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AVS durch Personalausweisnummer, - LG Aachen, Urteil vom 7. Dezember 2004, AZ: 41 O 150/04 -

Leitsätzliches

Der Antragsgegner stellt in das Internet die Homepage www.....de. ein, mit der er unter anderem Bilder pornographischen Inhaltes anbietet. Um zu verhindern, dass Personen unter 18 Jahren Zugang zu diesem Internetangebot mit pornographischem Inhalt erlangen, bedient sich der Antragsgegner auch eines Altersverifikationssystems, bei dem die Alterskontrolle im wesentlichen darauf beruht, dass der potentielle Nutzer seine Personalausweiskennziffer, in der sich verschlüsselt das Geburtsdatum des Nutzers befindet, in das System zur Überprüfung eingibt.

Die Kammer ist der Auffassung, dass eine derartige Altersverifikation keine effektive Barriere im Sinne des § 4 Abs. 2 JMStV darstellt, um Jungendlichen den Zugang zu verwehren.

LANDGERICHT AACHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 41 O 150/04

Entscheidung vom 7. Dezember 2004


In dem Rechtsstreit

...
gegen
...

hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ... für Recht erkannt:

 

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.10.2004 wird bestätigt.

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollziehung wird zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

T a t b e s t a n d

Der in Belgien lebende Antragsteller betreibt in Deutschland das Internetangebot www.....de. Der Antragsgegner stellt in das Internet die Homepage www.....de. ein, mit der er unter anderem Bilder pornographischen Inhaltes anbietet. Um zu verhindern, dass Personen unter 18 Jahren Zugang zu diesem Internetangebot mit pornographischem Inhalt erlangen, bedient sich der Antragsgegner auch eines Altersverifikationssystems, bei dem die Alterskontrolle im wesentlichen darauf beruht, dass der potentielle Nutzer seine Personalausweiskennziffer, in der sich verschlüsselt das Geburtsdatum des Nutzers befindet, in das System zur Überprüfung eingibt.

Stellt das System anhand dieser Personalausweiskennziffer fest, dass der Anfragende danach über 18 Jahre ist, gibt es den Zugang zum Internetangebot des Antragsgegners mit pornographischem Inhalt frei.

Der Antragsteller, der seine Erotikseite im Internet zu gewerblichen Zwecken (die Nutzer müssen zahlen) betreibt, sieht in diesem System keinen sicheren Schutz jugendlicher Personen unter 18 Jahren. Da der Antragsteller ein wesentlich aufwendigeres System nutze, verschaffe sich der Antragsgegner, so meint der Antragsteller, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil.

Durch einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.10.2004 ist dem Antragsgegner unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR im Nichtbeitreibungsfall Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt worden, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Internet Abbildungen mit pornographischem Inhalt zu verkaufen oder zu vertreiben, ohne vorher die Volljährigkeit des Bestellers/Erwerbers in ausreichender und in zweifelsfreier Weise verifiziert zu haben. Darüber hinaus war Inhalt der einstweiligen Verfügung auch ein Verstoß des Antragsgegners gegen § 6 Nr. 1 TDG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf Blatt 20 ff. d. A. Nachdem die einstweilige Verfügung dem Antragsgegner persönlich zugestellt worden ist, hat sich für diesen sein jetziger Verfahrensbevollmächtigter bestellt und unter dem 12.11.2004 einen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung verfasst, wobei der Widerspruch später in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Verstoßes gegen § 6 TDG zurückgenommen worden ist. Zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 12.11.2004 lag dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die Beschlussverfügung vor.

Der Antragsteller beantragt, die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegner beantragt, die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.10. zum Aktenzeichen 41 O 150/04, soweit der Widerspruch nicht zurückgenommen worden ist, aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen sowie Einstellung der Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegner hält eine örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Aachen für nicht gegeben. Darüber hinaus sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtsmißbräuchlich. Schließlich sei auch keine Dringlichkeit gegeben, da der Antragsteller spätestens seit dem 20.09.2004 der streitgegenständliche Sachverhalt bekannt sei. Denn an diesem Tag habe er - unstreitig - einen Anwalt mit der Abmahnung des Antragsgegners beauftragt. Darüber hinaus moniert der Antragsgegner fehlende Vollziehung der einstweiligen Verfügung innerhalb der Antragsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO. Des weiteren bestreitet der Antragsgegner ein Wettbewerbsverhältnis zum Antragsteller.

