesen

1. die Beschlagnahme der dort näher bezeichneten und zuvor im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung vom 04.01.2007 beim Beschuldigten sichergestellten Gegenstände gemäß §§ 94, 98, 111b, 111c StPO angeordnet (bestätigt) worden ist, wobei zwischenzeitlich ein ZIP-Laufwerk zu PC-Anlage 1, lfd. Nr. 4 des Nachweises über sichergestellte Gegenstände sowie insgesamt 6 Disketten, lfd. Nr. 13, 15 und 27 des Nachweises über sichergestellte Gegenstände und die bislang noch nicht gesondert erfasste ZIP-Diskette aus dem Rechner Nr. 4, (Ass- Verzeichnis 8/07), durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Marburg vom 07.03. 2007 wieder freigegeben worden sind,

2. der Antrag des Beschuldigten vom 25.01.2007 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen ED-Behandlung und vorläufigen Festnahme des Beschuldigten vom 04.01.2007 als unzulässig abgelehnt worden ist, nach Anhörung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Marburg, am 22. Oktober 2007 beschlossen:

Die Beschwerde wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die ihm darin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1.
Die Beschwerde gegen die vom Amtsgericht angeordnete Beschlagnahme- und Sicherstellungsanordnung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht gemäß §§ 94 Abs. 1, 98 Abs. 2; 111 b Abs. 1, 111 c Abs. 1, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 74, 74b StGB die Sicherstellung/Beschlagnahme der im Rahmen einer beim Angeklagten am 04.01.2007 durchgeführten Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen und im angefochtenen Beschluss näher bezeichneten EDV-Geräte nebst Zubehör angeordnet bzw. bestätigt, da diese sowohl als Beweismittel bezüglich der in Rede stehenden Straftaten nach dem Bundesdatenschutzgesetz, als insbesondere auch als Einziehungsgegenstände in Betracht kommen.

Die Vorschrift des § 94 StPO gestattet die Sicherstellung von Gegenständen zu Beweiszwecken. Die Sicherstellung von Gegenständen, die dem Verfall oder der Einziehung unterliegen, regeln dagegen die §§ 111b ff StPO, wobei die Sicherstellung zu diesem Zweck nur in der Form der Beschlagnahme möglich ist. Bei § 94 StPO ist dies dagegen nach Abs. 2 nur erforderlich, wenn der Gegenstand — wie vorliegend - nicht freiwillig herausgegeben wird. Kommt ein Beweisgegenstand zugleich als Verfalls- oder Einziehungsgegenstand in Betracht, so ist die Beschlagnahme nach § 94 StPO zwar ausreichend, wegen des nur nach § 111c Abs. 5 StPO eintretenden Veräußerungsverbotes empfiehlt sich aber die gleichzeitige Beschlagnahme nach § 111b Abs. 1, § 111e StPO.

Als Beweismittel, deren Auffindung im Rahmen einer Durchsuchung beim Beschuldigten zu vermuten sein muss und welche nach § 94 StPO der Beschlagnahme unterliegen, kommen dabei alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, auch Magnetbänder und sonstige Datenträger, in Betracht, die unmittelbar oder mittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen. Dies können sowohl die Tatbeute als auch die Tatwerkzeuge, aber auch Beweismittelträger, von denen die Beweise nicht oder nur unter Schwierigkeiten getrennt werden können, sein. Erforderlich und ausreichend ist hierbei die potentielle Beweisbedeutung des Gegenstandes (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 94, Rn. 6). Es muss also zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der sichergestellte oder beschlagnahmte Gegenstand zu Untersuchungszwecken verwendet werden kann. Für welche Beweisführung er dabei im Einzelnen in Betracht kommt, braucht noch nicht festzustehen. Da das Beweisergebnis ungewiss und die Entwicklung des Verfahrens nicht vorhersehbar ist, kommt es auch nicht darauf an, ob der Gegenstand später Beweismittel wird und ob er dann beweiserheblich ist. Bei potentieller Beweisbedeutung muss der Gegenstand nach dem Legalitätsprinzip aber stets sichergestellt werden. Dringende Gründe für die Annahme, dass es zum Hauptverfahren kommen wird, müssen nicht vorliegen, der Anfangsverdacht reicht aus. Die Beschlagnahme muss lediglich in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts stehen, wobei die Interessen des Verletzten regelmäßig mehr ins Gewicht fallen, als die des Beschuldigten. Die Untersuchung kann schließlich auch erst mit der Beschlagnahme beginnen.

