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Der presserechtliche Berichtungsanspruch

Der presserechtliche Berichtigungsanspruch - Zugleich der dritte Teil unserer Serie zum Presse- und Äußerungsrecht

Bereits zuvor hatten wir über die Voraussetzungen und die Reichweite des Gegendarstellungsanspruchs sowie den praktisch bedeutsamen Sonderfall der Bildberichterstattung  berichtet. Aufgrund der erfreulich positiven Resonanz möchten wir unsere kleine presserechtliche Serie hiermit gern um einen weiteren, praktisch sehr bedeutsamen Themenkomplex erweitern – dem Anspruch auf Abdruck eines Widerrufs oder einer Richtigstellung.

Das Prinzip der Waffengleichheit

In der Regel ist das Opfer unwahrer und zugleich persönlichkeitsrechtsverletzender Medienberichte primär vor allem daran interessiert, künftig von vergleichbarer negativer Berichterstattung über seine Person verschont zu bleiben. Denn die fragliche Tageszeitung, das Boulevardblättchen oder aber auch der Artikel in der Online-Zeitschrift wird zumeist im Zeitpunkt der Kenntnisnahme bereits veröffentlicht, der vermeintliche Skandal bereits in aller Munde und das Kind damit schon in den Brunnen gefallen sein. Aus diesem Grund wird in diesen Konstellationen (neben einem immer denkbaren Schadensersatz) sehr häufig der allgemeine zivilrechtliche Unterlassungsanspruch bemüht. Dieser verbietet dem Äußernden in die Zukunft gerichtet, die von ihm getätigte unwahre Äußerung zu wiederholen.


Es kann aber auch Konstellationen geben, in denen dies aus Sicht des Betroffenen nicht ausreicht. In den Fällen, in denen aufgrund der unwahren Berichterstattung eine erhebliche und fortbestehende Ansehensminderung eingetreten ist, wird die (lediglich „hinter den Kulissen“ wirkende) Unterlassung künftiger Räuberpistolen dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen häufig nicht gerecht. Ein anschauliches Beispiel für eine solche Rufbeeinträchtigung bildet etwa der jüngst vom Landgericht Berlin (zumindest juristisch) beendete Streit zwischen Entertainer und Schauspieler Johannes „Jopie“ Heesters und Journalist Volker Kühn (Urteil vom 16.12.2008; Az.: 27 O 799/08). Letzterer hatte zuvor an unterschiedlicher Stelle geäußert, Heesters habe 1941 im Rahmen seines Besuchs des KZ in Dachau die dortige Wachmannschaft des SS mit Gesangseinlagen bespaßt. Hier ist verständlich, dass der Betroffene zu Zwecken der Rehabilitation ein über die bloße Unterlassung hinaus gehendes Interesse daran hat, dass der Äußernde seine Aussage in der Öffentlichkeit berichtigt und die Rufbeeinträchtigung somit rückgängig gemacht wird. Der Äußernde soll also gezwungen werden, die Unwahrheit der Erstmitteilung einzuräumen (Widerruf) oder zu korrigieren (Richtigstellung).


Aus dem hinter dem Anspruch stehenden Rehabilitationsinteresse ergibt sich zugleich auch die Art und Weise der zu erfolgenden Berichtigung. Der Widerruf oder die Richtigstellung hat grundsätzlich an derselben Stelle und in vergleichbarer Erscheinungsform zu erfolgen, an der auch schon die Erstmeldung zu lesen war. Es ist also etwa nicht zulässig, eine Meldung die zuvor in rot-schwarzen Lettern der Schriftgröße 45 von der Titelseite strahlte, auf der letzten Seite im „Kleingedruckten“ zu widerrufen (so genanntes Prinzip der Waffengleichheit).

 

Hohe Wirkung, hohe Hürden

Für den Betroffenen stellt der Berichtigungsanspruch aus den vorgenannten Gründen demnach ein ungemein effektives Instrument des Persönlichkeitsschutzes dar. Auf der anderen Seite darf indes nicht vergessen werden, dass dies gleichzeitig auch immer einen immensen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit bedeutet. Denn der Verleger kann – soweit der Widerrufsanspruch greift – über die Positionierung der Beiträge innerhalb seiner Zeitung nicht mehr vollständig frei entscheiden. Abhängig von der Position der Erstäußerung kann dies natürlich insbesondere auch zu empfindlichen Umsatzeinbußen des Verlegers führen. Als Klassiker unter den presserechtlichen Streitigkeiten ist hier nach wie vor die Verpflichtung des Abdrucks einer Berichtigung auf der Titelseite (hierzu etwa: OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.02.2008, Az.: 14 U 199/07, www.aufrecht.de/5579.html) zu nennen.


Aus dieser besonderen Eingriffsintensität ergibt sich zugleich auch das Erfordernis, den Berichtigungsanspruch an besonders restriktive Voraussetzungen zu knüpfen. Neben der bereits erwähnten erheblichen und noch fortbestehenden Rufbeeinträchtigung ist insbesondere erforderlich, dass die Unwahrheit der fraglichen Tatsachenbehauptung erwiesenermaßen feststeht. Hier besteht der große und oftmals entscheidende Unterschied zum Unterlassungsanspruch. Während der Unterlassungskläger im Regelfall von einer aus § 186 des Strafgesetzbuchs hergeleiteten Beweislastumkehr profitiert, ist der Kläger im gerichtlichen Berichtigungsprozess voll beweisbelastet. Das bedeutet im Klartext, dass der Kläger nur dann Erfolg hat, wenn er tatsächlich auch endgültig und feststehend beweisen kann, dass die angegriffene Äußerung unwahr ist.


Und damit wären wir auch wieder beim „Heesters-Fall“ angekommen: Dass der Entertainer und Schauspieler 1941 in Wahrheit nicht für die Nazis aufgetreten ist, konnte dieser im Prozess nicht mit Erfolg beweisen. Der zuständige Richter merkte vielmehr an, dass es Indizien gäbe, die eher für einen solchen Auftritt sprächen. Da aus Sicht des Gerichts auch keine unzulässige Schmähkritik vorlag, wurde die Klage abgewiesen.

 

Frage des Einzelfalls

Wie Sie sehen, kann die Frage, ob und wie gegen rechtswidrige Pressemitteilungen vorzugehen ist, keinesfalls pauschal beantwortet werden. Vielmehr ist stets anhand des konkreten Einzelfalls zu untersuchen, welcher Rechtsbehelf dem Interesse des Betroffenen am ehesten gerecht wird und auch prozessual durchsetzbar ist. Hierbei stehen insbesondere nicht immer allein juristische Fragen im Vordergrund. Häufig – und gerade in Fällen besonders schwerwiegender Rufbeeinträchtigungen – hat der Kläger an einer erneuten Belastung durch die mit der Richtigstellung einhergehende Wiederholung der Erstmitteilung gerade kein Interesse.


Bei Beratungsbedarf oder Rückfragen zum Thema stehen wir Ihnen gern jederzeit mit Rat und Tat zur Verfügung.