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Kündigung wegen exzessiver Internetnutzung auch ohne Abmahnung möglich - Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil 6. Mai 2014, Az.: 1 Sa 421/13

Leitsätzliches

Die exzessive Nutzung des Internet während der Arbeitszeit verstößt gegen arbeitsvertraglichen Pflichten und kann ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung führen

 

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 1 Sa 421/13

Entscheidungsdatum: 6. Mai 2014

 

In dem Rechtsstreit

pp.

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 06.05.2014 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 19.11.2014 — 3 Ca 539 d/13 — wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übri­gen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer ordentlichen sowohl verhaltens-, als auch betriebsbedingt begründeten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klä­gers.

Der am ....1967 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 23.03.1992 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (BI. 63 d. A.) bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 2.350,00 be­schäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags ist der Kläger für alle im Betrieb anfallen­den Arbeiten eingestellt, besonders für die Herstellung von Entdröhnungspasten und anderem. Tatsächlich war der Kläger ausweislich des ihm erteilten Zwischenzeugnis­ses vom 3110.2012 (BI. 65 d. A.) bis April 2009 mit der Herstellung von Anti-Dröhn­Pasten befasst. Seit Mai 2009 war er in der Sägeabteilung gemeinsam mit den Mi­tarbeitern Gr. und B. eingesetzt und dort zuständig für die Herstellung unterschiedli­cher Formteile aus Hartschaumblöcken.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb ca. 30 Mitarbeiter. In der Sägeabteilung, die sich im Oberschoß befindet, gibt es neben einem Raum, in dem die Maschinen ste­hen und einem Lagerraum noch ein Büro mit zwei Arbeitsplätzen; einen davon nutzt der Kläger, den anderen sein Arbeitskollege Gr.. An beiden Arbeitsplätzen gibt es jeweils einen PC. Dabei befindet sich der Hauptrechner am Arbeitsplatz von Herrn Gr.. Die Rechner sind durch ein individuelles Passwort geschützt. Dieses muss ein­mal beim Hochfahren des Rechners, regelmäßig zu Arbeitsbeginn, eingegeben wer­den, danach nicht mehr.

Ausdrückliche Regelungen über die private Internetnutzung gibt es im Betrieb der Beklagten nicht. Am Schwarzen Brett befindet sich ein Aushang (BI. 95 d. A.), der sich mit dem Führen von Privattelefonaten befasst.

Ab Januar 2013 stellte die Beklagte im Rahmen eines umfangreichen Projektes ihre EDV-Software um. Die neue von der Beklagten genutzte Software ist auf einem Rechner in K. installiert, nicht mehr auf einem Server im Betrieb der Beklagten. Demzufolge gibt es einen ständigen Datentransfer zwischen dem Server in K. und den verschiedenen Rechnern an den Arbeitsplätzen im Betrieb der Beklagten. Der Datenaustausch erfolgt über eine SDSL-Leitung, die die Firma T. zur Verfügung stellt.

Wegen eines verzögerten Datentransfers beauftragte die Beklagte am 12.03.2013 die Firma T. mit der Überprüfung der Internetleitung. Nachdem ihr das Resultat die­ser Überprüfung am selben Tag mitgeteilt wurde, befragte der Mitarbeiter G. der Be­klagten verschiedene Mitarbeiter - darunter den Kläger -, ob sie das Internetportal Usenet/UnseNeXT nutzten. Der Kläger, der tatsächlich einen entsprechenden Zu­gang zu diesem Portal auf seinem Rechner installiert hatte, verneinte dies wahr­heitswidrig. Am selben Tag kehrte er nach Dienstschluss gegen 17.30 Uhr noch ein­mal in den Betrieb zurück, wobei streitig ist, was er dort tat.

Am nächsten Tag rief der Kläger bei Herrn G. an und teilte mit, tatsächlich habe er das Programm Usenet/UseNeXT auf seinem Rechner installiert. Er gab an, er werde alles löschen, was mit diesem Programm zu tun habe. Am 14.03.2013 sprachen Herr G. und Herr Gr. den Kläger erneut auf die Nutzung des Programms Usenet an. Auch hier bestätigte der Kläger, dass er dieses Programm genutzt und zwischenzeitlich gelöscht habe.

Am 25.03.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß. Das Kündigungsschreiben war nicht unterschrieben. Die Beklagte hält an dieser Kündigung nicht fest.

Mit Schreiben vom 22.04.2013 (BI. 48 — 51 d. A.) hört die Beklagte den bei ihr gebil­deten Betriebsrat zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Der Betriebsrat erklärte am 22.04.2013, er beabsichtige nicht, eine Stellungnah­me abzugeben. Mit Schreiben vom 23.04.2013 kündigte die Beklagte das Arbeits­verhältnis des Klägers fristgemäß zum 30.11.2013 (BI. 9 d. A.).

