Aktuelles zum Thema Datenschutz - Kontenabfrage und der "Schäuble-Katalog"
- Rechtsanwalt Terhaag zum Tagesthema live bei Volle
Kanne im ZDF
mit Rechtsanwalt Michael
Terhaag, LL.M. (Informationsrecht)
Unter dem Begriff Datenschutz können sich viele
gar nicht so richtig etwas Konkretes vorstellen. Wenn dann aber von "Big Brother is watching
you" und dem "gläsernen Bürger" die Rede ist, werden große Ängste geweckt und
schon geht das Gespenst von der "Stasi 2.0" um.
Diese Woche war der Datenschutz
und die Rechte des Einzelnen gleich aus zwei Gründen Thema. Zum einen entschied am
Donnerstag das Bundesverfassungsgericht zur automatisierten Kontenabfrage
durch u.a. Sozial-, Arbeits- und Finanzämter, zum anderen machte das
Nachrichtenmagazin "der Spiegel" das Verhältnis zwischen Rechtsstaat und Terrorismusbekämpfung zum
Titelthema.
Beides nahm das Verbrauchermagazin "Volle Kanne" im Zweiten Deutschen Fernsehen zum Anlass die aktuelle Entwicklung noch einmal unter die Lupe zu nehmen.
Naturgemäß ist ein Themenbereich bei dem es um Steuerhinterziehung, Sozialbetrug aber auch Gefahrenabwehr und Terrorbekämpfung auf der einen und die Grundrechte des Einzelnen, die informationelle Selbstbestimmung, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Recht auf Privatsphäre usw. auf der anderen Seite geht, vergleichsweise schwer in einen so kurzen Betrag abzuhandeln. Hier wie da sind wichtige Gemeinschaftsgüter gegen die Interessen des einzelnen Betroffenen gegeneinander abzuwägen.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat jetzt in seinem aktuellen Urteil die Abfrage der so genannten Kontostammdaten erlaubt, d.h. zunächst werden alle Bankverbindungen automatisiert erfasst, worauf dann Name, Adresse, Geburtsdatum des Inhabers, Kontonummern und Verfügungsberechtigte in Erfahrung gebracht werden können. Zudem ist hierbei festzustellen wann ein Konto eröffnet und wann es geschlossen wurde.
Kontostände und Kontobewegungen dürfen durch das in diesem
Verfahren beurteilte "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" allerdings
nicht erfragt werden. Das Bundesverfassungsgericht machte zudem klar, dass
keine Abfragen "ins Blaue hinein" oder routinemäßige Ermittlungen zulässig sind.
Eine Kontoabfrage kann also grundsätzlich immer nur anlassbezogen und
zielgerichtet erfolgen und muss sich auf eine eindeutig bestimmte Person
beziehen. Zudem muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.
Grundsätzlich also ein ein konkreter Verdacht bestehen, dass Sozialleistungen
erschlichen oder Steuern hinterzogen werden.
In der aktuellen Form ist nur die Überprüfung der Konten-Stammdaten mutmaßlicher
Steuersünder rechtens. Bei vermutetem Sozialleistungsbetrug muss der Gesetzgeber
noch die Bedingungen dafür präzisieren.
Die Praxis wird zeigen, was alles unter einen solchen konkreten Verdacht fallen wird. Reicht ein altes vergessenes Sparbuch (oder zwei) in einer Schublade im Keller schon aus, obwohl sich hierauf nur noch Pfennig- bzw. Centbeträge befinden?
Grundsätzlich ist der Betroffene vorab über eine Kontoabfrage zu informieren. Gefährdet eine vorherige Mitteilung aber den Ermittlungszweck, kann die Behörde auch ohne Vorwarnung und Wissen des Betroffenen eine Kontenabfrage durchführen. Hierzu ersparen wir uns einen Kommentar! Der Kontoinhaber ist dann aber im Nachhinein zu unterrichten... Wir sind gespannt.
Mindestens so interessant wie das Urteil des Bundesverfassungsgericht fanden wir das Interview mit dem aktuellen Innenminister Herrn Wolfgang Schäuble im aktuellen "Spiegel".
Hier nur ein paar Stichworte aus seiner Wunschkiste:
Passgesetz: Zentrale Datenbank mit allen Passbilddateien.
Online-Durchsuchung: Der Staat darf mit Hilfe von Trojanern "heimlich" die Rechner von Verdächtigen filzen.
Rasterfahndung: Vernetzung verschiedener Datenbanken, eventuell auch Fingerabdruckdatei
Luftsicherungsgesetz: Flugzeugentführung = Verteidigungsfall, was Abschuss von Zivilflugzeugen im Notfall ermöglichen könnte
Mautdaten: Nutzung der Mautkameras zur Erstellung von Fahrrouten und Lokalisierung von Verdächtigen
Terror hin - Terror her, starker Tobak, Herr Minister!
Für diese Vorstellungen wird gleich an mehreren Stellen das Grundgesetz geändert werden müssen. Aus unserer Sicht insgesamt ein zu hoher Preis für eine angebliche höhere Sicherheit. Überhaupt ist jede Art von Vorratsdatenspeicherung datenschutzrechtlich ausgesprochen bedenklich. Informationen von unbescholtenen Bürgern, die sich nie etwas haben zu schulden lassen, müssen hierbei miterfasst, gespeichert und verarbeitet werden, um ein Ermittlungsergebnis erzielen zu können.
"Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts". Das wird der
Verfasser nicht müde, immer wieder zu erwähnen. Aber nicht nur der Staat ist
"scharf" auf Ihre persönlichen Informationen. Auch die Privatwirtschaft hat die
wirtschaftliche Bedeutung längst erkannt. Hier kann man auf beiden Seiten vieles
richtig, aber auch vieles falsch machen.
Das Thema ist sicher noch lange nicht ausdiskutiert. Schreiben Sie uns ruhig hierzu Ihre Meinung. Selbstverständlich könne Sie auch gern unser anwaltliche Beratung zum Thema Datenschutz zurückzugreifen. Email oder Anruf genügt...
In den Videofenstern finden Sie -wie gewohnt- noch Ausschnitte von dem Auftritt.