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BGH, Urteil vom 10. September 2002, AZ: X ZR 199/01 - Arbeitnehmererfindungen

Leitsätzliches

Der gesetzliche Anspruch auf Vergütungserfindung besteht unabhängig von Ansprüchen auf Arbeitsvergütung und ist selbst auf Sonderzahlungen nicht anzurechnen. Wartet ein Arbeitnehmer mit der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs, liegt darin regelmäßig weder ein Verzicht noch wird daraus ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitgebers auf Verzicht erweckt.Außerdem nimmt der BGH Stellung zu der Frage, ob ein Arbeitnehmererfinder, der im Anschluss an seine Erfindung Geschäftsführer wird, den Vergütungsanspruch selbst hätte festsetzen müssen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: X ZR 199/01/B

Entscheidung vom 10. September 2002

 

in dem Rechtsstreit

...

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung

vom 10. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. ... und die Richter Prof. Dr. ..., ..., ... und ... für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. September 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

T a t b e s t a n d:

Der Kläger trat zum 1. Januar 1988 als Angestellter in die Dienste der Beklagten. Dem Anstellungsvertrag vom 7. Dezember 1987 entsprechend übernahm er die Leitung des Bereichs "Ozon", der von ihm aufgebaut wurde. Während der Zeit seiner Beschäftigung als Angestellter machte der Kläger mehrere Erfindungen, von denen im vorliegenden Revisionsverfahren noch zwei von Bedeutung sind. Die erste Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Erzeugung von Ozon. Sie wurde von der Beklagten am 3. Juni 1988 beim Deutschen Patentamt und später unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Anmeldung international angemeldet. Auf die internationale Anmeldung ist das am 13. Januar 1993 veröffentlichte europäische Patent 378 608 und auf die deutsche Anmeldung das am 1. Dezember 1994 veröffentlichte deutsche Patent 38 19 304 erteilt worden.

Die zweite Erfindung des Klägers betrifft ein Verfahren und eine Anlage zur Behandlung von mit Schadstoffen belasteten Flüssigkeiten. Insoweit ist der Beklagten auf die Anmeldung vom 19. Juni 1989 das am 30. Juni 1994 veröffentlichte deutsche Patent 39 19 885 und auf die unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Anmeldung von der Beklagten getätigte internationale Anmeldung das am 4. August 1993 veröffentlichte europäische Patent 478 583 erteilt worden. Am 16. Mai 1989 fand eine Besprechung mit dem mit der Anmeldung der zweiten Erfindung beauftragten Patentanwalt statt, in der dieser die Erfindung betreffende handschriftliche Aufzeichnungen und Skizzen vom Kläger erhielt. Die auf beide Erfindungen der Beklagten erteilten Schutzrechte stehen in Kraft und werden von der Beklagten benutzt.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 2. Juni 1989 wurde der Kläger zum technischen Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Ein neuer Anstellungsvertrag wurde nicht geschlossen. Zum 1. Januar 1996 übertrug die Beklagte, die seither als Holding fungiert, das operative Geschäft auf Tochtergesellschaften. Im Rahmen dieser Umstrukturierung übernahm der Kläger die Geschäftsführung der W. GmbH und der W. mbH; gleichzeitig schied er als Geschäftsführer der Holding aus. Im Dezember 1997 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Tochtergesellschaften abberufen und das Anstellungsverhältnis zum 30. Juni 1998 gekündigt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Mai 1998 forderte der Kläger wegen der von der Beklagten in Anspruch genommenen Erfindungen Zahlung von Erfindervergütung. Der Kläger hat im wesentlichen geltend gemacht, die zweite Erfindung sei spätestens im Mai 1989 fertig gewesen und daher wie die erste Erfindung eine Diensterfindung. Vor dem anwaltlichen Schreiben vom 20. Mai 1998 habe er seine Ansprüche bereits im September 1995 sowie im Oktober 1996 in zwei Geschäftsleitersitzungen und im August 1997 in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer K. geltend gemacht.

