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"Richtiges" AVS, - LG Krefeld, Urteil vom 5. Januar 2005, AZ: 12 O 110/04 -

Leitsätzliches

Nach Ansicht des Gerichts genügt ein AVS, dass eine face-to-face-Kontrolle nicht vorsieht, den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV nicht. Es kann bei einem System ohne face-to-face-Kontrolle ein Wettbewerbsverstoß gegenüber einem Mitbewerber vorliegen der die Anforderungen erfüllt.

LANDGERICHT KREFELD

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 5. Januar 2005
Aktenzeichen: 12 O 110/04

In dem Rechtsstreit

...

hat die 2. Kammer für Handelssachen durch den Vorsitzenden...
für R e c h t erkannt:

 

1. Die einstweilige Verfügung des Kammervorsitzenden vom 28.09.2004 wird aufrechterhalten.

2. Die Antragsgegnerinnen haben auch die weiterhin entstandenen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand:

Vor der Kammer wird seit einigen Wochen darum gestritten, wie man angesichts der Regelungen in §§ 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB, 4 Abs. 1 Nr. 2 JMStV (Jugendmedienstaatsvertrag) zulässigerweise im Internet Pornografie anbietet.
Eingebunden in die Rechtsstreite sind die nachfolgend genannten Unternehmen, die die nachfolgend beschriebenen Aufgaben wahrnehmen:

1. Die A, Antragstellerin in dieser Sache: Sie bietet unter der Internetadresse www.camfun.de eine Video-Chat-Plattform an, auf der Pornografie abrufbar ist. Sie nutzt als Altersverifikationssystem (im folg.nur: AVS) ein System X-Check.

2. Die B: Sie wendet das System X-Check an und nimmt gegen Gebühren, die sie von der A-AG erhebt, die Altersprüfung vor.

3. Eine Firma C: Von ihr stammt das AVS über18.de.

4. Die D, Antragsgegnerin zu 1. in dieser Sache: Sie bietet seit Ende September unter der domain www.visit-x.de ebenfalls eine Video-Chat-Plattform an, auf der Pornografie abrufbar ist, und nutzt hierbei das AVS über18.de.

5. Die E, M Straße, 00000 S: Sie ist die Muttergesellschaft der D, hat bis in den September 2004 hinein das Internetportal www.visit-x.de selbst betrieben, dann den Betrieb an ihre Tochter delegiert, der sie Hilfe leistet durch technischen Support, Abrechnungen, Vertriebsleistungen.

Das AVS X-Check wendet den Firmen unter 1. und 2. zufolge an ein Post-Ident-Verfahren der Deutschen Post. Bei jeder Nutzung erfolgt ein durch einen Zentralrechner gesteuerter Authentifizierungsvorgang, für den der Kunde neben einer eigenen Software auch eine Hardware-Komponente - einen ID-Chip - und eine ihm zugeteilte PIN-Nummer benötigt. Die KJM (Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten) erachtet dieses AVS für hinreichend sicher, um zu gewährleisten, daß Jugendliche an Pornografie nicht gelangen. Diese Einschätzung baut auf der Annahme, daß bei oder nach der Übergabe des ID-Chips an den Nutzer eine sog. face-to-face-Kontrolle stattfindet, bei der der Besteller sich ausweisen muß und überprüft wird, ob er volljährig ist.

Das System über18.de sieht eine solche face-to-face-Kontrolle nicht vor. Will der Interessent auf die durch über18.de verschlüsselte Pornografie zugreifen, hat er zunächst auf der Internetseite http:wwwüber18.de die Nummer seines Personalausweises oder Reisepasses sowie die Postleitzahl am Ausstellort der Papiere anzugeben, etwa 47800 für Krefeld. Die Nummer des Ausweispapiers enthält eine Schlüsselzahl, die das Alter des Inhabers des Papiers erkennen läßt. Das System überprüft an Hand der Schlüsselzahl, ob der Anmelder volljährig ist, es überprüft ferner den Gleichlauf von Behördenkennzahl in der mitgeteilten Ausweisnummer und eingegebener Postleitzahl.

Verrät die Ausweisnummer, daß der Nachfragende minderjährig ist oder fehlt der Gleichlauf zwischen Behördenkennzahl und eingegebener Postleitzahl, wird der Nutzer ausgeschlossen, in eine Blacklist aufgenommen und gesperrt.

