Influencerin muss Beitrag für E-Books kennzeichnen
Eine Veröffentlichung einer Influencerin bei Instagram ist dann als „Werbung“ zu kennzeichnen, wenn dort kostenlos überlassene E-Books angepriesen werden und die Verlage durch TapTags verlinkt werden. Das entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 19. Mai 2022, Az. 6 U 56/21). Das OLG Frankfurt war der Ansicht, dass bei einem Account, bei welchem private und kommerzielle Darstellungen vermischt würden, für den Durchschnittsverbraucher ohne Werbekennzeichnung nicht erkennbar sei, ob es sich um Werbung handele oder nicht.
Der Fall
Geklagt hatte eine Verlegerin von Print- und Onlinezeitschriften gegen eine Influencerin. Die Verlegerin bietet Kunden auf ihrem Instagram-Account Werbeplatzierungen gegen Entgelt an. Die beklagte Influencerin betreibt ein Nutzerprofil bei Instagram mit mehr als 500.000 Followern. Dort stellt sie Produkte und Leistungen von Unternehmen gegen Bezahlung vor. Zudem veröffentlicht sie Beiträge, bei denen sie durch die Verwendung von TapTags auf andere Instagram-Accounts von Unternehmen verlinkt. Hierfür erhält sie, nach Feststellung des Gerichts, keine Bezahlung. Im Herbst 2019 veröffentlichte die Influencerin einen Beitrag, in welchem sie auf ein Bündel von E-Books mit einem Wert von rund 1.300 Euro verwies, welches sich mit veganer Ernährung befasste. Diese E-Books waren ihr kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Eine andere Gegenleistung erhielt die Influencerin nicht für die Veröffentlichung.
Das Landgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 31. März 2021, Az. 2/6 O 271/20) gab der Verlegerin in erster Instanz Recht und verurteilte die Influencerin, es zu unterlassen, kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne die Veröffentlichung als Wertung kenntlich zu machen. Die Berufung der Influencerin gegen das Urteil des Landgerichts hatte vor dem OLG Frankfurt/Main keinen Erfolg.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt
Das Oberlandesgericht entschied, dass der Unterlassungsanspruch der Verlegerin nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 5a Abs. 6 UWG) bestehe. Die Parteien seien Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG), denn beide ermöglichten es Dritten auf ihrem Instagram-Account entgeltlich zu Werben.
Der Betrieb des Instagram-Profils fördere zum einen das eigene Unternehmen der Influencerin, denn die Steigerung des Werbewerts komme ihrem eigenen Unternehmen unmittelbar zugute. Insbesondere scheinbar private Veröffentlichungen von Influencern seien für die Nutzer interessant, denn diese wirkten dadurch „glaubwürdiger, nahbarer und sympathischer“. Gleichzeitig fördere die Influencerin durch die Veröffentlichung auch die Unternehmen der E-Book-Anbieter. Nach Ansicht des OLG Frankfurt liege ein „geradezu prototypischer Fall des werblichen Überschusses“ vor, weil keinerlei Einordnung, inhaltliche Auseinandersetzung oder Bewertung der hervorgehobenen E-Books erfolge. Vielmehr würden die E-Books werbend angepriesen und ein außergewöhnlich hoher Rabatt beim Kauf betont.
Die Anpreisung der Produkte der Drittunternehmen – ohne ausreichende Werbekennzeichnung – sei unlauter, entschied der Senat. Eine Kennzeichnung sei vorliegend auch nicht entbehrlich, denn der kommerzielle Zweck ergebe sich nicht unmittelbar aus den Umständen. Selbst followerstarke Profile auf Instagram seien nicht stets (nur) kommerziell motiviert, begründete das Oberlandesgericht seine Entscheidung. Etwas anderes gelte jedoch für die Handlungen zugunsten ihres eigenen Unternehmens: Diesbezüglich sei der kommerzielle Zweck für die Durchschnittsverbraucher offenkundig.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Influencerin die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.
Fazit
Bei der Entscheidung des OLG Frankfurt handelt es sich um eine der ersten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen nachdem sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Thema im September 2021 und Januar 2022 befasst hat. Der Frankfurter Senat liegt dabei – soweit dies derzeit nachvollziehbar ist, denn der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor – auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BGH. Dieser unterschied auch zwischen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens sowie zugunsten der Unternehmen Dritter. Auch machte der BGH deutlich, dass eine Werbekennzeichnung dann erfolgen muss, wenn der Influencer eine Gegenleistung für die Veröffentlichung erhalten hat. Eine solche Gegenleistung bestehe nicht immer aus einer Bezahlung, sondern kann auch im Zurverfügungstellen von kostenlosen Produkten oder Dienstleistungen zu sehen sein.
(Mit Material aus: Pressemitteilung Nr. 42/2022 des OLG Frankfurt vom 19.05.2022)
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