Rabattaktion von "MyTaxi" nicht wettbewerbswidrig
Von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Experte für Wettbewerbsrecht
Der Bundesgerichtshof hat (Urteil vom 29. März 2018, Az. I ZR 34/17) über die Zulässigkeit der Rabattaktion einer Taxi-Vermittlungs-App "My Taxi" entschieden. Diese sei unter dem Gersichtspunkt des Wettbewerbsrecht zulässig. Klägerin ist ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von Taxizentralen in Deutschland, welche die App "Taxi Deutschland" betreibt.
Die Beklagte bietet die "My Taxi"-App an und vermittelt darüber ebenfalls Taxi-Dienstleistungen. Für ihre registrierten Nutzer bot sie eine Bonusaktion an, bei der nur die Hälfte des regulären Fahrpreises zu entrichten war. Die andere Hälfte des Fahrpreises zahlte die Beklagte - abzüglich der Vermittlungsgebühr. Zusätzlich bewarb die Beklagte ihren Deinst mit Gutscheinen, die auf den Fahrpreis angerechnet werden konnten.
Die Klägerin hält die Bonusaktionen für wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Pflicht zur Einhaltung der behördlich festgesetzten Taxitarife verstießen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
So entschieden die Instanzen davor
Das Landgericht Frankfurt hat der Klage stattgegeben (wir haben darüber berichtet: Urteil vom 19. Januar 2016, Az. 3-06 O 72/15). Das Landgericht Frankfurt hält Rabatte, die von der App „MyTaxi“ angeboten werden, für wettbewerbswidrig. In dem Angebot sei ein Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz zu sehen, welches die Gewährung von Vergünstigungen nicht erlaube, so die Richter Durch die „MyTaxi“-App wird ein Preisnachlass auf den Fahrpreis geboten, der dem amtlich festgesetzten Taxitarif entspricht. Dies erfolge in der Regel in der Form einer Gutschrift oder eines Gutscheins.
Anders hatte erst zuvor das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden. Dort nahm an, dass der App-Anbieter nicht den Marktverhaltensregelungen des Personenbeförderungsgesetzes unterfällt, weil er gerade keine Personen befördert, sondern nur als Vermittler von Taxifahrten auftritt (19. November 2015, Az. 2 U 88/15 – wir haben an dieser Stelle darüber berichtet).
Die Berufung von "My Taxi" gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt beim Oberlandesgericht (OLG Frankfurt, Urteil vom 2. Februar 2017 - 6 U 29/16) hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat angenommen, die Beklagte hafte als Teilnehmerin für die Verstöße der an den Rabattaktionen beteiligten Taxiunternehmern gegen die Tarifpflicht des Personenbeförderungsgesetzes. Bei diesen Regelungen handele es sich um Marktverhaltensregelungen. Mit der Revision verfolgt "My Taxi" ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
So urteilte der Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof hat der Revision stattgegeben und die Klage abgewiesen.
Die Bonusaktionen der Beklagten verstoßen nicht gegen die tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer. Die Beklagte ist selbst kein Taxiunternehmer, für den die Festpreise gelten. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Vermittlung von Fahraufträgen, die von unabhängigen Taxiunternehmen selbständig durchgeführt werden. Diese Taxiunternehmen können uneingeschränkt die Dienste anderer Vermittler, wie etwa der Klägerin, in Anspruch nehmen.
Die Beklagte haftet auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin für Wettbewerbsverstöße der ihre Vermittlungsleistungen in Anspruch nehmenden Taxiunternehmer. Die Beteiligung der Taxiunternehmer an den Bonusaktionen der Beklagten ist mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes zur Tarifpflicht im Taxiverkehr sind zwar Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. Der Taxiunternehmer darf keinen Nachlass auf die tariflichen Festpreise gewähren. Wird der Festpreis vollständig an ihn gezahlt, liegt jedoch kein Verstoß gegen die Tarifpflicht vor. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Tarifpflicht kommt es also darauf an, ob das Vermögen des Taxiunternehmers nach Beförderung des Fahrgastes in Höhe des Festpreises vermehrt wird. Wie der Fahrgast das Entgelt finanziert, ist ohne Bedeutung. Bei den Aktionen der Beklagten erhalten die Taxiunternehmen den vollen tariflichen Festpreis. Soweit die Beklagte dabei eine Provision von 7% des Fahrpreises abzieht, handelt es sich um eine zulässige Vergütung ihrer Vermittlungsleistung.
Sinn und Zweck der Tarifpflicht des Taxiunternehmers gebieten kein anderes Ergebnis. Die Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs wird durch die beanstandeten Werbeaktionen der Beklagten nicht beeinträchtigt. Solange den Taxiunternehmen ausreichende Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, besteht kein Grund, den Wettbewerb im Bereich der Taxivermittlung im Interesse der Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs einzuschränken.
Auch eine unzulässige gezielte Behinderung der Klägerin durch die Beklagte liegt nicht vor. Die nicht kostendeckende Erbringung einer Dienstleistung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten, und zwar insbesondere dann, wenn sie zur Verdrängung von Mitbewerbern geeignet ist und in Verdrängungsabsicht erfolgt. Hier fehlt jedoch eine Eignung zur Verdrängung, weil die Aktionen der Beklagten sowohl räumlich auf mehrere deutsche Großstädte als auch zeitlich beschränkt waren.
(Mit Material der BGH-Pressemitteilung vom 29. März 2018)
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