Er hat vorgetragen:

Er sei technisch interessiert und besitze über das Standardmaß hinausgehende Kenntnisse im Bereich der Hard- und Software. Dies habe dazu geführt, dass er in den zurückliegenden Jahren auf Anfrage von Mitarbeitern häufiger kleine technische Probleme erfolgreich gelöst habe. Er habe sich daher nichts dabei gedacht, als er zum Ende der 10. Kalenderwoche von den beiden Betriebsratsmitgliedern Gä. und Gr. gebeten worden sei, deren Navigationsgeräte zu aktualisieren. Zu diesem Zweck habe er das Portal UseNeXT benutzt und am 08.03.2013 deren Software aktualisiert. Als er dann am 12.03.2013 von Herrn G. auf das Portal Usenet/UseNeXT angespro­chen worden sei, habe er ohne weiteres Nachdenken dessen Frage verneint, da der Datendownload zur Aktualisierung bereits vorgenommen worden sei. Er sei am sel­ben Tag noch einmal in den Betrieb zurückgekehrt, weil er einen Drucker für eine Arbeitskollegin gekauft habe, den er in die Firma gebracht habe. Da es bei der Be­klagten jedoch offensichtlich einen Kapazitätsverlust gegeben habe, habe er Herrn G. am nächsten Tag, dem 13.03.2013, auf das Herunterladen der Software für die Navigationsgeräte angesprochen und mitgeteilt, er werde sicherheitshalber alle damit im Zusammenhang stehenden Daten löschen. Diese Löschung habe er dann am 14.03.2013 bestätigt. Mehr als die Usenet und die Navigationssoftware betreffenden Daten habe er nicht gelöscht.

Auf seinen PC habe jeder Mitarbeiter zugreifen können. Sein Passwort sei sowohl Herrn Gr., als auch Herrn B. und auch den weiteren Mitarbeitern im Betrieb der Be­klagten bekannt. Er bestreite, die von der Beklagten angegebenen Daten aus dem Internet heruntergeladen zu haben und insbesondere auch für den Kapazitätsverlust beim Datentransfer am 12.03.2013 verantwortlich zu sein. Auch diverse Kollegen betrieben nach seiner Einschätzung eine extensive private Internetnutzung. Er be­streite auch, dass die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über besuchte Internetseiten (Browserverläufe) tatsächlich von seinem PC stammten. Jedenfalls habe er die Seiten nicht besucht.

Angeblich betriebsbedingte Gründe für die Kündigung bestreite er. Jedenfalls habe die Beklagte die soziale Auswahl nicht gewahrt, da sie ihn nicht mit den weiteren Mi­tarbeitern im Produktionsbereich verglichen habe.

Schließlich sei auch die Betriebsratsanhörung fehlerhaft. Dem Betriebsrat sei ein Sachverhalt geschildert worden, der tatsächlich nicht feststehe. Dem Betriebsrat sei auch nicht gesagt worden, dass er, Kläger, eingeräumt habe, einen Datendownload zur Aktualisierung der auch betrieblich genutzten Navigationsgeräte vorgenommen zu haben.

Die Beklagte hat erwidert:

Die Überprüfung ihrer Internetleitung durch die Firma T. am 12.03.2013 habe erge­ben, dass 90 % der Gesamtkapazität der Leitung von dem Internetportal Usenet/UseNeXT verschlungen würden. Nachdem der Kläger am selben Tag verneint habe, dieses Portal zu kennen, sei er am selben Tag noch einmal in den Betrieb zu­rückgekehrt. Hier sei zu vermuten, dass er die Rückkehr genutzt habe, uni sämtliche Dateien auf seinem Rechner zu löschen. Am nächsten Tag habe der Kläger bei Herrn G. angerufen und ausdrücklich zugegeben, dass er der Übeltäter sei und ver­sprochen, alles zu löschen. Mit dem Herunterladen der Navigationssoftware für die Mitarbeiter Gr. und Gä. gebe der Kläger im Übrigen die exorbitante Nutzung des pri­vaten Internets selbst zu. Am Folgetag, dem 14.03.2013, habe der Kläger gegenüber Herrn G. und Herrn Gr. erneut ausdrücklich zugegeben, er habe das Problem des mangelnden Datentransfers verursacht und auch am 12.03. noch das Programm Usenet benutzt.

Am 20.03.2013 sei es dem Mitarbeiter einer beauftragten Firma gelungen, die vom Kläger vorgenommenen Löschungen rückgängig zu machen. Dabei hätte er allein bei den vom Kläger auf dem PC installierten Programmen 17.429 Dateien vorgefun­den. Unter anderem habe der Kläger die Seiten von Facebook, Xing und anderen sozialen Netzwerken besucht. Der Kläger habe einen Musik-Download-Ordner eingerichtet, CD-Programme installiert, an diversen Chat-Programmen teilgenommen und auch eine Vielzahl privater Fotos gespeichert. Diese hätten sich alle auf der Festplat­te des Firmenrechners befunden. Die schriftlich ausgedruckten Aufstellungen über die vom Kläger besuchten Internet-Seiten umfassten für den Dezember 2012 237 Seiten, für den Januar 2013 47 Seiten, für den Februar 2013 33 Seiten und für die Zeit bis zum 13. März 2013 noch einmal 15 Seiten. Neben dieser extensiven Nutzung des Internets sei wegen der damit verbundenen Blockade der betrieblichen Abläufe und der Gefahr der Vireninfizierung die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerecht­fertigt. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Der Kläger habe zwingend wissen müssen, dass er zu einer derart exorbitant ausschweifenden privaten Internetnutzung unter keinen Umständen berechtigt gewesen sei.