Vorliegend bestand gegen den Angeklagten im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung und auch weiterhin der Verdacht der Begehung von Straftaten nach § 44 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes, d.h., vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, in der Absicht, einen Andern zu schädigen, verarbeitet sowie zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereitgehalten zu haben.

So ist der Angeklagte im Verfahren — 2 Js 17479/04 51 Ls — durch - zwischenzeitlich rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 01.06.2006 bereits wegen unbefugten Bereithaltens geschützter personenbezogener Daten zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15,-- Euro verurteilt worden. Gegenstand dieser Verurteilung ist der Umstand, dass der Angeklagte am 22.06.2004 und in nicht rechtsverjährter Zeit davor auf der von ihm geschaffenen Internetseite … im Rahmen eines Artikels über die Burschenschaft … den von ihm zuvor eingescannten sowie digital verarbeiteten - und auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegenständlichen - Auszug aus dem Bundeszentralregister betreffend den Geschädigten … vom 05.06.1998 ins Internet eingestellt hat, wodurch er automatisiert für jeden Internetnutzer den Abruf und die Weiterverarbeitung des entsprechenden Bundeszentralregisterauszuges ermöglicht hat. Nachdem der vorerwähnte Auszug spätestens seit dem 24.06.2004 auf der obigen Internetseite — offenbar nach dem Vorliegen einer ersten Anklageschrift - nicht mehr zu sehen war, stellte der Angeklagte diesen spätestens am 29.07.2005 wieder auf seiner Internetseite … unter Hinzufügung einer - jedoch nicht wtrp zutreffenden - Anmerkung über die angebliche Zulässigkeit der Veröffentlichung ins Netz ein. In den Gründen des Urteils vom 01.06.2006 wird hierzu weiter ausgeführt, dass der Angeklagte den äußeren Sachverhalt in der festgestellten Weise bestätigt habe. Der Angeklagte habe unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhoben, verarbeitet und mittels eines automatisierten Verfahrens bereitgehalten. Durch das Einscannen, Digitalisieren und Abspeichern auf dem Festspeicher eines Surfers habe er die Daten nach § 43 Abs. 2 S. 1 BDSG bearbeitet und zum Empfang der Daten durch Dritte im Internet bereitgehalten. Dabei habe er auch vorsätzlich gehandelt, weil er die sich ausdrücklich aus dem Registerauszug ergebende Beschränkung selbst ausgeschnitten habe. Strafschärfend hat das Amtsgericht schließlich berücksichtigt, dass sich der betreffende Registerauszug im Zeitpunkt der Urteilsverkündung immer noch an der angegebenen Stelle befand und dass der Angeklagte ihre Entfernung für die Zukunft kategorisch abgelehnt habe. Bestätigt wird Letzteres dadurch, dass auch im Urteil des Berufungsgerichts vom 24.11.2006 — 8 Ns 2 Js 17479/04 — ausgeführt wird, dass der betreffende Eintrag auf der Internetseite bis heute vorhanden sei. Ausweislich des Vermerks der Staatsan¬waltschaft, BI. 206 d.A., hat der Angeklagte den in Rede stehenden Registerauszug schließlich am 04.04.2007, wohl auf Veranlassung seines Providers, wieder aus dem Internet entfernt.