Ferner hält der Antragsteller das von ihm angewandte Altersverifikationssystem für ausreichend, um Jugendliche daran zu hindern, zu den von ihm angebotenen pornographischen Seiten Zugang zu erhalten. Schließlich meint der Antragsgegner, dass das summarische einstweilige Verfügungsverfahren nicht geeignet sei, den vorliegenden Fall zu behandeln. Insoweit sei eine Klage zur Hauptsache das geeignetere Instrument.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Darlegungen der Parteien in der Antragsschrift vom 21.10.2004 sowie im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners vom 26.11.2004 nebst den von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden. Des weiteren wird verwiesen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 07.12.2004.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die seitens des Kammervorsitzenden erlassene einstweilige Verfügung vom 27.10.2004 ist zu bestätigen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig und begründet ist.

Das Landgericht Aachen ist zur Entscheidung berufen. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Gerichtsstand des Begehungsortes im Sinne des § 14 Abs. 2 UWG. Zwar ist grundsätzlich gemäß § 14 Abs. 1 UWG für eine Klage aufgrund des genannten Gesetzes das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerblich oder selbständige berufliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Hierdurch wird aber das Klagerecht des verletzten Mitbewerbers im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG nicht berührt (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 14 Rn. 18). Da Mitbewerber derjenige ist, wer zum Handelnden in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht und ein solches Wettbewerbsverhältnis hier vom Antragsteller vorgetragen wird, kann Letzterer nicht nur am Gerichtsstand des § 14 Abs. 1 UWG, sondern auch am Gerichtsstand des Begehungsortes im Sinne des § 14 Abs. 2 UWG seine Klage führen. Begehungsort bei Wettbewerbsverhältnissen, die einen Bezug zum Internet haben, ist jeder Ort, an dem die Information dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird und keine bloße zufällige Kenntnisnahme vorliegt (derselbe, ebenda, Rn. 16). Da das Internetangebot des Antragsgegners auch im Landgerichtsbezirk Aachen abgerufen werden kann, ist somit das Landgericht Aachen örtlich zuständig. Es ist auch sachliche Zuständigkeit gegeben.

In Fällen des gewerblichen Rechtsschutzes ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Wichtigste Bemessungsfaktoren sind dabei die Größe des Unternehmens des Anspruchsberechtigten einschließlich seines Umsatzes, die Marktstellung des Antragsgegners, der Abschreckungsgedanke und die Gefährlichkeit des jeweiligen Wettbewerbsverstoßes (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort: Gewerblicher Rechtsschutz).

Bei Berücksichtigung dieser Umstände ist hier von einem Streitwert auszugehen, der über 5.000,00 EUR hinausgeht und somit die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der Umsatz des Antragstellers nicht sehr hoch ist. Dies ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2004, dass er auf seiner Erotikseite Werbung noch nicht geschaltet habe, und im Moment nicht so richtig in dem Markt "reinkomme". Indes zeigt diese Äußerung auch, dass für den Antragsteller das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, da er sich durch das von ihm monierte Verhalten des Antragsgegners in besonderer Weise in seinem Marktauftritt behindert fühlt. Hinzu kommt, dass auch das Verfahren im Hinblick auf eine mögliche Abschreckung anderer Marktteilnehmer von erheblicher Wichtigkeit ist. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass bei dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch Gegenstand des Verfahrens war die Klärung der Frage, ob der Marktauftritt des Antragsgegners mit § TDG in Einklang zu bringen ist, so ergibt sich, dass der Streitwert deutlich über 5.000,00 EUR liegt.