Die Beklagte hat die Ansprüche des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, die zweite Erfindung habe der Kläger zu einer Zeit gemacht, als er bereits Geschäftsführer der Beklagten gewesen sei, die Klageansprüche seien durch Sonderzahlungen an den Kläger abgegolten, überdies verjährt, zumindest aber verwirkt, da der Kläger seine Ansprüche erstmals 1998 erhoben habe.

Auf die Stufenklage hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil dem auf die beiden genannten Erfindungen gestützten Rechnungslegungs- und Auskunftsantrag entsprechend verurteilt. Hinsichtlich der auf eine weitere Erfindung des Klägers gestützten Klageanträge hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Versäumnisurteil zurückgewiesen und dieses mit Urteil vom 13. September 2001 aufrechterhalten. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage auch im übrigen. Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die beiden noch in Streit stehenden Erfindungen während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien fertiggestellt worden und deshalb Diensterfindungen seien, die die Beklagte unbeschränkt in Anspruch genommen habe, verwerte und deshalb die geforderten Auskünfte und die begehrte Rechnungslegung schulde, damit der Kläger seine Ansprüche auf Erfindervergütung berechnen könne. Daran hat sich nach Auffassung des Berufungsgerichts durch die spätere Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten nichts geändert. Die Vergütungsansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt. Das steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

II.

1. Das Berufungsgericht ist bei der Beurteilung des Einwands der Verwirkung von dem Grundsatz ausgegangen, ein Arbeitnehmer verwirke seinen Anspruch auf Erfindervergütung, wenn er mit der Geltendmachung seines Anspruchs so lange Zeit zuwarte, dass der Arbeitgeber bei verständiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls dem Verhalten des Arbeitnehmers entnehmen dürfe, dieser werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen, und sich in seinen Vermögensentscheidungen darauf eingerichtet habe und sich habe darauf einrichten dürfen, der Arbeitnehmer werde auch künftig von der Geltendmachung seines Anspruchs absehen. Es hat ferner ausgeführt, die Verwirkung von Ansprüchen auf Zahlung von Erfindervergütung und Schadensersatz wegen Patentverletzung sei in Fällen angenommen worden, in denen der Anspruchsteller erstmals nach Ablauf der Schutzrechte mit seinen Ansprüchen hervorgetreten sei. Eine solche Fallgestaltung liege nicht vor. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 23.6.1977 - X ZR 6/75, GRUR 1977, 784 - Blitzlichtgeräte; vgl. BGHZ 146, 217 - Temperaturwächter).

2. Die Revision meint zu Unrecht, das Berufungsgericht habe aus den genannten Senatsurteilen rechtsfehlerhaft den Grundsatz abgeleitet, dass Verwirkung nur dann eintreten könne, wenn die Laufzeit des Schutzrechts bei Geltendmachung der Ansprüche auf Erfindervergütung bereits abgelaufen sei. Das Berufungsgericht habe damit rechtsfehlerhaft nicht zwischen der Dauer der Vergütungspflicht und der Frage der Verwirkung des Anspruchs auf Zahlung von Erfindervergütung unterschieden. Einen solchen Grundsatz hat das Berufungsgericht weder aus den genannten Senatsurteilen abgeleitet noch sonst ausdrücklich oder sinngemäß aufgestellt. Es ist vielmehr zutreffend nur davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen die Anmeldeverfahren noch schweben oder in denen die auf die Anmeldung von Diensterfindungen erteilten Schutzrechte in Kraft stehen und vom Arbeitgeber benutzt werden, der Arbeitgeber regelmäßig nicht damit rechnen kann, der Arbeitnehmererfinder werde keine Vergütung von ihm verlangen. Auch das steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 23.6.1977 - X ZR 6/75, aaO).

III.