Damit ist es aber nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht in den Gründen der vorliegend angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass der Angeklagte (nunmehr erneut) verdächtig sei, in der Zeit seit dem 02.06.2006 Straftaten nach §§ 44, 43 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG begangen zu haben, indem er auf seiner Internetseite …) die digitale Kopie eines Bundeszentralregisterauszuges des Zeugen … vom 15.06.1997 zum automatisierten Abruf bereithält. Dies folgt bereits unmittelbar aus den entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 01.06.2006 sowie im Berufungsurteil des Landgerichts Marburg vom 24.11.2006. Im Übrigen ist dies vom Angeklagten offenbar auch nie bestritten worden. Insoweit ist es - entgegen der Ansicht des Angeklagten - aber auch nicht fraglich, ob das weitere Bereithalten des entsprechenden Registerauszuges nach der erstinstanzlichen Verurteilung vom 01.06.2006 eine „neue" Straftat darstellt. So setzt der Tatbestand ein automatisiertes Abrufverfahren voraus, d.h. eine Gestaltung, bei welcher die bereithaltende Stelle das ihrerseits Erforderliche bereits getan hat und es nur noch einer Aktivität des Empfängers, nämlich des Abrufs, bedarf, damit diesem die Daten zugänglich werden. Die Tat ist mit dem Bereithalten vollendet, soweit zumindest einem Dritten der Abruf von Daten ermöglicht wird, die ihm nicht rechtmäßig übermittelt werden könnten. Zudem bewirkt bei sogenannten Dauerdelikten, bei denen der Täter den von ihm begründeten rechtswidrigen Zustand ununterbrochen auf die Dauer aufrechterhält oder durch tatbestandserhebliche natürliche Handlungen oder Unterlassungen weiter verwirklicht, jede Verurteilung einen Strafklageverbrauch (Zäsur) für alle bis dahin begangenen Einzelakte (vgl. Schönke-Schröder/Stree, StGB, 27. Aufl., Vorbemerkung vor § 52, Rn. 87, m.w.N.). Da die Verurteilung nur die Herbeiführung und die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bis zum Urteilszeitpunkt erfasst, ist das Aufrechterhalten des Dauerzustandes nach dem Urteil als selbständige Tat zu bewerten. Das Nichtentfernen des Registerauszuges aus dem Internet als solches stellt dagegen keine eigene Straftat dar.

Weiter bestand und besteht gegen den Angeklagten der Verdacht, dass dieser nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 01.06.2006 das vollständige und von ihm mit eigenen Anmerkungen versehene amtsgerichtliche Urteil, einschließlich der Seite 4, auf welcher der Inhalt des fraglichen Registerauszuges wiedergegeben wird, unter der Adresse …  ins Internet eingestellt hat, wobei es sich insoweit aber zweifellos um einen neuen Tatentschluss handeln dürfte, so dass sich auch bei der Qualifizierung des fraglichen Tatbestandes des BDSG als Dauerdelikt hier eine neue Tatbegehung ergibt. Zwar bedurfte es zur Feststellung dieses Sachverhalts tatsächlich nicht der Beschlagnahme der fraglichen Computeranlagen des Angeklagten, indes erfolgte die Beschlagnahmeanordnung aber auch nicht lediglich wegen dieses Straftatbestandes.

Schließlich bestand und besteht gegen den Angeklagten der Verdacht, dass dieser in der Folgezeit — und auch noch nach dem 24.11.2006 - wiederholt Hyperlinks auf Internetseiten gesetzt hat, bzw. mit Hyperlinks versehene Beiträge auf allgemein zugänglichen Seiten Dritter eingestellt hat, welche zu derjenigen Seite führen, auf welcher sich der gegenständliche Registerauszug befindet. Der Angeklagte hat es also nicht etwa nur dabei bewenden lassen, den ein- bzw. zweimal ins Netz gestellten Registerauszug dort zu belassen, sondern er ist erneut aktiv durch das Setzen von Hyperlinks auf verschiedenen Internetseiten tätig geworden und hat somit weitere Möglichkeiten zum automatisierten Abruf der geschützten Daten geschaffen, indem sie durch bloßes Anklicken für jeden Internetnutzer erreichbar waren. Insoweit hat das Amtsgericht in den Gründen der vorliegend angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die Häufigkeit des Setzens von Hyperlinks zumindest einen für die Strafzumessung bedeutsamen Gesichtspunkt darstelle, indem der Angeklagte durch jedes erneute Setzen eines Hyperlinks zur möglichen weiteren Verbreitung der geschützten Daten beigetragen habe. Dem Setzen von Hyperlinks kann dabei gegebenenfalls aber auch eine eigenständige strafrechtliche Relevanz zukommen. So hat das OLG Stuttgart (vgl. Urteil vom 14.04.2006, zitiert nach Juris) in anderem Zusammenhang ausgeführt, dass dann, wenn der Betreiber einer Homepage Hyperlinks zu Seiten mit inkriminierendem Inhalt setze, eine strafrechtliche Verantwortlichkeit selbst dann begründet werde, wenn er die Inhalte nicht billige. Bei der direkten Verlinkung handle es sich regelmäßig um ein täterschäftliches Zugänglichmachen der inkriminierten Inhalte im Sinne vom § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB, da mit einem Seitenaufruf verbundene Schwierigkeiten beseitigt und die Verbreitung strafbarer Inhalte wesentlich beeinflusst werden könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob sich die betreffenden Inhalte auf einer Webseite oder auf über weitere Links erreichbare Unterseiten befänden. Im Grundsatz bestehe eine strafrechtliche Haftung für die Inhalte, der mittels Link aufrufbaren Seiten, sowie der von dort über weitere Links erreichbaren Unterseiten jedenfalls dann, wenn der Täter durch das Setzen der Links bewusst die Möglichkeit geschaffen habe, dass Dritte die ihm bekannten Inhalte der problemlos erreichbaren, d.h. in einer gewissen Nähe zur Ausgangsseite befindlichen bzw. zwingend oder relativ schnell erreichbaren, Seiten und Unterseiten zur Kenntnis nehmen könnten (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., m.w.N.). Auf die nähere Klärung letzteren Umstandes wird es im weiteren Verfahren aber entscheidend ankommen, insbesondere beim Einstellen von mit Hyperlinks versehenen Beiträgen auf allgemein zugänglichen Seiten anderer Betreiber. Vor dem Erlass der vorliegend angefochtenen Entscheidung brauchte und konnte dies aber nicht im Einzelnen geklärt werden. Entgegen der Ansicht des Angeklagten ist es aus technischen Gründen auch nicht abwegig, dass sich aus der Auswertung der Computer insoweit weitere Erkenntnisse ergeben können.

