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TLD ".ag" nur für gleichnamige Aktiengesellschaften zulässig - Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16. Juni 2004, AZ: 5 U 162/03 -

Leitsätzliches

Die TLD ".ag" darf nur noch von gleichnamigen Aktiengesellschaften gebraucht werden. ".ag" ist dazu geeignet im Rechtsverkehr den Eindruck zu erwecken es handele sich um eine Aktiengesellschaft.

 

 

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

 

Im Namen des Volkes

 

Urteil

Aktenzeichen 5 U 162/03

Entscheidung vom 16. Juni 2004

 

In dem Rechtsstreit

...

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter ..., ..., Dr. ... nach der am 02.06.04 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

 


Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 02.09.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungstenor zu I.1. am Ende klarstellend wie folgt ergänzt wird:

„... ermöglicht, so lange es sich bei dem Anbieter nicht um eine „Tipp Aktiengesellschaft handelt.“

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 110.000 abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Gründe:


Die Klägerin ist ein Internet-Annahmeservice für die Teilnahme an Gewinnspielen der staatlichen Veranstalter LOTTO. Oddset und NKL (Anlagen K1 und K2; B1). Die Beklagte organisiert – ebenfalls online – unter der Bezeichnung „Tipp-Abgabegemeinschaft“ gewerblich Lottospielgemeinschaften, über die sie ihren Mitspielern u.a. die Gelegenheit bietet, am Mittwochs- und Samstags-Lotto teilzunehmen (Anlage K3 bis K8; B3). In diesem Bereich stehen die Parteien zueinander im Wettbewerb (Anlage K20 und B5).
Im Internet tritt die Beklagte unter der Domain-Adresse www.tipp.ag auf. Die Kennzeichung „tipp.AG“ verwendet sie u.a. auch – herausgestellt – auf ihrer Homapage (Anlagen K3 bis K5) sowie in sog. Pop-Up-Werbefenstern (Anlahe K7).

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin unter Hinwies darauf, dass die Verwendung des auf die Rechtsform einer Aktiengesellschaft hinweisenden Kürzels „ag“ durch eine GmbH irreführend sei, als wettbewerbswidrig.
Die Klägerin hatte mit dieser Begründung bereits in dem Rechtsstreit 312 O 128/03 eine einstweilige Unterlassungsverfügung vom 03.03.03 erlangt, die auf den Widerspruch der Beklagten mit Urteil 06.05.03 bestätigt worden ist. Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin ihre Ansprüche zur Hauptsache geltend.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

 

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu €250.000-, ersatzweise oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Zeichen „tipp.AG“ oder „tipp.ag“ als geschäftliche Bezeichnung oder sonstige Kennzeichnung zu verwenden, insbesondere unter dieser Bezeichnung einen Teledienst zu betreiben, der Interessieren Kunden die Teilnahme an Lottospielgemeinschaften zu ermöglichen.

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen,
a. auf welche Weise und wann und mit welcher Dauer sie die Zeichen „tipp.AG“ oder „tipp.ag“ seit dem 05.08.02 als geschäftliche Bezeichnung oder als sonstiges Kennzeichen genutzt hat bzw. inwieweit sie für dieses Zeichen geworben hat,

b. wie viele Nutzer sich seit dem 05.08.02 über den unter der Internet-Adresse www.tipp.ag abrufbaren Online-Dienst bei ihr als Kunden registrieren ließen,


c. in welcher Höhe sie durch die Inanspruchnahme von Leistungen durch diese Kunden einen Umsatz erzielt hat;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die Ihr seit dem 05.08.02 durch die in Ziff. 1 beschriebenen Handlungen entstanden sind und/oder noch entstehen werden.

Die Beklagte hat beantragt,

 


die Klage abzuweisen.


Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 02.09.03 antragsgemäß verurteilt Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagten verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages weiter. Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge mit der aus dem Tenor des Senatsurteils ersichtlichen Einschränkung.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung sowie zur Auskunftserteilung verurteilt und die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Gegenstand des Unterlassungsantrages ist die Verwendung der Zeichen „tipp.AG“ bzw. „tipp.ag“ als geschäftliche Bezeichnung in jeder Verwendungsform und für jede Ware oder Dienstleistung. Der Verbotsantrag beschränkt sich damit weder auf die Verwendung in der Internet-Domain www.tipp.ag noch ist er auf die Erbringung von Telediensten oder die Veranstaltung von Lottospielgemeinschaften beschränkt. Vielmehr will die Klägerin der Beklagten die Verwendung dieser Bezeichnung in jedem denkbaren Zusammenhang untersagt wissen, wenn und so lange sie nicht unter einer Aktiengesellschaft mit der Bezeichnung tipp.ag auftritt. (Nur) für den Fall, dass die Beklagte — wie von ihr angekündigt — eine Aktiengesellschaft unter unter der konkreten Bezeichnung „tipp.ag“ gründet und mit ihr am Verkehr teilnimmt, eröffnet sich eine abweichende Situation. Die Gründung einer Aktiengesellschaft unter einer abweichenden Bezeichnung ist nicht geeignet, den Verbotsbereich zu verlassen. Auch wenn die Beklagte gegenwärtig nicht mehr unter der Bezeichnung „tippAG“ (in Großschreibung) auftritt, ist diese von der Beklagten in der Vergangenheit genutzte Verwendungsform weiterhin Gegenstand des vorliegenden Verbotsantrags. Die Beklagte hat von der Verwendung lediglich formlos Abstand genommen, ohne eine Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auszuräumen. Die Beklagte hatte durch ihr Verhalten in der Vergangenheit bereits Wiederholungsgefahr für gleichartige Verstöße in der Zukunft gesetzt. Diese Wiederholungsgefahr konnte sie nicht lediglich durch die Veränderung ihrer tatsächlichen Handhabung ausräumen, denn sie ist durch nichts gehindert, wieder zu ihrer früheren Verhaltensweise zurück zu kehren. Dieser höchstrichterliche Rechtsprechung ist erst kürzlich vom Bundesgerichtshof erneut bestätigt worden (BGH GRUR 04, 16, 164 — Mindestverzinsung). Erforderlich war vielmehr eine angemessen strafbewehrte Unterlassungserklärung.

2. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit im wesentlichen zutreffender Begründung zur Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung gern. § 3 UWG verurteilt. Durch die Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung „tipp.ag“ bzw. „tipp.AG“ für ihre Produkte täuscht die Beklagte die von ihr angesprochenen Interessenten über ihre Unternehmensform und veranlasst dadurch nicht unerhebliche Teile des Verkehrs, sich irrtumsbedingt mit ihrem Angebot in wettbewerblich relevanter Weise näher zu befassen.

a. In der konkreten Form, in der die Beklagte ihre besondere geschäftliche Bezeichnung „tipp.AG“ bzw. „tipp.ag“ verwendet, verstehen die angesprochener Verkehrskreise das Kürzel „AG“ als Abkürzung von „Aktiengesellschaft“ - und sollen es nach der mit der Werbung der Beklagten verfolgten Zielrichtung auch so verstehen.

aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Kürzel AG eine Vielzahl von Bedeutungen haben kann. Das jeweilige Verständnis prägt sich deshalb — dies hebt wiederum die Klägerin zutreffend hervor — nach dem konkreten Verwendungszusammenhang. Tritt dem Verkehr in einem juristischen Kontext der Begriff „AG Hamburg-Blankensee“ entgegen, hat er eine Veranlassung, hierbei an eine Arbeitsgemeinschaft, eine Aktiengesellschaft oder gar an die Abkürzung für Silber zu denken. Er wird nahe liegend die Abkürzung für „Amtsgericht“ vermuten.

bb. Dementsprechend leitet der Verwendungszusammenhang der vorgelegten Internetausdrucke auf der Internet-homepage (Anlage K3 bis K5) den Verkehr zu der Annahme einer Kurzform von Aktiengesellschaft. Denn die sonstigen üblichen Abkürzungsbedeutungen von AG sind so fern liegend, dass sie erkennbar nicht in Frage kommen. Dies gilt auch für den dem Verkehr unbekannten von der Beklagten verwendeten Kunstbegriff „AbgabeGemeinschaft“. Dieser ist zwar auf der Homepage genannt, der Verkehr hat angesichts der konkreten Gestaltung der dortigen Angaben selbst aber keine Veranlassung, diesen Begriff mit der besonderen Geschäftsbezeichnung „tipp.ag“ in Verbindung zu bringen. Die Assoziation, das Kürzel stehe für Aktiengesellschaft liegt für den Verkehr umso näher, weil derartige Personengesellschaften gem. § 4 AktG die Pflicht zur Angabe ihrer Rechtsform trifft. Und die im Verkehr allgemein bekannte Abkürzung hierfür ist— auch wenn die Beklagte dies wider besseren Wissens in Abrede stellt – AG. Diese rechtliche Verpflichtung prägt das Verkehrsverständnis, wenn den angesprochenen Verkehrskreisen die Abkürzung „AG“ im Zusammenhang mit einer besonderen geschäftlichen Bezeichnung begegnet.