1. Das Berufungsgericht hat das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment auf der Grundlage des Sachvortrags der Beklagten verneint, der Kläger habe erstmals mit Schreiben vom 20. Mai 1998 ihr gegenüber Vergütungsansprüche wegen der streitbefangenen Erfindungen geltend gemacht. Darauf, dass die Erfindungen mit Kenntnis des Klägers bereits in den Jahren 1988 und 1989 von der Beklagten in Benutzung genommen worden seien und der Kläger schon damals vorläufige Vergütungsansprüche hätte geltend machen können, komme es nicht an. Denn im Streitfall gehe es nicht um vorläufige Vergütungsansprüche, sondern um die Vergütung des Diensterfinders dafür, dass er dem Arbeitgeber eine Alleinstellung verschafft habe. Mit dem angefochtenen Teilurteil des Landgerichts sei daher im Hinblick auf das Zeitmoment maßgeblich darauf abzustellen, dass der Arbeitgeber spätestens drei Monate nach Erteilung des Schutzrechts - falls zuvor wie im Streitfall keine Vereinbarung zustande gekommen sei - die Vergütung festzusetzen habe. Da die Patenterteilung auf die Diensterfindungen Mitte und Ende 1994 erfolgt sei, gehe es zum einen nur um ein rund vierjähriges Zuwarten des Klägers mit der Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche, das zum anderen angesichts der dreißigjährigen Verjährungsfrist für nicht konkretisierte Vergütungsansprüche eines Arbeitnehmererfinders sowie angesichts des Umstandes, dass die der Beklagten erteilten Schutzrechte noch in Kraft stehen, nicht als besonders lang anzusehen sei.

Das gelte auch bei Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Zeitmoment und dem Umstandsmoment; denn es lägen keine Umstände vor, das rund vierjährige Zuwarten des Klägers als derartig lang anzusehen, dass die Beklagte auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände hätte annehmen dürfen, der Kläger werde seine Vergütungsansprüche nicht mehr geltend machen. Entscheidend sei, dass die auf die Erfindungen erteilten Schutzrechte in Kraft stünden und von der Beklagten weiterhin benutzt würden. Für die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei bereits vor seiner Geschäftsführerbestellung als Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung für die Bearbeitung der Arbeitnehmererfindersachen einschließlich seiner eigenen zuständig gewesen, hat das Berufungsgericht keine Grundlage im Anstellungsvertrag des Klägers gefunden. Mit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer seien zwar weitergehende Verpflichtungen verbunden gewesen, auch wenn kein neuer Anstellungsvertrag geschlossen worden sei. Er sei jedoch auch als Geschäftsführer an § 181 BGB gebunden und nicht allein vertretungsberechtigt gewesen, so dass er seine eigenen Vergütungsansprüche nicht habe festsetzen können. Er habe diese allenfalls anmahnen können. Dass er dies unterlassen habe, stelle möglicherweise eine Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer dar; diese könne sich aber angesichts eines naheliegenden überwiegenden Mitverschuldens des Gesellschafter-Geschäftsführers K. allenfalls auf die Höhe des Vergütungsanspruchs auswirken, diesen aber nicht völlig ausschließen. Hinsichtlich der Mitwirkung des Klägers an den Jahresabschlüssen und seiner Stellung als Mitgesellschafter mit einer Beteiligung von einem Prozent gelte nichts anderes, zumal nach dem unwiderlegten Vortrag des Klägers der die Beklagte beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer K. Buchführung und Bilanzierung in eigener Verantwortung und unter weitgehendem Ausschluss der Mitgeschäftsführer habe durchführen lassen, die Beteiligung des Klägers auf Drängen des Gesellschafters K. erfolgt sei und der Kläger den Kaufpreis von 220.000 DM durch einen Kredit seitens des Mehrheitsgesellschafters und der Bank der Beklagten habe finanzieren müssen, so dass sich der Kläger in einer extrem abhängigen Position befunden habe.