Da § 94 StPO aber die Beschlagnahme von Gegenständen, welche unmittelbar oder mittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen können ermöglicht, und insoweit zudem die potentielle Beweisbedeutung des betreffenden Gegenstandes ausreicht, d.h. zumindest die Möglichkeit bestehen muss, dass der beschlagnahmte Gegenstand zu Untersuchungszwecken verwendet werden kann und auch nicht festzustehen braucht, für welche Beweisführung er dabei im Einzelnen in Betracht kommt, bestehen gegen die vom Amtsgericht erlassene Beschlagnahmeanordnung keine Bedenken, nachdem ein hinlänglicher Anfangsverdacht für die Begehung von Straftaten nach dem Bundesdatenschutzgesetz bestand. Dass, wie vom Angeklagten unter Hinweis auf die Revisionsbegründungsschrift vorgetragen, insoweit auch andere Standpunkte vertreten werden können, steht dem nicht entgegen. Darüber hinaus wird in der zwischenzeitlich ergangenen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Marburg vom 07.03.2007 weiter ausgeführt, dass der Angeklagte sich nach dem 24.11.2006 nicht darauf beschränkt habe, lediglich auf seine betreffende Internetseite aufmerksam zu machen. Zusätzlich habe er mittels E-Mail etwa am 17. und 22.12.2006 Links zu seiner Seite an Dritte verschickt.

Soweit der Angeklagte schließlich moniert, dass die Argumentation aus dem Schriftsatz seines Verteidigers vom 08.01.2007 bei der vom Amtsgericht getroffenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden sei, ist ein Bezug/Relevanz der dortigen Ausführungen (Beschwerde gegen die am 04.01.2007 vollzogene Durchsuchungsanordnung) bezüglich der vorliegend angefochtenen Entscheidung nicht erkennbar.

Aus dem insoweit weiter angeführten Schriftsatz vom 10.01.2007 ergibt sich kein über das Beschwerdevorbringen hinausgehendes relevantes Vorbringen, so dass dem Angeklagten nunmehr in der Beschwerdeinstanz insoweit auch rechtliches Gehör gewährt worden ist. Gleiches gilt für den Schriftsatz vom 13.02.2007.

Darüber hinaus waren und sind auch weiterhin Gründe für die Annahme vorhanden, dass unbeschadet der Eignung als Beweismittel jedenfalls die Voraussetzungen für die Einziehung der betreffenden EDV-Geräte vorliegen.

