Gericht: Filmen eines Polizeieinsatzes ist keine Straftat
Von Rechtsanwalt Christian Schwarz, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Während Polizeieinsätzen gehört es mittlerweile wohl schon zum gewohnten Bild: Herumstehende zücken ihr Mobiltelefon und filmen das Geschehen mit. Das Landgericht Osnabrück musste sich nunmehr in einem Beschwerdeverfahren damit befassen, ob es sich bei einer solchen Handyaufnahme um eine Straftat handelt und ob das Telefon von der Polizei beschlagnahmt werden darf (LG Osnabrück, Beschluss vom 24. September 2021, Az. 10 Qs 49/21).
Grundlage der gerichtlichen Entscheidung war folgender Sachverhalt: Im Juni 2021 kam es in der Innenstadt von Osnabrück zu einem Polizeieinsatz, bei welchem eine Person auf dem Boden fixiert werden musste. Während des Einsatzes wurden die Polizisten wiederholt durch umstehende Personen gestört. Als die Beamten gegen diese Personen Platzverweise aussprachen, wurden sie von einer Person mit dem Smartphone gefilmt. Die Polizisten forderten diesen dazu auf, die Aufnahmen zu unterlassen und beschlagnahmten im weiteren Verlauf sein Handy wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB).
Das Amtsgericht Osnabrück bestätigte die Maßnahme der Polizei, das Landgericht hingegen hob sie auf. Es liege kein Anfangsverdacht für eine strafbare Handlung der filmenden Person vor, so dass das Handy nicht hätte beschlagnahmt werden dürfen. In einer Pressemitteilung des Landgerichts Osnabrück vom 4. Oktober 2021 heißt es dazu:
„Die von den Polizeibeamten vorgenommenen Diensthandlungen seien im öffentlichen Verkehrsraum vorgenommen worden. Die insoweit gesprochenen Worte seien in faktischer Öffentlichkeit gesprochen, weil der Ort frei zugänglich gewesen sei. Die Strafvorschrift des § 201 StGB, die die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes unter Strafe stelle, erfasse solche Äußerungen nicht. Die Vorschrift schütze die Unbefangenheit der mündlichen Äußerung. Diese Unbefangenheit sei bei dienstlichem Handeln, das rechtlich gebunden sei und der rechtlichen Überprüfung unterliege, nicht tangiert. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass gem. § 201 a StGB das Anfertigen von Bildaufnahmen im öffentlichen Raum – von wenigen Ausnahmenfällen abgesehen – straffrei sei. Es sei kein Grund ersichtlich, warum das Aufnehmen von Tonaufnahmen im öffentlichen Raum strenger geahndet werden sollte als die Fertigung von Bildaufnahmen in demselben Umfeld.“
Nach Ansicht der Großen Strafkammer des Landgerichts lag demnach keine Straftat vor. Somit war auch die Beschlagnahme des Smartphones rechtswidrig.
Dennoch ist bei solchen Filmaufnahmen stets äußerste Vorsicht geboten: Bereits das bloße Aufnehmen kann schon einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) darstellen. Wer die Aufnahmen anschließend – zum Beispiel in sozialen Netzwerken – veröffentlicht oder anders verbreitet, muss womöglich mit zivilrechtlichen Konsequenzen der Betroffenen rechnen (§§ 22, 23 KUG). Auch kann die Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung wiederrum strafrechtlich zu bewerten sein (§ 33 KUG).
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