Zusätzlich hat der Nutzer in der Version 2 des AVS über 18.de einzugeben seine Bankverbindung bzw. die Nummer seiner Kreditkarte. Auch diese Angabe wird auf Stimmigkeit mit den anderen Daten überprüft. Sind die Angaben unstimmig, wird der Nutzer wiederum ausgeschlossen. Sind alle Angaben stimmig, kann der Nutzer sich anmelden, wobei er versichern muß, die zu über 18.de gehörenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu akzeptieren, nach denen er u.a. verpflichtet ist, sich zu seinen Personaldaten wahrheitsgemäß zu erklären. Alsdann erhält er unter der von ihm angegebenen e-mail-Adresse die sog. User-ID, mit der er unter Angabe des ihm zugeteilten individuellen Paßwortes Pornografie bestellen kann. Nur er kann Pornografie abrufen: seine Personaldaten sind erfaßt und ein anderer kann sich unter diesen Daten nicht nochmals anmelden. Zudem bestehen zwei zusätzliche Sicherungssysteme. Einmal kann der Erziehungsberechtigte, der einen Computer mit Internetzugang sein eigen nennt, auf ihn kostenfrei aufspielen einen sog. ICRA-Software. Sie verhindert den Zugriff auf unter über18.de angebotene Programme. Zum anderen hat der Eigner des Computers die Möglichkeit, bei über18.de seine eigenen Personalien sperren zu lassen, so daß seine Daten nicht von einem anderen, etwa seinem Sohn, mißbraucht werden können, um an Pornografie zu gelangen.

Auf den Video-Plattformen www.camfun.de und www.visit-x.de tummeln sich diverse "Sender", die vor der Kamera mehr oder weniger nackt herumturnendes Personal anbieten. Der Nutzer kann wie bei einer Peep-Show zusehen und zuhören gegen ein Entgelt von z.B. 1,89 EUR je Minute. In Wettbewerb stehen die jew. Sender zu einer Unzahl anderer Sender, die aus dem Ausland Pornografie ins Internet stellen, nicht den deutschen Gesetzen unterliegen und etwa unter dem Suchwort Free Porn (kostenfrei Pornografie) im Suchsystem Google aufgefunden werden können.

Die von der KJM favorisierte face-to-face-Kontrolle wenden die Firmen unter 1. und 2. nach eigener Angabe erst an seit Oktober 2004. Es gelte für alle Neukunden. Altkunden, die noch, ähnlich wie bei über18 de, durch Ausweis/Faxkopie und Zahlungsvorgang in den Nutzerkreis mit Zugangsberechtigung aufgenommen worden seien, würden von ihnen schrittweise auf das neue System umgestellt.

Unter anderem unter Hinweis auf das Urteil des Kammergerichts Anl. AG 27 wirft die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen vor, das von ihnen genutzte AVS über18 de sei nicht hinreichend sicher. Sie hat gegen die Antragsgegnerinnen die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.09.2004 Bl. 24 ff erwirkt, durch die es diesen unter Androhung der Zwangsmittel des § 890 ZPO untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr im Internet eine Video-Chat- Plattform bereit zu halten, auf der sich private An- wender (Sender) mit ihren unterschiedlichen sexuellen Neigungen einer Vielzahl von Internet-Nutzern darbie- ten können (Portal), ohne vorher die Volljährigkeit der genannten Internetnutzer/Kunden in ausreichender und zweifelsfreier Weise verifiziert zu haben.

Nach Widerspruch der Antragsgegnerinnen vom 18.11.2004 beantragt die Antragstellerin, die ergangene einstweilige Verfügung zu bestätigen, während die Antragsgegnerinnen beantragen, unter Aufhebung des Beschlusses vom 18.11.2004 den Antrag der Antragsstellerin auf Erlaß einer einstwei- ligen Verfügung vom 27.09.2004 zurückzuweisen. Aus den Gründen ihrer Widerspruchsschrift, auf die Bezug genommen wird, halten sie das AVS über18.de für ausreichend sicher.

Darüber hinaus bringen sie vor: Die meisten Angebote von Pornografie im Internet seien völlig ungeschützt. Aus zwischen der A- und der D-Gruppen geführten Verhandlungen über einen Übernahme der Plattform www.camfun.de habe die D-Gruppe darauf vertrauen dürfen, daß die Nutzung des AVS über18.de seitens A nicht beanstandet werde. Es stehe nicht fest, daß der Konsum von Pornografie sich schädigend auf die Entwicklung Minderjähriger auswirke. Das Vorgehen seitens A sei rechtsmißbräuchlich, weil die behauptete face-to-fce-Kontrolle auch bei Neukunden innerhalb des Systems X-Check nicht durchgängig praktiziert werde. Sie meinen, wegen der Kompliziertheit der technischen Zusammenhänge sei das summarische Verfahren der einstweiligen Verfügung zur Entscheidung des Streitfalles nicht geeignet, der sachgerecht entschieden werden könne nur unter Hinzuziehung von Sachverständigen.