Schließlich hat das Berufungsgericht ausgeführt, dem Vorbringen der Beklagten könne nicht entnommen werden, der Gesellschafter-Geschäftsführer K. habe keine Kenntnisse auf dem Gebiet des Arbeitnehmererfinderrechts und den sich daraus ergebenden Ansprüchen, so dass er sich insoweit allein auf den Kläger verlassen habe. Der Senat sei nach den Umständen davon überzeugt, dass der Geschäftsführer K. von den Erfindungen des Klägers, den hierauf erteilten Patenten und um deren fortlaufende Nutzung gewusst habe und dass ihm auch bekannt gewesen sei, dass die Nutzung unbeschränkt in Anspruch genommener Diensterfindungen Vergütungsansprüche begründen kann. Das Verhalten des Klägers habe daher keinen Vertrauenstatbestand begründet, den er sich entgegenhalten lassen müsse. Auch der Geschäftsführer K. habe es in der Hand gehabt, Klarheit zu schaffen. Den Rechtsgrund für die Sonderzahlung, die der Kläger erhalten hat, hat das Berufungsgericht in § 3 des Anstellungsvertrags vom 7. Dezember 1987 gesehen, demzufolge der Kläger zusätzlich zu seinem Gehalt einen Bonus in Form einer am Umsatz des Unternehmens orientierten Beteiligung zu beanspruchen hatte. Es hat ausgeführt, es sei nicht zu erkennen, dass die danach zu leistenden Sonderzahlungen in einem Zusammenhang mit den Erfindervergütungsansprüchen des Klägers stehen könnten.

2. Auch diese Ausführungen greift die Revision ohne Erfolg an. Ein Recht kann nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Umstände verwirkt werden. Ob ein Recht oder ein Anspruch im Einzelfall verwirkt ist, ist grundsätzlich durch den Tatrichter zu beurteilen, der den ihm unterbreiteten Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen hat. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, eine vertretbare tatrichterliche Würdigung durch eine eigene abweichende zu ersetzen, wenn in der Würdigung durch den Tatrichter kein Rechtsfehler hervortritt (Sen.Urt. v. 17.3.1994 - X ZR 16/93, GRUR 1994, 597 - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; BGHZ 146, 217 - Temperaturwächter m.w.N.). Einen durchgreifenden Rechtsfehler legt die Revision nicht dar.

a) Die Revision rügt im Ergebnis ohne Erfolg, das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft von einem lediglich etwa vierjährigen Zuwarten des Klägers ausgegangen, weil es bei der Beurteilung des Verwirkungseinwands und des für die Verwirkung von Vergütungsansprüchen für unbeschränkt in Anspruch genommene Diensterfindungen erforderlichen Zeitmoments den Zeitpunkt der Patenterteilung und die nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ArbEG bestehende Frist für die Konkretisierung des Vergütungsanspruchs von 3 Monaten berücksichtigt habe. Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung des für die Verwirkung eines Anspruchs erforderlichen Zeitmoments zutreffend der gesetzlichen Regelung über die Pflicht des Arbeitgebers, die Erfindervergütung gegebenenfalls einseitig festzusetzen, Rechnung getragen. Zwar weist die Revision im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass der noch nicht konkretisierte Anspruch auf Erfindervergütung im Fall der unbeschränkten Inanspruchnahme gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG bereits mit dem Zugang der Erklärung über die unbeschränkte Inanspruchnahme beim Arbeitnehmererfinder dem Grunde nach entsteht (BGH, Urt. v. 2.12.1960 - I ZR 23/59, GRUR 1961, 338 - Chlormethylierung; BGHZ 37, 281 - Cromegal; vgl. Busse, PatG 5. Aufl., § 9 ArbEG Rdn. 13), so dass der Arbeitnehmererfinder den Vergütungsanspruch grundsätzlich auch bereits mit dem Zugang der Erklärung über die unbeschränkte Inanspruchnahme der Diensterfindung geltend machen kann.