Außerdem habe sich ihre Geschäftsführung am 18.04.2013 entschlossen, auf den Arbeitsplatz des Klägers in der Sägeabteilung dauerhaft zu verzichten, da das Auftragsvolumen dort rückläufig sei. Vergleichbare Mitarbeiter in der Sägeabteilung gebe es nicht, so dass eine soziale Auswahl nicht erforderlich sei. Der Betriebsrat sei ord­nungsgemäß angehört worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der dort gestell­ten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Kündigungsschutzantrag des Klägers abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, da der Kläger unstreitig das Internetportal UseNeXT auf das betriebliche Datensystem der Beklagten heruntergeladen habe. Damit habe er nicht nur erhebliche Mengen von Daten aus dem Internet auf das be­triebliche Datensystem heruntergeladen und Störungen der Betriebssysteme in Kauf genommen, sondern auch die Gefahr möglicher Vireninfizierung der bei der Beklag­ten verwendeten Software. Bei dieser Fallkonstellation sei auch der Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich gewesen, da der Kläger durch sein Verhalten zu erkennen gegeben habe, dass er nicht darauf vertraue, der Arbeitgeber werde sein Handeln tolerieren. Der Kläger habe erkennbar zunächst versucht, sein Handeln zu vertu­schen. Sodann habe er versucht, die Spuren der Internetnutzung dadurch zu beseitigen, dass er nach Feierabend in den Betrieb zurückgekehrt sei. Die Behauptung des Klägers, die vorgelegten Browserauszüge und Screen-Shots stammten nicht von seinem Rechner, bewertet die Kammer als Schutzbehauptung. Die fristgerechte Kündigung sei auch angesichts der Dauer der Betriebszugehörigkeit im Rahmen ei­ner Interessenabwägung sozial gerechtfertigt. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses ihm am 26.11.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.12.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 07.02.2014 am 04.02.2014 begründet.

Der Kläger hat in der Berufungsbegründung zunächst die mangelnde Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter bei der Verkündung des Urteils gerügt, diese Rüge aber im Berufungstermin ausdrücklich nicht aufrecht erhalten.

Im Übrigen wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus erster Instanz und vertieft dieses noch. Er führt aus: Er sei im laufenden Arbeitsverhältnis ständig zur Bewältigung technischer Probleme angesprochen worden, auch soweit diese den PC betrafen. Er habe keine Bedenken gehabt, die betrieblich genutzten Navigationsgeräte von Herrn Gä. und Herrn Gr. zu aktualisieren und dies am 07. oder 08.03.2013 in Leerlaufzeiten unter Nutzung des Portals Usenet/UseNeXT erledigt. Dieses Portal habe nach seiner Kenntnis eine hohe Netzsicherheit. Er habe nicht auf die Herstellerseiten zugegriffen, weil die Navigationsgeräte der Arbeitskollegen längere Zeit nicht aktualisiert worden seien und zurückliegende Zwischenaktualisierungen, die aufeinander aufbauten, nicht über die eigenen Produktseiten zu erlangen gewesen seien. Die Nachfrage von Herrn G. am 12. März 2013 habe er verneint, da er den Datendownload in der Woche zuvor abgeschlossen habe. Er habe sich aber über den angeblichen Kapazitätsabfall Gedanken gemacht und deswegen am Morgen des 13. März 2013 Herrn G. hierauf angesprochen. Herr G. sei damit einver­standen gewesen, dass er eventuell noch vorhandene Programmteile, die für den Download über das Portal UseNeXT erforderlich seien, lösche. Mehr als diese Programmteile und die Ausführungsdateien, die notwendig seien, um mithilfe des Portals UseNeXT Dateien herunterzuladen, habe er nicht gelöscht. Insbesondere habe er nicht, wie von der Beklagten behauptet, am Abend des 12.03.2013 insgesamt 17.329 Dateien gelöscht. Er habe sich auch nicht als den Übeltäter für den Kapazitätsabfall bezeichnet, sondern lediglich sicherstellen wollen, dass der von ihm veranlasste Datendownload in keinem Zusammenhang mit dem Kapazitätsabfall stehe und aus die­sem Grund angeboten, Dateien zu löschen, die im Zusammenhang mit dem Portal UseNeXT stünden. Er weise noch einmal darauf hin, dass eine umfangreiche Internetnutzung durch die Mitarbeiter der Beklagten betriebsüblich gewesen sei, über die Rechner werde Fußball geschaut, Musik gehört, Filme gesehen, Ein- und Verkäufe über e-Bay, Tchibo etc. getätigt und Facebook und andere soziale Netzwerke ge­nutzt. Das seien jedenfalls die Informationen, die er während der Pausengespräche aufgenommen habe. Nach alledem sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts die Kündigung nicht begründet. Vielmehr lasse die Begründung des Arbeitsgerichts erkennen, dass dort in technischer Hinsicht Fehlvorstellungen bestanden hätten, denn das Portal UseNeXT könne man nicht „herunterladen". Allein die Tatsache, dass er Daten für Arbeitskollegen und damit keinesfalls zu privaten Zwecken herun­tergeladen habe, stelle keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Der von ihm eingeräumte Datendownload sei auch zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt, als der von der Beklagten behauptete Kapazitätsabfall, so dass er hierfür auch nicht verant­wortlich sein könne. Dies habe er auch zu keinem Zeitpunkt eingeräumt. Jedenfalls habe die Beklagte ihn zuvor abmahnen müssen. Er habe davon ausgehen dürfen, dass der Download des Portals Usenet von der Beklagten geduldet werde. Feststel­lungen zur Betriebsratsanhörung habe das Arbeitsgericht im Übrigen überhaupt nicht getroffen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn zum Aktenzei­chen 3 Ca 539 d/13 vom 19.11.2013 festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.04.2013 nicht beendet wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt im Wesentlichen ihren Vortrag aus erster Instanz und verteidigt die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts.