Soweit seitens der D-Gruppe behauptet wird, bei X-Check werde nicht stets eine face-to-face-Kontrolle angestellt, ist man mittlerweile zum Gegenangriff übergegangen und hat gegen die Firmen oben unter 1. und 2. vier einstweilige Verfügungen erwirkt unter den Az. 12 O 126, 127, 135 und 136/04. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die am 28.09.2004 erlassene einstweilige Verfügung war zu bestätigen, denn sie ist zu Recht ergangen.

Das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

1. Es ist die hiesige örtliche Zuständigkeit gegeben. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die von der Antragstellerin angegriffene - Handlung begangen wurde. Da die hier streitgegenständliche Handlung über das Internet erfolgte, ist der Begehungsort überall dort, wo das Medium bestimmungsgemäß abgerufen werden kann (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 14 Rn. 16). Mithin ist (auch) das Landgericht Krefeld örtlich zuständig.

2. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt.

In dem Vorverfahren 12 O 105/04 LG Krefeld, das die Antragstellerin gegen die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin zu 1), die A AG, und deren Vorstandsvorsitzenden M angestrengt hat, hat die Kammer die zunächst im Beschlußwege erlassene einstweilige Verfügung vom 20.09.2004 durch am 02.11.2004 verkündetes Urteil aufgehoben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil die Sache nicht dringlich sei. Zu dieser Einschätzung ist die Kammer seinerzeit gelangt, weil die Video-Chat-Plattform www.visit-x-de mit ihren pornografischen Inhalten damals noch von der D AG betrieben worden ist und die Antragsgegnerin über ihre Tochter, die B GmbH, die mit der E AG einen Kooperationsvertrag vom 01.10.2001 abgeschlossen hatte, schon seit Jahren davon wußte, daß visit-x-de betreiben wurde mit dem AVS über18.de. Die in der Sache 12 O 105/04 LG Krefeld angestellte Überlegung ist in dieser Sache nicht tragfähig. Indem die Antragsgegnerin zu 1) nach Erlaß der einstweiligen Verfügung vom 20.09.2004 den Betrieb des Internetportals von ihrer Mutter, der E AG, übernommen hat, um das gegen ihre Mutter erwirkte Verbot ins Leere gehen zu lassen, ist sie an deren Stelle als neuer Wettbewerber zur Antragstellerin in Wettbewerb getreten. Daß die Antragstellerin das Tun der E AG bis Anfang September 2004 hingenommen hat, ohne zu reagieren, obgleich die verschärften Anforderungen nach § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV schon seit Frühjahr 2003 gelten, ist in dieser Sache nicht von Relevanz, weil die Parteien dieses Rechtstreits erstmals nach dem 20.09.2004 zueinander in Wettbewerb getreten sind.

II. Es ist auch in der Sache der Antragstellerin zu folgen.

1. Die Kammer folgt den Antragsgegnerinnen nicht darin, daß es um komplizierte technische, nur dem Sachverständigenbeweis zugängliche Zusammenhänge gehe, deren Klärung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, weil eine ausreichende Glaubhaftmachung seitens der Antragstellerin zwangsläufig fehle. In tatsächlicher Hinsicht - nur tatsächliche Zusammenhänge sind glaubhaft zu machen - ist das gesamte Geschehen unstreitig. Fraglich und schwierig mag allenfalls die rechtliche Bewertung sein. Das ist für die Frage, ob auf bloße Glaubhaftmachung im Wege der einstweiligen Verfügung entschieden werden kann, ohne Belang.

2. Die Antragstellerin ist gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Denn beide Parteien sind, soweit sie auf den von ihnen betriebenen Video-Chat-Plattformen Pornografie vermarkten, Wettbewerber.

3. Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin beruht auf den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

a) Gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

aa) Die Antragstellerin macht einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV geltend. Hierbei handelt es sich um eine Vorschrift zum Schutz der Jugend und somit um einen Marktverhaltensregelung zum Schutz der Verbraucher i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 24. Auflage 2004, § 4 Rn. 11.180; OLG Celle GRUR-RR 2003, 221). Eine Verletzung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV vermag somit grundsätzlich einen Wettbewerbsverstoß zu begründen. Da die Antragsgegnerinnen pornografische Darstellungen anbieten, sind sie gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV verpflichtet, sicherzustellen, dass diese Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Nutzergruppe). Zwar verlangen die Vorschriften des JMStV insoweit, wie die Antragsgegnerinnen zutreffend vortragen (Bl. 50 dA.), kein Zertifizierungsverfahren. Die amtliche Begründung zu § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV fordert jedoch, dass die Anbieter durch ein verlässliches AVS sicherstellen, dass die Angebote ausschließlich Erwachsenen zugänglich sind (BayLT-Drucksache 14/10 246, S. 16; vgl. Bornemann, NJW 2003, 787, 789). Für die Frage, ob die Antragsgegnerinnen durch ihr Verhalten gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV verstoßen haben, kommt es somit entscheidend darauf an, ob das von ihnen verwendete AVS den Anforderungen an ein "Sicherstellen" i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV genügt.

bb) Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV verlangt die Errichtung einer effektiven Barriere zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen. Es darf sich nicht um eine mühelos oder mit geringer Mühe zu umgehende Scheinbarriere handeln (KG MMR 2004, 478 ff; Landgericht Duisburg, Urteil v. 30.08.2004, Az. 21 0 97/04; Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234) Diesen Sicherheitsanforderungen genügt das von den Antragsgegnerinnen verwendete AVS ueber18.de nicht, da es im wesentlichen auf der Überprüfung der Personalausweisnummer des Benutzers beruht und - im Unterschied zu anderen auf dem Markt angebotenen Systemen - auf eine zumindest einmalige zuverlässige Identifizierung und Volljährigkeitsprüfung mittels eines persönlichen Kontakts (z.B. im Wege des Post-Ident-Verfahrens) verzichtet. Ein solches System bietet nicht die von § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV vorausgesetzte Sicherheit, da ein Minderjähriger, der beabsichtigt, die pornografischen Angebote der Antragsgegnerinnen im Internet abzurufen, sich die erforderliche Personalausweisnummer relativ leicht beschaffen kann.

cc) An dieser auch schon in der Sache 12 O 66/04 LG Krefeld vertretenen Einschätzung hält die Kammer auch angesichts der Möglichkeit, den Zugriff auf die pornografischen Angebote durch die Aktivierung des sog. ICRA-Filters zu verhindern, fest. Der Schutz durch die ICRA-Software, die nicht Bestandteil des AVS ueberl8.de selbst ist, ist davon abhängig, dass der Erziehungsberechtigte Kenntnis von dieser Möglichkeit hat. Das  gleiche gilt für die Möglichkeit, die eigene Personalausweisnummer sperren zu lassen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß eine große Zahl von Erziehungsberechtigten um diese Möglichkeiten wissen, wie auch nicht angenommen werden kann, daß eine große Zahl von denen, die um diese Möglichkeiten wissen, von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch machen werden, da viele von ihnen aus nachvollziehbaren Gründen davor zurückschrecken werden, einem Anbieter von Pornografie ihre Personalausweisnummer mitzuteilen. Im Übrigen ist es Sache des Anbieters, eine effektive Sicherung vorzusehen, da er mit dem Angebot von Pornografie im Internet eine Gefahrenquelle geschaffen hat (Landgericht Duisburg, Urteil v. 30.08.2004, Az. 21 0 97/04). Er kann diese ihm vom Gesetzgeber auferlegte Verantwortlichkeit nicht auf die Erziehungsberechtigten abwälzen und darauf hoffen, dass diese den ICRA-Filter installieren oder ihre Personalausweisnummer freiwillig sperren lassen.