Nach § 111b Abs. 1 StPO können Gegenstände durch Beschlagnahme nach § 111c StPO durch richterliche Anordnung gemäß § 111e Abs. 1 StPO sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für ihren Verfall (§ 73 StGB) oder ihre Einziehung (§ 74 StGB) vorliegen, wobei die Beschlagnahme beweglicher Sachen dann dadurch bewirkt wird, dass die Sache — wie vorliegend - in Gewahrsam genommen oder die Beschlagnahme durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird. Wie sich nicht zuletzt aus Abs. 3 der Vorschrift ergibt, reicht für die Anordnung einer solchen Maßnahme der sogenannte einfache Verdacht aus, welcher sich nicht einmal gegen einen bestimmten Beschuldigten zu richten braucht (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 111 b, Rn. 8). Beim Fehlen dringender Gründe müssen die Maßnahmen nach sechs, spätestens aber nach neun Monaten wieder aufgehoben werden; der einfache Verdacht muss sich also zur Aufrechterhaltung der Maßnahme über diesen Zeitraum hinaus dann zu einem dringenden Verdacht verdichtet haben. Die Beschlagnahme ist vom Beginn des Ermittlungsverfahrens ab bis zur Rechtskraft des Urteils zulässig. Für Einziehungsgegenstände enthält § 74b Abs. 1 StGB eine besondere Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wobei unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch die Beschlagnahme nach § 111 b StPO gegebenenfalls unzulässig ist Nach § 74 StGB können dann, wenn eine Straftat begangen worden ist, Gegenstände, die durch sie hervorgebracht (producta sceleris) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), eingezogen werden, wenn diese Gegenstände entweder zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören bzw. zustehen oder die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.

Unter Gebrauchen ist dabei die tatsächliche Verwendung des Gegenstandes zur Tat zu verstehen. Als bestimmt zur Tat gelten dagegen Gegenstände, die zwar nicht tatsächlich benutzt wurden, jedoch für eine bestimmte strafbare Handlung vorgesehen und dazu auch bereitgestellt waren (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 74, Rn. 7, m.w.N.; Schönke-Schröder/Eser, a.a.O., § 74, Rn. 5). Aus dem Begriff des Tatwerkzeuges ergibt sich ferner, dass der Gegenstand die Begehung der Tat in irgendeiner Weise gefördert haben muss, wobei insoweit unter Umständen sogar eine rein psychische Förderung ausreichen kann. Die bloß gelegentliche Benutzung des Gegenstandes bei der Tat reicht hingegen nicht aus, vielmehr muss seine Verwendung für die Begehung der Tat kausal geworden oder zumindest dazu bestimmt gewesen sein. Dagegen ist unerheblich, zu welchem Teil der Tatbegehung der Gegenstand gedient hat (vgl. Schönke-Schröder/Eser, a.a.O., Rn. 11, 12).

Die bei der Wohnungsdurchsuchung vom 04.01.2007 beim Angeklagten durch Beschlagnahme sichergestellten EDV-Geräte nebst Zubehör stellen unter Berücksichtigung obiger Ausführungen aber Gegenstände dar, welche zur Begehung oder Vorbereitung der in Rede stehenden Straftaten nach dem Bundesdatenschutzgesetz gebraucht worden sind. Denn die weite Fassung des Gesetzeswortlautes, welche insbesondere auch die Tatvorbereitung einbezieht, zeigt, dass nach dem Zweck der Vorschrift nicht nur das der Einziehung unterliegen soll, was zur eigentlichen Tatbegehung gebraucht wird oder bestimmt ist, sondern alles, was die Tat überhaupt ermöglicht und zu ihrer Durchführung dient oder hierzu erforderlich ist. Gegenstände, die sowohl zur Tatbegehung, als auch weiteren Zwecken dienen, unterliegen daher gleichwohl der Einziehung (vgl. BGH, NStZ 1993, 340). Die gegenständlichen EDV-Geräte werden vom Angeklagten wohl nicht ausschließlich zur Begehung von Straftaten verwendet, in den hier in Rede stehenden (und anderen) Fällen sind sie jedoch offenbar bewusst und zweckgerichtet eingesetzt worden, um den betreffenden Registerauszug einzuscannen, digital zu verarbeiten, abzuspeichern und ins Internet einzustellen. Insoweit wird im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Damit sind sie jedoch Tatwerkzeuge im obigen Sinne, da sie nicht nur bei Gelegenheit der Tat verwendet worden sind.