Schon in der Aktualisierung der Navigationssoftware liege eine gravierende Pflicht­verletzung. Im Übrigen habe allein Herr Gr. den Kläger um die Aktualisierung der Na­vigationssoftware für sein Privatfahrzeug gebeten. Dass der Kläger allein hierfür das Portal Usenet genutzt habe, sei unglaubhaft. Es sei viel naheliegender, auf die Sei­ten der Hersteller zuzugreifen, um die Aktualisierung durchzuführen. Tatsächlich sei­en auf dem PC des Klägers insgesamt 17.429 private Dateien/Links gefunden wor­den. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren einen USB-Stick, auf dem sich die ent­sprechenden Screen-Shots vorfinden, zur Gerichtsakte gereicht. Der Kläger habe einen Unterordner mit dem Namen seines Sohnes N. eingerichtet, einen Ordner mit dem Namen „Super L.", einen Ordner mit dem Namen „Ich". All das belege die Pri­vatnutzung. Im Übrigen bleibe es dabei, dass niemand das Passwort des Klägers gekannt habe, auch Herr B. und Herr Gr. nicht. Der Vortrag zu der angeblichen Nut­zung des Internets durch die Arbeitskollegen sei gänzlich unsubstantilert und nicht einlassungsfähig und werde mit Nichtwissen bestritten.

Im Berufungstermin hat der Kläger ausgeführt, er habe einmal Herrn Gr. eine ihm gehörende externe Festplatte geliehen. Zu der Löschung des dort gespeicherten In­halts habe er sich seines Arbeitsplatzrechners bedienen wollen. Es sei möglich, dass beim Herüberziehen der Dateien in den Papierkorb etwas „verrutscht" sei, so dass die Dateien dann auf seinem Arbeitsplatzrechner verblieben seien. Bewusst habe er dies nicht gemacht.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Gr. und G.. Wegen des Inhalts der Beweisbeschlüsse und des Ergebnisses der Beweisauf­nahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06.05.2014 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Ak­te verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und be­gründete und damit zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeits­gericht hat die Kündigungsschutzklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 23.04.2013 ist rechtmäßig.

A) Die Kündigung ist nicht mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam nach § 1 Abs. 1 KSchG. Sie ist vielmehr durch Gründe im Verhalten des Klägers nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.

Der Kläger hat durch einen massiven Download von Daten aus dem Internet seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt. Dieser Download war darüber hinaus mit erheblicher Gefahr der Infizierung des betrieblichen Datensystems mit Viren ver­bunden. Dies rechtfertigt auch im Rahmen einer Interessenabwägung und unter Be­rücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger nicht einschlägig abgemahnt ist, die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

1.

Der Kläger hat durch die exzessive Nutzung des Internet während seiner Arbeitszeit gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt eine Kündigung we­gen privater Nutzung des Internets dann in Betracht, wenn entweder der Arbeitneh­mer entgegen einem ausdrücklichen Verbot oder einer einschlägigen Abmahnung das Internet für private Zwecke nutzt, oder wenn eine Nutzung in einem solchen Ausmaß erfolgt, dass der Arbeitnehmer nicht annehmen könne, sie sei vom Einver­ständnis des Arbeitgebers gedeckt. Weitere Pflichtverletzungen können darin liegen, dass eine erhebliche Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme heruntergeladen werden (unbefugter Download), insbesondere wenn damit die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des Betriebssystems verbunden sein können, ferner die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt (BAG, Urteil vom 07.07.2005 — 2 AZR 581/04 — Juris, Rn 23 und 24).

Ist eine umfangreiche private Nutzung des Internets durch den Arbeitgeber belegt, muss der Arbeitnehmer vortragen, dass ihm nicht im ausreichendem Umfang Arbeit vom Arbeitgeber zugewiesen worden ist (Urteil vom 27.04.2006 — 2 AZR 386/05 ­Juris, Rn 26).

Ob das Gericht von dem Vorliegen einer bestimmten tatsächlichen Behauptung überzeugt ist, hat es nach § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden. Dabei reicht weniger als die Überzeugung von der Wahrheit für das Bewiesensein nicht aus. Ein bloßes Glauben, Wähnen, Für wahrscheinlichhalten berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Andererseits wird mehr als die subjektive Überzeugung nicht gefordert. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße, die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Dass die Sachverhaltsfeststellung durch das Abstellen auf das persönliche Überzeugtsein mit subjektiven Einflüssen belastet wird, ist im Be­reich menschlichen Richtens unvermeidbar. Eine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit ist nicht erforderlich. Der Richter muss sich vielmehr mit seiner persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Zöller, § 286 ZPO, Rn 18 f mwN).

2. Nach diesen Maßstäben geht die Berufungskammer unter Berücksichtigung des gesamten Vortrags der Parteien in erster und zweiter Instanz, der Einlassungen im Berufungstermin und dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Klä­ger, wie ihm von der Beklagten vorgeworfen wird, tatsächlich 17.429 Dateien auf seinem Arbeitsplatzrechner heruntergeladen hat, dass damit eine zeitlich erhebliche Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht einhergeht sowie die er­hebliche Gefahr einer Vireninfizierung des Betriebssystems.

a) Zunächst einmal ist die Kammer davon überzeugt, dass die von der Beklagten im Berufungsverfahren auf einem USB-Stick zur Gerichtsakte gereichten Aufstellungen über vom Kläger genutzte Links ins Internet, wie sie auszugsweise auch erstinstanzlich bereits zur Gerichtsakte gereicht worden sind (Anlagen B 1 und B 2, BI. 42 — 47 d. A.) tatsächlich vom Arbeitsplatzrechner des Klägers stammen.

Das hat der Zeuge G. zur Überzeugung des Gerichts bestätigt. Er hat ausgeführt, er habe persönlich festgestellt, dass der Kläger auf seinem PC Dateien gelöscht habe. Er sei dann am 20.03. nach K. gefahren und habe dort durch eine externe Firma den PC des Klägers mit dem Programm „PC-Inspektor" überprüfen und eine Abbildung des Explorers wiederherstellen lassen. Dabei seien die nunmehr als Anlagen B 1 und B 2 auszugsweise zur Gerichtsakte gereichten Browserverläufe so festgestellt wor­den. Er hat ferner ausgeführt, dass er von der beauftragten Firma einen USB-Stick mit allen Dateien erhalten habe, den er kopiert und zur Gerichtsakte gereicht habe.

An diesen detaillierten, schlüssigen und widerspruchsfreien Aussagen des Zeugen hat die Kammer keinen Zweifel. Der Zeuge hat sich durchgehend in seiner Aussage um eine präzise Schilderung und Ausdrucksweise bemüht. Er hat klar gemacht, dass er für die Beklagte mit der Feststellung der Ursache für den Kapazitätsabfall beauftragt war und dies durchgeführt hat. Dass er zugleich als Informant des Beklagten-Vertreters für die von diesem gefertigten Schriftsätzen tätig war, wie der Zeuge ebenfalls in seiner Anhörung unumwunden eingeräumt hat, beseitigt seine Glaubwürdigkeit nicht. Der Zeuge hat auch nicht etwa mit einseitiger Belastungstendenz gegenü­ber dem Kläger ausgesagt, sondern auf konkrete Fragen auch klargestellt, was er wisse und was er nur vermuten könne, etwa, wenn er ausgeführt hat, dass er „1 und 1 zusammen gezählt" habe. Schließlich hat der Zeuge auch bei Fragen, bei deren Beantwortung er den Kläger hätte belasten können, etwa, ob er wisse, ob der Kläger zugegeben habe, noch am 12.03.2013 das Portal UseNeXT genutzt zu haben, er­klärt, dass wisse er nicht und damit zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht um die einseitige Belastung des Klägers, sondern um eine wahrheitsgemäße Darstellung ging.

b) Die Berufungskammer ist weiter davon überzeugt, dass die Daten auf dem Ar­beitsplatzrechner des Klägers von diesem heruntergeladen worden sind, und zwar vorsätzlich.

Das ist zunächst einmal für den Download der mit der Nutzung des Portals Usenet verbundenen Dateien unstreitig. Hinzu kommt, dass der Zeuge G. bestätigt hat, er habe auf dem Rechner des Klägers mehr als 30 Urlaubsfotos tatsächlich gesehen, nachdem er diesen nach dem 12.03.2013 untersucht hatte. Die Fotos seien dann später gelöscht gewesen. Ferner war im Berufungstermin unstreitig, dass auf dem PC ein Ordner mit dem Namen des Sohnes des Klägers N. eingerichtet war. Das belegt zunächst einmal indiziell, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen tat­sächlich private Daten auf seinem Arbeitsplatz-PC abgespeichert hatte. Dass der Kläger auch für die Speicherung der weiteren Daten verantwortlich war, wird bestätigt durch die Aussage des Zeugen Gr., der erklärt hat, er habe niemals jemanden gese­hen, der am Rechner des Klägers gearbeitet oder diesen bedient habe. Zwar war der Zeuge Gr. nicht durchgehend im Büro tätig, in dem der Rechner stand. Andererseits befindet sich die Sägeabteilung als einziger Betriebsraum im Obergeschoss des Be­triebs, so dass nahe liegt, dass der Zeuge jedenfalls bemerkt hätte, wenn jemand den Bereich betreten hat. Gänzlich unwahrscheinlich ist es angesichts der Menge der abgespeicherten Daten, dass der Zeuge Gr. niemals jemanden gesehen hat, der sich am PC des Klägers zu schaffen gemacht hat, wenn ein anderer als der Kläger den PC genutzt hätte. Ob insoweit auch andere Mitarbeiter das Passwort des Klägers kannten, ist aus Sicht des Berufungsgerichts unerheblich. Unstreitig bedurfte es die­ses Passworts nur einmal am Morgen, um den PC zu starten. Dass eine theoretische Möglichkeit besteht, dass auch Dritte Zugriff auf den Rechner des Klägers genom­men haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Gericht ist jedoch davon über­zeugt, dass es diesen Dritten tatsächlich nicht gegeben hat. von jemandem Dritten hätten zunächst gespeichert und später gelöscht werden sollen. Herr G. hatte unstreitig im Betrieb nur nach der Verwendung des Portals Usenet/UseNeXT gefragt. Dies war vom Kläger auf seinen PC heruntergeladen worden. Warum hätte hier ein Dritter Verdacht schöpfen sollen, dass der Kläger sich an Herrn G. wegen der Nutzung des Programms auf seinem PC wenden würde und quasi vor­sorglich alles löschen, was er rechtswidrig dort abgespeichert hatte.

Schließlich und letztlich zur abschließenden Überzeugungsbildung des Gerichts geführt haben die eigenen Einlassungen des Klägers. Dieser hat sich im Laufe des Verfahrens wiederholt wahrheitswidrig eingelassen. Das führt bei der Kammer zu dem Schluss, dass das Bestreiten des ihm vorgeworfenen Sachverhalts durch den Kläger wahrheitswidrig ist.

Dieser hat zunächst die Verwendung des Programms Usenet am 12.03.2013 ver­schwiegen, obwohl es nach seinen eigenen Einlassungen auf der Hand lag, dass ihm die Verwendung dieses Programms bewusst war. Er selbst hat angegeben, am Freitag der Vorwoche, 4 Tage zuvor, die kompletten Programme für den Datendownload von diesem Portal heruntergeladen zu haben. Wenn er nunmehr vorträgt, dies sei ihm am 12.03. nicht bewusst geworden, ist dies aus Sicht der Kammer bereits höchst unglaubhaft. Angesichts der Datenmengen, die für den Download erforderlich waren — ausweislich des Auszugs auf dem USB-Stick (Bild-Datei: Installierte Prog­ramme) umfasste der Order UseNeXT 1,2 MB -, und des mit dem Download und der anschließenden Aktualisierung der Navigationssoftware verbundenen Zeitaufwands, glaubt die Kammer dem Kläger nicht, dass er an diesem Sachverhalt bei der Befra­gung durch den Zeugen G. am 12.03.2013 nicht mehr gedacht hat.

Hinzu kommen die Einlassungen des Klägers im Berufungstermin. Erstmals im Verfahren hat er hier ausgeführt, die Dateien könnten auch deswegen auf seinem PC gespeichert gewesen sein, weil er sich beim Löschen einer externen Festplatte, die er Herrn Gr. geliehen habe, vertan habe. Diese Einlassung ist zunächst schon des­halb unglaubhaft, weil sie erst jetzt, mehr als ein Jahr nach dem streitgegenständlichen Sachverhalt erfolgte. Es handelt sich aus Sicht der Berufungskammer um eine taktische Einlassung im Hinblick darauf, dass der Kläger vor der Beweisaufnahme befürchten musste, dass der Zeuge G. bestätigen würde, private Dateien auf dem PC des Klägers gefunden zu haben. Ferner musste der Kläger nach Vorlage des USBSticks befürchten, die Bezeichnung von Programmordnern mit dem Namen seines Sohnes oder etwa das Abspeichern einer Website seines Prozessbevollmächtigten nicht auf externe Dritte schieben zu können. Dass es sich tatsächlich um eine derartige Schutzbehauptung handelt, ist aus Sicht der Kammer durch die Aussage des Zeugen Gr. belegt. Dieser hat erklärt, zu keinem Zeitpunkt vom Kläger eine externe Festplatte geliehen bekommen zu haben. Es ist offensichtlich, dass entweder nur die Aussage des Zeugen Gr. oder die des Klägers zutreffen kann. Der Aussage des Zeugen Gr. glaubt das Gericht. Der Zeuge Gr. hat die an ihn gestellten Fragen zwar nur knapp beantwortet. Der Zeuge Gr. hat aber, wie bereits der Zeuge G., keine Tendenz zur Belastung des Klägers erkennen lassen, sondern nur klar auf die an ihn gestellten Fragen geantwortet. Irgendein Grund oder Anhaltspunkt, dass der Zeuge Gr., der immerhin auch Mitglied des Betriebsrats der Beklagten ist, den Kläger durch falsche Aussagen belasten wollte, war nicht erkennbar. Der Zeuge ist auch auf aus­drückliches Nachfragen und auch auf den ausdrücklichen Hinweis auf die Wahrheitspflicht bei seiner Aussage geblieben. Angesichts der weiteren oben genannten Indi­zien hält die Kammer die Aussage des Zeugen für wahr und ist davon überzeugt, dass der Kläger wahrheitswidrig vorgetragen hat.

c) Aufgrund der gerade dargelegten Umstände ist auch eine extensive Nutzung des Internets durch den Kläger belegt. Insoweit ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Beklagte nicht in der Lage war, minutengenau vorzutragen, von wann bis wann der Kläger das Internet genutzt hat, dies aber vor allem deswegen, weil der Kläger selbst sämtliche Browserverläufe gelöscht hat. Bei dieser Sachlage kann er sich nicht auf das schlichte Bestreiten extensiver Internetnutzung, die durch die Vielzahl der Datei­en, insbesondere auch Musik- und Videodateien belegt ist, zurückziehen. Vielmehr ist er gehalten darzulegen, in welchem ungefähren zeitlichem Umfang eine Internetnutzung stattgefunden hat und vor allem, dass hierdurch seine Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt worden ist. Insoweit fehlt es an jeglichen Einlassungen des Klägers, der sich auf das — nach Beurteilung der Kammer wahrheitswidrige — Bestreiten des Vorwurfs beschränkt hat. Neben der extensiven Nutzung ist auch belegt, dass der Kläger das Betriebssystem der Beklagten der erheblichen Gefahr der Vireninfizierung ausgesetzt hat. Dabei kann dahinstehen, ob vom Portal Usenet auch massiv illegale Downloads erfolgen, also von Filmen oder Musik, die urheberrechtlich geschützt sind. Jedenfalls ergibt sich die Gefahr der Vireninfizierung dadurch, dass der Kläger auch sogenannte „Sha­re-Dateien" genutzt hat. Hierzu hat der Zeuge G. ausgeführt, dass über diese Internetplattformen Dateien, vor allem Musikdateien, ausgetauscht werden können. Damit wird einem externen Nutzer der Zugriff auf den betrieblichen Rechner erlaubt. Damit ist zugleich die Gefahr der Vireninfizierung verbunden. Das entnimmt die Kammer nicht nur der Aussage des Zeugen G., sondern ist auch den Mitgliedern der Kammer bekannt und darüber hinaus mittlerweile offenkundig. Gegen diese Beurteilung hat auch der Kläger, der selbst angegeben hat, im Betrieb häufiger mit der Behebung von kleineren technischen Problemen auch am PC beauftragt worden zu sein, im Berufungstermin keine Einwände erhoben.

Schließlich spricht auch einiges dafür, dass die Überlastung der betrieblichen Datenleitung am 12.03.2013 durch den Kläger ausgelöst und er auch insoweit seine ver­traglichen Pflichten verletzt hat. Jedenfalls hat der Zeuge G. ausgeführt, dass die Überlastung der Leitung zum Server durch die Nutzung des Portals Usenet erfolgt sei, die 90 % der Leitung belegt habe. Dennoch hat die Kammer bei der Entscheidung nicht zugrunde gelegt, dass diese Überlastung durch die Nutzung des Portals durch den Kläger erfolgt ist. Letztlich lässt sich nicht ausschließen, dass auch ein anderer Mitarbeiter dieses Portal auf seinen PC heruntergeladen hat. Entscheidungserheblich ist dieser Umstand, auf den das Arbeitsgericht sein Urteil gestützt hat, aus Sicht der Berufungskammer nicht.

II.

Bei diesem Sachverhalt bedurfte es vor einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses keiner einschlägigen Abmahnung.

1. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt grundsätzlich das sogenannte Progno­se-Prinzip. Eine in der Vergangenheit begangene Pflichtverletzung muss sich noch in der Zukunft auf das Arbeitsverhältnis belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Ar­beitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist eine Abmahnung nur entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann, oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offen­sichtlich ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 23.06.2009 — 2 AZR 103/08 — Juris, Rn 32 f). Für eine Kündigung wegen privater Internetnutzung ohne vorhergehende Ab­mahnung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass bei einer Nutzung des Internets während der Arbeitszeit in erheblichem zeitlichem Umfang („ausschweifend") er grundsätzlich nicht darauf vertrauen könne, der Arbeitgeber werde dies tole­rieren. Nach dieser Rechtsprechung muss der Arbeitnehmer damit rechnen, dass der Arbeitgeber nicht damit einverstanden ist, wenn sein Arbeitnehmer seine Arbeitsleis­tung in dieser Zeit nicht erbringt und gleichwohl eine entsprechende Vergütung dafür beansprucht. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber keine klarstellenden Nutzungsregelungen für den Betrieb aufgestellt hat. Bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung oder Duldung des Arbeitgebers ist eine private Nutzung des Internets grundsätzlich nicht erlaubt. Weist in diesen Fällen die Nichtleistung der vertraglich geschuldeten Arbeit einen erheblichen zeitlichen Umfang auf, kann der Arbeitnehmer in keinem Fall mit einer Duldung ernsthaft rechnen. Deshalb muss es jedem Arbeitnehmer klar sein, dass er mit einer exzessiven Nutzung des Internets während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten erheblich verletzt. Es bedarf daher in solchen Fällen auch keiner Abmahnung (BAG, Urteil vom 07.07,2005 — 2 AZR 581/04 — Juris, Rn 36 f).

2. Von einer derartigen exzessiven Nutzung des Internets geht das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aus. Auch wenn die Beklagte keine ausdrücklichen Regelungen zur privaten Internetnutzung aufgestellt hat, musste der Kläger wissen, dass er nicht damit rechnen konnte, die Beklagte werde sein Verhalten ohne einschneidende Sanktionen hinnehmen. Der Einwand des Klägers, nach den Erklärungen seiner Kol­legen in der Frühstückspause ginge er davon aus, dass auch diese das Internet wäh­rend der Arbeitszeit privat nutzten, ist zunächst einmal unsubstantiiert. Weder ist ge­sagt, um welche Kollegen es sich noch handelt, noch von welchen Zeiträumen der Kläger bei der Privatnutzung der Kollegen im Vergleich zur eigenen privaten Nutzung des Internet ausgeht. Darüber hinaus ist der Vortrag auch unschlüssig, weil der Klä­ger selbst nicht behauptet, die Beklagte habe von dieser angeblichen privaten Inter­netnutzung der Kollegen Kenntnis gehabt und diese geduldet.