cc. Dies gilt zumindest dann, wenn diese Bezeichnung auch wie eine Unternehmensbezeichnung verwendet wird. So verhält es sich mit der Bezeichnung „tipp.ag“ in der Verwendung durch die Beklagte. In ihrem Pop-Up-Werbefenster (z.B. Anlage K7) nutzt die Beklagte den Begriff „tippAG“ nämlich losgelöst sowohl von ihrer Unternehmensbezeichnung als auch von dem  Kunstbegriff „AbgabeGemeinschaft“. Sie bietet dem Verkehr zudem dort keine weitere Möglichkeit zur Benennung des dahinter stehenden Unternehmens an. Insbesondere diese eigene Verwendung durch die Beklagte prägt die Wahrnehmung der Verkehrskreise, die keine Veranlassung haben, hinter dem Kürzel „AG“ oder „ag“ etwas anderes zu vermuten als den Hinweis auf die Gesellschaftsform.

dd. Auch der Umstand, dass ihm die Bezeichnung — für einen Gesellschaftszusatz untypisch - in Kleinschreibung entgegentritt, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn die Verkehrskreise sind aus der Vergangenheit daran gewöhnt, dass in bestimmten Verwendungszusammenhängen der elektronischen Datenverarbeitung system- bzw. programmbedingt nicht zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden worden ist, sondern Schriftzeichen einheitlich dargestellt worden sind. Dementsprechend bietet die Kleinschreibung dem Verkehr keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Diese Feststellung vermag der Senat aus eigener Sachkunde zu treffen. Seine Mitglieder gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen der Internet-Nutzer.
b. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Begriff „tipp“ auch nicht um eine Gattungsbezeichnung, die als Unternehmungsbezeichnung ungeeignet wäre und schon deshalb nicht auf einen Rechtsformzusatz hinweisen könnte. Das Wort „tipp“ steht – anders als „Auto“ oder „Rechtsanwalt“ - nicht für eine ganz bestimmte Ware oder Dienstleistung und ist deshalb grundsätzlich als Geschäftsbezeichnung geeignet. Im Übrigen ist die rechtliche Abgrenzung zwischen kennzeichnungskräftigen Begriffen und Gattungsbezeichnungen sowie zwischen markenmäßiger und beschreibender Verwendung von Begriffen derart komplex und selbst in juristischen Fachkreisen hochstreitig, dass die allgemeinen Verkehrskreise mangels weitergehender Erkenntnismöglichkeiten erst recht zu keiner eindeutigen Beurteilung gelangen können. Sie nehmen den Begriff deshalb so auf, wie er ihnen in der konkreten Verwendungssituation entgegen tritt, ohne ihn einer analytischen Betrachtung zu unterziehen. Die konkrete Verwendungsweise durch die Beklagte legt ohne weiteres eine Geschäftsbezeichnung nahe, die deshalb im Rahmen von § 3 UWG selbst dann zu einer irrtumsbedingten Fehlvorstellung führen kann, wenn die marken- bzw. firmenrechtliche Schutzfähigkeit bzw. Zulässigkeit des Begriffs Bedenken ausgesetzt wäre.

c. Hiergegen steht auch nicht die Tatsache, dass es sich bei „ag“ um eine ccTLD (country code top level domain) handelt, die von dem Begriff „tipp“ durch einen Punkt abgetrennt ist und für ein bestimmtes Land steht.

aa. Zwar wissen die Verkehrkreise, dass bei einem Domain-Namen nach dem Punkt in der Regel die Top Level Domain steht und diese eine Gattungsangabe darstellt. Hierauf beschränkt sich die Bedeutung der Domain-Erweiterung hingegen nicht. Vielmehr ist den angesprochenen Verkehrskreisen gleichermaßen die Neigung von Unternehmen bzw. Namensinhabern bekannt, ihre Geschäftsbezeichnung in die Top Level Domain auszudehnen und die drei Zeichen rechts von dem Punkt als Namensbestandteil zu nutzen. Auch dies vermögen die Mitglieder des Senats, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde zu beurteilen. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele, in denen auch zusammenhängende Begriffe durch den Trennpunkt aufgeteilt und in den eigentlichen Domainnamen sowie die Erweiterung aufgespaltet worden sind (siehe hierzu: Ubber WRP 97, 497). Nicht nur die geschäftliche Bezeichnung und Marke „xtraner“ ist als lnternet-Domain in der Form www.xtra.net.de verwendet worden, wie einem Mitglied des Senats aus anderem Zusammenhang bekannt ist (3 U 243/98 = 313 O 278/98). Zwei weitere Beispiele hierfür hat die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungsbegründung selbst vortragen, nämlich die Domain www.bullvpara.de sowie die Domain www.ich.ag. Insbesondere das letztgenannte Beispiel zeigt anschaulich, dass der Verkehr auch daran gewöhnt ist. Gesellschaftszusätze in der Dpmain-Erweiterung zu finden. Denn - entgegen der Ansicht der Beklagten steht das Kürzel „AG“ ohne weiteres für den Begriff Aktiengesellschaft. Auch das arbeitsmarktpolitische Modell einer sog. „Ich-AG“ soll dem Interessenten suggerieren, er begründe im Rahmen seiner Selbständigkeit eine eigene Gesellschaft, die letztlich nur aus ihm allein besteht Hierzu findet sich etwa im Internet unter der Domain-Adresse www.herbalife-berlin.com folgende Erläuterung für Interessenten „Natürlich gründen Sie mit der lch-AG nicht wirklich eine Aktiengesellschaft und wagen sich aufs Börsenparkett. Doch die unwortmäßige Wortschöpfung ist nicht der einzige Punkt, der in diesem neuen Existenzgründer-Modell für viele noch unklar ist.

bb. Die Klägerin hat dargelegt, dass auch eine Reihe deutscher Großunternehmen die Domain-Endung „.ag“ als Erweiterung ihres Firmennamens zur Einbeziehung des Gesellschaftszusatzes nutzen. Hiermit sollen erkennbar diejenigen Nutzer „aufgefangen“ werden, die der irrigen Annahme sind, zum Aufrufen der Homepage des Unternehmens reiche die eigentliche Firma nicht aus, es müsse vielmehr zusätzlich der Unternehmenszusatz eingegeben werden, der sich hinter dem Punkt befinde. Schon der Umstand, dass eine nicht unerhebliche Zahl namhafter Großunternehmen aus den Bereichen Industrie und Dienstleistung – vorsorglich – so verfahren, um diese Interessenten wieder in die „richtigen“ Bahnen auf ihre eigentliche homepage leiten zu können, zeigt, dass die Gruppe derjenigen Nutzer, die dieser Fehlvorstellung, nicht klein sein kann. Ein solches Verständnis wird im Übrigen durch die Vergabeorganisation der der Domain „ag“ geradezu herausgefordert. Dies belegt die von dar Klägerin eingereichte Anlage K12. Die Beklagte missversteht in diesem Zusammenhang den Vortrag der Klägerin zu den Kennzeichnungsgewohnheiten großer Unternehmen unter Verwendung der Endung „.ag“. Es ist unbestritten und wird auch von der Klägerin nicht behauptet, dass die weit überwiegende Zahl der Domainnamen von Firmen ohne die Endung „.ag“ gebildet werden. Die von der Klägerin angeführten Beispiele dienen nur zur Verdeutlichung, dass sich die namenhaften Großunternehmen durchaus der Gefahr bewusst sind, die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise könnten sie unter einer unzutreffenden Domain-Bezeichnung im Internet besuchen und dadurch die Kontaktaufnahme verfehlen. Diese tatsächlichen Gegebenheiten spiegeln die Such- und Kennzeichnungsgewohnheiten des Verkehrs ohne weiteres zutreffend wieder. Auch dies vermag der Senat auf Grund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu beurteilen.