Anhaltspunkte für einen Rechtsmißbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG sind nicht erkennbar und seitens des Antragsgegners auch nicht in substantiierter Form vorgetragen worden.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet. Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner ein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 4 Nr. 11, 3, 8 UWG zur Seite. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass dem Antragsteller das von ihm monierte Verhalten des Antragsgegners spätestens seit dem 20.09.2004 bekannt war, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aber erst am 26.10.2004 bei Gericht einging. Grundsätzlich wird in Wettbewerbssachen die Dringlichkeit vermutet, § 12 Abs. 2 UWG. Jedoch kann diese Vermutung widerlegt werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet und/oder das Verfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt. Welcher Zeitraum ab Kenntnisnahme vom Wettbewerbsverstoß bis zur Einleitung des Verfügungsverfahrens als dringlichkeitsschädlich anzusehen ist, wird von den Instanzgerichten unterschiedlich behandelt. So hat das Oberlandesgericht Köln ein Zuwarten von drei Monaten als dringlichkeitsschädlich angesehen (vgl. OLG Köln, JURIS-Kennnr. KORE 593749700). Soweit ersichtlich hält nur das OLG München an der sehr kurzen und recht starr gehandhabten Obergrenze von einem Monat fest (so: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl. § 54 Rn. 25). Im übrigen herrscht Einigkeit, dass es keine starren Unschädlichkeitsgrenzen geben kann, sondern jeweils die besonderen Umstände des Falles dafür maßgeblich sein müssten, ob der Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung den Schluss auf mangelnde Dringlichkeit zulässt (derselbe, ebenda, Rn. 26).

Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze kann hier noch nicht davon ausgegangen werden, dass die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt ist. Zwar hat der Antragsteller bereits unter dem 20.09.2004 in dieser Sache einen Rechtsanwalt Verfahrensvollmacht erteilt. Dieser hat dann unter dem 27.09.2004 Abmahnung ausgesprochen und Stellungnahmefrist bis zum 30.09.2004 gesetzt. Diese Frist durfte der Antragsteller nach Auffassung der Kammer ohne weiteres verstreichen lassen, ohne dass dies die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt. Darüber hinaus ist bei der vorzunehmenden Wertung zu berücksichtigen, dass offenkundig nach dem 30.09.2004 auf Seiten des Antragstellers ein Anwaltswechsel stattgefunden hat. Der jetzige Verfahrensbevollmächtigte ist nicht identisch mit demjenigen, der die Abmahnung ausgesprochen hat. Der neue Anwalt musste sich in einen neues, streitiges und höchstrichterlich noch nicht entschiedenes Rechtsgebiet einarbeiten, so dass es angesichts dieses Umstandes nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsschrift erst am 26.10.2004 und damit aber immer noch innerhalb eines Monats nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist bei Gericht eingegangen ist. Die aufgezeigten Umstände reichen mithin insgesamt nicht aus, um die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zu widerlegen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die einstweilige Verfügung nicht auch bereits deshalb aufzuheben, weil die Vollziehungsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt ist. Vielmehr steht das Gegenteil fest. Zwar ist eine Vollziehung einer einstweiligen Verfügung dann unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die Verfügung verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist.
Indes liegen solche Umstände hier nicht vor. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.10.2004 wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 27.10.2004 zugestellt. Somit musste ihre Zustellung als Akt der Vollziehung bis zum 27.11.2004 erfolgen. Diese Frist ist gewahrt. Dabei kann es dahinstehen, ob die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner angesichts der Tatsache, dass sich vorprozessual bereits der jetzige Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners für diesen bestellt hatte, wirksam erfolgen konnte. Selbst wenn man zugunsten des Antragsgegners davon ausgeht, dass die an ihn vorgenommene Zustellung, welche unstreitig innerhalb der Monatsfrist erfolgte, nicht ordnungsgemäß war, weil eine Zustellung an seinen Verfahrensbevollmächtigten hätte vorgenommen werden müssen, so hindert dies die Annahme, die Vollziehungsfrist sei gewahrt, nicht. Denn es ist zu berücksichtigen, dass innerhalb der Vollziehungsfrist, nämlich am 12.11.2004 der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Beschlussverfügung in Händen hielt. Damit hat aber diejenige Person, an die die Zustellung hätte vorgenommen werden müssen, das zuzustellende Schriftstück erhalten, so dass nach § 189 ZPO n. F. etwaige Zustellungsmängel geheilt sind (so: Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rn. 14).

Auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sind gegeben. Der Internetauftritt des Antragsgegners verstößt gegen eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wobei es entgegen der früheren Rechtslage auf eine Planmäßigkeit des Gesetztesverstoßes nicht mehr ankommt (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Nr. 11. 55). Das Verhalten des Antragsgegners im Zusammenhang mit seinem Internetauftritt zur Adresse ... .de ist mit den Regelungen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages, den die Bundesländer im Jahre 2002 geschlossen haben, nicht in Einklang zu bringen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 des genannten Vertrages sind Rundfunksendungen oder Inhalte von Telemedien (Angebote) mit pornographischen Inhalten unzulässig. Sie sind nur dann zulässig in Telemedien, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe). Die Sicherstellung im Sinne von § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV dahin, dass pornographische Darstellung nur Erwachsenen als geschlossene Benutzergruppe zugänglich gemacht werden, erfordert das Vorhandensein einer effektiven Barriere zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen (so: Landgericht Duisburg, Urteil v. 30.08.2004 zu Az: 41 O 57/04; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2004 zu Az: III -5 Ss 143/03-50/03 I).

Ob eine solche effektive Barriere durch eine Altersverifikation geschaffen werden kann, die im wesentlichen auf eine Überprüfung der Personalausweiskennziffer beruht, ist zwischen den Parteien des Verfahrens streitig. Eine jede Partei kann sich hier auf entsprechende Rechtsgutachten stützen. Die Kammer ist der Auffassung, dass eine derartige Altersverifikation keine effektive Barriere im Sinne des § 4 Abs. 2 JMStV darstellt (ebenso die genannten Urteile des LG Duisburg sowie des OLG Düsseldorf, jeweils a.a.O.; siehe auch Gercke/Liesching, CR 2003, 456, 457). Jugendliche unter 18 Jahren haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich Personalausweiskennziffern zu verschaffen, nach deren Eingabe sie für das entsprechende Altersverifikationssystem als volljährig gelten.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass Jugendliche in der Regel über die Möglichkeit verfügen, sich die Personalausweise ihrer Eltern zu verschaffen und mit einer dort entnommenen Personalausweiskennziffer sich den Zugang zu pornographischen Seiten des Internetangebotes des Antragsgegners verschaffen können. Die Annahme, Eltern würden ihre Personalausweise so sichern, dass ihre Kinder keinen Zugang zu diesen Papieren hätten, ist - zumindest bei intakten Familienverhältnissen - nicht lebensnah. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Eltern ihre Brieftasche bzw. ihre Geldbörse, in dem sie z. B. ihren Personalausweis untergebracht haben, immer so "sichern", dass ihre Kinder keinen Zugang haben. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Jugendlichen unter 18 Jahren, die Bekannte und Freunde haben, welche bereits 18 sind und von diesen leicht deren Personalausweiskennziffer erfragen können.

Schließlich, und diese ist der maßgebliche Punkt, kann eine Personalausweiskennziffer ein Jeder, nach deren Eingabe er vom Computersystem als volljährig akzeptiert wird, ohne weiteres aus dem Internet abrufen (so: Gercke/Liesching, a.a.O., 457; OLG Düsseldorf a.a.O.). Diese Annahme korrespondiert mit den Erfahrungen des Kammervorsitzenden, welche er in Vorbereitung des Sitzungstermins vom 07.12.2004 gemacht und die er in der mündlichen Verhandlung offengelegt hat. Hierzu hat der Kammervorsitzende in einer gängigen Suchmaschine eine entsprechende Suchanfrage eingegeben. Die angezeigten Anfrageergebnisse führten bereits nach kürzester Zeit zu einem Internetangebot, wie es aus der Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Dort heißt es dann unter anderem wie folgt: Personalausweisnummer: 0000000000D<<0000000<0000000<<<<<<0 WARNUNG! Keine BKZ angegeben, zufaellige BKZ wurde benutzt. Wir haben keine vollstaendige Liste der deutschen Behoerdenkennziffern. In deinem Ausweis sind aber die ersten 4 Ziffern der Ausweis-ID eine gueltige Kennziffer. Ueber diese allein kann der Inhaber nicht identifiziert werden. Altersverifikationssystem vergleichen ihre Liste der BKZs mit den dazu gehoerigen Postleitzahlen. Du musst wissen, in welcher Postleitzahl die Behoerde ihren Sitz hat, die den Ausweis ausgestellt hat. Dieses Script erzeugt mit deiner BKZ eine syntaktisch korrekte Personalausweis-ID, aelter als 18 und noch nicht abgelaufen. Wird die BKZ zufaellig erzeugt, findet sich wahrscheinlich kein Eintrag in der Liste des AVS, oder das Erraten der korrekten PLZ ist unmoeglich. Hier gibt es eine Liste von BKZs und PLZs. Um diese Liste zu vervollstaendigen, sind wir auf deine Hilfe angewiesen. Bitte gib deine BKZ- und PLZ-Kombination hier an, auch wenn es freiwillig ist. Diese, offenkundig an Jugendliche gerichtete Ausführungen zeigen deutlich, dass eine jede beliebige Person sich eine Personalausweiskennziffer verschaffen kann, die syntaktisch korrekt , noch nicht abgelaufen ist und den Nutzer älter als 18 Jahren erscheinen lässt. Bei einer derartigen leichten Umgehung eines Altersverifikationssystems, das im wesentlichen auf die Personalausweiskennziffer abstellt, kann aber nicht mehr davon gesprochen werden, dass dieses System eine effektive Barriere zwischen pornographischem Angebot und minderjährigem Nutzer darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass das Internetangebot des Antragsgegners mit pornographischem Inhalt gebührenpflichtig ist und eine Bezahlung über Girokonten abgewickelt wird. Denn auch Minderjährige haben in der heutigen Zeit vielfach ein Girokonto. Dies entspricht zumindest den Erfahrungen der Kammer, die den Parteien im Termin - insoweit im Protokoll nicht festgehalten - dargelegt wurde.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass bei dem vom Antragsgegner verwendeten Altersverifikationssystems eine Zugriffsmöglichkeit auch für Jugendliche unter 18 Jahren besteht und keine geschlossene Benutzergruppe im Sinne des § 4 Abs. 2 JMStV vorhanden ist. Damit ist aber gleichzeitig ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG gegeben. Der entsprechende Unterlassungsanspruch kann auch vom Antragsteller geltend gemacht werden. Zumindest nach seiner Darlegung in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2004 ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass der Antragsteller eine Erotikseite im Internet zu gewerblichen Zwecken betreibt. Ob er in diesem Zusammenhang auch Pornographie anbietet, kann dahinstehen. Denn Erotikanbieter und Anbieter von Pornographie bewegen sich auf dem selben Markt und richten sich an die gleichen Verkehrskreise. Antragsgegner und Antragsteller sind somit Mitbewerber. Die Ansicht des Antragsgegners, es sei nicht seine Absicht, Pornographie an Jugendliche unter 18 Jahren zu betreiben, es liege also keine wesentliche Marktbeeinträchtigung vor, ist nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl der minderjährigen Personen, welche infolge des unzureichenden Altersverifikationssystems des Antragsgegners bereits unter 18 Jahren Zugang zu dessen Internetangebot haben, auch nach Erreichen des Volljährigkeitsalters, einmal an das Angebot des Antragsgegners gewöhnt, dabei bleiben und nicht auf das Angebot des Antragstellers wechseln werden. Darüber hinaus wird dieser Personenkreis auch bei Freunden und Bekannten, die volljährig sind, Mundpropaganda betreiben, so dass die Nachteile, welche der Antragsteller zu erwarten hat, keine unerheblichen im Sinne des § 3 UWG sind.

Schließlich vermag sich die Kammer auch dem Hinweis des Antragstellers, das im Internet tausende pornographische Angebote ohne Altersverifikation vom Ausland her angeboten werden, nur insoweit anzuschließen, als dies richtig sein mag. Dies hindert aber den Anspruch des Antragstellers nicht, da die Parteien am deutschen Markt agieren und von hier aus, wie sich an den Bezeichnungen der Internetadresse mit der Endung ".de" ergibt, tätig sind. Für diesen Fall haben sich aber auch an die hier geltenden und durch den Jugendschutzmedienstaatsvertrag aufgestellte Regeln zu halten. Endlich kann auch nicht mit Erfolg vorgetragen werden, das summarische Eilverfahren sei hier nicht geeignet, in die Rechte des Antragsgegners einzugreifen, vielmehr sei der Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Dieser Ansatz könnte nur dann überzeugen, wenn das Hauptsacheverfahren wegen seiner weitergehenden Erkenntnismöglichkeit besser geeignet wäre, den Sachverhalt zu regeln. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Der Sachverhalt ist aufgeklärt.

Zu entscheiden sind nur Rechtsfragen, die im Hauptsacheverfahren keine anderen sind als im vorliegenden Verfahren.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen kommt eine einstweilige Anordnung nicht in Betracht

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Streitwert: Bis zur Teilrücknahme des Widerspruchs in der mündlichen Verhandlung: 35.000,00 EUR, danach: 25.000,00 EUR.

(Unterschriften)

 

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