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LG Wuppertal, Beschluss vom 13. Februar 2002, 30 Qs 5/02 - Verbreitung pornografischer Schriften

Leitsätzliches

StPO § 100 g Abs. 1 enthält zwei voneinander unabhängige Tatbestandsalternativen, nämlich mittels einer Endeinrichtung begangene Straftaten und Straftaten von erheblicher Bedeutung.

LANDGERICHT WUPPERTAL

 

BESCHLUSS

 

Aktenzeichen: 30 Qs 5/02

Entscheidung vom 13. Februar 2002

 

 

 

In dem Ermittlungsverfahren

 

g e g e n ...

 

w e g e n Verbreitung pornographischer Schriften

 

hat die 10. Strafkammer des Landgerichts Wuppertal

auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wuppertal

gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 21. Januar 2002

am 13. Februar 2002 b e s c h l o s s e n :

 

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 21. Januar 2002 (8 (B) Gs 25/02) insoweit teilweise aufgehoben, als der Antrag auf Auskunftserteilung (§§ 100g, h StPO) abgewiesen worden ist.

 

Die Firma *** wird verpflichtet, über folgende Telekommunikationsverbindungsdaten bezüglich der IP-Nummer ... Auskunft zu erteilen

 

a) Im Falle einer Verbindung Berechtigungskennungen, Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,

 

b) Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,

 

c) vom Kunden in Anspruch genommene Telekommunikationsdienstleistung,

 

d) Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit.

 

Die unter Ziffer 2 bezeichnete Auskunft ist für den Zeitraum ab Ausgabe der oben genannten IP-Nummer für die Domain "www.***.de" bis einschließlich 20.11.2001 zu erteilen.

 

 

 

Gründe

 

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist begründet.

 

1.

 

Die Anordnungsvoraussetzungen gemäß §§ 100 g, h StPO sind gegeben. Der Beschuldigte ist einer Straftat gemäß § 184 Abs. 1 StGB verdächtig. Über die Internetseite www.***.de werden pornographische Schriften auch Minderjährigen zugänglich gemacht. Inhaberin dieser Internetseite ist die von dem Beschuldigten betriebene ***.

 

2.

 

Nach dem Bundesgesetzblatt Jahrgang 2001 Teil I Nr. 73, Seite 3879, veröffentlichten Wortlaut des am 01.01.2002 in Kraft getretenen § 100 g StPO darf derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, zur - unverzüglich zu erteilenden - Auskunft über bestimmte Telekommunikationsverbindungsdaten verpflichtet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer "eine Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere eine der in § 100a Satz 1 genannten Straftaten, oder mittels einer Endeinrichtung (§ 3 Nr. 3 des Telekommunikationsgesetzes) begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet hat."

 

Dieser Wortlaut ist insoweit erkennbar unvollständig, als nach "begangen" und zwischen "oder" und "mittels" eine grammatikalische Lücke besteht. Diese ist nach allgemein anerkannten Auslegungsregeln nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung, dem Sinnzusammenhang und dem erkennbaren Zweck der Vorschrift ergibt, zu schließen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage, Einleitung Randziffer 194 m.w.N.).

 

Der vorliegende Gesetzeswortlaut deckt zwei Alternativen ab, wie die Verknüpfung der Satzteile "eine Straftat von erheblicher Bedeutung" und "mittels einer Endeinrichtung ..." durch die Konjunktion "oder" zeigt. "Mittels einer Endeinrichtung" schließt sich gerade nicht an den zur Beschreibung der "Straftat von erheblicher Bedeutung" eingefügten, durch Kommata abgetrennten Nebensatz "insbesondere ..." an, sondern zählt eine weitere selbständige Eingriffsalternative auf.

 

Ein Rückgriff auf den den Landesjustizverwaltungen vom Bundesministerium der Justiz mit Schreiben vom 03.08.2001 übermittelten Referentenentwurf mit Begründung vom 19.07.2001 (vgl. Bl. ... d.A.) bestätigt dieses vom Wortlaut gewonnene Ergebnis, als die Auskunftsanordnung nicht nur bei "Straftaten von erheblicher Bedeutung" ergehen können sollte, sondern auch soweit die zu untersuchende Tat "mittels einer Endeinrichtung im Sinne des § 3 Nr. 3 des Telekommunikationsgesetzes (z.B. Telefon oder PC) begangen worden ist".

 

Der verkürzte Satz ist im Wege der Auslegung daher dahin zu lesen, dass entsprechend der handschriftlichen Korrektur der dem Bundestag nach dem Referentenentwurf vorzulegenden Beschlussfassung (vgl. dort S. 4 = Bl. ... d.A.) zwischen "oder" und "mittels" die Worte "eine Straftat" und hinter "begangen" das Wort "hat" einzufügen ist.

 

3.

 

Die Anordnung der Auskunft ist auch verhältnismäßig. Mildere Maßnahmen zur Erlangung der für das Ermittlungsverfahren erforderlichen Informationen sind nicht ersichtlich.

 

(Unterschriften)