Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz: Werbung mit einem „Firmen-Experten“
Von Dr. Volker Herrmann
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Auf den ersten Blick ist es ein gewöhnlicher Werbespot: Eine Frau im weißen Kittel greift in ein Regal, legt ein Arzneimittel vor sich auf den Tresen. Es handelt es um einen Schleimlöser der Firma Wick. Eine scheinbar normale Verkaufssituation in der Apotheke.
Dem Zuschauer wird die Frau als „Hannelore S. – Wick Expertin“ vorgestellt, indem ihr Name eingeblendet wird. Die Frau sagt in dem Spot unter anderem „Bei festsitzendem Husten (…) gibt es jetzt die neuen (…) WICK Schleimlöser Retardkapseln (…) Den ganzen Tag wirksam – mit nur einer Kapsel.“
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. sah darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und wies eine Berufung gegen eine ergangene einstweilige Verfügung zurück (Urteil vom 8. Januar 2015, Az. 6 U 152/14). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG dürfe außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel nicht geworben werden mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von im Gesundheitswesen tätigen Personen beziehen:
„Der streitgegenständliche Werbespot zeigt nach der insoweit maßgeblichen Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise eine im Gesundheitswesen tätige Person.“
Der Werbespot vermittele gegenüber den Zuschauern den Eindruck, bei „Hannelore S.“ handele sich um eine Apothekerin.
„Dadurch, dass die mit einem weißen Kittel bekleidete Expertin das Arzneimittel aus dem Regal nimmt und auf die Verkaufstheke stellt, wird die typische Verkaufssituation in einer Apotheke simuliert.“
Daran ändere auch nichts, dass im Werbespot nur Wick-Produkte im Regal zu erkennen sein – in vielen Apotheken würden Arzneimittel eines bestimmten Herstellers gemeinsam ausgestellt, wenn „diese besonders häufig nachgefragt werden“. Die Einblendung, in welcher dem Zuschauer mitgeteilt wird, dass es sich um eine „Wick-Expertin“ handele, falle dem „durchschnittlich aufmerksamen Fernsehzuschauer, der Werbespots keine große Aufmerksamkeit entgegenbringt, kaum auf“.
Der im dem TV-Spot vermittelte Slogan stelle zudem eine Empfehlung dar und keine schlichte Information über die Verfügbarkeit des Produkts.
FAZIT
Das Oberlandesgericht stellt vorliegend bei seiner Beurteilung auf den „durchschnittlich aufmerksamen Fernsehzuschauer“ ab. Dieser bringe Werbespots in der Regel keine große Aufmerksamkeit entgegen. Dies dürfte den Einsatz von „Firmen-Experten“ in der Werbung für Arzneimittel deutlich erschweren. Insbesondere dann, wenn eine für Heilberufe typische Kulisse geschaffen wird – wie etwa der Verkaufsraum einer Apotheke oder ein ärztliches Behandlungszimmer.
Bezüglich der „Empfehlung“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG), die grundsätzlich von einer reinen Informationen zu unterscheiden ist, nehmen die Frankfurter Richter auch zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil 22. März 2013, Az. 6 U 12/13) Stellung:
„Das OLG Köln hat entschieden, dass nicht jegliche, einer Arzneimittelwerbung immanente, positive Darstellung, die den Verbraucher zum Erwerb und zur Einnahme des beworbenen Präparats anregt, als Empfehlung angesehen werden kann. Ein Arzneimittel werde deshalb nur empfohlen, wenn die werbliche Anpreisung den weitergehenden Rat gegenüber dem Verbraucher beinhaltet, das Präparat zur Behandlung eines Leidens zu verwenden. Selbst wenn man dem folgt, wäre hier der Tatbestand einer Empfehlung erfüllt. Denn der Fernsehzuschauer versteht die Aussage der Hannelore S. dahin, dass er bei festsitzendem Husten die neuen Wick-Schleimlöser Retardkapseln einnehmen solle. Unterstrichen wird dieser Eindruck dadurch, dass Hannelore S. eine Packung dieser Kapseln aus dem Regal nimmt und auf den Verkaufstisch stellt.“
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