dd) Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, dass mögliche Manipulationen, mit deren Hilfe Minderjährige das AVS ueberl8.de umgehen, dem Anbieter bzw. dem Verwender des Systems nicht zurechenbar seien und daher bei der Beantwortung der Frage, ob das AVS ueberl8.de den Anforderungen des JMStV genügt, außer Acht bleiben müssen (Bl. 54, 59 d.A.). Zwar ist den Antragsgegnerinnen zuzugeben, dass ihnen etwaige Umgehungshandlungen von Minderjährigen nicht zuzurechnen sind. Nichtsdestoweniger sind nahe liegende Umgehungsmöglichkeiten bei der Frage, ob das AVS einen verlässlichen Schutz bietet, zu berücksichtigen (Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234). Verlangen die Vorschriften des JMStV das Vorhandensein einer "effektiven Barriere", so kann der Anbieter bzw. Verwender des AVS nicht gewissermaßen die Augen verschließen vor einfachen und offensichtlich bestehenden Umgehungsmöglichkeiten. Die Antragsgegnerinnen können sich daher nicht darauf berufen, dass beispielsweise das Sichverschaffen eines Personalausweises von einem Erwachsenen der Sphäre des Minderjährigen zuzurechnen sei und daher außer Betracht zu bleiben habe (Bl. 59 d.A.). Erst Recht können sich die Antragsgegnerinnen nicht darauf berufen, dass ihre Kunden nach den von den ihnen - den Antragsgegnerinnen - verwendeten AGB verpflichtet sind, nur sachlich richtige Daten einzugeben. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV würde ihrer Wirkung beraubt, wenn sich der Anbieter pornografischer Inhalte allein durch den Hinweis auf seine AGB freizeichnen könnte. Die AGB lassen sich auch nicht mit "Verbotsschildern" vergleichen, die nach der Rechtsprechung zu 184 Abs. 1 StGB einen ausreichenden Schutz gewährleisten, sofern zusätzlich eine Kontrolle der Verbotsbeachtung durchgeführt wird (Bl. 53 d.A.). Die beiden Entscheidungen, die von den Antragsgegnerinnen in diesem Zusammenhang angeführt werden (BGH NJW 1988, 272; OLG Hamburg NJW 1992, 1184, 1185) betreffen beide das Angebot von pornografischen Schriften in einem Ladenlokal. In diesen Fällen wurde die Beachtung der Verbotsschilder durch die Anwesenheit einer Person, d.h. durch eine face-to-face-Kontrolle sichergestellt. An dieser personalen Komponente fehlt es gerade bei dem von den Antragsgegnerinnen verwendeten AVS ueber18.de. Auch der Hinweis der Antragsgegnerinnen auf die jüngste Rechtsprechung des BGH zur (nicht gegebenen) Haftung von Banken bei Geldabhebungen mit gestohlener ec-Karte (BGH, Urteil vom 5.10.2004, Az. Xl ZR 210/03) geht an der Sache vorbei (Bl. 59 d.A.). Die beiden Konstellationen sind nicht miteinander vergleichbar. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um den Schutz desjenigen, der (als Berechtigter) über Zugang zu dem durch ein Computersystem geschütztes Angebot der Bank verfügte und dem der "Schlüssel" zu diesem Angebot abhanden gekommen ist. Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber darum, wie der Jugendliche (als Nichtberechtigter) davor geschützt werden kann, daß er auf das vom Gesetzgeber als jugendgefährdend eingestufte Angebot Zugriff nimmt.

ee) Die Antragsgegnerinnen bringen ferner vor, dass die Anforderungen an den Begriff des Sicherstellens i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV abzuschwächen seien, da die schädlichen Wirkungen von Pornografie auf Minderjährige nicht nachgewiesen seien (81. 57 d.A.). Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Dem Gesetzgeber steht in einer wissenschaftlich nicht abschließend geklärten Situation, in der die Gefahr für bedeutsame Rechtsgüter - wie hier - nicht ausgeschlossen werden kann, eine Einschätzungsprärogative zu. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen nur begrenzt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung der Gefahrenlage und der Notwendigkeit des Einschreitens (Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, Stand: Dezember 2003, Teil 9, Einleitung GjS, Rn. 42). Für den Jugendschutz folgt daraus, dass der Gesetzgeber von einem Wirkungszusammenhang zwischen dem Konsum pornografischer Inhalte und Fehlentwicklungen bei Jugendlichen ausgehen darf, da es um die Abwehr nach derzeitigem Kenntnisstand möglicher Gefahren für ein Rechtsgut mit Verfassungsrang geht (BVerfGE 83, 130, 141 f.; BVerfG NJW 1986, 1241, 1242; Altenhain, a.a.0.).