Auch gehörten die beschlagnahmten Gegenstände im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts dem Angeklagten. Zwar handelt es sich bei den beschlagnahmten Geräten nicht um solche, welche nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden, jedoch bestand aufgrund der einschlägigen Vorverurteilung und der uneinsichtigen Haltung des Angeklagten die Gefahr, dass diese Geräte zudem der Begehung weiterer gleichartiger rechtswidriger Taten dienen würden.

Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahme, wobei dem Angeklagten zwischenzeitlich auch noch weitere beschlagnahmte Gegenstände zurückgegeben worden sind. Ungeachtet der ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts sind die vom Angeklagten angeführten Motive für sein Handeln insoweit unerheblich; der angeführte Grundrechtsbezug erscheint abwegig. Darüber hinaus sind vorliegend aber auch die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB anzunehmen.

Damit sind aber hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für die Einziehung der beschlagnahmten Geräte vorliegen, wobei der entsprechende Tatverdacht auch durchaus als dringend bezeichnet werden kann.

2.
Soweit das Amtsgericht den Antrag des Angeklagten vom 25.01.2007 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen ED-Behandlung und der vorläufigen Festnahme vom 04.01.2007 mit der Begründung als unzulässig abgelehnt hat, dass diese Maßnahmen weder durch die Staatsanwaltschaft beantragt, noch durch das Amtsgericht beschlossen worden seien und es sich um rein präventiv polizeiliche Maßnahmen auf Grundlage des § 81b 2. Altern. StPO handle, wobei die rechtliche Bewertung dieser polizeirechtlichen Maßnahmen nicht dem Amtsgericht obliege, begegnet dies - ungeachtet der Notwendigkeit dieser Maßnahmen - keinen rechtlichen Bedenken.

Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. Damit enthält die Vorschrift aber sowohl Strafprozessrecht, als auch materielles Polizeirecht. Maßnahmen nach § 81b StPO dienen dabei Zwecken der Strafverfolgung, wenn sie etwa die Schuld oder Unschuld des Beschuldigten in einem gegen ihn anhängigen Strafverfahren beweisen sollen, etwa wenn seine Identifizierung notwendig ist, weil seine Person unbekannt ist und von Zeugen wiedererkannt werden soll oder wenn Fingerabdrücke mit Tatortspuren verglichen werden sollen. Zwecken des Erkennungsdienstes dienen die Maßnahmen dagegen, wenn sie nicht der Überführung des Beschuldigten in einem bestimmten Strafverfahren, sondern der vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die Erforschung und Aufklärung von Straftaten dienen. Diese Maßnahmen sind rein vorsorglicher und sichernder Natur. Zuständig für die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen ist ausschließlich die. Kriminalpolizei, deren Beamte innerhalb ihrer eigenen Zuständigkeit nicht als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft tätig werden. Unmittelbarer Zwang ist dabei auch ohne vorherige Androhung zulässig. So darf der Beschuldigte beispielsweise zwangsweise zur Polizeibehörde gebracht und dort bis zur Erledigung der Maßnahmen festgehalten werden; darin liegt keine Freiheitsentziehung und auch keine vorläufige Festnahme. Im Strafverfahren getroffene Anordnungen des Gerichts sind mit der Beschwerde nach § 304 StPO anfechtbar. Gegen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft und der Polizei in diesem Bereich kann entsprechend § 98 Abs. 2 StPO das Gericht angerufen werden. Die Anordnung von Maßnahmen für erkennungsdienstliche Zwecke kann dagegen nur im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 81b, Rn. 21, 22, m.w.N.).

Vorliegend ging es aber nicht um die Frage der Schuld oder Unschuld des Angeklagten, da insbesondere seine Identität nicht zweifelhaft war. Da die fraglichen Maßnahmen somit aber nicht der Überführung des Angeklagten in einem bestimmten Strafverfahren gedient haben, können sie nur als erkennungsdienstliche polizeirechtliche Präventivmaßnahmen qualifiziert werden. Damit ist eine Zuständigkeit des Amtsgerichts für die beantragte Feststellung aber auch unter Berücksichtigung der vom Verteidiger angeführten Entscheidung des Amtsgerichts Hannover ( StV 2006, 321)nicht gegeben, da es in dortiger Sache um strafprozes¬suale Maßnahmen (§ 127 StPO) ging.

Nach alledem konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

(Unterschriften)


hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2008 für Recht erkannt: