Durchbruch bei den Domainpfändungen - LG Frankfurt: Denic haftet bei Verlust der Domain
von Rechtsanwalt Dr. Volker Herrmann
Seit vielen Jahren berichten wir über die Möglichkeit, die Domain eines säumigen Schuldners zu pfänden und beispielsweise versteigern zu lassen (vgl. z.B. diesen Beitrag). Von den Gerichten ist seit Jahren anerkannt, dass Domains als Wirtschaftsgut pfändbar sind und haben entsprechende Pfändungsbeschlüsse erlassen. Selbst der Bundesgerichtshof hatte sich schon einmal mit der Pfändbarkeit von Domains zu befassen und die Zwangsvollstreckung in Domains für zulässig erachtet (das Urteil des BGH finden Sie hier).
In der Praxis wird der Pfändungsbeschluss dabei sowohl dem Schuldner als auch der Denic in Frankfurt als Drittschuldnerin zugestellt. Dabei verhält es sich nicht anders als in sonstigen Fällen von Forderungspfändungen. So wird beispielsweise bei einer Lohnpfändung der Pfändungsbeschluss natürlich auch dem Arbeitgeber zugestellt. Genau hier aber ergaben sich in der Praxis häufig Probleme. In der Regel teilte Denic nur kurz mit, dass man sich nicht als Drittschuldner ansieht und verweigerte jegliche Mitwirkung im Pfändungsverfahren. So wurden insbesondere eine technische Sicherung der Domain oder Dispute-Anträge für die Dauer des Pfändungsverfahrens abgelehnt.
Dies führte in der Vergangenheit häufig dazu, dass sich die Domain schlichtweg in Luft auflöste, z.B. durch eine Löschung seitens des Domaininhabers oder durch die Denic selbst. Nach Löschung gerieten solche Domain fast immer in fremde Hände, so dass diese dem weiteren Pfändungszugriff entzogen waren.
Grundsätzlich kommt es bei Pfändungsverfahren durchaus vor, dass der Pfändungsgegenstand wegfällt und die Pfändung daher ins Leere geht.
Wer aber trägt dann den Schaden? Wenn ein Drittschuldner seine Pflichten vernachlässigt, muss er für den einhergehenden Schaden gerade stehen. Zahlt beispielsweise der Arbeitgeber trotzt erfolgter Lohnpfändung den Lohn trotzdem an den Arbeitnehmer aus, hat er Pech gehabt und muss dieselbe Summe nochmals an den Pfändungsgläubiger bezahlen. Bei Domainpfändungen entsteht dem Gläubiger ein Schaden in Höhe des Wertes der Domain, wenn die Domain mangels Mitwirkung der Denic am Pfändungsverfahren verloren geht. Zudem hat der Gläubiger seine Vollstreckungs- und Anwaltskosten umsonst aufgebracht, was ebenfalls einen zählbaren Schaden darstellt.
Hier hat das Landgericht Frankfurt nun Klarheit geschaffen (Urteil vom 8.5.2011, Az.: 2-01 S 309/10):
In dem dort entschiedenen Fall hatte der Kläger eine Domainpfändung erwirkt. Die Denic hatte die Abgabe einer Drittschuldnererklärung verweigert und auch keine Maßnahmen zur Sicherung der Domain ergriffen. Stattdessen hatte die Denis die Domain gelöscht und ein fremder Dritter diese auf sich registriert. Der Kläger nahm nun mit Erfolg die Denic auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
Die Frankfurter Richter stellen zunächst unzweideutig fest, dass die Denic als Drittschuldnerin anzusehen ist. Als solche hätte Denic die in dem Pfändungsbeschluss getroffene Anordnungen beachten und keine Übertragungen der Domain zulassen dürfen. Die Denic wurde daher zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Diesen berechnete das Gericht aus den Kosten für die vereitelte Vollstreckung und die vergeblichen Vollstreckungsversuche sowie aus dem Schätzwert der Domain.
Das Urteil hat weitreichende Folgen: Die Denic wird zukünftig zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen ihren Drittschuldnerpflichten Folge leisten müssen. Sie wird insbesondere, wie jeder andere Drittschuldner, die in den Pfändungsbeschlüssen getroffenen gerichtlichen Anordnungen befolgen müssen. Gläubiger werden also zukünftig leichter die Domains ihrer Schuldner pfänden können.
Was passiert mit gescheiterten Pfändungen aus der Vergangenheit? Falls noch keine Verjährung eingetreten ist, sollten Schadensersatzansprüche geprüft werden.
Weitere Informationen:
Das Urteil des LG Frankfurt zur Domainpfändung und Haftung der Denic finden Sie hier.
Urteil des BGH zur Domainpfändung
Der Verfasser dieses Beitrags hat zur Pfändbarkeit von Domains promoviert (Volker Herrmann, Die Zwangsvollstreckung in die Domain, erschienen im Shaker-Verlag 2004)