Daraus folgt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht notwendig, dass der Beginn des für eine Verwirkung des Anspruchs auf Erfindervergütung erforderlichen Zeitraums mit der Erklärung der unbeschränkten Inanspruchnahme oder mit der Aufnahme der Benutzung der Diensterfindung anzusetzen wäre. Denn die Annahme, der Arbeitnehmererfinder sei bei Meidung von Rechtsnachteilen gehalten oder gar verpflichtet, bereits zu diesem Zeitpunkt mit Ansprüchen auf Zahlung von Erfindervergütung gegenüber dem Arbeitgeber hervorzutreten, widerspricht Grundgedanken des Arbeitnehmererfindergesetzes. Die Frage, wann und in welcher Weise Art und Höhe der Vergütung verfahrensmäßig festzulegen sind, ist im einzelnen in § 12 ArbEG geregelt (BGH, Urt. v. 2.12.1960 - I ZR 23/59, aaO - Chlormethylierung; vgl. auch Busse, aaO, § 9 ArbEG Rdn. 15; Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindervergütung, 2. Aufl., Einl. Rdn. 42, 50 f.).

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 ArbEG liegt im Falle des Nichtvorliegens einer Vereinbarung über die Vergütung das Recht und die Pflicht, den Vergütungsanspruch zu berechnen, festzusetzen und die festgesetzte Vergütung auszuzahlen, beim Arbeitgeber (BGHZ 126, 109 - Copolyester I). Die Pflicht zur einseitigen Festsetzung trifft den Arbeitgeber allein infolge des fruchtlosen Ablaufs der angemessenen Frist, spätestens 3 Monate nach Erteilung des Schutzrechts, wobei unerheblich ist, aus welchem Grunde eine Vereinbarung über die Erfindervergütung unterblieben ist (BGH, Urt. v. 2.12.1960 - I ZR 23/59, aaO - Chlormethylierung). Dabei lassen die in § 12 ArbEG bestimmten Fristen, das Erfordernis der Schriftform für bestimmte Erklärungen und die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Festsetzung erkennen, dass § 12 ArbEG eine Schutzvorschrift an sich für alle Beteiligten, insbesondere aber für den Diensterfinder ist (BGHZ 61, 153 - Absperrventil). Da die gesetzliche Pflicht, im Falle des Ausbleibens einer Vereinbarung über die Erfindervergütung diese einseitig in angemessener Frist nach der unbeschränkten Inanspruchnahme, spätestens aber 3 Monate nach Erteilung eines auf die Erfindung angemeldeten Schutzrechts, festzusetzen, beim Arbeitgeber liegt, kann sich dieser angesichts der besonderen Pflichtenverteilung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen bis zur Erteilung des Schutzrechts regelmäßig nicht darauf berufen, der Arbeitnehmer habe mit der ersten Geltendmachung seines Anspruchs in einer Weise zugewartet, die bei ihm einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahin begründe, der Arbeitnehmererfinder werde seinen Anspruch auch in Zukunft nicht mehr geltend machen. Der Schutzwürdigkeit eines solchen Vertrauens, sofern es bei der Beklagten bestanden haben sollte, steht bereits entgegen, dass der Arbeitgeber von sich aus der Pflicht zur einseitigen Festsetzung der Vergütung in angemessener Frist, spätestens zu dem in § 12 Abs. 3 Satz 2 ArbEG vorgesehenen Endtermin, nachzukommen hat, wenn eine Vereinbarung über die zu zahlende Erfindervergütung nicht zustande gekommen ist. Solange nach dieser gesetzlichen Regelung mangels einer Vergütungsvereinbarung die Pflicht zur (einseitigen) Festsetzung der Erfindervergütung beim Arbeitgeber liegt, kann der Arbeitnehmer daher mit der Geltendmachung seines Erfindervergütungsanspruchs grundsätzlich zuwarten, bis auf die Diensterfindung das Patent erteilt ist und der Arbeitgeber unter Ausschöpfung der Endfrist des § 12 Abs. 3 Satz 2 ArbEG die Vergütung festsetzt. Ein Zuwarten des Arbeitnehmererfinders während dieser Zeit ist nach dem Grundgedanken des Gesetzes nicht geeignet, beim Verpflichteten des Anspruchs den Eindruck zu erwecken, er werde künftig von Ansprüchen verschont bleiben. Deshalb kann dieses Zuwarten auch nicht als dem Arbeitnehmererfinder zurechenbares und vertrauensbildendes Vorverhalten qualifiziert werden, das bei der Gegenseite einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründen könnte, angesichts dessen die Geltendmachung des Erfindervergütungsanspruchs erst nach Erteilung des Schutzrechts als widersprüchliches Verhalten erscheinen kann (vgl. dazu MünchKomm.BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 BGB Rdn. 464, 465; Soergel/Siebert/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 336, 338).

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pflicht des Arbeitgebers, den noch nicht konkretisierten vorläufigen oder endgültigen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders fristgemäß festzusetzen, ist daher allein in dem Umstand, dass der Arbeitnehmererfinder während des Laufs der Frist für die Festsetzung der Erfindervergütung mit seinen Ansprüchen dem Arbeitgeber gegenüber noch nicht hervortritt, kein Verhalten zu sehen, das auf Seiten des Arbeitgebers einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründet, angesichts dessen die erstmalige Geltendmachung von Erfindervergütungsansprüchen nach der bestandskräftigen Erteilung des auf die Diensterfindung angemeldeten Schutzrechts als widersprüchliches Verhalten erscheint. Es setzt demzufolge ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den für die Verwirkung erforderlichen Zeitablauf nicht in Gang. Nichts anderes gilt für die Rüge der Revision, die vom Berufungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen vorläufigem und endgültigem Vergütungsanspruch sei rechtsfehlerhaft, bereits die unterlassene Geltendmachung des vorläufigen Vergütungsanspruchs sei für den Verwirkungseinwand relevant. Denn die Pflicht zur einseitigen Festsetzung der Vergütung trifft den Arbeitgeber nach der unbeschränkten Inanspruchnahme mit Aufnahme der Benutzung der Diensterfindung innerhalb angemessener Frist (§ 12 Abs. 1 ArbEG; BGHZ 37, 281 - Cromegal), also sowohl bezüglich des vorläufigen Vergütungsanspruchs als auch bezüglich des mit der rechtsbeständigen Erteilung des Schutzrechts endgültigen Vergütungsanspruchs, sofern nicht eine Vereinbarung über die Erfindervergütung getroffen worden ist. Kommt der Arbeitgeber in diesem Fall weder der Pflicht zur Festsetzung des vorläufigen noch der Pflicht zur Festsetzung der endgültigen Vergütung für die Inanspruchnahme und Nutzung der Diensterfindung nach, so stellt das Zuwarten des Arbeitnehmererfinders mit der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs weder in dem einen noch in dem anderen Fall noch in der Kumulation der beiden Fälle für sich allein einen Umstand dar, aus dem sich die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Arbeitgebers darauf herleiten läßt, der Arbeitnehmererfinder werde auch in Zukunft mit seinen Vergütungsansprüchen nicht hervortreten.