Nach alledem ist somit davon auszugehen, dass das AVS ueberl8.de den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV nicht genügt und die Antragsgegnerinnen diese Vorschrift verletzt haben. Darin liegt zugleich ein Wettbewerbsverstoß i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG.

c) Dieser Wettbewerbsverstoß ist auch geeignet, i.S. von § 3 UWG den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Eine beanstandete Wettbewerbsmaßnahme muss von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein (Amtliche Begründung, BT-Drucksache 15/1487, 5. 17). Dies bedeutet indes nicht, dass dadurch unlautere Wettbewerbshandlungen zu einem beachtlichen Teil legalisiert werden. Vielmehr soll lediglich die Verfolgung von Bagatellfällen ausgeschlossen werden. Dementsprechend ist die Schwelle auch nicht zu hoch anzusetzen (Amtliche Begründung, a.a.O.). Die Antragsgegnerinnen stehen sowohl im Wettbewerb mit anderen in Deutschland ansässigen Anbietern von Pornografie, die ebenfalls den Anforderungen des JMStV unterliegen, als auch im Wettbewerb mit ausländischen Anbietern, deren pornografische Angebote von Deutschland aus über das Internet abgerufen werden können und die nicht an die Vorschriften des JMStV gebunden sind. Für die Frage, ob der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, ist daher eine differenzierte Betrachtung erforderlich.

aa) Soweit die Antragsgegnerinnen mit anderen in Deutschland ansässigen Anbietern von Pornografie im Wettbewerb stehen, ist eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung unschwer zu bejahen. Durch die Verwendung des AVS ueberl8.de, das lediglich eine sog. Personalausweisroutine verwendet, hat die Antragstellerin die Marktchancen der Mitbewerber, die wie die Antragstellerin ein AVS verwenden, das auf einem Post-Ident-Verfahren beruht, spürbar beeinträchtigt. Der Besteller ist nämlich bei der Verwendung des von der Antragstellerin verwendeten AVS X-Check gezwungen, sich im Rahmen des Post-Ident-Verfahrens gegenüber Bediensteten der Deutschen Post AG auszuweisen, entweder an seiner Wohnungstür gegenüber dem Postzusteller bei der Entgegennahme des USB-Stick`s, der für den Zugriff auf pornografische Angebote erforderlich ist, die durch das AVS X-Check geschützt sind, oder, war er nicht anzutreffen und hat der Zusteller das Päckchen mit dem UBS-Stick in den Briefkasten geworfen, nachträglich auf einem Postamt: Erst bei Eingang der Bescheinigung der Deutschen Post bei ihr, daß der Empfänger des USB-Stick`s die face- to-face-Kontrolle erfolgreich durchlaufen hat, schaltet die Beklagte ihr Programm für den fraglichen Stick frei. Durch den persönlichen Kontakt, bei dem die Identität und das Alter des Bestellers geprüft werden, wird die Hemmschwelle für potentielle Besteller erhöht. Viele Nutzer scheuen sich verständlicherweise davor, gegenüber dem Briefzusteller oder gegenüber Bediensteten auf dem Postamt zu offenbaren, dass sie pornografische Angebote nachfragen. Im Vergleich zu diesem aufwendigen Authentifizierungsverfahren ist die Hemmschwelle bei dem von den Antragsgegnerinnen verwendeten AVS ueberl8.de denkbar gering. Folglich ist das Verhalten der Antragsgegnerinnen geeignet, den Wettbewerb in erheblicher Weise zum Nachteil anderer in Deutschland ansässiger Anbieter von Pornografie zu beeinträchtigen, die ein auf dem Post-ldent-Verfahren beruhendes AVS verwenden. bb) Die Antragsgegnerinnen vertreten die Auffassung, ihr Verhalten sei nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem relevanten Markt mehr als nur unerheblich zu beeinflussen, weil zu berücksichtigen sei, dass es über das Internet unschwer möglich sei, auf Millionen von konkurrierenden pornografischen Angeboten ausländischer Anbieter zuzugreifen, die durch keinerlei effektive Zugangssperre vor dem Zugriff durch Minderjährige geschützt sind. Angesichts dieses Marktumfeldes führe die Verwendung des AVS ueberl8.de, durch das sich die Antragsgegnerinnen von den meisten von Deutschland aus erreichbaren Angeboten positiv abheben, nicht zu einer mehr als unerheblichen Marktbeeinträchtigung (so auch LG Wuppertal, Urteil v. 19.10.2004, Az. 140 112/04; ähnlich auch Nordemann, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, 10. Aufl. 2004, RdNr. 61: " Wenn feststeht, daß alle Mitbewerber eine bestimmte Rechtsnorm nicht beachten, ist ihre Verletzung durch den einzelnen wettbewerbsrechtlich bedeutungslos. Sie kann jedenfalls den Wettbewerb nicht erheblich beinträchtigen."). Diese Argumentation, die das Angebot der Antragsgegnerinnen ins Verhältnis setzt zu der unübersehbaren Zahl ausländischer Anbieter von Pornografie, geht jedoch fehl. Sie verkennt zum einen, dass die Feststellung, ob eine Wettbewerbshandlung in ihren Auswirkungen "nicht nur unerheblich" ist, sich nicht quantitativ treffen lässt, sondern eine Wertung anhand der Schutzzwecke des UWG erfordert (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 3 Rn. 54; BGH GRUR 2001, 258, 259 - Immobilienpreisangaben; BGH GRUR 2002, 360, 366 - H.I.V. Positive II). Zu berücksichtigen ist neben den jeweiligen Marktverhältnissen auch die Art des Wettbewerbsverstoßes (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 3 Rn. 54). Stehen - wie hier - Rechtsgüter von hohem Rang auf dem Spiel, so ist regelmäßig von der Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung auszugehen (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 3 Rn. 57). Die Argumentation der Antragsgegner verkennt ferner, dass sich aus dem Verfassungsrang des Jugendschutzes zugleich eine Pflicht des Staates zur Gewährleistung eines effektiven Jugendschutzes ergibt (BVerwGE 77, 75, 82; BGHSt 37, 55, 63; Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, Stand: Dezember 2003, Teil 9, Einleitung GjS, Rn. 23). Diese Schutzpflicht ist gerade im Zusammenhang mit lnternetangeboten von Belang, da sich aus ihr trotz der Internationalität der Datennetze die Verpflichtung des Staates ergibt, auch in diesem Bereich Jugendgefährdungen entgegenzutreten (Altenhain, a.a.O.). Der Umstand, dass die Möglichkeiten des Jugendschutzes durch den deutschen Gesetzgeber an den deutschen Grenzen enden, entbindet die Antragsgegnerinnen daher nicht von der Pflicht, sich im Interesse eines lauteren Wettbewerbs an die für alle in Deutschland ansässigen Anbieter geltenden Jugendschutzbestimmungen zu halten.