cc. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang nachzuweisen versucht, der Nutzer finde im Internet unter dem Domain-Namen häufig nicht die Art von Angeboten, die unter dieser Bezeichnung zu vermuten wären, sind diese Darlegungen ebenso unstreitig wie ungeeignet, die Beklagte zu entlasten. Bei der Beurteilung dieser Frage kann ebenfalls der Umstand nicht außer Betracht bleiben, dass eine nicht unbedeutende Gruppe von Unternehmen heute sogar außerhalb des Internets werbend mit dem um die TLD erweiterten Unternehmensnamen auftritt und derartige Bezeichnungen auch als Firmennamen eingetragen sind. So lautete die Firma der Klägerin des o.g. bereits zitierten Rechtsstreits 3 U 243/98 „“Advernet.de Marketing GmbH“. Die Unternehmensbezeichnung „freenet.de AG“ des weiteren Teilen des Verkehrs bekannten und unter der URL www.freenet.de erreichbaren Anbieters von Telediensten ist eines von vielen weiteren Beispielen. Sind dem Verkehr aber derartige Firmierungen vertraut, liegt es nahe, dass er eine Bezeichnung „tipp.ag“ auch für die Firma einer Aktiengesellschaft halten kann.

dd. Die Beklagte missversteht die Angriffe der Klägerin auch insoweit, als sie maßgeblich auf die Bezeichnung ihres Domain-Namens abstellt und in diesem Zusammenhang geltend macht. der Inhalt der Homepage sei für die Beurteilung des wirklich gemeinten Irrtums ausschließend mit heranzuziehen. Darum geht es im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Denn die Klägerin greift nicht lediglich die Domain-Bezeichnung an. Nur in diesem Fall wären die Einwendungen der Beklagten relevant. Demgegenüber verwendet die Beklagte die angegriffenen Bezeichnungen auch unabhängig von ihrer Homepage und ohne unmittelbare Beziehung darauf, so dass erläuterde Zusätze auf der Homepage ungeeignet sind, insoweit entstehenden Fehlvorstellungen entgegenzuwirken. Dies betrifft insbesondere die Pop-Up-Fenster, durch die die Beklagte unter der Bezeichnung „tipp.ag“ wirbt bzw. Dienstleistungen anbietet, ohne dass der Interessent den wirklichen Namen des Diensteanbieters in diesem Fenster erfährt oder nur das Kürzel „ag“ in der von der Beklagten gemeinten Bedeutung aufgelöst wird. Schon aufgrund dieser Verwendung hat der Verkehr keine Veranlassung zu der Annahme, bei der Bezeichnung „tipp.ag“ handele es sich (lediglich) um eine Domain-Bezeichnung oder die Beschreibung eines bestimmen Dienstleistungsmodell. Vielmehr tritt ihm die angegriffene Bezeichnung in diesen Verwendungsbeispielen wie ein Unternehmenszeichen entgegen. Der Hinweis der Beklagten im Senatstermin auf die höchstrichterliche Rechtsprechung etwa zu „“mitwohnerzentrale.de (BGH GRUR 01, 1061 – mitwohnerzentrale.de) oder „vossius.de“ (BGH WRP 02, 691 —vossius.de) geht ebenfalls fehl. Soweit im Hinblick auf derartige Bezeichnungen — auch durch den Senat (GRUR 03, 1058 — Mitwohnzentrale II) — ein Rückgriff auf den Inhalt der Homepage als zulässig und notwendig erachtet worden war, betraf dies abweichende, mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht vergleichbare Sachverhaltsgestaltungen. In beiden Fällen war die Domain-Bezeichnung für sich genommen ungeeignet, hinreichend Auskunft über den dahinter stehenden Anbieter zu geben. Denn bei „Mitwohnzentrale“ handelt es sich um eine generischen Begriff, während es bei „Vossius“ um einen nach dem Recht der Gleichnamigen zu lösenden Kollisionsfall ging. In gleicher Weise erweist sich auch der Hinweis der Beklagten auf die Senatsentscheidung „Schufafreie Kredite“ (5 U 64/03, Urteil vom 06.11.03) als nicht tragfähig, denn auch dort ist der Senat davon ausgegangen, dass allein die Domain-Bezeichnung keine eindeutige Anbieterzuordnung erlaube. Die von der Klägerin angegriffene Bezeichnung der Beklagten ist hingegen aus Sicht des Verkehrs gerade insoweit — allerdings nur vermeintlich— eindeutig.