Vielmehr bleibt es dabei, dass sich auch hier zu Lasten des Klägers auswirkt, dass er zum Umfang seiner privaten Internetnutzung keine substantiierten Einlassungen ab­gegeben hat. Die vorgelegten Verläufe aus dem Internet sprechen deutlich für eine tägliche über wenige Minuten hinausgehende private Nutzung.

Auch im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung hält das Berufungsgericht die Kündigung für gerechtfertigt. Hier wiegt zu Gunsten des Klägers insbesondere, dass er seit 21 Jahren ohne Beanstandungen in der Vergangenheit bei der Beklagten be­schäftigt war und dass er 3 Personen zum Unterhalt verpflichtet ist, nämlich seiner Frau und den beiden Kindern. Ferner hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Kläger ohne entsprechende Qualifikationen im Hinblick auf sein Lebensalter von bei Zugang der Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses 45 Jahren Schwie­rigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben wird. Dies alles wiegt jedoch die aus Sicht der Kammer besonders schwerwiegende vertragliche Pflichtverletzung durch die Nutzung des Internets verbunden mit der Gefahr der Vireninfizierung nicht auf. Letztlich hat sich der Kläger über lange Zeiträume von der Beklagten für Arbeitsleistungen bezahlen lassen, die er tatsächlich nicht erbracht hat. Darin sieht die Kammer eine dauerhafte nicht reparable Störung des wechselseitigen Vertragsverhältnisses, das die Kündigung begründet.

Dem können auch fehlende organisatorische Regelungen der Beklagten zur privaten Internetnutzung nicht entgegen gehalten werden. Ohne ausdrückliche Erlaubnis oder stillschweigende Duldung des Arbeitgebers ist diese Nutzung verboten, da sie sich als Verstoß gegen die durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitspflicht darstellt. Zu einer Duldung der privaten Internetnutzung durch die Beklagte fehlt es — wie bereits ausgeführt — an konkreten Darlegungen des Klägers. Ohne Anhaltspunkte für eine Privatnutzung kann es sich im Rahmen der Interessenabwägung nicht zum Nachteil der Beklagten auswirken, wenn sie auf eine Überwachung der PC-Nutzung ihrer Mi­tarbeiter verzichtet und diesen vertraut. Bei nur 30 beschäftigten Arbeitnehmern, da­von 15 mit einem PC-Zugang, darf die Beklagte ihr Vertrauen in die Loyalität der Mi­tarbeiter durch das Unterlassen der Kontrolle zum Ausdruck bringen.

B) Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats ana­log § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam. Die Anhörung des Betriebsrats ist subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe darzulegen, die ihn zum Ausspruch der Kündigung bewogen haben.

Diesen Anforderungen genügt das Anhörungsschreiben vom 22.04.2013. Auf Seite 2 (BI. 49 d. A.) hat die Beklagte dem Betriebsrat die verhaltensbedingten Gründe ge­schildert und die Kündigung im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger „eine nicht mehr zu überschauende Vielzahl von Video- sowie Musikdownloads" auf sei­nem Firmenrechner vorgenommen und unzählige Besuche bei diversen privaten so­zialen Netzwerken getätigt sowie an Chats in diesen Netzwerken teilgenommen ha­be. Soweit die Beklagte im Anhörungsschreiben weiter aufgeführt hat, der Kläger habe die Vorwürfe zugegeben und insbesondere eingeräumt, hierdurch die außeror­dentlich langsame Internetgeschwindigkeit auf den Rechnern verursacht zu haben, hat sich das zwar objektiv in der Beweisaufnahme nicht in allen Punkten bestätigt. Tatsächlich hat der Kläger, das hat auch der Zeuge G. ausgeführt, nur angegeben, das Portal Usenet/UseNeXT heruntergeladen zu haben. Die Beklagte hat hieraus aber für sich den Schluss gezogen, er habe die Verantwortung für den teilweisen Stillstand der Rechner zugegeben. Dieser Schluss ist zwar nicht zwingend, er ent­sprach aber jedenfalls der subjektiven Auffassung der Beklagten und deren Bewertung des Sachverhalts.

Hinzu kommt, dass am Gespräch am 14.03.2013 das Betriebsratsmitglied Gr. teilge­nommen hat, so dass dieser auch wusste, was der Kläger genau erklärt hat. Weitere Angaben, insbesondere, wie vom Kläger gerügt, dessen Entlastungsvorbringen und im Hinblick auf die Möglichkeit anderer Mitarbeiter, auf den PC des Klägers zuzugrei­fen, und den Datendownload für die Navigationssoftware, musste die Beklagte dem Betriebsrat nicht mitteilen, weil sie die Angaben des Klägers erkennbar für einerseits unzutreffend und andererseits vor allem auch unerheblich im Hinblick auf ihren Kündigungsentschluss ansah.

C) Der Kläger trägt gemäß § 97 ZPO die Kosten der erfolglosen Berufung. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Kammer hält sich mit ihrer Rechtsprechung innerhalb des vom Bundesarbeitsgericht für die Kündigung von Arbeitnehmern bei privater Internetnutzung gezogenen rechtlichen Rahmens.

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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