d) Schließlich steht dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht entgegen.

aa) Die Antragsgegnerinnen behaupten, die Antragstellerin verwende auf der von ihr betriebenen Website ihrerseits ein ungeeignetes und löchriges AVS. Es sei daher rechtsmissbräuchlich, wenn sie von ihnen verlange, den Einsatz des AVS ueber18.de zu unterlassen. Der insoweit von den Antragsgegnerinnen erhobene Einwand der "unclean hands" bzw. des "tu quoque" greift im Wettbewerbsrecht, wie von den Antragsgegnerinnen selbst zutreffend vorgetragen, indes nur in Ausnahmefällen durch (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 11 Rn. 2.38). Grundsätzlich ist eine Klage nicht ohne weiteres deswegen rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger sich ebenfalls wettbewerbswidrig verhält (BGH GRUR 1971, 582, 584 - Koppelung im Kaffeehandel; Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 11 Rn. 239; Gloy, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Auflage 1997, § 23 Rn. 3.). Zwar mag der Einwand der "unclean hands" ausnahmsweise beachtlich sein, wenn der Antragsteller bei wechselseitiger Abhängigkeit der beiderseitigen unzulässigen Wettbewerbsmaßnahmen in gleichartiger Weise wettbewerbswidrig gehandelt hat (Köhler, a.a.O.). Der Einwand kann jedoch hier bereits deswegen nicht durchgreifen, weil mit einem Verstoß gegen die Vorschriften des Jugendschutzrechts besonders wichtige Interessen der Allgemeinheit berührt werden. In einem solchen Fall ist die Berufung auf einen angeblich unlauteren gleichartigen Wettbewerbsverstoß des Klägers unzulässig (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 11 Rn. 2.39; BGH GRUR 1977, 494, 497 - Dermatex; KG GRUR 2000, 93, 94). Denn es stellt keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn jemand sich gegen unlautere Wettbewerbshandlungen eines Mitbewerbers wendet, obwohl sein eigenes wettbewerbliches Verhalten ebenfalls nicht einwandfrei ist. Die entgegengesetzte Auffassung würde dazu führen, ein unlauteres wettbewerbliches Verhalten deswegen bestehen zu lassen, weil mehrere Wettbewerber sich dieser Handlungsweise in gleicher Weise bedienen. Das kann, auch im Hinblick auf das öffentliche Interesse an lauterem Wettbewerb nicht hingenommen werden. (BGH GRUR 1977, 494, 497 - Dermatex; KG GRUR 2000, 93, 94; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage 2002, Kapitel 19, Rn. 6).

bb) Die Antragsgegnerinnen sind ferner der Auffassung, sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass die Antragstellerin das AVS ueberl8.de nicht beanstanden werde. Hierzu tragen die Antragsgegnerinnen vor, die Antragstellerin habe ihnen - den Antragsgegnern - gegenüber im Rahmen der Verhandlungen für einen letztlich gescheiterten (Teil-) Unternehmenskauf mehrfach geäußert, ein AVS mit Personalausweisroutine wie ueberl8.de sei nicht zu beanstanden. Durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe sich die Antragstellerin daher zu ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch gesetzt (venire contra factum proprium).