e. Auch die weiteren Argumente, die die Beklagte dem Unterlassungsanspruch der Klägerin entgegen zu setzen versucht, verfangen nicht. Es kann insbesondere keinem Zweifel unterliegen, dass sich die Beklagte mit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung einen erheblichen Vorteil im Wettbewerb zu verschaffen versucht. Dabei geht die Beklagte von unzutreffenden Voraussetzungen aus, wenn sie meint, die von ihr angesprochenen Verkehrskreise könnten überhaupt nicht irregeführt werden, denn sie suchten gerade gezielt ihre Homepage auf. Mit diesem Verständnis erfasst die Beklagte nur einen Ausschnitt des Lebenssachverhalts. Denn die Klägerin hat durch das Suchergebnis in Anlage K17 belegt dass die Beklagte über allgemeine Suchmaschinen bei der Eingabe der Bezeichnung „Tipp“ mit weiteren Suchbegriffen ohne weiteres gefunden und an prominenter Stelle des Suchergebnisses präsentiert wird. Insbesondere solche Rechercheergebnisse bergen ein erhebliches Irreführungspotential in sich, denn die angesprochenen Verkehrskreise entscheiden auf der Grundlage der ihnen hier zusammenfassend angebotenen Informationen darüber, welchem Anbieter sie sich näher zuwenden wollen. Dabei ist der — vermeintliche — Gesellschaftszusatz einer Aktiengesellschaft gerade bei der Veranstaltung von Glücksspielen mit Geldeinsatz ein ganz erheblicher Seriositätszusatz, der in einer Vielzahl von Fällen den Ausschlag dafür geben wird, zunächst die Homepage der Beklagten aufzusuchen. Diese Feststellungen vermag der Senat aus eigener Sachkunde zutreffen, denn seine Mitglieder gehören auch insoweit zu den potentiell angesprochenen Verkehrskreisen.

f. Zwischen den Parteien besteht ohne weiteres ein Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie sich mit ihren Dienstleistungen ebenfalls an Lotto-Spielgemeinschaften richtet. Schon hierdurch wird deutlich, dass sich die Parteien an dieselben Verkehrskreise wenden. Unabhängig davon wäre ein Wettbewerbsverhältnis selbst dann gegeben, wenn sich die Klägerin nur allgemein an Interessenten von LOTTO-Angeboten wenden würde. Auch in diesem Fall lägen  geringfügig unterschiedlicher Ausrichtung — keine abweichenden Verkehrskreise vor. Diese werden allein durch das Interesse an der Teilnahme an Lotto-Gewinnspielen definiert.

g. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Feststellung einer Irreführung durch die beanstandeten Angaben nicht darauf an, ob eine bestimmte Irreführungsquote erreicht bzw. überschritten ist. Auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann der Senat die Frage einer Irreführung auf Grund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder feststellen. Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde des Gerichts setzt außer der Zugehörigkeit der Richter zum angesprochenen Verkehrskreis und dem Bezug der Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs voraus, dass es sich bei dem in der Werbung verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und nahe liegend ist, und dass keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken (BGH WRP 00, 1284, 1287— Stich den Buben; BGH WRP 00, 92, 93 — Last-Minute-Reisen; BGH GRUR 95, 354, 3S7 — Rügenwalder Teewurst II; BGH GRUR 84, 457, 468 — Das unmögliche Möbelhaus). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, Dies gilt sowohl für den Fall, dass eine Irreführung bejaht werden soll als auch dann, wenn diese zu verneinen ist. Denn es gelten grundsätzlich keine unterschiedlichen Anforderungen einerseits für die Bejahung und andererseits für die Verneinung einer bestimmten Verkehrsauffassung. Ist nach der neueren Rechtsprechung die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maßgeblich und kommt es demnach nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an, so macht es keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (BGH WRP 02, 527, 529 — Elternbriefe). Diese Rechtsprechung. des Bundesgerichtshofs steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH. Auch danach ist die Feststellung der Verkehrsauffassung — die die Irreführung unmittelbar prägt — in der Regel Aufgabe des nationalen Gerichtes (EuGH WRP 98, 848, 850 - 6-Korn-Eier — Gut Springenheide). Angesichts der Tatsache, dass die angegriffene Bezeichnungen von zwei mit jeweils drei Richtern besetzten kollegialen Spruchkörpern missverstanden worden ist, kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass auch in der Gesamtbevölkerung ein rechtlich relevanter Anteil dieser Fehlvorstellung unterliegt.