b) Auch mit ihren übrigen Rügen zeigt die Revision einen Rechtsfehler des Berufungsurteils nicht auf. Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung des Verwirkungseinwands zutreffend berücksichtigt, dass zwischen dem Zeit- und dem Umstandsmoment des Verwirkungstatbestandes eine Wechselwirkung besteht und das Unterlassen der Geltendmachung eines Rechts als zur Verwirkung führendes Umstandsmoment gewertet werden kann, wenn für den Berechtigten Anlaß bestand, seine Rechte geltend zu machen. Zwar weist die Revision im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass aus der Parteistellung sowie persönlichen Beziehungen wie einer gemeinsamen Stellung als Gesellschafter ein Umstandsmoment erwachsen kann, das der unterbliebenen Geltendmachung des Rechts besonderes Gewicht verleiht (MünchKomm./Roth, aaO, § 242 BGB Rdn. 492). Kennt der Berechtigte seine Ansprüche und rechnet er damit, die Gegenseite werde aus dem Unterlassen der Rechtsverfolgung Schlüsse ziehen, so genügt es in aller Regel für die Zurechenbarbeit des vertrauensbildenden Vorverhaltens, wenn die fraglichen vertrauensbegründenden Umstände in die Risikosphäre des Berechtigten fallen, so dass für ihn Anlass bestand, seine Rechte geltend zu machen (Soergel/Siebert/Teichmann, aaO, § 242 BGB Rdn. 338; Erman/Werner, BGB, 10. Aufl., § 242 BGB Rdn. 84; MünchKomm.BGB/Roth, aaO, § 242 BGB Rdn. 500).

Bei der Gesamtbewertung der Umstände des Einzelfalls kommt es mithin darauf an, ob sich der Anspruchsgegner in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befand und dieser Rechtsirrtum vom Rechtsinhaber zu verantworten ist, oder ob dem Schuldner das Recht bekannt ist und er trotz der Kenntnis des Rechts aus der bloßen Nichtausübung den Schluß zieht, der Rechtsinhaber werde es wie bisher auch künftig nicht mehr ausüben. Im zweiten Fall sind an die Schützwürdigkeit des Vertrauens der Gegenpartei höhere Anforderungen zu stellen (Erman/Werner, aaO, § 242 BGB Rdn. 84). Deshalb ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass von einem Arbeitnehmererfinder, der als Leiter der Patentabteilung und als Berater in Patent- und Gebrauchsmustersachen beschäftigt wird und dem auch die Bearbeitung der Erfinderangelegenheiten übertragen ist, erwartet werden kann, dass er den Arbeitgeber auf seine Vergütungsansprüche aufmerksam macht, so dass sie bei der Fertigstellung der Preiskalkulation berücksichtigt werden können (Sen.Urt. v. 23.6.1977 - X ZR 6/75, aaO - Blitzlichtgeräte). Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht beanstandet - festgestellt, dass dem Mitgesellschafter und kaufmännischen Mitgeschäftsführer K. die Diensterfindung des Klägers, ihre Anmeldung zum Patent sowie ihre Nutzung im Betrieb und schließlich die Regelungen des Arbeitnehmererfinderrechts bekannt waren. Wie die Revision nicht in Zweifel zieht, war der Geschäftsführer K. für die kaufmännischen Angelegenheiten zuständig, während der Kläger technischer Geschäftsführer war. Waren dem kaufmännischen Geschäftsführer K. alle Umstände bekannt, die zu einem Vergütungsanspruch des Klägers führen mussten, dann musste er auch diesen selbst kennen, so dass er ihn seinen Preiskalkulationen zugrunde legen konnte. Dass - wie die Revision geltend macht - der kaufmännische Geschäftsführer K. unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen eine entsprechende Preiskalkulation unterlassen hat und Rückstellungen für die Erfindervergütungsansprüche des Klägers nicht gebildet wurden, entstammt damit dem von ihm zu verantwortenden Risikobereich. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht maßgeblich auf die Kenntnis dieser Umstände seitens des Geschäftsführers K. bei der abschließenden Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalls abgestellt hat.

