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Hudson.de - Hat der BGH Unrecht?

hudson.de - Bürgerlicher Name gewinnt gegen großes Unternehmen ...oder: hat der BGH Unrecht? - Abweichen vom Urteil shell.de

von Rechtsanwältin Ute Rossenhövel

Seit Shell.de schien jede Verteidigung einer Domain die so lautete wie der bürgerliche Name ihres Inhabers gegenüber einem gleichnamigen großen Unternehmen doppelt aussichtslos: neben der erheblich größeren Finanzkraft des Angreifers brauchte dieser oft nur das Stichwort „shell.de“ zu nennen. Das Landgericht Düsseldorf - AZ.: 34 O 71/03 - wirft den Hut jetzt erneut in den Ring: Die Kammer meldete schon in der mündlichen Verhandlung erhebliche Bedenken an den vom BGH festgelegten Grundsätzen an.

Im aktuellen Fall wurde der Kläger, Inhaber der Domain Hudson.de, von einem großen Unternehmen der Strumpfbranche aufgefordert, die Domain zu übertragen. Die Domain ist bereits seit August 1996 in seinem Besitz. Schon im Januar 1997 wandte sich die Beklagte an ihn mit der Aufforderung, die Domain zu übertragen. Der Kläger wies sämtliche Aufforderungen und Angebote zum Kauf der Domain zurück. Von Anfang an war unter der Domain seine private Präsentation enthalten, in den Jahren fügte er auch einen Linkliste zu dem Begriff „Hudson“ hinzu. Darin finden sich zum Beispiel Verweise auf die Hudson Bar in Berlin, Informationen auf Deutsch über die Schauspieler Kate Hudson und Rock Hudson, die Musiker Hudson Project und die Stadt Hudson/Ohio usw.

Die Forderungen des Strumpfwarenherstellers von 1997 wurden in den Jahren 2000 und 2002 wiederholt. Das Unternehmen meinte, sich auf seine gleichnamigen Marken stützen zu können und behauptete, mit seinen Strumpfwaren für Frauen, Kinder und Männer eine Bekanntheit zu genießen, die seine Forderung unterstützen würde. Die geforderten Nachweise dafür wurden jedoch nicht vorgelegt.

Schließlich wurde es dem Kläger zu bunt: Er drehte den Spieß um und forderte das Unternehmen auf, auf seinen Ansprüche aufzugeben. Mit negativer Feststellungsklage wollte er abschließend klären lassen, dass er die Domain behalten darf - Das LG Düsseldorf gab ihm nun mit seinem Urteil vom 29. August 2003 Recht.

Überraschend dabei ist die Tatsache, dass die angerufene Kammer ausdrücklich auf Bedenken zur „shell.de“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – AZ: I ZR 138/99 hinweist. In der mündlichen Verhandlung erläuterte das Gericht diese Bedenken auch damit, dass die Kriterien für ein Abweichen vom Prioritätsprinzip vom Bundesgerichtshof hinsichtlich des Grades der „überragenden Bekanntheit“ oder „Berühmtheit“ des Zeichens nicht ausreichend spezifiziert wurden. Das Markenrecht kennt die Begriffe der „bekannten Marke“, der „überragend bekannten Marke“ sowie der „berühmten Marke“, die jeweils unterschiedliche Voraussetzungen haben. Die Urteilsgründe sprechen jedoch sowohl von der „überragenden Bekanntheit“ des Kennzeichens „Shell“ als auch von einem „berühmten“ Unternehmen, ohne deutlich zu machen, welcher Grad genau die Ausnahme vom Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ rechtfertigen soll.

Vor allem aber scheint uns die Ableitung eines allgemeingültigen Vorrangs eines wie auch immer bekannten Zeichens vor den Ansprüchen gleichnamiger Domaininhaber höchst bedenklich. In vielen Fällen sind die Privatpersonen schon länger Inhaber der Domain und haben darunter umfangreiche privat motivierte Informationen veröffentlicht. Den Usern wird meist schon auf den ersten Blick klar, dass sie sich nicht auf der Website des Angreifers befinden. Wer in redlicher Weise seinen Namen außerhalb des Internets nutzen kann, wird auch im Internet den gleichen Maßstäben zu unterwerfen sein. Und dass es etwa einem Privatmann untersagt werden dürfte, seinen Namen ohne den Vornamen als Türschild zu seiner Wohnung zu verwenden, ist selbst dann nicht einsichtig, wenn es sich zufällig um einen äußerst berühmten Namen handelt.

Aber auch bei Anwendung der genannten Grundsätze, urteilte das Gericht, steht dem Kläger die Domain zu. Der Kläger hat redliche eigene Interessen, die mit seinem Nachnamen identische Domain zu nutzen. Anhaltspunkte für ein wettbewerbswidriges oder sonst unlauteres Verhalten liegen nicht vor. Auch fehlte es schon nach dem Vortrag der Beklagten an einer „überragenden Bekanntheit“. Zudem sind infolge der über 8 Jahre dauernden Nutzung der Domain erhebliche Interessen des Klägers an der weiteren Nutzung der Domain gegeben. Diese sind auch dadurch untermauert worden, dass er die Domain zu keinem Zeitpunkt zum Verkauf angeboten hatte. Das Unternehmen hätte schließlich seine Ansprüche längst gerichtlich einklagen können und müssen, der Anspruch ist inzwischen verwirkt.

Fazit: Bei Domainstreitigkeiten unter Gleichnamigen mit einem Goliath auf der einen Seite darf also wieder auf David gesetzt werden!

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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