h. Diese Irreführung ist auch im Rahmen von § 3 UWG relevant. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten nicht, die davon ausgeht, eine Relevanz liege nur dann vor, wenn sich diese unmittelbar auf die Kaufentscheidung auswirkt. Diese Rechtsauffassung steht im Widerspruch zu der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

aa. Eine irreführende Angabe ist zwar nur dann wettbewerblich relevant, wenn Sie in dem Punkt und in dem Umfang, in dem sie von der Wahrheit abweicht bei ungezwungener Sichtweise geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums wesentlich zu beeinflussen. Danach ist eine Werbeaussage grundsätzlich nur dann wettbewerbswidrig, wenn es nach der Lebenserfahrung nahe Liegt, dass die erzeugte Fehlvorstellung für die Kaufentscheidung eines nicht unbeachtlichen Teils des Verkehrs von maßgeblicher Bedeutung ist (BGH GRUR 00, 436, 437 – Ehemalige Herstellerpreisempfehlung). Denn Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es nicht, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen. Das Verbot der irreführenden Werbung gem. § 3 UWG dient vielmehr allein der Wahrung schützenswerter Interessen, sei es des Verbrauchers, sei es des Mitbewerbers (BGH WRP 00, 92, 93 – Last-Minute-Reisen; BGH GRUR 98, 949, 951 — D-Netz-Handtelefon). Dies setzt hingegen nicht voraus, dass das Interesse der angesprochenen Verkehrskreise bereits so weit konkretisiert sein muss, dass eine Kaufentscheidung (unmittelbar) bevorsteht. Vielmehr stellt es sich ebenfalls als wettbewerblich relevant dar, wenn der Interessent durch irreführende Angaben angelockt wird. Ein nach § 3 UWG verbotenes Anlocken durch irreführende Angaben liegt dann vor, wenn der Kunde gerade mittels der unrichtigen Angabe veranlasst wird, sich mit dem Angebot des Werbenden nähe zu beschäftigen, denn bereits hierdurch verschafft sich der Werbende einen wettbewerbswidrigen Vorsprung (BGH WRP 00, 92, 93 — Last-Minute-Reisen;  BGH GRUR 91, 554, 555— Bilanzbuchhalter; BGH GRUR 93, 53, 54 — Ausländischer Inserent). Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof noch in jüngster Zeit bekräftigt und festgestellt, dass eine wettbewerbliche Relevanz durch Anlocken schon dann gegeben ist, wenn der Kunde durch die vermeintliche - tatsächlich nicht bestehende— Günstigkeit eines Angebots veranlasst wird, sich mit diesem näher zu beschäftigen (BGH WRP 02, 977, 978 – Scanner-Werbung).

bb. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Dabei sind die Besonderheiten des Internethandels bzw. der Internetdienstleistungen zu berücksichtigen. Anders als bei der Erbringung von Dienstleistungen im „stationären“ Handel kann sich der Interessent im Internet keinen unmittelbaren Eindruck von der Größe, der Seriosität bzw. der wirtschaftlichen Bedeutung des Anbieters machen. Ihm tritt in erster Linie eine Homepage gegenüber die mit einfachen Mitteln und mit etwas Marketinggeschick praktisch von jedermann interessant und optisch ansprechend zu gestalten ist. Allein hierdurch hat der Interessent keinerlei Gewähr dafür, dass das dahinter stehende Unternehmen auch vertrauenswürdig ist. Gerade in den Fällen, in denen der Interessent veranlasst werden soll, finanzielle Leistungen zu erbringen, mit denen keine unmittelbare (materielle) Gegenleistung. sondern lediglich eine Gewinnerwartung korrespondiert, ist der ~ Vertrauensfaktor von ganz erheblichem Gewicht. Wendet sich ein Interessent in einem solchen Fall an einen unbekannten Anbieter, hinter dem nicht ein allgemein bekanntes Großunternehmen (wie etwa eine Bank, eine Sparkasse o.ä.) steht, so wird der angesprochene Verbraucher bestrebt sich auf Grund sonstiger Anhaltspunkte Gewissheit darüber zu verschaffen, ob sein Geld „in guten Händen ist und der Vertragspartner eine gewisse Gewähr dafür bietet, dass finanzielle Investitionen nicht aus anderen Gründen als der Teilnahme an einem Gewinnspiele gefährdet sind. Hierfür ist gerade bei Gewinnspielen die Gesellschaftsform des Unternehmens ein ganz erhebliches Seriositätskriterium. Während einzelkaufmännisch organisierte Anbieter — trotz ihrer persönlichen Haftung — im Ergebnis wenig Gewähr dafür bieten, dass finanzielle Rückforderungsansprüche auch tatsächlich zu realisieren sind, steht bei einer GmbH die Haftungsbegrenzung im Vordergrund. Demgegenüber bietet die Rechtsform einer Aktiengesellschaft dem Spielinteressenten eine deutlich höhere Aussicht dafür, dass er seine finanzielle Investition Investitionen „in sicherer Hände“ gibt. Dementsprechend sind die angesprochenen Verkehrskreise, wenn sich Ihnen verschiedene Anbieter von Lottospielergemeinschaften im Internet präsentieren, eher geneigt, einem solchen Anbieter den Vorzug zugeben, der durch die Rechtsform einer Aktiengesellschaft — zumindest subjektiv — für ein höheres Maß an Sicherheit steht. Auch diese Feststellung vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen. Bereits hierdurch ist die sittenwidrige Anlockwirkung eingetreten die durch die irrtumsbedingte Fehlvorstellung verursacht worden ist.