Bei dieser Sachlage kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger nach den bestrittenen Behauptungen der Beklagten schon vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer für das gesamte Patent-, Gebrauchsmuster- und Erfindungswesen der Beklagten zuständig war und ob die Berechnung von Erfindervergütungen zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörte. Denn an der Kenntnis sämtlicher Umstände des Streitfalls seitens des Geschäftsführers K. hat sich nicht dadurch etwas geändert, dass der Kläger schon vor seiner Bestellung zum technischen Geschäftsführer der Beklagten als Arbeitnehmer denselben Aufgabenbereich zu bearbeiten hatte wie nach seiner Bestellung zum technischen Geschäftsführer. Auf die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Revision kommt es nicht an. Aus dem gleichen Grunde kann die Revision nicht mit der Rüge durchdringen, der Kläger habe die Erfindervergütung verwirkt, weil er fehlerhafte Jahresabschlüsse und Vollständigkeitsbescheinigungen als Mitgeschäftsführer und Mitgesellschafter der Beklagten unterzeichnet habe. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Unterlassen der Bildung von Rückstellungen für Vergütungsansprüche von Arbeitnehmererfindern überhaupt als Vertrauensinvestition im Sinne des Verwirkungstatbestandes in Betracht kommt. Kannte der kaufmännische Mitgeschäftsführer K. die Ansprüche des Klägers, so dass er sie bei seinen Preiskalkulationen berücksichtigen konnte, dann fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme, der Kläger habe erkennen können oder müssen, dass bei der Preiskalkulation seine - vorläufigen oder endgültigen - Vergütungsansprüche unberücksichtigt geblieben und die Jahresabschlüsse und Vollständigkeitserklärungen falsch oder unvollständig seien, so dass ihn eine entsprechende Hinweispflicht hätte treffen können. Selbst wenn man mit der Revision davon ausgehen wollte, der Kläger könne sich wegen der Verletzung einer Hinweispflicht und daraus resultierend wegen einer Verletzung seiner Verpflichtungen aus seiner Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung wegen der Unterzeichnung der Jahresabschlüsse und Vollständigkeitsbescheinigungen schadensersatzpflichtig gemacht haben, liegt darin, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, kein Umstand, der es rechtfertigt, die Vergütungsansprüche des Klägers schlechthin für verwirkt zu betrachten.

c) Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat und die Revision nicht beanstandet, reicht ein Zeitraum von rund 4 Jahren, in denen der Kläger mit seinen Ansprüchen nicht hervorgetreten ist, angesichts der auf den Streitfall anzuwendenden Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 195 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, Art. 229, § 6 EGBGB; Sen.Urt. v. 23.6.1977 - X ZR 6/75, aaO) zur Verwirkung seiner Ansprüche in keinem Fall aus (vgl. dazu MünchKomm.BGB/Roth, aaO, § 242 BGB Rdn. 470). Darauf, ob sich der Kläger infolge seiner kreditfinanzierten Beteiligung an der Beklagten in Abhängigkeit von dieser befunden haben könnte, wie das Berufungsgericht - von der Revision gerügt - angenommen hat, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

3.

Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass es sich bei den Sonderzahlungen, die der Kläger erhalten hat, um Zahlungen auf der Grundlage des § 3 des Anstellungsvertrages und mithin um die Zahlung vertraglich vereinbarter Gehaltsbestandteile gehandelt hat. Sie rügt allerdings, durch die Sonderzahlungen seien die herausgehobene Stellung und besondere Verantwortlichkeit des Klägers unterstrichen worden, so dass die Beklagte besondere Loyalität hätte erwarten dürfen; das habe die Verpflichtung eingeschlossen, etwaige Ansprüche auf Diensterfindung zeitnah geltend zu machen. Dies sei als Umstandsmoment im Rahmen des Verwirkungseinwands zu berücksichtigen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der gesetzliche Anspruch auf Erfindervergütung ist ein Anspruch eigener Art und besteht unabhängig vom Anspruch auf Arbeitsvergütung. Er kann deshalb nicht auf diese angerechnet werden (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, 3. Aufl., § 9 Rdn. 3, § 25 Rdn. 8). Dass die Beklagte dem Kläger den ihm zustehenden Arbeitslohn gezahlt hat, kann daher nicht als ein im Rahmen des Verwirkungstatbestandes zu berücksichtigender Umstand gewertet werden.

IV.

Die Revision zeigt mithin keine Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Wertung des ihm zum Einwand der Verwirkung unterbreiteten Sachverhalts auf. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

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