Eine wegen widersprüchlichen Verhaltens unzulässige Rechtsausübung muss sich jedoch nur derjenige mit Erfolg entgegenhalten lassen, durch dessen Verhalten ein Vertrauenstatbestand dahin entstanden ist, dass er die aus einer bestimmten Situation zu seinen Gunsten entstehenden Ansprüche nicht verfolgen und durchsetzen werde (OLG Köln, 6. Zivilsenat, Urteil vom 23. Juni 1999, Az. 6 U 128/98, JurisWeb-Nr. KORE 512292000; Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Auflage 2004, § 11 Rn. 2.42; vgl. ferner Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Auflage, § 242 Rn. 55f). Die von den Antragsgegnerinnen dargelegten Umstände reichen für die Begründung eines Vertrauenstatbestandes nicht aus.

Die Antragstellerin mag im Vorfeld dieses Rechtstreits die Rechtsansicht geäußert haben, das AVS über 18.de sei unbedenklich. Damit hat sie keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Rechtsansichten sind keine Fakten, auf denen sich sicher aufbauen läßt. Die Antragsgegnerinnen hatten sich folglich darauf einzurichten, daß die Antragstellerin an ihrer Auffassung nicht unbedingt festhalten werde; mit einer Änderung der Rechtsauffassung muss der Gegner rechnen (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage 2002, Kapitel 19, Rn. 10). Überdies:

Als die Antragstellerin geäußert haben soll, daß sie nichts einzuwenden habe gegen eine Verwendung des AVS über18.de durch die Antragsgegnerinnen, stand in Frage die Übernahme der von der Antragstellerin betriebenen Video- Chat-Plattform durch die D-Gruppe, damit also das Ausscheiden der Antragstellerin aus dem Wettbewerb. Daß sie in der Annahme, zukünftig vom etwaigen Wettbewerbsverstoß nicht mehr betroffen zu sein, geneigt gewesen sein kann, die Dinge großzügiger zu beurteilen, liegt auf der Hand. Hinzukommt, daß sie damals daran interessiert war, den Kaufpreis für die von ihr zum Verkauf angebotene Video-Chat-Plattform möglichst hoch zu treiben und es dem nur dienlich sein konnte, wenn sie in Aussicht stellte die Chance, über ein AVS, das eine face-to-face-Kontrolle nicht vorsah, einen möglichst breiten Kundenkreis zu gewinnen.

Letztlich kann es jedoch dahinstehen, ob die Antragstellerin durch ihr Verhalten im Rahmen der Verhandlungen für den gescheiterten (Teil-) Unternehmenskauf einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Einem aus der früheren Beziehung der Parteien - möglicherweise - resultierenden Verstoß gegen Treu und Glauben, käme gegenüber einem aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG erwachsenden Unterlassungsanspruch keine durchgreifende Bedeutung zu. Derartige Einwendungen aus dem Zweipersonenverhältnis zwischen den Parteien müssen zurücktreten, wenn durch das wettbewerbswidrige Verhalten Interessen der Allgemeinheit berührt werden (BGH, 1. Zivilsenat, Urteil vom 26. Januar 1984, Az. 1 ZR 227/81, JurisWeb-Nr: K0RE104398410). Diese Erwägung, die der BGH in der zitierten Entscheidung im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 3 UWG a.F. herangezogen hat, muss im vorliegenden Fall erst Recht zum Tragen kommen, da das Verhalten der Antragsgegnerinnen - anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall - nicht nur den Schutz der Allgemeinheit vor Irreführungen berührt, sondern gegen Vorschriften des Jugendschutzrechts verstößt, die dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes dienen.

Der von den Antragsgegnerinnen erhobene Einwand des venire contra factum proprium greift nach allem ebenso wenig durch wie der Einwand der unclean hands. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist berechtigt und stellt keine missbräuchliche Rechtsausübung dar.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eines Ausspruchs zur Vollstreckbarkeit bedarf es nicht. Streitwert: 25.000 EUR

(Unterschriften)