i. Vor diesem Hintergrund ist es — entgegen der Auffassung der Beklagten — ohne jede rechtliche Relevanz, wenn der Interessent bei näherer Beschäftigung mit der Homepage der Beklagten die erforderlichen Informationen erhält, die er benötigt um diesen Irrtum wieder zu beheben. Es mag sein, dass die Beklagte als Veranstalter der Abgabegemeinschaft unzweifelhaft auf der Homepage benannt ist. Es mag auch sein, dass der Interessent vor einem Vertragsschluss eine Reihe anderer Informationen erhält, auf Grund derer er das Angebot der Beklagten objektiv überprüfen kann. Durch derartige nachträgliche Aufklärungen kann jedoch die Irreführung bedingte Entwicklung nicht mehr beseitigt werden. Ein Verstoß gegen § 3 LWG ist zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten. Soweit die Beklagte darauf hinweist, der Interessent habe auch die Möglichkeit, sich von seinem Angebot ohne rechtliche Nachteile wieder zu lösen, kommt diese besondere Vergünstigungen für Verbraucher dem Anbieter von Leistungen im Rahmen des Irreführungstatbestandes gerade nicht zugute. Denn sie sollen nicht den Anbieter von seiner Verpflichtung zur irrtumsfreien Darstellung seines Angebots freistellen, sondern den Verbraucher vor Missbrauch schützen. Dementsprechend sind sowohl zutreffende Angaben im Impressum als auch das Bestehen eines Widerrufsrechts für die Entscheidung dieses Rechtsstreits irrelevant.
j. Auf einen schützenswerten wettbewerblichen Besitzstand kann sich die Beklagte schon aufgrund des geringen Zeitablaufs nicht berufen. Selbst wenn sie m August 2002 noch vor der Klägerin ihr Internetangebot aufgenommen hat, ist — sogar unabhängig von dem vorangegangenen Verfügungsverfahren — die Zeit, die bis zur Einreichung der Klage im vorliegenden Hauptsacheverfahren (7. April 2093) verstrichen ist, bei weitem zu gering, um irgendeinen Besitzstand begründen zu können.

3. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen muss der Senat auch nicht darüber entscheiden, ob der geltend gemachte Anspruch auf der Grundlage von § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer Rufausbeutung begründet wäre. Insoweit weist die Beklagte in Übereinstimmung mit dem Landgericht allerdings zu Recht darauf hin, dass die Klägerin für das Bestehen eines besonderen Rufs ihres Unternehmens nicht dargelegt hat
4. Der Schadensersatzanspruch ist als Feststellungsanspruch gegeben. Eine Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt ist ohne weiteres vorhanden. Denn die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber im Internet. Da auf Seiten der Beklagten bereits fahrlässiges Handeln ausreicht, sind zudem keine hohen Anforderungen an den Verschuldensmaßstab. Ein etwaiger Verbotsirrtum der Beklagten wäre vermeidbar gewesen und ist damit ebenfalls nicht relevant. Die Klägerin hat auf Nachfrage im Senatstermin (nochmals) nachvollziehbar erläutert, inwieweit zur Vorbereitung eines — noch nicht näher bestimmten Schadensersatzanspruch insbesondere auch die Angaben erforderlich sein können, die Gegenstand von Buchstaben b. und c. des Auskunftsanspruch nach dem Antrag zu Ziffer 3. sind, so dass sich die Klage auch insoweit in vollem Umfang als begründet erweist.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

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